Du stößt die Eingangstür auf. Dahinter liegt eine eisige Nacht. Immerhin hat der Regen aufgehört.
„Versteckt euch!“, weist du die Hobbits an. Ihr rennt hinter die Bar – wo bereits jemand sitzt. Butterblumes Gesicht ist bleich wie Käse. Er sieht euch mit weit aufgerissenen Augen an, als ihr euch zu ihm hockt und in den Schatten der Bar quetscht.
Nicht viel später hörst du schwere, eilige Schritte. Die Nazgûl kommen in den Schankraum. Du siehst, wie Frodo die Hand um den Ring unter seinem Hemd schließt, und wie Butterblume die Augen schließt.
Ihr haltet den Atem an. Dann hörst du, wie die Schritte nach draußen verklingen. Wenig später wiehern Pferde schrill, dann entfernt sich galoppierender Hufschlag.
Du atmest aus. „Sie sind weg!“
Frodo sieht dich mit großen Augen an. „Was sind die?“
Die Worte kommen fast von selbst über deine Lippen. „Einst waren sie Menschen, große Könige der Menschen. Dann hat ihnen Sauron der Verräter die neun Ringe der Macht gegeben. Blind vor Habgier nahmen sie sie an, ohne zu überlegen. Und der Reihe nach fielen sie in die Dunkelheit. Jetzt sind sie Sklaven seines Willens. Sie sind die Nazgûl, Ringgeister, weder lebendig noch tot. Zu allen Zeiten spüren sie die Gegenwart des Ringes. Getrieben von der Macht des Einen werden sie nie aufhören, dich zu jagen.“
Die Hobbits tauschen nervöse Blicke.
„Wir müssen Bree verlassen“, sagst du leise. „Wir können nicht auf Gandalf warten, Frodo.“
Neben dir findet Butterblume seine Stimme wieder. „Das ist noch nie vorgekommen! Ein Angriff auf Gäste in meinem Gasthaus!“
„Ich fürchte, es sind einige Möbel zu Bruch gegangen“, sagst du entschuldigend.
Butterblume winkt ab. „Hauptsache, den kleinen Herrschaften geht es gut! Möbel lassen sich ersetzen. Es tut mir sehr leid. Wirklich unerhört.“ Kopfschüttelnd erhebt er sich und schenkt sich etwas aus einer Flasche hinter der Bar ein, das Brandy sein muss. Er entzündet eine Kerze, deren heller Schein die Kälte der Nacht zu verdrängen scheint.
Du stehst auf und schließt die Tür. Unfassbar, dass der Trick funktioniert hat! Erst jetzt merkst du, dass deine Hände zittern. Du hast das Gefühl, nur knapp dem Tod entronnen zu sein. Das Bild der Morgulklingen, die dich förmlich aus dem Nichts der Finsternis angreifen, hat sich tief in dein Bewusstsein gebrannt.
Du kannst hier sterben. Das ist dir einmal mehr bewusst geworden.
Butterblume holt sechs Stühle von einem Tisch und ihr setzt euch. Die Hobbits zittern noch schlimmer als du.
„Sollen wir direkt los?“ Frodo scheint bereit, notfalls nie wieder anzuhalten.
Doch du schüttelst den Kopf. „Lasst uns auf den Morgen warten.“ Du weißt nicht, ob du die Kraft hast, dich jetzt auch noch der Dunkelheit zu stellen. Im Licht des Tages wird die Aufgabe sicherlich weniger schrecklich aussehen und das Licht wird den Schrecken der Nacht fortspülen.
„Butterblume“, wendest du dich an den Wirt. „Wenn es nicht zu viele Umstände macht, hättet Ihr ein kleines Frühstück und etwas zu trinken für uns?“
„Ich kann jetzt ohnehin nicht schlafen“, meint der Wirt und tupft sich die Stirn ab. „Kommt sofort!“
Du siehst zu den Fenstern. Bis zur Morgendämmerung sind es sicherlich nur noch ein paar Stunden. Der Angriff muss irgendwann nach Mitternacht erfolgt sein.
Du lässt dich auf den Stuhl sinken. Deine Beine scheinen dich nicht mehr tragen zu wollen und ein Beben schüttelt dich noch immer. Dein Herzschlag scheint sich kaum beruhigen zu können.
Mit einem Schauer denkst du daran, dass Frodo den Ring in Bree überhaupt nicht aufgesetzt hat. Die Ringgeister haben euch trotzdem gefunden.
Was wird noch alles anders laufen als im Buch oder im Film?
- Am besten brecht ihr sofort auf. Teil 141: