Die Indische Nāga beschreibt Nāga der hinduistischen und buddhistischen Mythologie des indischen Subkontinents.
Merkmale
Diese Nāga tritt in allen drei Nāgaformen auf. Während die drei Nāgaformen in hinduistischen Darstellungen allgegenwärtig sind, sind im Buddhismus hauptsächlich Nāga zu finden, welche die Nāgamenschen verkörpern. Aufgrund dieser Unterschiede, werden die Hinduistische Nāga und die Buddhistische Nāga als Unterarten der Indischen Nāga betrachtet.
Weiter werden bei der Indischen Nāga werden keine Flügel festgestellt.
Wie bei allen Nāga besitzen auch Indische Nāga ein Juwel in ihren Hauben, Hälsen oder Köpfen. Dieses Juwel entsteht im Hals der Nāga und strahlt ein Licht aus, das heller funkelt als ein Diamant. Sollte eine Nāga im Dunkeln sehen wollen, muss sie das Juwel nur ausspeien. Hat sie genug gesehen, verschluckt sie das Juwel wieder. Die Anzahl dieser Juwelen variiert stark innerhalb der Individuen.
Die Indische Nāga ist für ihre gut ausgeprägten, magischen Kräfte bekannt. Sie kann sich jederzeit in einen Menschen verwandeln und so unter das Volk mischen.
Indische Nāga sind stark giftig. Das Gift wird meist über einen Biss injiziert, kann aber auch über den Atem oder den Blick zum Opfer gebracht werden. Erst einmal in den Körper gelangt, fühlt sich das Gift an wie brennendes Feuer. Dieser Feuereffeket wird einem hohen Grad an Tejas (Sanskrit für "Hitze" oder "Feuer") zugeschrieben, einer magischen Energie, die Lebewesen zugeschrieben wird und dem Indischen Nāga Feuerkräfte verleiht. Indische Nāga besitzen aber auch in ihren Körpern das Elixier des Lebens und das Elixier der Unsterblichkeit. Diese können sie ebenfalls injizieren.
Weiter besitzen Indische Nāga fundiertes medizinisches Wissen, sämtliche Arten von Giften zu heilen. Indische Nāga sind außerdem in der Lage die Fruchtbarkeit von Menschen zu beeinflussen, werden sie erzürnt, können sie einen Menschen zeitweise oder sogar für immer unfruchtbar machen.
Oft sind Indische Nāga wohlwollend und weise gegenüber Menschen, die ihnen den gebührenden Respekt erweisen. Da Indische Nāga aber auch leicht zu erzürnen sind, sollte man ihre wohlwollende Ader nicht dreist ausnutzen.
Sie können Regen und das Wetter kontrollieren.
Vorkommen
Die hinduistische Subspezies ist vorrangig auf Indien beschränkt, findet sich aber beispielsweise auch in Malaysia häufig wieder, allerdings nur im Zusammenhang mit hinduistischen Tempeln. In den eher buddhistischen Ländern Nepal und Sri Lanka findet sich vor allem die buddhistische Subspezies vor, die hauptsächlich in Nāgamenschengestalt auftritt. Beide Subspezies leben damit auch teilweise in Koexistenz zu anderen Nāga-Arten.
Ihr eigentliches Königreich liegt im verzauberten Patala, fernab der irdischen Welt, dem unterirdischen Reich voller Juwelen, Gold und anderen weltlichen Schätzen der Naga-loka oder Patal-loka. Indische Nāga werden oft mit Gewässern in Verbindung gebracht, wie Flüsse, Seen, Meere und Brunnen.
Lebensweise
Verhalten
Horten
Da Indische Nāga sowohl Halbgötter als auch Schlangenwesen sind, haben sie laut indischem Volksglauben doppelt Ansprüche auf Reichtümer. Diese Ansprüche leben die Indischen Nāga auch aus, indem sie Unmengen an Edelmetallen und Juwelen horten.
Herrscher
In einigen Regionen des Himalaya gelten Nāga als göttliche Herrscher der Region – so im Kullu-Tal, in Berinag und im Tal des Flusses Pindar, über das die neunfache Naiṇī Devī herrschen soll.
Wächter
Sie gelten als Wächter von Übergängen, Schwellen und Türen, besonders auch im symbolischen Sinn.
Als Regengottheiten sind sie imbesonderen Wächter des Wassers und des Reichtums.
Die Nāga buddhistischer Tradtionen sind die Anhänger von Virūpākṣa (Pāli: Virūpakkha), einem der vier himmlischen Könige, der die westliche Richtung bewacht. Sie fungieren als Wächter auf dem Berg Sumeru und schützen die Devas (Götter) von Trāyastriṃśa vor Angriffen der Asuras (dreiköpfige Titanengestalten).
Ökologie
Feindschaften
Wie alle Nāgaarten, ist auch die Indische Nāga mit den Garuda verfeindet und bekämpft dieses vogelartige Wesen, sobald sie dieses erblickt. Verliert sie den Kampf mit dem Garuda, verschlingt dieser die Nāga.
Auch Schlangenbeschwörer können Nāga und damit der Indischen Nāga mit ihren Kräften gefährlich werden. Meist nutzen diese Drogen und Zaubersprüche, um die Nāga gefügig zu machen.
Kulturelle Bedeutung
Bekannte Indische Nāga
Die Indischen Nāga brachten eine Vielzahl berühmter Nāga hervor, wie
- Shesha (Sieben-, Zehn-, Tausend-, Fünftausend-, Millionenköpfige Nāgaschlange, Die erste Schlange unter den Schlangen)
- Vasuki (Fünfköpfige Nāgaschlange, ist die zweite Schlange unter den Schlangen)
- Takshaka (Siebenhäubiger Nāgamensch, Die dritte Schlange unter den Schlangen)
- Kaliya (Vierköpfige Nāgaschlange, ist die vierte unter den Schlangen)
- Manasa (Siebenhäubiger Nāgamensch, Schutzgöttin vor Schlangenbissen)
- Ulupi (Fünfhäubige Schlangenhüfte)
- Karkotaka (Nāgaschlange und Nāgaraja im Hinduismus)
- Mucalinda (Fünfköpfige Nāgaschlange, Nāgaraja; welcher den Buddha vor Regen schützte)
- Virūpākṣa (Nāgamensch, Anführer Nāga und einer der Nāgaraja im Buddismus)
- Dhṛtarāṣṭra (buddhistischer Nāgaraja)
- Apalāla (buddhistischer Nāgaraja)
- Apala (böser Nāga, der las Zauberer wiedergeboren wurde)
- Vritra (gigantisches Schlangenwesen)
Diese werden in ihren eigenen Artikeln genauer beschrieben. Weitere Indische Nāga, deren Informationen nicht für einen eigenen Artikel reichen sind:
- Duo-luo-shi-qi oder Talasikhin: In einigen buddhistischen Traditionen wird diese Figur als Drachenkönig geführt, ist also ein Indischer Nāga, die bis in die chinesischen Regionen vorgedrungen ist. Er lebt in einem Palast in einem Teich außerhalb des legendären Königreichs Ketumati (ein legendärer Ort mancher buddhistishcer Glaubensrichtungen) lebt. Man begegnet ihm dort nur um Mitternacht.
Gefährlichkeit
Ihre Stärke und Giftigkeit machen sie potenziell gefährlich für den Menschen. Meist sind sie aber wohlwollend, solange man sie nicht verärgert.
Mythologie
Longnü
Im Kapitel "Devadatta" des Lotossutra verwandelt sich die Tochter des Drachenkönigs, eine achtjährige Longnü (chin. 龍女, nāgakanyā), nachdem sie Mañjuśrī bei der Predigt des Lotossutra zugehört hat, in einen männlichen Bodhisattva und erlangt augenblicklich die vollständige Erleuchtung.
Manche sagen, diese Geschichte scheine die in den Mahayana-Schriften vorherrschende Ansicht zu bekräftigen, dass ein männlicher Körper für die Buddhaschaft erforderlich sei, selbst wenn ein Wesen in der Erkenntnis so weit fortgeschritten ist, dass es seinen Körper nach Belieben magisch verwandeln und die Leerheit der physischen Form selbst demonstrieren kann.
Viele Schulen des Buddhismus und klassische, bahnbrechende chinesische Exegesen interpretieren die Geschichte jedoch so, dass sie diesen Standpunkt zurückweisen und sagen, die Geschichte zeige, dass Frauen in ihrer jetzigen Form Buddhaschaft erlangen können.
Regionaler Reichtum
Sowohl im Nilamata Purana von Kaschmir als auch im Swayambhu Purana von Kathmandu beginnt die Geschichte der jeweiligen Region als ein von Nāga bevölkerter See, der später trockengelegt wurde und den Reichtum und die Fruchtbarkeit der Region erklärt.
Volkstraditionen
In Südindien glaubt man, dass Termitenhügel die Behausung weiblicher Nagammas sind, wohingegen Himalaya-Nags und Naginis, wie die Naiṇī Devī aus dem Pindar-Tal, als Unterweltwesen verehrt werden, die die Wasserressourcen und das Wohlergehen von Dorf und Tal schützen. Letztere könnten aber auch Teil der nah verwandten Himalaya-Nāga sein.
Verehrung
Rituale zu Ehren dieser übernatürlichen Wesen finden in ganz Südasien seit mindestens 2.000 Jahren statt. Insbesondere Tempel zu Ehren der Nāgarāja existieren in ganz Indien (siehe dazu Nāga (Klade)).
In Südindien zeichnen Frauen oft verschlungene Muster vor die Türen, die in Tamil Nadu kolam und in Kerala kalam genannt werden. Zu deren Zweck gehört, die Schlangengottheit Nāga einzuladen, die ihre schützende, glück- und fruchtbarkeitverheißende Kraft für die Hausbewohner entfalten sollen.
Nagamandala, Ashlesha bali und Sarpam thullal sind Ritualtheater im Süden des Bundesstaates Karnataka, bei denen Nāga in einem Mandala verehrt werden und der Akteur durch das Mandala in einen Zustand der Besessenheit gerät.
Das Nagamandala ist typisch in der Kulturregion Tulu Nadu im Südwesten des indischen Bundesstaates Karnataka, bei dem mit einer dramatischen Inszenierung, Tänzen, Musik und einem großen, kreisrunden Bodenbild (mandala) der hinduistische Schlangengott Nāgabeschworen wird.
Taxonomische Stellung
Die Indische Nāga stellt die Typus-Art der Gattung Nāga und ordnet sich deshalb den Nāgaschlangen zu, welche den Schlangendrachen angehören. Ihr nächster Verwandter ist die Nepal- oder Tibetnāga.
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