Gepeinigt von unzähligen scheußlichen Bildern rannte ich immer schneller und schneller. Mein Herz raste. Der Atem ging stoßweise. Ich sprang über herumliegende Leichen sowie Trümmerteile. Hin und wieder bohrte sich irgendetwas Spitzes scharf brennend in meine Fußsohlen, aber das ignorierte ich einfach. Ebenso war es mir egal, dass ich dreimal auf dem nassen Untergrund ausrutschte und meine Bänder bis zum äußersten zerrte. Ich schluckte jeden Schmerz hinunter, den dieser war nichts im Vergleich dazu, was sich mein kranker Kopf im Moment für Szenarios ausmalte. Hirngespinste von weiteren Spielen, in denen wir stecken konnten oder die noch kommen würden. Eins scheußlicher als das andere.
Richtiges Öl für den Flächenbrand in meinem Schädel waren zudem die Schreie. Ich hörte verzweifelte Hilferufe einer Frau, gefolgt von wehleidigem Stöhnen und undefinierbarem Kreischen, welches mich zielsicher zu einem Zimmer führte. Besser gesagt zu einem mannshohen Spalt in einer deformierten Wand, der ohne Zweifel von einer Klinge stammte. Oh, ja, mein Vater war hier gewesen. Offensichtlicher hätte es nicht sein können.
Weiter kam ich jedoch nicht, da mir ein Mann mittleren Alters entgegen eilte und somit den schmalen Durchgang versperrte. Er trug die Dienstkleidung von Ludwig und hatte einen panischen Gesichtsausdruck. Mich zu sehen überraschte ihn deutlich, dann aber wechselte seine Mimik und Hass sowie Abscheu kamen zum Vorschein. Ich erinnerte mich. Das war Gaudin, den ich damals bei meiner Ankunft vor versammelter Mannschaft brutal gedemütigt hatte, um meine Rolle als Sarach zu verdeutlichen. In seinen Augen las ich deutlich, dass er mir dieses extreme Vorführen nicht verziehen hatte und die Schuld für diese Situation ebenfalls bei mir suchte. Er ballte die Fäuste und holte mit der rechten aus. Unter normalen Umständen hätte ich vermutlich über seine Reaktion gelacht, nun aber kümmerte es mich nicht.
“Du elender Adelswi–!” Noch bevor er fertig sprach oder seinen eigenen Hieb landen konnte, schlug ich ihm mitten in die Fresse. Mich interessierte schließlich sein belangloses Gesabbel oder seine Beweggründe nicht. Alles, was ich während des Oswelats den Menschen dort angetan hatte, spielte doch längst keine Rolle mehr. Jetzt zählten andere Dinge! Natürlich hätte ich nicht gleich so viel Kraft in meinen Angriff stecken müssen, aber was stellte er sich mir auch derart aggressiv in den Weg? War nicht meine Schuld, dass ich ihm die Nase gebrochen hatte und er durch die Wucht rücklings stürzte.
“Willst du durch mich sterben?” Ich blickte gleichgültig auf ihn herab, als er einige unverständliche Fluchlaute von sich gab und mir anschließend mordlüsterne Blicke zuwarf. “Dann mach nur so weiter.” Eigentlich sollte ich ihm danken. Es war zwar albern, aber ihn zu bedrohen und einzuschüchtern senkte ein bisschen mein Stresslevel. Natürlich hallten da immer noch Schmerzensschreie einer Frau aus dem Zimmer, aber es versetzte mich nicht erneut in blinde Panik. Das Gefühl, jeden Moment den Verstand zu verlieren, verblasste. Warum war mir das überhaupt passiert? Warum sollte ich Angst davor haben, an einem neuen Spiel meines Vaters teilzunehmen? Immerhin tat ich das schon mein Leben lang und an einem widerlichen Slak würde ich gewiss nicht so leicht verrecken. Oh, ganz gewiss nicht! Zur Not schnitt ich mir eben jedes Vieh einzeln aus dem Körper.
Soweit innerlich gefestigt schritt ich an Gaudin, der sich nun verstärkt um seine höllisch blutende Nase kümmerte, vorbei ins Zimmer. Mir fiel sofort auf, dass alles ungewöhnlich zerstört wirkte. Ich stolperte über gesplittertes Glas, Holztrümmer und Stofffetzen, als hätte sich mein Vater hier einmal wutentbrannt an der Einrichtung ausgelassen. Äußerst seltsam.
Und dann waren da auch noch Puppen. Gleich vier Stück standen vor einer Schrankwand aufgereiht mit jeweils zwei Tablets bestückt, auf denen sich Speisen türmten. Dass sich ein paar Meter vor ihnen am Boden ein Drama abspielte, war ihnen vollkommen gleich. Keine der Maugeris rührte sich oder leistete Hilfe, obwohl Emeli so verzweifelt darum flehte. Ein echt groteskes Bild.
Sie hockte heulend zusammen mit dem ebenso aufgelösten Fridolin, einer von Dagmaras persönlichen Sexsklaven, neben einer kreischenden Marianne, die zudem wie wild zappelte. Emeli versuchte panisch mit einem Besteckmesser die Kleidung der Frau zu zerschneiden, während der junge Mann den sich windenden Körper ruhig hielt. Was mal so gar nicht klappen wollte. Weder das eine noch das andere. Fridolin hielt sich zurück, weil er Marianne nicht zusätzlich schaden wollte und Emelis Messer war eindeutig nicht scharf genug, um den verstärkten Stoff des Korsetts zu zerschneiden.
Mit heftig schlagendem Herzen kam ich näher und betrachtete Marianne genauer. Sie hatte eindeutige Schmerzen, die von ihrem Bauchraum kamen, da sich ihre Hände ständig dorthin bewegen wollten. Auch krümmte und krampfte sie immer wieder, gefolgt von Atemnot. Was mein Vater ihr wohl eingesetzt hatte? Eine Wurmart vermutlich nicht, weil diese schon längst über die Speiseröhre hinaufgewandert wäre. Am wahrscheinlichsten war da eher eine Insektenlarve, die sich nach dem Schlupf sofort über die Innereien hermachen würde.
“Marie, ich krieg es einfach nicht auf, es tut mir so leid!” Emeli ließ das blutverschmierte Messer los, nachdem sie an dem Metallschloss abgerutscht war und daneben ins Fleisch geschnitten hatte. Was schon öfter passiert sein musste, da sich weitere Schnittwunden dort befanden. “Bitte! So helft ihr doch!” Ihr Blick ging zu den Puppen, bevor sie mich entdeckte. “Bitte, ich flehe Euch an! Helft ihr!” Sie griff nach meinem Hosenbein und zerrte daran. “BITTEE!”
“Ich wüsste nicht, was ich für sie tun könnte, außer ihr ein schnelles Ende zu schenken. Was auch immer ihr eingesetzt wurde, wird sie innerlich auffressen.” Ich sah darin keinen Sinn. Marianne würde sich nicht heilen können, so wie ich es konnte und in diesem Wrack irgendwelche Medizin zu finden, war doch witzlos. Demnach brachte ihr ein Schnitt in die Bauchdecke so oder so den sicheren Tod. Zudem war ich nicht hergekommen, um irgendjemandem zu helfen. Nein. Ich wollte mich nur vergewissern, mit was wir es hier zu tun hatten.
“W-WAS?! Nein, nein! Es sind ihre Rippen! Bitte! Sie sind auch nachgewachsen, es zerquetscht sie! Bitte, ich ... Es ist wie bei mir!” Mit einer Mischung aus Heulen und Schluchzen zeigte sie mir ihre Hände, die wie Charlotte es bereits erwähnt hatte, vollständig waren. Da gab es keine Stummel bei den beiden Kleinen- sowie den Ringfingern, obwohl sie diese bei einem Bestrafungsspiel verwettet hatte.
“Nachgewachsen ...” Aber wuchs sowas einfach nach? Siasal konnte zwar bis zu einem gewissen Grad –
“Ja! Wirklich! Oh, bitte! HELFT IHR! Wir brauchen den Schlüssel! Oder ein ... ein Schneidwerkzeug ... EGAL was, nur sie muss da raus! Ihr wisst doch sicherlich eine Lösung!” Das Geschrei war überaus nervig, sowohl ihres, als auch das qualvolle von Marianne. Wie sollte ich so vernünftig nachdenken? Richtig. Gar nicht. Zudem kochte der Raum vor Emotionen geradezu über. Das war schlecht. Sowas gefiel nämlich meinem Vater oder generell den Reas. Gefühle, Hoffnung und der Kampf um einen geliebten Menschen. Emeli war ein schönes Beispiel dafür. Sie wollte daran glauben, dass man ihre Freundin noch retten konnte und das nur, indem man das Korsett entfernte. Welch grausame Inszenierung.
“Na schön ...” Obwohl sich alles in mir sträubte, bei diesem Spiel mitzuwirken und die Illusion zum Platzen zu bringen, tat ich es doch. Was hatte ich schon für Alternativen? So wie Emeli mich mit großen verweinten Augen ansah und sich an mein Bein krallte – sie war davon überzeugt, dass ich helfen konnte. Wenn ich jetzt untätig blieb und Marianne verstarb, würde ich die Schuld dafür bekommen. War das vielleicht der Plan dahinter? Mein Vater hatte alles so eingerichtet, dass nur ich allein mit meinen Klingen sie befreien konnte und somit hautnah dabei sein musste, wenn sich dieses Drama vollends entfaltete.
“Mach mir Platz.” Ich deutete auf Fridolin, der etwas steif auf Mariannes Oberschenkel saß, damit sie nicht zu sehr mit den Beinen strampelte. “Ihr beide haltet ihre Arme fest und drückt die Schultern runter, andernfalls verletze ich sie noch zusätzlich.”
“Was habt Ihr vor? Man kann es nicht durch Muskelkraft aufreißen ...” Emeli war sichtlich von meiner Anweisung verwirrt, was mich ebenso irritierte.
“Na schneiden ... Du dürftest doch von den anderen längst mitbekommen haben, was für ein Freak ich bin oder hast du angenommen, ich würde jetzt nach einem Werkzeug suchen?” Ich demonstrierte meine Fähigkeit, indem ich die Hand vor ihrer Nase kurz verformte, was sie scheinbar doch noch nicht kannte. Ihre Augen wurden riesig und sie wich vor meiner Metallklaue zurück. Fridolin reagierte ebenso mit Überraschung und Angst. Okay. Offensichtlich hatte ich das Wissen der beiden, um mich und meine Andersartigkeit, falsch eingeschätzt. War aber eigentlich auch unwichtig, ob sie es wussten oder nicht. Die aktuelle Lage veränderte sich dadurch kein Stück.
“Tut einfach, was ich sage oder ist meine Hilfe jetzt doch egal?” Ich für meinen Teil hatte absolut keine Eile und auch kein Problem damit, nur weiter danebenzustehen. Marianne wirkte mittlerweile ohnehin so, als würde sie gleich ins Gras beißen. Ihre Augen verdrehten sich dermaßen, dass man nur noch das Weiß sah, aus ihrem Mund kam Schaum und ihre Schreie verstummten bereits. “Wenn ich raten müsste, hält sie die Schmerzen keine Minute mehr aus.” Von ihren inneren Blutungen mal ganz abgesehen.
“I-ich ...” Emeli war sichtlich überfordert. Tränen liefen über ihre Wangen, während sie versuchte, ihre zuckende und bebende Freundin ruhig zu halten. “B-bitte! Tut es! Ganz gleich WAS!”
“Gut, dann ... verschwinde.” Ich stieß Fridolin etwas ruppig beiseite und nahm nun statt seiner auf Mariannes Beinen Platz. Das Ende der Korsage befand sich genau über ihrem Intimbereich und ließ sich von dieser Position aus am besten erreichen. Wenn ich sie schon scheinheilig retten sollte, dann richtig. Diese Kleidung war nämlich ein speziell maßgefertigter Käfig, der sie stützte und ihren unnatürlich operierten Körper in Form hielt. Wenn ich die Metallfäden nicht an den richtigen Punkten durchtrennte, konnte dies eine Kettenreaktion auslösen. Das übrige Gewebe würde sich derart verzerren, dass es sämtliche Rippen brach oder den Rumpf gleich zerteilte.
Ich hatte dies schon einmal gesehen – sofern ich meinen Erinnerungen glauben schenken konnte –, dabei nicht unbedingt als Spiel mit Wetteinsätzen. Nein. So etwas kam bei Schneidern und Ingenieuren regelmäßig vor. Wobei es streng genommen nahezu jeder Handwerksbereich war, da die Fabrikate immer an Sklaven getestet wurden. Folter und Tode gab es zuhauf bei neuen Produktvorführungen auf Ausstellungen. Es gehörte schlicht dazu, beim Einkaufen und Besichtigen Schmerz, Blut oder Innereien präsentiert zu bekommen. Hartgesottene ließen sich sogar etwas einpacken als Andenken. Hölle noch eins, warum wusste ich diesen ganzen Scheiß?
Ich atmete einmal tief durch, blendete alle Bilder von aufgeschlitzten oder zusammengequetschten Körpern aus und schob meine Daumen ruhig unter den Metallsaum der Korsage. Die Haut wandelte ich genau dort in eine scharfe Klingenfläche, wo sie die Kleidung berührte und in dem Moment, wo ich mich an der Ziernaht entlang schneiden wollte, hielt ich inne. Warum tat ich das hier noch gleich? Spielte ich damit vielleicht meinem Vater in die Hände?
“Nein ...” Ich schüttelte den Kopf und versuchte, mich nicht erneut selbst zu verwirren.
“Was hab–” Noch bevor Emeli aussprach, gab ich mir selbst einen Ruck und schob die Arme vor. Ohne Widerstand glitt ich durch das Material und legte Mariannes Bauch frei, der zwar stark verfärbt, aber nicht gewölbt war. Seltsam. Sollte das mit den Eiern doch nicht stimmen? Kamen ihre Schmerzen wirklich nur von ihrer Kleidung? Aber. Das wäre doch verrückt.
Meine Stirn legte sich in tiefe Falten, als ich Marianne weiter aus der Korsage schälte. Ich hielt mich beim Brustkorb exakt mittig der weißen Verzierung folgend, passierte den schmalen Pfad zwischen ihren kugelförmigen Brüsten bis hinauf zum Hals. Ich schälte sie komplett aus dem Teil, fand aber zu meiner Überraschung keine Anzeichen eines Parasiten oder irgendetwas, dass sich unter ihrer Haut bewegte und nach draußen zu fressen versuchte. Nichts. Da gab es nur großflächige dunkle Blutergüsse, die auf massive Quetschungen deuteten, aber sonst war da absolut nichts. Wieso?
“MARIE! O Gott, sag doch was!” Emeli umfasste das Gesicht ihrer Freundin und tätschelte ihr sanft die Wangen. “Wach auf, bitte!” Vergeblich. Sie rührte sich nicht mehr, aber das war auch wenig verwunderlich. Die inneren Verletzungen mussten enorm sein. So wie ihr Körper aussah, hatte das Korsett sämtliche Rippen verbogen oder die neu nachgewachsenen gebrochen.
“Nachgewachsen ...” Gedankenversunken stand ich auf, ignorierte das hysterische Geheule und schritt zu den Puppen hinüber. Nervlich war ich völlig am Ende. Ich mein, wozu sollte mein Vater Marianne heilen und sie danach in diesem Gestell lassen, sodass sie qualvoll krepierte? Warum nun doch kein Schlupfspiel? Verdammt, was wurde denn dann hier gespielt?! Es musste doch ein Spiel sein! Diese Unwissenheit machte mich krank!
Ein klassisches Leoden könnte ich mir noch vorstellen, wo es nur Wetteinsätze auf die Todesart gab. Ein neues Oswelat wäre auch nicht so abwegig, dann eben nur ein kleines ohne dazugehörige Parzelle und Bewohner. Oder es war eben doch ein Slak oder ein Spiel, welches sich daran orientierte. Statt Eier hätte man uns Giftkapseln oder Teck einsetzen können, die dem Körper langsam Schaden zufügte. Ehrlich, die Möglichkeiten waren unbegrenzt und machte nicht auch das den Reiz für meinen Vater aus? Dass wir darüber rätselten, was uns umbrachte? Oder verzweifelt und hilflos dabei zusehen mussten, was mit den Leuten um uns herum passierte? Was? Was wollte er?!
“Fühlst dich sicher gut unterhalten, oder Vater?” Das ganze Chaos in meinem Schädel kam an einem Punkt zum Stehen und schwenkte in unbändige Wut um. Ein Knurren entwich meiner Kehle, bevor ich der ersten Maugeri in der Reihe die Tabletts aus den Händen schlug. “Na, gefällt es dir, Reaktionen von mir zu sehen?” Danach sauste mein Arm, den ich blitzschnell in eine lange Klinge formte, auf sie zu und trennte den Kopf von ihren Schultern. “Du widerst mich an! Du, diese Spielchen, die Rea ... die Welt.” Ich machte einen Schritt zur Seite und rammte mein Schwert in den Bauch der nächsten Puppe – zerstörte punktgenau ihren Antriebskern. “Ich habe keine Lust mehr, hörst du?! KEINE!” Mein Blick fixierte die dritte Maugeri, die aber zu meiner Überraschung einfach von selbst leblos zu Boden fiel. “Was zum ...?” Ich hatte sie nicht berührt, warum also brach sie zusammen?
“Sofortige Systemabschaltung zur Minderung weiterer Sachschäden und Eskalationen eingeleitet”, sprach plötzlich die letzte Puppe und sah mich mit rot-leuchtenden Pupillen an. Es war ein deutliches Zeichen dafür, dass nicht die einprogrammierte KI hier sprach, sondern sich jemand über einen externen Link eingeloggt hatte. “Damit eure ordnungsgemäße Versorgung gewährleistet werden kann, solltet ihr demnächst das Wrack verlassen. Die Gästezimmer stehen bereit.”
“Bitte was?” Verständnislos starrte ich sie an, aber da erlosch auch schon das Licht und die Maschine kippte laut scheppernd nach vorne. “Soll das ein beschissener Scherz sein?!” Wie konnte sie es wagen, einfach auszugehen? Was zur Hölle sollte das?!
“Du elender Dreckskasten!” Ich stach auf den reglosen Körper am Boden ein, was mir überhaupt keine Befriedigung bescherte. “Steh sofort wieder auf! Na los!” Meine Forderung war dümmlich, da ich längst motorisch wichtige Teile beschädigt hatte, aber Logik war mir im Moment völlig nebensächlich. Der immense Hass raubte mir den Verstand. Ich musste sogar lachen, obwohl absolut nichts an dieser ganzen Scheiße lustig war.
“Was bezweckst du damit, Vater? Ordnungsgemäße Versorgung? In einem Folterraum vielleicht?” Ich lachte erneut. “Soll ich sie vielleicht alle töten, ja?” Das wäre doch gnädig und mir auch noch einmal die Kehle aufzuschlitzen wurde immer verlockender. Dann wäre das Spiel auch vorbei. Alles würde hier sein Ende finden, auf die eine oder andere Weise.
“Verdammt, Reznick, reiß dich zusammen!” Die Frauenstimme ließ mich herumdrehen und auf die ängstliche Emeli blicken.
“Was denn? Ist doch besser, wenn ich uns kurz und schmerzlos umbringe oder willst–” Meine Augen wurden groß, als ich realisierte, dass sie in ihren Armen Marianne hielt und diese mich ebenso schockiert ansah. Wieso? Wieso lebte sie wieder? Das konnte nicht sein! Hatte ich mir das zuvor eingebildet? Nein. Nein, das – ich hatte die Verletzungen doch gesehen! Hatte ich doch, oder? Das war doch echt gewesen? Scheiße, was lief hier?!
Hektisch betrachtete ich die beiden Frauen, die umarmend am Boden saßen, fand aber nichts Auffälliges. Mariannes Brüste waren zwar von etwas Kleidung verdeckt, ihr Bauch jedoch war gut sichtbar und zeigte keine Blutergüsse oder Verformungen mehr. Selbst die Schnitte, die Emeli ihr aus Versehen verpasst hatte, fehlten komplett. Ich verstand das nicht. Was für ein Spiel spielten die hier mit mir?
“Sagt schon, wie ist das möglich?” Ich lachte und schwenkte meine Klinge langsam hin und her. “Arbeitet ihr doch mit meinem Vater zusammen? Wollt ihr mich etwa alle gemeinsam fertigmachen?” Das würden sie büßen. Oh, ja. Und wie! Niemand verarschte mich ungestraft!