Yofunenushi ist ein Drache der Mythologie der japanischen Oki-Inseln. Er wird nur in einem Werk von Richard Gordon Smiths 1918 (Ancient Tales and Folk-Lore of Japan) erwähnt. Es scheint keine japanischen Quellen zu geben, die die Geschichte bestätigen, und Richard Gordon Smith selbst weist im Vorwort der Geschichte darauf hin, dass er die Geschichte nicht überprüft hat und nicht für ihre Authentizität bürgt. Es ist daher möglich, dass es sich bei diesem Drachen um eine erfundene Spezies handelt. Möglicherweise sind aber auch Angaben in der Quelle falsch und die Spezies aufgrund dieser Fehler nicht in japanischen Quellen aufzufinden und damit verschollen.
Merkmale
Yofunenushi hatte den Körperbau einer Schlange mit Augen, die vor Wut und Feuer leuchteten. Gelegentlich wird seine Gestalt als eher fischähnlich beschrieben. Er war 28 Shaku (7,9 Meter) lang und hatte auffällige Schuppen auf dem Rücken. Diese Rückenschuppen könnten auch einen Rückenkamm darstellen, der das Schwimmen erleichtert, was aber in den Quellen nicht spezifiziert wird. Yofunenushis Körper war weiß und in der Lage schimmernd zu leuchten (Lumineszenz oder Phosphoreszenz). Trotz seiner aquatischen Lebensweise wird er in Darstellungen meist mit Beinen und optisch einem Ryu gleichgestellt. [1]
Yofunenushi war in der Lage Stürme zu beschwören und tat dies, wenn er ungehalten war.
Vorkommen
Angeblich soll Yofunenushi in den Gewässern um die Oki-Inseln gelebt haben. Diese geografische Verbreitung wird aber infrage gestellt, da die Legende um den Drachen dort unbekannt ist, es könnte sein das sich Smith in der Insel geirrt hat.
Sollte die Legende insofern recht haben, als Yofunenushi der einzige Vertreter seiner Art war, dann ist die Art als ausgestorben zu betrachten.
Lebensweise
Ernährung
Carnivore, ernährte sich überwiegend von Jungfrauen.
Kulturelle Bedeutung
Mythologie
Smiths Geschichte beginnt damit, dass er Tokoyo als die achtzehnjährige Tochter eines Samurai von der Shima-Halbinsel (Teil der Provinz Ise) namens Oribe Shima identifiziert, die von Hōjō Takatoki, dem regierenden Regenten oder Shikken des japanischen Kamakura-Shogunats, auf die Oki-Inseln verbannt wurde. Die Geschichte soll sich im 14. Jahrhundert zugetragen haben, durch die erwähnte Krankheit von Hōjō Takatoki muss sie von 1326 bis 1333 stattgefunden haben.
Entschlossen, ihren Vater zu finden, machte sich Tokoyo auf den Weg zu einem Ort namens Akasaki, der direkt vor der Küste der Oki-Inseln lag. Obwohl sie die Fischer bat, sie dorthin zu bringen, lehnten sie alle ab, da es verboten war, die dort Verbannten zu besuchen. Tokoyo ließ sich von diesem Umstand aber nicht beeindrucken, besorgte sich ein Boot und segelte selbst zu den Inseln. Dort angekommen verbrachte sie die erste Nacht am Strand.
Am nächsten Morgen begegnete sie einem Fischer, den sie nach ihrem Vater fragte. Der Fischer antwortete, er wisse nichts und warnte die junge Frau, weiter nach dem Verbleib des Vaters zu fragen. Tokoyo stieß schon bald auf einen kleinen Schrein, sie flehte den Buddha um seine Hilfe bei der Suche nach ihrem Vater an und legte sich am Schrein zur Ruhe. Sie wurde durch das Weinen eines Mädchens geweckt und blickte auf, um ein fünfzehnjähriges Mädchen und einen Priester zu sehen, der das Mädchen zum Rand einer nahe gelegenen Klippe führte.
Tokoyo kam dem Mädchen schnell zu Hilfe. Der Priester erklärte dann, er wolle das Mädchen opfern, um einen bösen, unter dem Meer lebenden Kami namens Yofunenushi zu besänftigen, der das jährliche Opfer eines jungen Mädchens forderte. Dieses Opfer erfolgte immer am Tag des Hundes. Ursprünglich war dieser Tag im fünften Monat einer Schwangerschaft verortet. Im modernen Japan liegt der Tag fest auf dem 1. November, da Hunde in Japan nicht Wuff/Wau machen, sondern Wa wan, was wie "One one" bzw. "One, One-One" (= 1.11) und damit Bellen klingt. In Smiths Aufzeichnungen wird aber der 13. Juni als der folgenreiche Tag identifiziert, was mit der westlichen Assoziation des Sternes Sirius (auch Hundsstern) in Verbindung stehen könnte.
Tokoyo bot an, den Platz des Mädchens einzunehmen und überreichte dem Priester einen an ihren Vater gerichteten Brief. Dann zog sie einen kleinen Dolch, nahm ihn zwischen ihre Zähne und sprang ins Meer.
Auf dem Meeresgrund fand Tokoyo eine gewaltige Höhle, in der eine Holzstatue von Hōjō Takatoki untergebracht war, dem Mann, der ihren Vater einst verbannte.
Yofunenushi wollte die Statue wieder mit an die Oberfläche tragen, band diese an ihren Körper und begann zurückzuschwimmen. Bevor sie die Höhle verlassen konnte, attackierte sie ein großes, leuchtendes Schlangenmonster. Es war Yofunenushi. Ohne Angst stach Tokoyo dem Monster ins Auge, sodass es mit diesem nicht mehr sehen konnte. Immer wieder attackierte sie Yofunenushi mit ihrem Dolch, bis er endlich seinen Verletzungen erlag.
Dann schwamm sie wieder zur Oberfläche, mit Takatokis Statue und Yofunenushis Kadaver im Schlepptau.
Die Nachricht von Tokoyos Heldentat verbreitete sich und erreichte schließlich die Ohren von Takatoki, der damals an einer unbekannten Krankheit gelitten hatte – offenbar verursacht durch den Fluch des Herstellers der Statue, der auch den monströsen Yofunenushi ins Leben gerufen hatte, die Staute zu bewachen, damit die Krankheit den Shogun und das Shogunat zugrunde richten konnte.
Nachdem der Fluch aufgehoben war, ordnete Takatoki die Freilassung von Oribe Shima an. Vater und Tochter kehrten glücklich in ihre Heimatstadt zurück.
Die Überreste von Yofunenushi wurden in dem Schrein begraben, in dem Tokoyo die Nacht verbrachte. Ein weiterer Schrein wurde errichte, der an den Sieg Tokoyos über Yofunenushi gedenken sollte. Dieser Schrein erhielt den Namen "Grab der Seeschlange".
Die Holzstaue hingen, wurde in einen Tempel im Kamakura gebracht.
Vergleiche
Der Yofunenushi und seine Bitten um Jungfrauen, das Töten des Monsters in seinem Versteck und die Bergung eines Schatzes erinnern mehr als jedes japanische Gegenstück an europäische Drachen oder Beowulf.
Taxonomische Stellung
Yofunenushis Existenz scheint fraglich, da aber Richard Gordon Smith, Träger des vierten Ordens der Sonne, in vielen anderen Fällen verlässliche Berichterstattung geleistet hat, ist es nicht auszuschließen, dass auch die Erzählung um Yofunenushi ihren wahren Kern besitzt. Von Smiths Tagebüchern wissen wir, dass er nie auf den Oki-Inseln war, da er die Geschichte selber in seinem Werk anzweifelte, hatte er sie sehr wahrscheinlich von einem anderen Reisenden gehört. Was nicht unwahrscheinlich ist, da Smith in seinen Tagebüchern regelmäßig erwähnte, dass Leute zu ihm diverse kuriose Dinge und Geschichten brachten, wie ein Oktopus mit 27 Armen (7 der 8 Arme waren teilweise mehrfach verzweigt; wurde ihm am 23.01.1907 überreicht).
Außerdem ist zu beachten das, dass erlernen der japanischen Sprache kein Leichtes ist und Smith erst am 24.12.1898 japanischen Boden betrat. Erste Studien an japanischer Mythologie begann er aber erst im Februar 1904 und er führte häufiger Gespräche mit diversen Leuten, dennoch sind manche japanische Begrifflichkeiten für Laien nur allzu leicht verwechselbar. Diese Umstände erlauben die Annahme, dass es unweigerlich zu kleinen Fehlern mit schwerwiegender Wirkung kommen musste. Weiter ist es möglich, dass der Name des Drachen falsch übersetzt wurde, der Yofunenushi muss daher heute als verschollen betrachtet werden.
Diese Taxonomie geht davon aus, dass die anatomischen Angaben zum Yofunenushi den Tatsachen entsprechen, was dem Yofunenushi den Status eines Drachen verleihen dürfte. Die genaue Einteilung gestaltet sich als schwierig, er besitzt aber einen gewissen Seeschlangen-Charakter.
Bilder
[1] https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/68/O_Tokoyo-sacrificed-to-sea-monster.jpg
Nachweise
- Davis, F. Hadland: Myths and Legends of Japan, Toronto, ON, Canada: General Publishing Company, Ltd. 1992 S. 334 - 336 ISBN-13: 978-1420966237
- Nicolae, Raluca (December 3, 2015). "BELOW AND BEYOND: TRAVELS TO TOKOYO". Interstudia (Revista Centrului Interdisciplinar de Studiu al Formelor Discursive Contemporane Interstud) (18): 20–32 – via www.ceeol.com. https://www.ceeol.com/search/article-detail?id=462249 Abgerufen am 1.03.2024
- Smith, Richard Gordon (1918). "A Story of Oki Islands". Ancient Tales and Folk-Lore of Japan. London: A. & C. Black. pp. 101–109. https://sacred-texts.com/shi/atfj/atfj19.htm Abgerufen am 1.03.2024
- Smith, Richard Gordon: A Story of Oki Islands – the full text of the story https://manybooks.net/book/133680/read Abgerufen am 1.03.2024
- Tanigawa, Kenichi; Hori, Tadashi; Jennison, Rebecca (1986). "TOKOYO (The Eternal World)—The Archetype of the Japanese World View". Review of Japanese Culture and Society. 1 (1): 85–91. JSTOR 42800069 – via JSTOR. https://www.jstor.org/stable/42800069 Abgerufen am 1.03.2024
- Yoshida, Teigo (1981). "The Stranger as God: The Place of the Outsider in Japanese Folk Religion". Ethnology. 20 (2): 87–99. https://www.jstor.org/stable/3773058?origin=crossref Abgerufen am 1.03.2024
- https://ja.wikipedia.org/wiki/%E3%83%AA%E3%83%81%E3%83%A3%E3%83%BC%E3%83%89%E3%83%BB%E3%82%B4%E3%83%BC%E3%83%89%E3%83%B3%E3%83%BB%E3%82%B9%E3%83%9F%E3%82%B9 Abgerufen am 1.03.2024