Die Auswertung ging los. Konzentriert beäugte ich den wandgroßen Bildschirm, der eine Vielzahl von Tabellen und Listen aufführte. Die Augonen waren schon immer sehr diszipliniert. Penibel hielten sie jede noch so kleine Information in ihren Datenbanken fest. Äußerst praktisch. So blieb ich, was Essenzen und mögliche Elementare betraf, immer auf dem neuesten Stand.
Gemütlich lehnte ich mich zurück und betrachtete mit meinem Bot Zahl um Zahl und Buchstabe für Buchstabe. Hier im hintersten Bereich des prunkvollen Versammlungssaals war es vergleichsweise ruhig, auch wenn die Halle über 500 Mann beherbergte und eifrig diskutiert wurde. Angenehm. Es gab mir die nötige Konzentration, um das Gesehene ohne Probleme in den Verstand des Originals zu senden.
Auf meinem Schiff der Tyschenka hingegen hätte ich mir dieselbe entspannende Atmosphäre gewünscht. Aber irgendwie wollte sich diese nicht so recht einstellen. Während ich mit leichtem Tippen der Finger Elektrizität in das neue Tablet fließen ließ, um die gewonnenen Berichte der Augonen zu digitalisieren, unterhielt sich Elian lautstark mit Dezeria. Er hockte in eine Decke gehüllt vor der massiven Eiswand und versuchte, sie zu beruhigen oder hervorzulocken. Es war mir ehrlich egal. Am liebsten hätte ich den Raum verlassen, aber ihn mit dieser Instabilen alleine lassen? Nein. Das wäre unverantwortlich.
“... wirklich! Du solltest da rauskommen, Dezeria! Hendrick ist zudem gefährlich! Wenn er aufwacht, könnte er dich verletzen!”, rief Elian besorgt und nahm die Hand von dem Kristallgebilde, um sie an seine Brust zu drücken. Er fror, dies sah ich ihm deutlich an.
Genervt hielt ich in meiner Arbeit inne und wandte mich der Bediensteten zu. “Bring ihm noch eine Decke.” Ich deutete neben mich auf die Sitzecke. Die Puppe nahm wie befohlen den zusammengelegten Stoff auf und schritt zu ihm rüber. Legte ihm die zweite Decke über die Schultern, die er sofort dankend annahm.
“Es wär besser, du gehst endlich, Elian.” Er drehte den Kopf zu mir. Der Ausdruck in seinem Gesicht zeigte Unverständnis.
“Wieso? Sie hat Angst ... Sie soll sich doch wohlfühlen. Das mit dem Eis kann doch nicht so bleiben. Hast du nicht zugehört? Sie kann es nicht gezielt beeinflussen ... Ich dachte zudem, du hast ihre Fähigkeit gebannt. Warum kann sie es noch? Oh schreck, sie ist schon zu sehr instabil, oder? Und dann ... Wind ...” Er schüttelte sich. “Sie sollte nicht bei ihm sein. Jedenfalls nicht so dicht ...” Sein Unbehagen vor meinem Sohn hatte sich trotz der vergangenen Jahre nicht verändert. Verrückt wenn man betrachte, dass er dasselbe jetzt auch bei Dezeria versuchte. Er bemühte sich um Harmonie. Armes Kerlchen. Wann lernte er je daraus? Nachher würde sie ihn auch verletzen. Sei es nun beabsichtigt oder nicht.
“Elian, diese Diskussion ist nicht zielführend. Wenn dir was passiert, gibt’s nachher wieder nur Rumgeheule deswegen und ich werde dir mein Blut geben müssen, willst du das?” Er schüttelte den Kopf.
“Es wird nichts passieren. Dafür sind die doch schließlich da ...” Sein Blick wanderte etwas ängstlich zu den beiden VT-Puppen rechts und links neben ihm, die ich extra zu seiner Sicherheit abgestellt hatte. Modelle aus reinstem Tec ohne irgendeine menschliche Verzierung. An Schnelligkeit und Präzision waren sich nicht zu überbieten. Sollte sich das Eis auch nur einen Millimeter in seine Richtung bewegen, würden diese ihn umgehend wegbringen. “Und du beschützt mich ja auch.” Er lächelte. “Außerdem hat sie mir ein Versprechen gegeben.” Ich rümpfte abfällig die Nase und blickte zurück auf das Tablet. Mit ihm über solche Sachen zu reden, war sinnlos. Ermüdend.
Flüchtig schwenkte ich in die Kopie, die sich im Kontrollraum der Schiffssteuerung befand. Wir hatten die Koordinaten für den Port-Sprung fast erreicht. Nepner würden wir voraussichtlich in zwanzig Minuten erreichen. Endlich. Mein Innerstes wurde zunehmend aufgewühlter. Ich konnte die Essenz meiner Liebsten förmlich auf der Zunge spüren. Sie schmecken. Sie –
“Was ist das?! Leopold! Die Daten sind unvollständig!” Mein Bot blickte auf. Betrachtete das verärgerte Gesicht von Paulus, dem Anführer der Oht’esch-Bewegung. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, was ihn erzürnte. Meine Augen fielen auf die flimmernde Wand in dem unscheinbaren kleinen Raum, an welche ich die eben geklauten Informationen projizierte. Die angezeigten Tabellen der Augonen waren nur teilweise befüllt. Eigenartig. War ich dermaßen unkonzentriert?
“Was ist passiert? Was lenkt dich ab? Was hast du gesehen?” Er schlug mit der Faust auf den Tisch. “Jetzt spuck es schon aus!” Ich sah ruckartig wieder zu Paulus. Jedem anderen hätte ich diesen Tonfall mir gegenüber wohl übel genommen, aber nicht ihm. Ich verstand seinen Hass.
“Es ist nichts”, gab ich emotionslos von mir und korrigierte die Werte, indem mein Original noch einmal neue anfertigte. Bei der Weiterleitung unterlief mir jedoch der nächste Fehler. Ich schickte unbeabsichtigt auch die technische Skizze der Waffe mit, die ich bei Adele gesehen hatte. Sofort löschte ich diese aus der Präsentation. Leider aber nicht schnell genug. Paulus war es nicht entgangen.
“Was war das?”
“Nichts.”
“Hör auf ständig nichts zu sagen! Das war eindeutig eine Waffe und keine Auswertung von Essenzen. Also. Was planen die Augonen? Was hast du gesehen?”
“Sie wollen mich einfangen oder suchen einen Weg, mich umzubringen. Das Übliche eben.” Es war nicht so, dass ich ihm nicht vertraute. Ganz im Gegenteil. Dennoch würde ich niemandem jemals Daten geben, die ich noch nicht selbst durchgesehen hatte.
“Bei Mysings heiligem Arsch, Leopold! Geht das schon wieder los?” Er stand wutschnaubend auf. “Ich will wissen, was du weißt!”
“Wenn es etwas Wichtiges wäre, würdest du es erfahren.”
“Ja. Klar. Ich würde es erfahren.” Er umrundete den schmalen Tisch und stellte sich dicht neben mich. “Alles, was dich betrifft, erfahre ich entweder im Nachhinein, wenn es schon zu spät ist oder eben gar nicht!” Da hatte er nicht unrecht. “Wir haben ein Abkommen! Ich helfe dir und du hilfst mir.” Auch dies stimmte, dennoch langweilte mich diese Unterhaltung.
“Ich kann auch gehen, wenn dir meine Informationen nicht passen.”
“Deine Ausweicherei kannst du dir in die Haare schmieren.” Mit einem kräftigen Ruck riss er meinen Stuhl zu sich herum. Seine körperliche Kraft überstieg die meines Bots bei weitem. Ich wusste es und er ebenso. Wobei. Es spielte keine Rolle, ob ich echt hier war oder nicht. Er würde sich immer derart respektlos und aufbrausend verhalten. Das gehörte irgendwie dazu, wenn man nicht sterben konnte. Auch wenn seine Unsterblichkeit eine andere war, als die meine.
Ein provozierendes Lächeln umspielte meine Lippen. “Und das soll jetzt was genau werden? Willst du mit mir kämpfen?”
“Kämpfen?” Nun war er es, der ein breites Grinsen aufsetzte. “Hast du denn deine Fähigkeiten verbessert, sodass deine Kopien nicht nur schwache Hüllen sind? Wenn nicht, mach ich dich mit Leichtigkeit kalt. Was soll daran schon ein großartiges Kräftemessen sein? Und deinen echten Arsch wirst du wohl kaum hierher bewegen. Jedenfalls nicht, wenn du mit deinem Sohn und deiner Frau gerade in einem Spiel steckst.” Stimmte wohl. Er kannte mich einfach zu gut und das hasste ich. Niemand sollte mich derart leicht durchschauen oder verstehen können. Und noch etwas anderes störte mich enorm.
“Ich will nicht, dass du von ihr sprichst.” Ich starrte ernst in seine kalten hellblauen Augen. Wir mochten beide zwar unter uns sein, dennoch gehörte es sich nicht, dass er sie erwähnte.
“Entschuldige.” Paulus rückte von mir ab und fuhr sich frustriert durch seine schulterlangen schwarzen Haare. “Du weißt genau, wie ich dazu stehe. Es ist doch auch in deinem Interesse, mir alles zu erzählen.” Ja und nein.
“Du weißt genug.” Davon würde ich nicht abrücken. Mein Innerstes widerstrebte es, ihm von der Waffe oder Dezeria und ihren Fähigkeiten zu berichten. Eine Schwäche zu offenbaren. Auch wenn das eigentlich dumm war. Wir hatten immerhin das gleiche Ziel.
“Gott ey, Mysing gib mir Kraft. Wie gerne würde ich die Wahrheit aus dir rausprügeln.“ Er ballte die Fäuste. “Seit ich dir sämtliche Gerätschaften des Technikums für deine Forschungen besorgt habe, hüllst du dich in eisernes Schweigen oder machst irgend’n Kram auf eigene Faust. Mal ehrlich, arbeiten wir noch zusammen? Wozu brauchst du mich noch?”
“Wozu wohl.” Ich betrachtete ihn emotionslos. Er wusste die Antwort auf diese Frage. Er war schließlich das Gesicht der Oht’esch. Ihn konnte ich auf diesen Thron setzen, denn ich nicht besteigen wollte. Er würde die Welt nach meinen Wünschen formen. Sein Leben allein danach richten. Auf ewig.
“Tz.” Er machte eine abfällige Handbewegung. “Wenn du dich weiter so verhältst, kannst du dir das abschminken.” Das bezweifelte ich stark. Er hatte niemanden, der ihn davon ablenkte. Nicht so wie bei mir. Seine beiden Partner waren verstorben. Da konnte er noch so versessen an diesen amüsanten Gott des Gleichgewichts glauben, wie er wollte. Einen dritten Gefährten würde er niemals finden. Es war ohnehin schon erstaunlich, dass er überhaupt zwei an sich hatte binden können. Zu schade, dass ich seinen Körper vor der Umwandlung nicht untersuchen konnte. Nun besaß er nichts mehr, was für meine Forschung einen Wert hätte. Er war nur noch Bits und Bytes. Eine Maschine durch und durch.
“Soally, Iving, Racion, Goes und Inesse”, sagte ich nach einem Moment des Schweigens, auch wenn ich diese Namen eigentlich für mich behalten wollte. Aber sei es drum. Es würde Paulus ablenken. Zudem war es nur fair, wenn ich ihm wenigstens etwas entgegenkam.
“Hm?” Er runzelte die Stirn. “Was ist mit diesen Häusern?”
“Ihre Kriegsgeneräle stellen sich offen gegen mich. Gegen Oht’esch.” Er hob fragend eine Augenbraue.
“Und das weißt du woher? Sag mal, hast du heute noch an weiteren Versammlungen teilgenommen? Wieso weiß ich nichts davon?” Ich zuckte mit den Schultern.
“Willst du dich nun darum kümmern oder nicht?”
“Da fragst du noch? Natürlich will ich!” Er ballte die Fäuste. Ein leises Zischen und Knacken ging von seinem Biokörper aus. “Ich werde mir einen nach dem anderen vorknöpfen. Langsam und qualvoll wird ihr Tod werden! Mein Einfallsreichtum wird selbst dich in den Schatten stellen.” Er lachte kurz wahnsinnig auf, bevor er mich wieder grimmig musterte. “Aber jetzt mal ernsthaft. Was ist das mit dieser Waffe? Wieso versuchst du, mich mit Mordlust abzulenken?” Ich seufzte. Das hatte ich befürchtet. Schnell wechselte ich ins Original, um dieser ermüdenden Unterhaltung zu entgehen.
“... mir nicht böse, Elian, aber was du sagst, hilft mir nicht! Ich bleibe hier drin! Das Monster ist bestimmt noch bei dir, oder?” Ich seufzte erneut. Stimmt. Hier war es ja auch nicht besser.
“Leo ist noch da, ja, aber er wird nichts machen. Wirklich nicht. Bitte komm da raus ... Das Eis ist gefährlich und du willst mich doch nicht verletzen. Du hast es versprochen, erinnerst du dich? Und dann ist da auch noch Suciu. Sie hat gesagt, dass sie friert. Du beeinflusst die Temperatur im Schiff.” Ich runzelte die Stirn.
“Dann soll sie halt die Raumtemperatur anpassen”, gab ich gelangweilt von mir, worauf Elian sofort seinen Kopf zu mir drehte. Er verzog das Gesicht, wohl um verärgert auszusehen. Es passte jedoch so gar nicht zu ihm. Unwillkürlich musste ich darüber schmunzeln.
“Das ist nicht hilfreich ...”, flüsterte er und seufzte anschließend. “Sie hat sehr große Angst vor dir ... Ich weiß nicht, was passiert ist, aber wieso entschuldigst du dich nicht einfach bei ihr? Ich glaub, das würde schon einiges besser machen.”
“So glaubst du das, ja?” Er nickte eifrig, was mein Grinsen verstärkte. “Hey, Henriette! Dein Eis wird früher oder später von ganz alleine verschwinden! Ist dir das bewusst?! Dein Körper wird irgendwann zu geschwächt sein, um die Kontrolle aufrecht zu halten!” Elian schnappte empört nach Luft.
“Das war keine Entschuldigung ... und es war auch nicht lustig. Warum bist du so zu ihr?” Das war eine gute Frage. Vielleicht störte mich, dass sie eine Art Universal – etwas gegen mich war. Ich wusste es noch nicht genau. Sie ging mir jedenfalls unter die Haut und das durfte schlichtweg nicht sein. Sie reizte meine Essenz.
“Leo? Warum erzählst du ihr nicht etwas über deine Arbeit oder zeigst es ihr? Warum sagst du ihr nicht die Wahrheit? Also, dass du eine sichere Welt für uns machen willst. Das wird sie bestimmt auch toll finden.” Ich rollte mit den Augen.
“Alle wissen nur das, wonach mir gerade der Sinn steht.”
“Aber mir hast du es doch auch erzählt ...” Ich fühlte mich, als würde ich mit einer Wand reden.
“Elian, wenn ich damals schon gewusst hätte, dass du danach zu einem ungehörigen Kleinkind mutierst, wäre es nie dazu gekommen.” Außerdem konnte er diese beiden Situationen keineswegs vergleichen. Sein Zustand war kritisch gewesen. Sein Verstand gebrochen.
“Ey, ich bin kein Kleinkind!” Er verschränkte eingeschnappt die Arme vor der Brust. “Ich bin viel älter als du!”
“Und du möchtest doch auch noch länger am Leben bleiben, oder?” Ich betonte es bewusst mit tiefer Stimme, obwohl es keine ernst gemeinte Drohung war. Ich würde ihm nichts antun. Leider wusste er das selbst nur zu gut. Er schenkte mir ein müdes Augenrollen, zog die Decken enger und wandte sich schließlich erneut der Eiswand zu.
“Dezeria, bitte sei ihm nicht böse deswegen! Das war nur –”
“Hör auf, ihn in Schutz zu nehmen, Elian! Er ist ein Monster und wird immer eins bleiben! Er provoziert bewusst! Er will doch, dass man ihn hasst! Du warst nicht dabei! Er hat Hendrick und mich absichtlich verletzt! Es ist nur ein Spiel für ...” Gelangweilt von diesem Dialog wechselte ich in den Bot bei den Augonen. Betrachtete fast schon erfreut die eintönigen Tabellen. Aber auch wenn ich mich hierher flüchtete, änderte es nichts an der Tatsache, dass ich dieses Dezeria-Problem noch lösen musste. Es gab kein Wort dafür, wie lästig mir das alles im Moment war.
Müde schweiften meine Augen über eine neu eingeblendete Analyse. Es handelte sich um die Funktionalität einiger meiner alten Blutkristalle sowie dem Energieverbrauch einer jeden einzelnen Seele, die sich in Verenas Besitz fand. Erschreckend und faszinierend zugleich. Sie war noch immer sehr fleißig dabei, alles an sich zu reißen. Danach folgten Diagramme, die sich mit dem Zerfall von Essenzen befassten. Amüsiert darüber schüttelte ich den Kopf. Dass sie selbst in ihrem eigenen Haus diese Falschinformation streute, war typisch für sie.
“Hm ...” Als ich das Wort instabil irgendwo zwischendrin las, brachte mich das plötzlich auf eine Idee. Ich konnte Dezerias aktuelles Gefühlschaos perfekt nutzen. Sie zur Sicherheit bequem in eine Stasekapsel sperren. Meine Liebste würde dieses Vorgehen auch nicht ahnden. Jedenfalls nicht, wenn ich ihr die dazu passenden Aufnahmen vor Augen führte. Es war doch so simpel. Warum hatte ich daran nicht schon früher gedacht? Das musste definitiv an meinen gereizten Nerven liegen. Klare Gedanken fielen mir heute unwahrscheinlich schwer. Verrückt. Aber gut. Besser spät als nie.
Zufrieden erhob ich mich von meinem Logenplatz und schritt zur großen weißen Flügeltür. Zeit, sich auch diesem Bot zu entledigen. Ich hatte alle wichtigen Informationen der Augonen gesehen und kopiert. Jetzt würde nur noch eine belanglose Darstellung von Unwahrheiten folgen. Völlig nutzlos und nur dazu da, um die Bevölkerung weiter in diesem falschen Wissensstand zu halten. Wie immer.
<Du verlässt uns schon?>
Ich hielt mitten in der Bewegung inne. Diese Stimme. Konnte das sein?
<Bleib. Wir haben uns schon sooo lange nicht mehr gesehen.>
Verena. Kein Zweifel. Ich fuhr herum und musterte akribisch den Saal. Die Stimme aus den Lautsprechern gehörte eindeutig zu ihr. Sie war hier und nahm an dieser Versammlung teil, was ungewöhnlich war. Seit Jahren schon hatten sich die Obersten des Machtsystems zurückgezogen. Mieden derart öffentliche Konferenzen, selbst wenn diese in ihren eigenen Häusern stattfanden.
Totenstille breitete sich aus. Der Saal wirkte wie eingefroren. Niemand machte auch nur ein Geräusch oder bewegte sich. Ich wusste sofort, woran das lag. Sie nutzte das Auwolast, um alle Anwesenden unter ihrer Kontrolle zu bringen. Jeder Rea war zu ihrer willenlosen Puppe verkommen. Niemand konnte sich dem entziehen.
<Ich bin hier, mein Süßer.>
Verena stolzierte auf die Bühne und winkte mir lasziv zu. Mit ihrem pinken Diamantkleid und dem weißen Fellkragen stach sie mir richtig ins Auge. Diese auffällige Farbkombination war für sie nichts Ungewöhnliches. Dennoch wunderte ich mich über die verwendeten Materialien. So etwas Exklusives trug sie nie ohne Grund. Das wusste ich.
“Eine Feier”, sprach ich emotionslos, als ich den langen Weg bis zu ihr hinter mich gebracht hatte.
“Scharfsinnig wie immer.“ Sie legte eine Hand auf meinen Oberkörper und lächelte verführerisch. “Ich dachte, du möchtest uns Gesellschaft leisten. Immerhin dreht sich das Fest um dich und dieser ordinäre Versammlungsplatz ist doch deutlich unter deiner Würde.” Sie griff nach meiner Hand und zog mich mit sich.
Stillschweigend ließ ich mich führen. Ich hatte schon eine grobe Ahnung, was mich erwarten würde und bereute, nicht mit meinem echten Körper hergekommen zu sein. Mein Bot war nicht stark genug, um sie zu töten. Aber na ja. Vielleicht ergab sich die Gelegenheit später noch.