Reznick sah mich an. Sein Gesicht zeigte keinerlei Emotion und dann wandte er sich desinteressiert ab, während man mich in die Ketten hängte. Richard legte zum Schluss sogar selbst Hand an. Ruppig zerrte er meinen Körper zurecht – zog meine Arme soweit hoch, dass ich aufrecht stehen musste. Es war unangenehm mit so ausgestreckten Armen über dem Kopf ... meine Schultern begannen sofort zu schmerzen. Ich wehrte mich jedoch nicht, auch wenn ich mit meinen Beinen eventuell noch hätte irgendjemanden treten können. Aber wozu? Ich sah genug Ketten am Boden – zur Not hätten sie mich also vollkommen fixieren können. Auch sagte ich kein Wort ... ich hätte sowieso nichts rausgebracht außer Wimmergeräusche. Beziehungsweise, die entwichen mir wie von selbst, als Richard schließlich mit einer langen Peitsche in der Hand um mich herum lief. Gott, was hatte ich je getan, um das hier zu verdienen? Diese Hölle?
<TzzSch!>
Der erste Schlag erfolgte quer über meinem Rücken und brannte schrecklich. Ich hatte noch nie solch Schmerz gefühlt ...
<TzzSch!>
Nach dem Zweiten verkrampfte ich mich unwillkürlich und schrie auf. Ich hätte wohl auch geweint, wenn ich noch irgendwie Tränen dafür übrig gehabt hätte ... Weitere Schläge folgten und es fühlte sich so an, als würden diese immer exakt dieselbe Stelle treffen ... oder immer stärker werden. Bei den Monden ... die Peitsche schien sich regelrecht in meine Haut zu schneiden. Gott ... das hielt ich nicht aus ...
*
"Das genügt", hörte ich es irgendwann, wobei ... ich es mir sicherlich nur einbildete. Längst hatte ich das Wünschen und Flehen aufgegeben. Glaubte nicht einmal mehr, dass es je enden würde. Ich hing also kraftlos in den Ketten ... wartete wimmernd und schluchzend auf den nächsten Schlag.
<TzzSch!>
Hallte es weiter durch den Raum und erfüllte mein Herz mit nichts als Leid. "Wieso? Das waren keine 30!", knurrte Richard hinter mir und hieb dann noch einmal unglaublich brennend zu. "Es ist mein Befehl." Glaubte ich danach von Reznick zu hören und dann wurde es still. Dieses Warten auf den nächsten Schlag machte mich regelrecht wahnsinnig. Plötzlich ertönten Schritte. Ich öffnete meine Lider und erschrak, als vor mir unglaublich dicht ein Mann stand. Reznick. Ja, er hob etwas mein Kinn an und strich dabei über meine Wange. "Lass sie runter", sagte er, was mich erneut zum Schluchzen brachte – war das sein Ernst oder spielte er jetzt auch nur mit mir? Ich hatte doch ohnehin keine Hoffnung mehr ... das war so grausam ...
Entgegen meiner Erwartung hörte ich kurz darauf Ketten klirren und ein Klacken, dann wurde meine Körper herunter gelassen. Meine Beine versagten aufgrund des nun wieder vollen Gewichts und ich sackte kraftlos auf die Knie. Reznick griff nach meinen Händen, löste die ledernen Manschetten um meine Gelenke und hob mich anschließend ohne Mühe hoch. "Zieh dich vorerst zurück. Ich denke nicht, dass ich dich noch brauchen werde", sprach er an Richard gewandt, während ich einfach nur erschöpft auf seinen Armen lag und meinen Kopf gegen seine Brust lehnte. Mein Rücken brannte zwar von dieser gekrümmten Position, aber es war auch zugleich unheimlich tröstend.
"Na wenn du meinst", erwiderte Richard und starrte finster auf mich herab ... Gott, unwillkürlich versuchte ich mich kleiner zu machen. Er sollte verschwinden ... ewiglich in der Hölle schmoren! Als hätte er meine Gedanken gehört, ging er dann tatsächlich ... zu Tür und hinaus? Ernsthaft? Verunsichert blickte ich hoch und begegnete Reznick wiederkehrendes sanftes Lächeln ... ich war nur noch verwirrt ... Was hatte er jetzt mit mir vor?
“Knapp eine Stunde haben wir noch, ehe ich dich zurückbringen muss”, sprach er und setzte sich in Bewegung. Er brachte mich zum Sofa, was meinen Herzschlag unweigerlich beschleunigte. Als er mich dann darauf ablegte, bemühte ich mich, mit meinen schwachen Armen das Nötigste zu bedecken. “B-bitte ...”, begann ich leise, aber mehr brachten meine bebenden Lippen schlichtweg nicht hervor, da ich seinen Atem an meiner Wange spürte. Er war mir so nahe – hielt mich fest umschlungen. Ich befürchtete schon, er würde jetzt über mich herfallen ... aber er drückte lediglich meinen Rücken hoch und schob meine Beine runter, damit ich mich aufrecht hinsetzten konnte.
"Eure nackte Haut muss Euch nicht peinlich sein, Eleonore. Ich habe alles bereits ausführlich gesehen und mich gelüstet es derzeit nicht." Ich schluckte und dieses unangenehme beschämende Gefühl wurde dadurch nur noch schlimmer – außerdem, was hieß hier derzeit? "Außerdem hättet Ihr dieses Bettlaken noch, wenn Ihr nicht fortgelaufen währt." "D-das hier ist also alles meine Schuld?", platzte es plötzlich verärgert aus mir heraus, wodurch ich schnell geschockt die Hände vor meinen Mund schlug. Verdammt! Warum hatte ich das jetzt gesagt?! Aber ... wieder verhielt er sich nicht so, wie ich befürchtet hatte. Er nickte lediglich lächelnd und trat dann von mir zurück, wandte sich dem an der Wand stehenden Tresen zu. Ich beobachtete, wie er aus der Schranktüre eine dunkle Weinflasche hervor holte und in sein leerstehendes Glas einschenkte. Danach kramte er noch einen in Gold und Silber verzierten Kelch aus dem Regal, befüllte diesen aber mit etwas aus einem schmalen weißen Steinkrug.
"Was soll das alles?", fragte ich schließlich extrem verunsichert, als er mir dieses prunkvolle Trinkgefäß reichte und das Weinglas für sich selbst in der anderen Hand hielt. So wie er sich gerade benahm, könnte man meinen, das hier sei ein Gästezimmer und kein komischer fensterloser Folterraum.
"Das erzähl ich Euch gleich, aber zuerst ... müsst Ihr etwas trinken", sprach er und wartete immer noch, dass ich den Becher nahm. Ich tat es letztlich ... und betrachtete stirnrunzelnd die klare Flüssigkeit darinnen. "Nun trinkt schon. Gestern habt Ihr schon sehr wenig zu Euch genommen, wegen dem Changonis. Das Korsett tat sicherlich sein übriges." Ja, danke dass er mir dies nochmal extra ins Gedächtnis rief. Immerhin war das ja auch mein Problem mit diesem "möchtegern" Getränk. Er wollte mich also auch nur betäuben und mit mir Sex haben ... wie Ludwig.
"Es ist nur Wasser", gab er nach einem Moment der Stille von sich, aber das beruhigte mich kein Stück. Ich sah nicht einmal zu ihm auf – starrte nur auf den Kelch in meinen leicht zittrigen Händen. Vielleicht sollte ich es doch trinken ... die Hochzeit ging ja auch im Großen und Ganzen an mir vorbei. Ich konnte mir nicht einmal wirklich an etwas Konkretes erinnern. Ein Entkommen würde es für mich sicherlich nie geben. Sie könnten jederzeit alles mit mir machen ... O Gott! Ich schluckte schwer durch den Druck an meiner Kehle von dem Gefühl, dass sich dieser Metallring fester zog und mich nun ersticken wollte ...
Plötzlich entwendete Reznick mir den Becher und nahm einen Schluck. "Seht Ihr?", fragte er dann und hielt ihn mir wieder hin. "Es ist wirklich nur Wasser. Ich belüge Euch nicht." Ungläubig sah ich in seine braunen Augen und nahm den Gegenstand wieder an mich – warum bemühte er sich nur so um mein Vertrauen? "Warum sollte ich Euch glauben? Immerhin könntet Ihr ein Gegenmittel besitzen. Was versprecht Ihr Euch davon?", fragte ich, aber da lächelte er lediglich, ohne zu antworten. Seltsamer Typ ... aus dem wurde ich einfach nicht schlau.
"Trinkt jetzt!", wurde sein Tonfall bestimmender und dann drehte er sich herum. Er griff in seine Jackentasche und holte diese kleine Tafel hervor – schien davon gänzlich abgelenkt. Meine Hände krampften um den massiven Kelch in meinen Händen ... ich könnte versuchen damit seinen Kopf zu treffen – ihn nieder zu schlagen. Aber ... Nein ... das wäre mehr als nur dumm. Eigentlich war alles, was ich bisher getan hatte ... genau dies. Dem Grafen gehörte schließlich das ganze Land ... er konnte nehmen und machen was immer er wollte. Er war das Gesetz. Wie konnte ich glauben, so jemandem überhaupt entkommen zu können? Was bedeutete mein jetziges Leben denn schon? Ich war nie mehr als eine einfache Tochter, weder sonderlich schön noch in irgendetwas begabt. Meine Eltern wurden ermordet ... selbst meine liebe Großmutter in Halvigaw ... mein Zuhause war abgebrannt und die wenigen Freunde, die ich hatte, waren soweit von den Männern des Grafen eingeschüchtert, dass mir keiner mehr half. Ich war allein, es gab nichts und niemanden, wohin ich gehen konnte.
Schwer atmete ich und unterdrückte verbissen einen Heulkrampf. Ich trank letztlich, einzig um damit wehleidige Schluchzgeräusche zu verhindern. Während ich den Becher leerte, drehte Reznick ein Stück seinen Kopf und beobachtete mich ... ja, sollte er doch! Was auch immer er in mein Getränk getan hatte ... ich hoffte nur, es wirkte schnell und würde meine Sinne nie wieder klar werden lassen. Denn dass dies hier kein normales Wasser war, fühlte ich nämlich deutlich! Mir war, als würde meine Kehle brennen und pures Eis nun diese Flammen löschen ... bei den Monden! Ich stöhnte ... ja, es tat so unglaublich gut, dass tatsächlich wieder Tränen meine Wangen hinunter flossen.
"Gut, oder? Ich gebe dir gerne mehr." Reznick stand auf einmal vor mir und hatte den hellen Krug in der Hand. Wann hatte er sich denn überhaupt bewegt? Ich nickte aber ohne zu zögern, und trank auch den nächsten vollen Becher blitzschnell aus. Ein weiterer folgte ... und noch einer, bis ich das Gefühl hatte gleich zu platzen. "Bitte nicht ...", keuchte ich, als er mir abermals einschenkte. "In Ordnung", erwiderte er und nahm mir das edle Trinkgefäß ab. "Die Menge war passabel, dennoch solltest du nachher noch mehr trinken. Dein Wasser- und Elektrolythaushalt sieht nämlich gar nicht gut aus." Mit diesen Worten stellte er den Krug und meinen Kelch auf den Tresen und nahm sein Weinglas zur Hand. Zufrieden blickte er mich an und lehnte sich zurück, während er mir zuprostete. "Wasser ... Elelyt ... Haushalt? Was ist das?", fragte ich verwirrt, als er nur da stand und Wein trank.
“Hm, Euch dies im Detail zu erklären, wäre vermutlich wenig hilfreich. Kurz gesagt, geht es um das, was Euer Körper zum Leben braucht. Ohne Wasser entstehen Euch Defizite ... nun Schäden. Sowas kann mitunter sogar tödlich enden und das wollen wir doch vermeiden, oder?” “Ihr sprecht von Verdursten?”, fragte ich verunsichert, denn das kannte ich ja, wer nicht? Ich hatte schon oft zu wenig getrunken, beziehungsweise war es mir beim Arbeiten in der warmen Backstube erst viel zu spät aufgefallen. Zum Abend hin, hatte ich dann oft schlimme Kopfschmerzen bekommen. Manchmal sogar Schwindelanfälle. Alles ... was ich aber gerade nicht fühlte.
"Ihr wollt mir also ernsthaft weismachen, dass dies nur normales Wasser war?", fragte ich verärgert, denn das konnte ich einfach nicht glauben. Dafür wirkte es einfach zu sonderlich! Reznick schien meine Frage zu verwirren, da er eine Augenbraue anhob. "Natürlich. Warum, habt Ihr sonst so viel getrunken?" "Weil Ihr irgendwas da rein gemacht habt, es war wie ein Zwang!" "Interessant. Vielleicht eine seltene Nebenwirkung der Droge ...", murmelte er und schwenkte das halbgefüllte Glas. Er betrachtete mich ausgiebig durch die rötlich schimmernde Flüssigkeit. "Dann bleibt Euch vorerst nur mir zu vertrauen", sprach er nach einem langen Schluck und so langsam glaubte ich, ihm habe man etwas in sein Getränk gemischt.
"Warum sollte ich?", murrte ich erneut und verschränkte die Arme vor meiner Brust, sowie ich auch meine Schenkel zusammendrückte. Gott! Das hatte ich ganz verdrängt ... deswegen sah er mich die ganze Zeit an! Blöder Kerl! Er lachte auch prompt auf und sprach erst, als er sich genug über meine Scham amüsiert hatte: "Warum denn nicht? Sagt mir, wie ich es Euch sonst beweisen kann. Dass ich selbst davon getrunken habe, schien ja wenig überzeugend." "Hört Ihr Euch eigentlich selbst zu?! Ihr habt mir bereits etwas eingeflößt und vergewaltigt u-und ausgepeitscht! Ganz zu schweigen, dass Ihr auch noch meine Eltern umgebracht habt!", schrie ich ihn schon an. Es sollte nicht so locker und freundlich tun! Das hier ... nichts hiervon beruhte auf irgendetwas Gutem!
"Nu ja ...", begann er, trank den letzten Schluck Wein und stellte sein Glas ab, bevor er mich eindringlich ansah. "Davon abgesehen, dass ich persönlich nichts damit zu tun hatte, so war doch der Tod Eurer Mutter nicht geplant gewesen. Sie sollte hier zum Anwesen gebracht werden. Aber dies jetzt auch noch Euch zu erklären ...", er blickte kurz auf sein schwarzes Armband an seinem linken Handgelenk und dann wieder zu mir, "würde zu lange dauern. Die Zeit rennt, wir sollten das Gespräch nicht unnötig verkomplizieren. Ihr wolltet doch wissen was das hier alles soll, oder? Warum Ihr hier seid?"
"Ähm, w-wie?", brachte ich verwirrt heraus, was sicherlich mehr als nur dumm wirkte. "Ich wollte es Euch doch sagen, habt Ihr dies vergessen? Außerdem habe ich selbst noch ein paar Fragen. Es ist bald Mittag und somit müsst Ihr zurück zu Van Rotterval, für ... nun ja, Eure ehelichen Pflichten." Warte ... was? Der Themenwechsel ging mir nun aber definitiv zu schnell! Mein Verstand kam gar nicht richtig mit, blieb immer an einzelnen Worten hängen und erstarrte regelrecht, als sich die Gedanken nun um den widerlichen Grafen drehten.
"... um Eure Entscheidung." Ich blinzelte ein paarmal und sah ihn an. "W-wie bitte?", fragte ich unsicher und bemühte mich, nun richtig zu zuhören. "Na ein Spiel", sagte er gelassen und schenkte sich mit einer unglaublichen Ruhe erneut Wein ein. "Ihr seid Teil eines Spiels, wie so ziemlich jeder hier. Es laufen unglaublich viele Wetten ... angefangen von, ob und wie oft Ihr flieht, bis hin ... dass Ihr mich mit dem Kelch zu schlagen versucht, wenn ich Euch den Rücken zuwende."
Ich sah ihn mit offenem Mund an ... "Ein Spiel?", echote ich, ehe ich wütend wurde. "Das ist doch krank!" Reznick zuckte daraufhin lediglich mit den Schultern. "Ein harmloser Zeitvertreib." "HA-HARMLOS?!", brüllte ich und stand zornsprühend auf. Warum hatte ich jetzt nur nicht den Becher in der Hand? Nun würde ich ihn definitiv damit verprügeln ... oder zumindest bewerfen!
"Wollt Ihr nun gehen?", fragte er schmunzelnd und deutete mit seinem Glas in Richtung Türe. Ernsthaft?! "Gott! Bei den Monden! Was ist daran so lustig?!" "Ich wettete lediglich auf einen Wutausbruch Eurerseits, wenn ich Euch über dieses Spiel informiere." Ich blickte ihn verblüfft an und im Nu verschwand meine ganze Wut. Ich war nur noch erschüttert ... war ich hier nur die Unterhaltung für diese Verrückten? Je nachdem wie ich mich verhielt? Es ergab keinen Sinn, sich mit ihm weiter zu unterhalten, oder? Vermutlich hatte er sich auch vorhin kaputt gelacht, als ich weglief ... oder er sagte mir das auch nur, um mich zu verunsichern? Was, wenn er log ... Hilfe mein Kopf schien gleich zu bersten.
"Was bringt Euch das?", fragte ich schließlich resigniert. "Findet Ihr es so toll, mit meinem Leben zu spielen? Habt Ihr jetzt Geld dadurch gewonnen?" Auf meine Fragen hin trank er lediglich einen Schluck, ohne zu antworten. So ein Arsch. "Soll ich also gehen?", erhob ich erneut verärgert das Wort, weil mich sein lächelnder Blick und diese Stille nervte. "Soll ich Euch eine Show geben, indem ich noch mal weglaufe?" "Eure Entscheidung. Es steht Euch frei", sprach er dann doch mal und setzte sich mit einer geschmeidigen Bewegung auf das Sofa. Ich stutzte verwirrt, ehe dann abermals der Zorn in mir los brodelte. Der Kerl hatte echt Nerven!
"Ist es DAS? Meine Entscheidung? Nichts hiervon ist es! Ich will nicht hier sein!" "Gewiss, aber wenn man davon Mal absieht." "Von was? Ich wollte nicht das meine Eltern sterben! Oder ich entführt werde! Oder die Hochzeit! Nicht vergewaltigt werden! Oder ausgepeitscht! Was davon ...", ich hielt kurz inne und rang nach Atem, "was davon, kann ich überhaupt entscheiden? He? WAS?!"
"Nun ...", begann er und blickte dabei kurz auf sein Armband, "da ich zu Euch nur wahr sprechen darf und zusätzlich dazu verpflichtet bin, gewisse Informationen für mich zu behalten, kann ich Euch darauf keine Antwort geben. Lasst es mich soweit umschreiben, dass Ihr gewisse Möglichkeiten habt. Diese allerdings selbst herausfinden müsst – es ist ... nun ja ... Teil des Spiels. Wenn Ihr bereits im Vorfeld alle Strafen und Wege kennt, wäre dies ein solches ja nicht mehr." "Wie soll ich das jetzt verstehen?" Ich blickte ihn verwirrt an. "Hm, nehmt Dagmara zum Beispiel. Der Graf gewann sie bei einem Besylin, also einem Besitz-Spiel aus einer anderen Stadt. Sie ist deswegen wohl immer noch etwas griesgrämig und nachtragend, aber dennoch ihm zum Gehorsam verpflichtet. Richard ebenfalls und ..." "U-und Ihr?", schlussfolgerte ich auf seine Pause hin. "Ihr seid also auch nicht freiwillig hier, oder?" "Bedaure. Ich kann Euch nichts zu meiner Person sagen." "Wenn es stimmt, dann flieht mit mir! Bitte!" Ich stellte ich mich direkt flehend vor ihm, aber da grinste er nur breit darüber.
"Immer wieder süß, ich habe diesen Satz schon oft gehört ... und auch diesmal wieder darauf gewettet." Ich runzelte die Stirn. Stimmt ja, dieses blöde Spiel ... wobei, ergab irgendwas davon Sinn? Wie kann er hier schon länger leben ... unfreiwillig? Wem wollte er hier etwas vormachen? Vor allem musste ja auch nichts davon wahr sein ... ich sollte nicht so verdammt naiv sein! "Wie viele gab es denn vor mir? Ist überhaupt jemals jemand hier rausgekommen? Oder was bringt es Euch mir das alles zu sagen?" Nun lachte er laut. "Das ist nicht lustig!", knurrte ich und kam mir von Minute zu Minute nur noch dümmer vor.
"Zu mir kann ich nichts sagen, das erwähnte ich doch, aber wenn es Euch hilft ... hm, nun das Spiel bringt allen Teilnehmenden Gewinn oder Verlust von etwas. Sei es Geld, Rechte zum Beispiel hier auf dem Gelände oder eben Gefälligkeiten ... so grob ausgedrückt." "Ich will aber nicht länger mitspielen! Ich will nur weg von hier!", murrte ich und sah ihn eindringlich an. "Sagt mir, was ich machen muss, um das zu beenden!" "Bedaure." "Gott! Was ... wenn ich einfach nicht mehr mitspiele? Einfach hier stehen bleibe?" "Ahh, Ihr meint, keine Reaktion mehr zeigen? Nun, das steht Euch natürlich frei, Eleonore. Allerdings werdet Ihr dann noch schneller zu einem Püppchen. Glaubt mir, viele haben es schon auf diese Weise versucht und – nun ja – aus Puppen werden Bedienstete und es kümmert meist niemanden, wie diese behandelt werden", den letzten Satz sprach er sehr langsam und schwenkte dazu sein Weinglas, ehe er einen mehr als eindeutigen Blick auf meine Nacktheit warf. Toll ...
"Hm ... wobei, ich vergaß. Ihr Habt ja den Grafen geheiratet, das ändert natürlich Euren Stand. Ihr werdet keine Bedienstete, sollte er das Interesse an Euch verlieren oder gar Eurem Verhalten überdrüssig sein." "Sondern? Was passiert mit mir?", hakte ich nach, da sein Gesicht auf einmal freudlos wurde, dies machte mich nervös. "Ich kannte die Gemahlin des Herzogs von Weckmelan ... wollt Ihr das wirklich hören?" "Bei den Monden! Jetzt sagt es schon verdammt!" "Nun, er nahm ihr die Arme und Beine, damit sie nur noch in seinem Bett liegen konnte. Sie war von dem normalen Besitz zu einem Gegenstand geworden", er lachte schmerzlich auf und trank einen großen Schluck. "Wisst Ihr, sie konnte nicht einmal ihr eigenes Kind halten. Glaubt mir, das wollt Ihr nicht."
Ich schluckte geschockt und gleich noch einmal, welcher kranke Bastard würde sowas seiner eigenen Frau antun? Das konnte doch nur eine erfundene Geschichte sein, zumal mir der Name Weckmelan gar nichts sagte. Dann dachte ich allerdings an alles, was ich bislang erlebt hatte. Gott! Ja! Das würde ich diesen Verrückten hier definitiv zutrauen! Meine Eltern hatten sie schließlich kaltblütig ermordet! Oder die eine Bedienstete war doch da draußen angebunden ... wo man auch mich nackt gewaschen hatte. Ausgepeitscht wurde ich ja auch schon und ... O Gott! Fehlten der einen Frau nicht auch ein paar Finger?
Gerade als ich Reznick darauf ansprechen wollte, fiel mir auf, dass er irgendwie mitgenommen aussah. Sein Blick war richtig glasig ... wobei, dies könnte mittlerweile auch am Alkohol liegen. Fast schon erweckte er in mir Mitleid, aber das war lächerlich! Ich holte also Luft, um doch meinen Mund aufzumachen und ihm all mein Unverständnis sowie Unmut mitzuteilen, hielt aber inne, als er seinen Blick hob. Das freundliche Lächeln kehrte prompt zurück in sein Gesicht und dann ergriff er selbst das Wort:
"Keine Sorge, ich kümmere mich hier um Euer Wohlergehen." Ich schnaufte daraufhin abfällig: "Ist das etwa auch Teil einer dieser dummen Wetten?" "Spielt das denn eine Rolle?" "Ja! Es ist mein Leben verdammt noch mal!" "Hm, wenn es Euch hilft. Ich tippe lediglich auf kleine Dinge, die in Euren Augen wahrscheinlich unbedeutend sein mögen. Ob Ihr mir vertraut zum Beispiel. Das Wasser habt Ihr ja getrunken, oder? Ganz ohne einen Zwang." Ich runzelte die Stirn und wusste nicht, was ich davon halten sollte ... zumal mir ohnehin der Kopf rauchte. "Hätte es da sonst eine andere Möglichkeit gegeben, oder wie?" "Sicher", erwiderte er trocken und schwenkte sein Glas, "Richard hätte Euch sonst mit einem Schlauch gewaltsam Flüssigkeit zugeführt, darauf hat er im übrigen auch gewettet." Im Ernst? War denn hier niemand normal? Nein ... ich sollte nicht so reagieren, oder? Nicht offen meine Furcht oder Entrüstung zeigen ... er könnte immerhin lügen!
“Ist überhaupt etwas wahr von dem, was Ihr mir erzählt?” Gott, als ich es aussprach, konnte ich selbst hören, wie naiv das klang. “Jedes Wort. Von mir werdet Ihr keine Lügen erfahren. Dies erwähnte ich auch bereits, oder nicht? Ob Ihr mir allerdings glaubt oder nicht, liegt allein bei Euch.“
[🥰Dankeschön wieder an Darklover :* für die Hilfe bei der Rechtschreibung]