Chelonitoxismus oder Chelonitoxikation ist eine Art von Lebensmittelvergiftung, die gelegentlich durch den Verzehr von Schildkröten, insbesondere Meeresschildkröten, im Atlantik, Pazifik und Indischen Ozean verursacht wird. Sie gilt als selten.
Vier Arten von Meeresschildkröten werden mit Chelonitoxismus in Verbindung gebracht: die Echte Karettschildkröte (Eretmochelys imbricata), die Grüne Meeresschildkröte (Chelonia mydas), die Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta gigas), die Lederschildkröte (Dermochelys coriacea) sowie die Süßwasserart Neuguinea-Riesenweichschildkröte (Pelochelys bibroni). Der Verzehr dieser Arten hat zu verschiedenen Jahreszeiten in tropischen und subtropischen Regionen zu Vergiftungen geführt, darunter in Südostasien, Indonesien, den Philippinen und Neuguinea, aber auch im südlichen Südasien (Golf von Mannar) und auf dem Sansibar-Archipel. In der Region Südsüdasien wurden zwischen 1840 und 1983 89 Todesfälle durch Vergiftungen von Meeresschildkröten (vor allem Echte Karettschildkröten und Grüne Meeresschildkröten) registriert, hauptsächlich in Tamil Nadu sowie im Norden und Westen Sri Lankas.
Symptome von Chelonitoxismus treten innerhalb von Stunden bis zu einer Woche nach dem Verzehr von Schildkrötenfleisch auf, das nicht wiederholt vorgekocht wurde. Kinder sind besonders anfällig und laut Berichten können auch beim Stillen die Gifte übertragen werden, ohne dass sich Symptome bei der Mutter ausprägen.
Zu den Auswirkungen auf das Verdauungssystem zählen Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, Dysphagie, Zungenanomalien und eine feste, nicht druckempfindliche Leber. Die Vergiftung kann zu Blutungen in Leber, Speiseröhre und Magen führen, sowie zu Schleimhautödeme in Speiseröhre, Magen und Darm. Zudem kann die Gallenblase anschwellen, die Milz sich vergrößern und die Nieren verstopfen.
Zu den neurologischen Symptomen zählen vermehrter Speichelfluss, Schweißausbrüche, Schwindel, Lethargie und verminderte Tiefenreflexe, manchmal gefolgt von Koma und Tod. Als Todesursache wird in der Regel Atemversagen festgestellt.
Eine vollständige Genesung kann Wochen dauern und es ist nicht bekannt, ob die Nachwirkungen dauerhaft sind. Während bei toxikologischen Standarduntersuchungen in Krankenhäusern keine bekannten Toxine nachgewiesen werden konnten, töteten die Mageninhalte von Krankenhauspatienten, die an kleine Labortiere verfüttert wurden, die Tiere.
Quellen
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- "Eight children and an adult die in Zanzibar after eating sea turtle meat". The Guardian. Associated Press. March 10, 2024. https://www.theguardian.com/world/2024/mar/09/eight-children-and-an-adult-die-in-zanzibar-after-eating-sea-turtle-meat-chelonitoxism Abgerufen am 22.01.2024
- Ryall, Julian (November 10, 2010). "Pacific islanders die after feasting on poisonous turtle meat". Tokyo: The Telegraph. https://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/australiaandthepacific/8122068/Pacific-islanders-die-after-feasting-on-poisonous-turtle-meat.html Abgerufen am 22.01.2024