Der Kawa Tengu (jap. 川天狗 (Kanji) かわてんぐ (Hiragana)), ist ein Yōkai und Kami in der japanischen Shintō-Mythologie. Kawa Tengu bedeutet so viel wie "Fluss Tengu".
Merkmale
Kawa Tengu werden meist als "wie andere Tengu" aussehend beschrieben. In den wenigen Darstellungen, die es zu diesen Wesen gibt, überwiegen die Merkmale der Kotengu, sodass diese Art sehr wahrscheinlich auch den Kotengu angehört. Demnach handelt es sich beim Kawa Tengu um einen Vogel-Menschenhybrid. Der Körper ist befiedert, der Rücken beflügelt und der Kopf trägt Schnabel. Unklar ist, ob der Schnabel des Kawa Tengu Zähne trägt, sollte dies nicht der Fall sein, oder die Zähne einen anderen Aufbau haben (was anhand der Ernährungsweise wahrscheinlich erscheint), wäre das Schnabelgebiss ein gutes Unterscheidungsmerkmal zwischen Kotengu und Kawa Tengu. Das Gefieder ist dunkel, überwiegend schwarz oder dunkelbläulich. Grund für die seltenen Sichtungen des Kawa Tengus ist die Fähigkeit sich unsichtbar zu machen. Eine Fähigkeit, welche auch andere Tengu besitzen, aber nur vom Kawa Tengu in einem besonderen Maße genutzt wird. Die Unsichtbarkeit ist an bewölkten und regnerischen Tagen schlechter, sodass man diese Tengu zu diesen Witterungen eher erspähen kann. Für gewöhnlich tragen sie Kimonos und führen Regenschirme mit sich.
Wie auch andere Tengu, nutzen Kawa Tengu u.a. Geräusche, da Kawa Tengu meist unsichtbar sind, werden sie deutlich häufiger gehört als gesehen. Das Geräusch nicht vorhandener Stromschnellen oder Wasserfälle aus Tälern ist oft das Werk von Kawa Tengu.
Kawa Tengu sind in der Lage Tengubi zu erzeugen.
Tengubi (jap. 天狗火 (Kanji) てんぐび (Hiragana)
Tengubi bedeutet so viel, wie "Tengufeuer" und wird auch als tengu no gyorō oder taimatsu maru bezeichnet. Dabei handelt es sich um ein nächtliches Feuerballphänomen, das in der Nähe von Flüssen auftritt. Es erscheint als eine oder mehrere (bis zu mehreren Hundert) rötliche Flammen, die am Himmel umherschweben. Es gibt eine Ausnahme, bei der die Flammen bläulich seien können, diese werden aber nur im Dorf Doshi von Bäumen aus abgegeben, wenn ein Mensch im Fluss ertrinkt. In der Regel startet eine kleine Ansammlung von roten Feuerbällen in einer Wanderung von den Bergen zu den Flüssen herab. Auf dem Weg und auch über dem Fluss steigt die Anzahl der Feuerbälle, indem sich die bestehenden Bälle aufspalten. Die Feuerbälle schweben eine Zeit lang über dem Wasser, als würden sie tanzen. Nach diesem Schauspiel wandern die Feuerbälle wieder in die Berge zurück.
In den meisten Fällen erleiden Menschen, die Tengubi sehen, ein Unglück – normalerweise in Form einer schweren Krankheit, die sie sich kurz nach der Begegnung zuziehen. Da es sich um Flammen handelt, könnte diese schwere Krankheit eine Rauchgasvergiftung sein. Die Feuer können aber auch lebensrettend sein oder schützen das Eigentum von Personen.
Die Kawa Tengu verwenden Tengubi, um nachts Fische zu fangen. Aus diesem Grund ist es auch als Tengu no Gyorō ("Tengu-Fischen") bekannt.
Der Name taimatsu maru stammt von Toriyama Sekien (鳥山 石燕; * 1712; † 22. September 1788), welcher das Phänomen in seinem Buch Hyakki tsurezure bukur unter eben diesem Namen aufzeichnete, dabei bedeutet taimatsu "Fackel" und maru ist ein beliebtes Suffix für Jungennamen. Bei Sekien wird das Feuerphänomen aber nicht als Werkzeug zum Fischen genutzt, sondern soll die religiösen Praktiken asketischer Mönche behindern bzw. stören.
Vorkommen
Kawa Tengu kommen am Doshi-Fluss in Okutama, Präfektur Tokio, dem Dorf Ogouchi, im Bezirk Nishitama (derzeit Stadt Okutama), der Region Chichibu in der Präfektur Saitama, dem Bezirk Tsukui in der Präfektur Kanagawa (derzeit Stadt Sagamihara) und Minamitsuru in der Präfektur Yamanashi. Diese Tengu sind immer in der Nähe von Flüssen zu finden.
Lebensweise
Ernährung
Kawa Tengu ernähren sich ausschließlich von Fisch, diese werden nachts erbeutet.
Verhalten
Kawa Tengu verbringen ihre Tage allein am Flussufer, sitzen auf den Felsen und beobachten das Wasser, als wären sie in Gedanken versunken.
Kulturelle Bedeutung
Gefährlichkeit
Kawa Tengu spielen Menschen gerne Streiche, richten aber selten wirklichen Schaden an. Sie verwenden Magie, um Menschen zu verscheuchen, wenn sie ihnen zu nahe kommen. Wenn ein Fischer sein Netz in der Nähe eines Kawa Tengu auswirft, der fischt, erzeugt er illusionäres Fackellicht und den Lärm einer Menschenmenge, um den Fischer zu vertreiben. Spielen Kinder zu nah an einem Kawa Tengu, verscheucht dieser sie mit Illusionen, wie zum Beispiel einem riesigen schwarzen Mönch, der aus dem Wald kommt und "Kinder, Kinder!" ruft.
Sucht man gezielt nach einem Kawa Tengu, werden die Streiche direkter. Jemand, der sich über ein Flussufer lehnt und nach einem Kawa Tengu sucht, verliert plötzlich den Halt und stolpert kopfüber in den Fluss. Sie bauen auch Scheinbrücken, über die Menschen, die versuchen, sie zu überqueren, stürzen und sich verletzen (im Regelfall aber nur, wenn man ihnen durch Suche nachstellt).
Werden die Streiche den Dorfbewohnern zu viel, lassen sie frisch gefangenen Fisch am Ufer liegen und reinigen die großen Felsbrocken am Ufer, um die Kawa Tengu milde zu stimmen. Danach lassen die Kawa Tengu sie in Ruhe.
Da die Tengubi meist Krankheiten auslösen, fürchten sich Einheimische vor diesen. Wenn ein Einheimischer zufällig einen Tengubi sieht, lässt er sich sofort nieder und versteckt sich. Oftmals bedecken sie ihren Kopf mit ihren Schuhen oder Sandalen.
Tengubi können aber auch hilfreich sein. Gerade in Dürrezeiten war es üblich, dass Reisbauern ihren Nachbarn heimlich Wasser stahlen. Tauchten in diesen Zeiten Tengubi auf, kamen diese Diebstähle zu einem Ende. Entweder aus schlechtem Gewissen oder weil das Licht der Tengubi es unmöglich machte, sich davonzuschleichen.
Mythologie
Kawa Tengu Mythen
Gier bestraft der Kawa Tengu
Ein Fischer ging am Tama-Fluss fischen und kehrte nach seinem Arbeitstag nach Hause zurück. Sein Rucksack war bis zum Rand mit Fischen gefüllt und schwer. Plötzlich hörte der Fischer ein seltsames Geräusch, als würde jemand hinter ihm im Wasser plantschen. Er stellte seinen schweren Rucksack ab, drehte sich um, um nachzusehen, ob da jemand sei. Doch dort war niemand. Nachdem der Fischer beschlossen hatte, dass er das Gehörte sich eingebildet haben musste, schulterte der Fischer seinen Rucksack, bereit, den Weg fortzusetzen. Aber der Rucksack war auf einmal viel leichter als noch einen Moment zuvor. Wieder setzte der Fischer den Rucksack ab und schaute in diesen hinein. Alle Fische waren verschwunden. Der Fischer hatte so viele Fische gefangen, dass er einen Kawa Tengu verärgerte, der sie alle zurücknahm.
Der Kawa Tengu vom Tama-Fluss
Am Tama-Fluss im Westen von Tokio lebte ein Kawa Tengu, den man jeden Tag an einem tiefen Teich sitzen und in Gedanken versunken sehen konnte. Eines Frühlings jedoch verschwand er auf mysteriöse Weise. Im Herbst desselben Jahres kehrte der Kawa Tengu zu seinem Felsen zurück, nun allerdings in Begleitung eines wunderschönen jungen (weiblichen) Tengu.
Ein Dorfbewohner bot dem Paar ein schönes Schüssel- und Tablettset als Hochzeitsgeschenk an, und der Tengu dankte ihnen, indem er ihnen beibrachte, wie man aus Würmern ein wirksames Fiebermittel herstellt.
In anderen Fassungen schenkt sie einen besonderen Regenwurm, der im Endeffekt aber die gleichen Heil- und Zauberkräfte hat.
Tengu Trauer
Laut Doshishichiri, einer vom Volkskundler Kenkichi Ito verfassten Dorfgeschichte des Dorfes Doshi in der Präfektur Yamanashi , leben Fluss-Tengu im Fluss, lieben Fische und strahlen geheimnisvolle Feuer aus. Es heißt, wenn ein Mensch in einem Fluss stirbt, stoßen drei alte Japanische Rosskastanienbäume (Aesculus turbinata) neben dem Fluss blaue Feuerbälle aus.
Tengubi-Mythen
Der verlorene Wanderer
Vor langer Zeit sah man Tengubi häufig in den Dörfern der Stadt Kasugai in der Präfektur Aichi. Eines Nachts wurde ein Dorfbewohner in den Bergen von einem plötzlichen Gewitter überrascht. Es war kalt und zu dunkel, um den Weg nach Hause zu finden, also suchte er Schutz unter einem Baum und fror. Bald darauf begannen mysteriöse Feuer um ihn herum aufzuflammen. Sie wärmten nicht nur seinen unterkühlten Körper, sondern spendeten ihm auch genug Licht, um den Weg zu finden und sicher in sein Dorf zurückzukehren.
Verhängnisvolle Suche
in den Dörfern der Stadt Kasugai gibt es eine weitere Legende. Man sollte Nachts, wenn die Tengubi erschienen, nicht das Haus verlassen. Tat man es doch, würde man in die Berge entführt werden. Eines Nachts widersetzte sich ein besonders tollkühner junger Mann diesem Aberglauben. Er lief zu einem Tengubi und rief: "Wenn du mich mitnehmen kannst, dann komm und hol mich!"
Aus dem Nichts erschein eine große schwarze Gestalt, packte den jungen Mann und flog mit ihm in die Berge davon. Der junge Mann wurde nie wieder gesehen.
Taxonomische Stellung
Der Kawa Tengu ist als Mischwesen, durch seine Vogel- und Menschenmerkmale klar zu erkennen. Da Vögel zu den Reptilien zählen, zählt er damit als Mischwesen mit Reptilienmerkmalen und damit letztlich als Drache. Innerhalb der Drachen zählt er zur gleichnamigen Gattung der Kotengu zu denen auch der Gewöhnliche Kotengu zählt.
Nachweise
- Yokai.com – the online database of japanese ghosts and monsters (Matthew Meyer) Suche nach "Kawa Tengu" https://yokai.com/kawatengu/
- Yokai.com – the online database of japanese ghosts and monsters (Matthew Meyer) Suche nach "Tengubi" https://yokai.com/tengubi/
- 千葉幹夫『全国妖怪事典』小学館〈小学館ライブラリー〉、1995年。S. 66, 124 ISBN 978-4-09-460074-2。
- 村上健司編著『妖怪事典』毎日新聞社、2000年。S. 125, 233 - 234, 350 ISBN 978-4-620-31428-0。
- 鈴木重光「相州内郷村話」『日本民俗誌大系』 第8巻、角川書店、1975年、15頁。ISBN 978-4-04-530308-1。
- 石川純一郎『河童の世界』(新版)時事通信社、1985年、189-190頁。ISBN 978-4-7887-8515-1。
- 多田克己『幻想世界の住人たち IV 日本編』新紀元社〈Truth in fantasy〉、1990年、13-14頁。ISBN 978-4-915146-44-2。
- 多田克己編『竹原春泉 絵本百物語 -桃山人夜話-』国書刊行会、1997年、135頁。ISBN 978-4-336-03948-4。
- 水木しげる『妖鬼化 2 中部編』Softgarage、2004年、101頁。ISBN 978-4-86133-005-6。
- 寺沢正美・小島勝彦編『日本の民話 31 三河・尾張篇』未來社、1979年、358-359頁。
- 『日本の民話 31 三河・尾張篇』、389頁。