„Der Baum kommt mir bekannt vor“, murmelt Pippin misstrauisch.
Du hebst den Blick. Ganz sicher bist du dir nicht, weil du es längst aufgegeben hast, dir die Pflanzen hier zu merken. Aber Pippin könnte recht haben. Keine ermutigende Aussicht.
Neben dir gähnt Merry ausgiebig. Sam stöhnt, während Frodo versucht, die Gruppe zu ermutigen. „Dann wissen wir ja jetzt, in welche Richtung wir nicht gehen sollten.“
Doch selbst Frodo siehst du die Müdigkeit an. Den ganzen Tag schon irrt ihr durch den Alten Wald. Nun muss es um den Mittag herum sein. Die Sonne ist nur selten durch das Blätterdach zu sehen. Ihr sucht euch euren Weg, doch immer wieder versperrt euch dichtes Gestrüpp den Weg und ihr seid gezwungen, einen Umweg zu nehmen.
Du weißt nicht, ob es irgendein Zauber ist oder daran liegt, dass du keine tagelangen Wanderungen gewohnt bist, jedenfalls wirst du immer müder und kannst bald kaum noch die Augen offen halten. Du stolperst mehr vorwärts, als dass du gehst, doch wenigstens scheint es deinen Begleitern ähnlich zu gehen.
Ihr folgt Frodo, der ein Lied anstimmt, das euch wohl ermutigen soll:
„O Wandrer unterm Schattenjoch,
verzweifle nicht, wenn auch der Wald
noch finster steht, er endet doch
und auch die Sonne siehst du bald.
Im Aufgang und im Untergang,
Anbruch und Tages Abgesang,
denn alle Wälder lichten sich …“
Hier hört Frodo krächzend auf und ringt nach Atem.
„Sie mögen all das über Enden und Sich-Lichten nicht“, erklärt Merry euch mit Blick zu den Bäumen. Selbst dir kommt es so vor, als würde der Wald sich würgend um euch zusammendrängen und die Luft immer heißer werden. Was ist das nur mit Wäldern in Tolkiens Welt und deren Hass auf alles Wandelnde?
Ihr müht euch weiter und erreicht schließlich einen kahlen Hügel, auf dem ihr euch orientieren könnt. Merry deutete auf einen Waldteil. „Das ist das Weidenwindental. Dort fließt die Weidenwinde, und dorthin wollen wir auf keinen Fall gehen. Das ist der absonderlichste Teil des ganzen Waldes.“
„Wir könnten dem Weg weiter folgen“, schlägst du vor. Dieser hat euch bereits in Serpentinen auf den Hügel geführt und ist auf seiner anderen Seite zu erahnen. Die anderen stimmen dir zu und ihr beginnt, diesem Pfad zu folgen. Doch es dauert nicht lange, und ihr merkt, dass der Weg immer wieder nach rechts abweicht, zum Weidenwindental hin. Wann immer ihr von diesem Pfad abweichen wollt, drängt euch verfilztes Unterholz zurück. Schließlich wird der Wald so dicht, dass niemand mehr weiß, wo sich Weidenwinden befinden oder nicht. Schließlich kommt ihr an einen von Weiden gesäumten Bachlauf.
„Na toll“, murmelt Merry.
Ihr wandert weiter, doch die Luft wird nun so heiß und drückend und die Müdigkeit so überwältigend, dass ihr schließlich eine Pause machen wollt.
„Wir können noch nicht rasten“, protestiert Frodo zwar, aber er wird rasch überstimmt und auch er ist müde. Also lasst ihr euch am Bachufer neben einem alten Baum nieder. Merry und Pippin lehnen sich gegen den Stamm, du streckst dich mit Frodo und Sam auf der Wiese aus.
Ihr müsst ja nicht lange rasten, nur einige Stunden …
Ein merkwürdiges Knarzen macht dich noch einmal etwas wacher. Seltsam … wo sind denn Merry und Pippin hin? Und wieso stolpert Frodo zum Wasser?
Du siehst zum Stamm, an dem Merry und Pippin gesessen haben. Sicher sind sie nur auf die andere Seite gegangen.
Frodo setzt sich ans Wasser, auf eine große Wurzel, und taucht die Füße in den Bach. Neben dir schnarcht Sam leise. Du hörst ein merkwürdiges Schnappen, als würde sich eine Tür schließen, allerdings ist es so leise, dass du es ignorierst.
Dann erklingt ein Platschen.
Sam ist sofort hellwach und zerrt Frodo aus dem See.
„Er hat mich hineingeworfen!“, schimpft dieser. „Der gemeine Baum wollte mich ertränken.“
Du blinzelst, als du dich erinnerst. Bäume in dieser Welt sind höchst gefährlich.
Du springst auf. „Merry und Pippin! Sie sind im Stamm!“ Das war nämlich das Türgeräusch, das du gehörst hast. Du eilst an die Seite des Baumes und klopfst dagegen. Von drinnen hört ihr die beiden eingeschlossenen Hobbits schreien.
„Haben wir nicht eine Axt, um sie zu befreien?“, fragt Sam.
Frodo verneint. „Ich habe höchstens ein Beil für Feuerholz.“
„Feuerholz!“ Sam grinst breit. „Damit können wir diesem alten Baum sicherlich etwas Angst einjagen.“
Während die beiden Holz aufschichten und Funken schlagen, wird Merrys Schreien mit einem Mal schriller. „Macht es aus! Macht es aus! Er sagt, er erdrückt mich, wenn ihr ihn anbrennt!“
„Was sollen wir tun?“, fragt Frodo und rauft sich das Haar.
Du kämpfst immer noch darum, wach zu werden. Du musst irgendwas unternehmen.
Du entscheidest dich …
- … um Hilfe zu rufen. Teil 98:
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- … das Feuer stärker zu entfachen. Teil 90: