Remus Lupin
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Hope Lupin bestaunte die eiserne, kobaltblaue Dampflok mit noch größeren Augen als ihr Sohn es tat. Gleis 9 ¾ war ein überfüllter Haufen an aufgeregten Erstklässlern, gestressten Eltern und schreienden Haustieren. Ältere Schüler drängten sich auf der Suche nach ihren Freunden und Klassendameraden durch die Menge, Bahnangestellte schoben Wagen voller Koffer und Käfige durch die Gegen und schneeweißer Dampf, der aus dem Schornstein am Kopf des Zuges quoll, vernebelte die Sicht, sodass ein Großteil des Schauspiels wie aus einem Schwarz-Weiß-Film aussah.
Auch ohne die vielen Beschilderungen, die überall am Gleis und am Zug selbst angebracht waren, hätte Remus Lupin erkannt, dass es sich hierbei um den legendären Hogwarts-Express handelte. Ein ganzes Kapitel in Eine Geschichte Hogwarts‘ war der blauen Lok gewidmet und sein Vater hatte immer nur in den höchsten Tönen von der stundenlangen Zugfahrt gesprochen, die alle Schüler von London an einmal quer durchs britische Königsreich führen würde. In echt war die Dampflok noch schöner, als Remus es sich hätte jemals vorstellen können. Das Hogwartswappen, eine Art Schild, das in vier Sektoren unterteilt wurde, prangte an der Spitze des Zuges und an den Seiten der vielen Wagons. Hunderte breite Fenster gaben den Blick auch vom Gleis aus in den Zug preis, wo ein Abteil an das nächste gereiht war, gespickt mit smaragdgrünen Sitzbänken und eigenen Schiebetüren aus Glas.
„Ist das nicht aufregend, Remus?“, fragte Hope mit zittriger Stimme. Sie hatte eine Hand in den Stoff von Remus‘ Umhang gegraben, als wolle sie ihren Sohn noch nicht so recht ziehen lassen. „Du wirst wie alle anderen Kinder endlich auch nach Hogwarts fahren!“
Remus Lupin war ein kleiner, schmächtiger Junge. Silbrige Narben drückten sich wie Bergketten auf einer Weltkarte aus seiner blassen Haut. Sie bedeckten seinen gesamten Körper und Remus war sich der neugierigen, unverhohlenen Blicke der anderen Gleisbesucher schmerzlich bewusst. Sein Versuch, sich in seinem Umhang noch kleiner zu machen, misslang. „Vielleicht hat Dad doch Recht“, sagte er mit leiser Stimme, wodurch er Hope zu einem überraschten Laut verleitete.
Seine Mutter ging vor ihm die Knie. „Sag sowas nicht, mein Liebling“, erwiderte sie resolut. Die blasse Haut, die sie an ihren Sohn weitergegeben hatte, sah bei ihr wesentlich gesünder aus und im Licht der vielen Bahnhofsleuchten und der Sonne, die durch das Glasdach schien, konnte man ganz leicht die bläulichen Adern hervorschimmern sehen. Ihre Augen war tiefbraun und groß, wie bei einem Reh, doch als sie Remus anblickte, hatte sie überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit einem sanften Waldtier, sondern vielmehr mit einem Feldwebel, der absolut keine Widerworte akzeptieren würde. Hope nahm die vernarbten Hände ihren Sohnes fest zwischen ihre Finger drückte sanft zu. „Du wirst die absolut wunderschönste Zeit in Hogwarts haben, das weiß ich einfach.“
„Wie weißt du das?“, fragte Remus.
„Dein Vater hat gesagt, Hogwarts ist das Beste, was einem Kind passieren kann, also glaube ich ihm“, sagte Hope. Sie selbst war nicht magisch und könnte Hogwarts nicht betreten, obwohl ihr Mann und ihr Sohn Zauberer waren. Alles, was sie über die magische Schule wusste, kannte sie aus Erzählungen ihres Ehemannes, Lyall, und aus den Büchern, die sie neugierigerweise aufgeschlagen hatte. Remus‘ liebste Gute-Nacht-Geschichte war lange Zeit Eine Geschichte Hogwarts‘ gewesen, als das Schloss für ihn selbst noch wie ein fernes Märchen schien. „Komm schon, Remus“, fuhr sie sanft fort. „Du wirst gleich in diesen Zug steigen und dann wirst du das allererste Mal in deinem Leben nach Hogwarts fahren und du wirst Freunde finden und Magie lernen und alles wird perfekt für dich werden. Du hast auch gelesen, was Schulleiter Dumbledore geschrieben hat; es gibt keinen Grund zur Sorge. Für dich wird genügend gesorgt sein und wenn selbst dein Vater sagt, dass an Dumbledores Worten selten etwas zu rütteln ist, dann haben wir nur noch mehr Grund, dem Schulleiter zu glauben, nicht wahr?“
„Aber Dad ist trotzdem dagegen“, murmelte der Junge, sodass seine Stimme beinahe im lauten Gekreische dutzender Katzen unterging. „Er sagt, es ist zu gefährlich für mich.“
„Das sagt er nur, weil er sich Sorgen um dich macht, mein Liebling“, antwortete Hope. „Du weißt doch, wie dein Vater ist. Er sorgt sich immer um dich, auch wenn es dir blendend geht. Nicht wahr?“ Als sie ihrem Sohn das erwartete Lächeln entlockt hatte, grinste Hope. „Na also. Komm schon, wenn du erst einmal die Schule erreicht hast, dann wirst du keine Zweifel mehr haben.“
Remus nickte vorsichtig. „Okay. Ich – Ich denke, du hast Recht.“ Er vermied es, seiner Mutter zu sagen, dass er große Zweifel hegte, Freundschaften zu pflegen, war er doch noch nie ein Kind mit Freunden gewesen. Remus kannte den Postboten ihres Dorfes besser als alle anderen Kinder. Trotzdem setzte er ein Lächeln auf, von dem er hoffte, dass es seine Mutter davon überzeugen würde, dass er es auch wirklich so meinte.
„Ich wusste es“, seufzte Hope und küsste die Stirn ihres Sohnes. Ihre Augen wurden plötzlich ganz verschleiert. „Oh, mein Remus“, sagte sie leise. „Du weißt gar nicht, wie sehr ich dich vermissen werde.“ Sie schlang die Arme um seinen schmalen Körper und drückte ihn mit einer Kraft an sich, die man der kleinen, zierlichen Frau gar nicht ansehen würde.
Etwas überfordert streichelte Remus seiner Mutter den Rücken. „Schon gut, Mama“, sagte er. „Ich werde dich auch vermissen. Und Dad auch.“
Hope drückte ihn von sich, ein strahlendes Lächeln auf den Lippen und Spuren von Tränen in den Augen. „Wir sehen uns ja an Weihnachten.“ Sie küsste ihn noch einmal auf beide Wangen, dann stand sie auf. „Und jetzt husch, bevor ich es mir anders überlege und dich hierbehalten werde.“
Remus lachte. Er ließ sich von seiner Mutter zu einer der Wagontüren begleiten, stieg auf die ersten Stufen und drehte sich noch einmal um. Die rötlichen Augen Hopes ließen ihn zwar unangenehm über ihre Schulter blicken, aber er umarmte seine Mutter trotzdem noch einmal und ließ zu, dass sie ihm ein paar weitere Küsse auf Stirn und Wangen drückte. „Ich hab dich lieb, Mum“, murmelte er in ihre Schulter.
„Und ich dich erst, mein Sonnenschein.“ Hope schob Remus sanft die letzte Stufe in den Zug hinein und ging dann einen Schritt zurück. „Du musst uns sofort schreiben, wenn du kannst, ja? Und mach dir nicht allzu viele Sorgen wegen Sonntagnacht, du weißt, dass Professor Dumbledore alles unter Kontrolle hat.“
„Ok“, konnte Remus nur antworten, bevor ein lauter Pfiff über den Bahnsteig fegte.
Hope Lupin warf ihrem Sohn noch ein paar Handküsse zu, dann trat sie weiter vom Zug zurück, Sehnsucht und Trauer und Freude in den Augen. So ungerne sie sich auch von ihrem einzigen Kind verabschiedete, umso glücklicher war sie doch, dass sie es überhaupt konnte.
Remus wandte sich um, als die Wagontür wie durch Zauberhand vor ihm zufiel und blickte den langen, schmalen Gang entlang. Er war einer der letzten, der den Zug bestiegen hatte und jetzt war er bereits vor der ersten, großen Hürde seines neuen Lebensabschnittes angelangt: einen Sitzplatz finden.
Mit vorsichtigen Schritten ging Remus den Gang entlang. Das Bahngleis 9 ¾ zog langsam an den Fenstern an ihm vorbei, als der Zug sich in Bewegung setzte und wurde prompt mit den weiten Wiesen Englands ersetzte. Remus wunderte sich nicht, wieso der Zug London so schnell verlassen hatte; er war mit Magie groß geworden und ein Zug, der eine große Entfernung in wenigen Sekunden übersprang, war definitiv nicht das unglaublichste, das er je erlebt hatte.
Die Abteile waren alle bereits belegt. Ältere Schüler in coolen Alltagsklamotten und entspannten Posen saßen auf den Polstern der Bänke und unterhielten sich über ihre Sommerferien, aufgeregte Erstklässler hibbelten wie losgelassene Flummibälle durch die kleinen Räumlichkeiten und eng umschlungene Paare hatten sich nach langen Wochen voneinander getrennt sein wieder zusammengefunden. Remus beäugte die knutschenden Teenager mit angewidertem Blick. Er fand es irgendwie eklig, wenn Leute sich in der Öffentlichkeit so küssten. Es war schon schlimm genug, dass er seine Eltern ständig dabei sehen musste.
Er zog weiter durch den Wagon. Fast am Ende stand eine Abteiltür weit offen und Stimmen drangen zu ihm.
„ – am besten nach Slytherin kommen“, sagte eine Jungenstimme aufgeregt.
„Slytherin?“ Ein anderer Junge hatte gesprochen. „Wer will denn schon nach Slytherin? Ich glaub, dann würd ich abhauen, du auch?“
Ein dritter Junge antwortete dem zweiten. „Meine ganze Familie war in Slytherin.“
„Oh Mann“, meinte der zweite Junge trüb, „und ich dachte du wärst in Ordnung.“
Remus konnte den dritten Jungen lachen hören. „Vielleicht brech ich mit der Tradition. Wo würdest du hinwollen, wenn du die Wahl hättest?“
„Gryffindor, denn dort regieren Tapferkeit und Mut!“ Es klang, als würde der zweite Junge ein Gedicht aufsagen, dass er auswendig gelernt hatte. „Wie mein Dad.“
Ein leises, abfälliges Geräusch schwang zu Remus in den Gang.
„Hast du ‘n Problem damit?“, fuhr der Junge denjenigen an, der das Geräusch verursacht hatte.
„Nein“, sagte nun die Stimme des ersten Jungen, ein Grinsen in die Stimme gebettet. „Wenn du lieber Kraft als Köpfchen haben willst –“
„Wo möchtest du denn gern hin, wo du offenbar nichts von beidem hast?“, warf der dritte Junge höhnisch ein und der zweite Junge brüllte vor Lachen auf.
Bewegung kehrte in das Abteil ein und das Rascheln von Kleidung verriet Remus, dass jemand aufgestanden war. „Komm, Severus, wir suchen uns ein anderes Abteil.“ Das war eine Mädchenstimme gewesen, die sehr angestrengt klang, als müsste sie sich zusammenreißen, in Zimmerlautstärke zu reden.
„Ooooooh…“ Die Stimmen der zwei anderen Jungen vermischten sich, als sie den Ton des Mädchens nachäfften. Ein Poltern folgte und im nächsten Moment kam ein rothaariges Mädchen durch die Tür geeilt, gefolgt von einem schwarzhaarigen, sehr blassem Jungen, der mehr aus dem Abteil stolperte als er lief. „Wir sehn uns, Schniefelus!“, rief der dritte Junge den beiden hinter.
Das rothaarige Mädchen hatte den Jungen mit der blassen Haut am Unterarm gegriffen und zog ihn jetzt mit sich vom Abteil weg. Keiner von beiden hatte Remus auch nur einen Blick geschenkt.
Remus war von dem kurzen Streitgespräch fasziniert gewesen. Unsicher lugte er um die Ecke der Tür und erblickte zwei weitere schwarzhaarige Jungen im Abteil, die immer noch triumphale Grinsen auf den Lippen hatten. Einer von beiden, einer mit sehr unordentlichem Haar und einer eckigen Brille, bemerkte ihn. Das Grinsen verging ihm, aber er fing sich schnell wieder. „Hey“, sagte der bebrillte Junge und stand auf. „Suchst du einen Platz? Hier ist gerade was freigeworden.“
Der andere Junge kicherte, bevor er sich ebenfalls umdrehte und zu Remus sah. Er hatte längere Haare als der Junge mit der Brille, fast bis zu den Schultern und einen ziemlich aggressiven, sturmgrauen Blick. Scharf geschnittene Augenbrauen wanderten in die Höhe, als er Remus‘ Narben betrachtete, die an seinen Händen, seinem Hals und in seinem Gesicht zu sehen waren. „Setz dich ruhig“, sagte er mit überraschend sanfter Stimme, den Blick nicht von einer besonders langen Narbe nehmend, die von Remus‘ linker Wange bis zu seinem Steißbein reichte. Das war eine seiner neusten Narben, deswegen war sie pink und stach viel eher von seiner Haut hervor, als all die anderen, silbrigen, die sich kaum von seiner Blässe unterschieden.
„Ich –“, fing Remus an, aber wusste nicht, was er hätte sagen sollen. Stattdessen murmelte er ein Danke, drängte sich durch die offene Abteiltür und setzte sich ans Fenster. Er mied die Blicke der anderen beiden Jungen. Die Art, wie sie saßen und sich präsentierten, wie sie ihm in die Augen gesehen hatten, wie sie das Kinn leicht angewinkelt in die Höhe und den Rücken komplett gerade hielten, verriet Remus alles, was er über sie wissen musste: Reiche, reinblütige Kinder, wahrscheinlich die Erben von mächtigen Familien mit noch mächtigerem Namen.
„Ich bin James Potter“, bestätigte der bebrillte Junge seine These.
„Sirius“, brummte der andere beinahe schon mürrisch.
James grinste ihn an. „Warum so mies drauf? Vermisst du den ollen Schniefelus oder deine liebliche, fürsorgliche Maman?“ Schalk blitzte hinter seinen Brillengläsern auf.
„Ach, zieh Leine“, sagte Sirius, konnte aber sein eigenes Grinsen jetzt nicht mehr verbergen. „Wozu musst du jedem deinen Familiennamen aufdrücken? Damit man dich auf Händen tragen kann wie ein kleiner Prinz?“
„Als ob du noch nie deinen immensen Reinblutvorteil genutzt hast, um zu bekommen, was du willst, eh?“ James lachte, als Sirius schuldig ertappt dreinblickte. Dann wandte er sich wieder an Remus, als wäre ihm jetzt erst eingefallen, dass er ja auch noch mit ihnen im Abteil sitzen würde. „Sorry, wie war dein Name gleich?“
„Oh. Ähm, Remus. Remus L-Lupin“, stammelte er, sich mehr als bewusst, dass er mit zwei sehr reichen Jungen im Abteil saß, deren Taschengeld mehr wert war als das gesamte Vermögen seiner Familie. Röte kroch ihm in die Wangen.
„Lupin… Lupin“, murmelte James. „Den Namen kenn ich, ich glaub mein Dad hat mal was von einem Lupin im Ministerium erzählt.“
„Mein Dad arbeitet in der Abteilung zur Aufsicht und Kontrolle magischer Tierwesen“, half Remus nach.
In James‘ Augen ging ein Licht auf. „Na klar! Er ist derjenige, der den Irrwicht von Strahtully in ‘ner Streichholzschachtel gefangen hat, nicht? Mein Dad hat in den höchsten Tönen von ihm geredet.“
Remus wurde warm im Gesicht. Die Geschichte mit dem Irrwicht musste er sich schon sehr oft anhören und hatte sie beinahe als angeberische Prahlerei seines Vaters abgeschrieben, aber zu hören, dass selbst ein reicher Erbe wie James Potter davon gehört hatte, erfüllte Remus irgendwie wie mit Stolz für seinen Vater. Er konnte ein Lächeln nicht ganz unterdrücken.
„He, er kann ja doch lachen“, meinte Sirius, der sich tief in seinem Sitz zurückgelehnt und die Arme hinterm Kopf verschränkt hatte. „Dein Vater ist wohl ‘ne große Nummer, was?“
„Kann sein“, erwiderte Remus. „Er redet nicht sehr viel von seiner Arbeit, ich glaube er denkt, ich bin zu jung, um das zu verstehen.“
„Ach, Eltern“, sagte James laut. „Die denken auch immer, sie wüssten am besten, was gut für uns ist. Meine Eltern weigern sich, mir etwas von ihrer Arbeit zu erzählen“, fügte er erklärend hinzu. „Sie glauben, es würde mich nur aufregen.“ Er verdrehte die Augen.
„Du Glücklicher“, murmelte Sirius zähneknirschend. „Ich wünschte, meine Alten würden mir nicht ständig erzählen, wie toll und großartig unser reines Blut doch ist.“ Er machte ein angewidertes Geräusch. „So rein kann das Blut gar nicht sein, wenn jeder in meiner Verwandtschaft einen Cousin heiratet. Wahrscheinlich sind wir alle irgendwelche Inzest-Geburten und können glücklich sein, wenn wir nicht mit zwanzig an Herzversagen sterben.“
James lachte lauthals und warf den Kopf in den Nacken. „Ist schon okay, Black“, meinte er nebensächlich klingend. „Ich verspreche dir, wir müssen nicht heiraten, immerhin sind wir auch sowas wie Cousins vierten Grades oder so.“
Sirius grinste schief, was seine Augen ebenso schalkhaft glänzen ließ wie die von James. „Du brichst mir das Herz, Potter. Hier bin ich und ich hatte schon meinen Antrag geplant, damit wir nach Hogwarts miteinander weglaufen können.“
„Du kannst Schniefelus fragen“, erwiderte James breit grinsend.
Jetzt war es an Sirius zu lachen. „Eher stürze ich mich jetzt aus dem offenen Fenster“, sagte er.
Ihre Unterhaltung wurde von einem lauten Rattern außerhalb der Abteiltür unterbrochen. Ein in die Jahre gekommener Wagen kam zum Vorschein, der von einer alten, rundlichen Dame geschoben wurde. Mit ihren knochigen Fingern schob sie vorsichtig die Tür auf. „Darf es für euch etwas vom Wagen sein?“, fragte sie mit einem sehr großmütterlichen Lächeln. Ihre Wangen glänzten rot.
James und Sirius sprangen sofort auf und – zumindest nach ihrer Bestellung zu schließen – kauften von allem etwas. Sie beluden die Sitze neben sich mit Bertie Botts Bohnen in allen Geschmacksrichtungen, Kesselkuchen, Schokofröschen, Kürbispasteten, eisgekühltem Kürbissaft, Bubbels bestem Blaskaugummi und noch mehr Süßkram, den Remus nicht einmal kannte. Als die beiden bezahlt hatten, wandte die Dame sich an Remus.
„Auch etwas für dich, Liebling?“
Bevor Remus allerdings hätte verneinen können, erhob sich Sirius erneut. „Er nimmt – das, davon zwei bitte und – und eine Packung von denen. Hier, passt so.“ Sirius drückte der alten Dame eine gold-glänzende Galleone in die Hand und drehte sich dann zu Remus um, dem er die gerade gekauften Sachen in den Schoß fallen ließ. Eine Flasche Kürbissaft, zwei Pasteten und eine Packung mit Schokofröschen.
„Das ist nicht –“, fing er an, aber Sirius unterbrach ihn lautstark.
„Du sahst aus, als könntest du was zu beißen vertragen“, meinte der Junge achselzuckend. „Außerdem ist es ja nicht mein Geld, sondern das meiner Familie. Die haben sich das ganze Gold jahrelang durch illegale Machenschaften und Erpressung angehäuft, ich finde es nur fair, wenn ich es jetzt nutze, um damit was Nettes zu tun.“
Remus starrte auf seinen Schoß. „Danke“, murmelte er leise.
„Das ist so herzallerliebst“, sagte James laut und tat so, als würde er sich Tränen aus den Augen wischen. „Du bist ein richtiger Samariter, Sirius!“ Er wollte sich dem anderen Jungen um die Arme werfen, aber dieser wich ihm grinsend aus.
„Setz dich hin, Potter“, erwiderte Sirius grinsend und mit vollem Mund. Er hatte einem der Schokofrösche den Kopf abgebissen und studierte nun die Karte, die in der Packung beigelegen hatte. „Morgana. Ich glaube, meine Familie ist mit ihr verwandt“, meinte er murmelnd, bevor er sie Remus entgegenhielt. „Sammelst du die Karten?“
Remus sammelte sie nicht, aber er nahm sie trotzdem entgegen. Die Karte fühlte sich warm zwischen seinen Fingern an, als hätte Sirius‘ Berührung sie in Brand gesteckt. Der Junge lächelte erneut in sich hinein. So seltsam der erste Eindruck der beiden Jungen auch gewesen war, umso besser war nun der zweite. Remus hatte noch nie jemanden wie Sirius Black getroffen – natürlich hatte er von den Blacks gehört. Jedes Kind, das mit Magie aufgewachsen war, hatte von den Blacks gehört. Wahrscheinlich war Remus‘ Vater nicht der Einzige, der ihm gesagt hatte, er solle sich von jedem Zauberer mit dem Namen Black fernhalten.
„Wie kann eine Familie wie deine einen Typen wie dich hervorbringen?“, fragte James und gab damit Remus‘ Gedanken eine Stimme. „Ich meine, Black. Da steckt schwarze Magie doch schon im Namen, oder?“
Sirius zuckte mit den Schultern. „Sie haben versucht mich zu erziehen, wie es sich für einen Black-Erben gehört, aber irgendwann war mir klar, dass das nicht richtig ist“, meinte er nonchalant. „Selbst die Strafen meiner Mutter konnten mich nicht daran hindern, ein kleiner Rebell zu werden.“ Seine Augen fielen für einen kurzen Moment auf Remus und blieben etwas zu lange an seinen silbernen Narben hängen, bevor er sagte: „Ich hab immer noch ein paar Narben davon.“
James verschluckte sich an seiner Bertie Botts Bohne. „Was?“, spuckte und hustete er, während Remus ihm vorsichtig auf den Rücken schlug. „Das ist ja –“
„Halb so schlimm“, meinte Sirius und fuhr sich durch die langen Strähnen. „Jetzt bin ich ja weg.“ Er seufzte leise, bevor er sich wieder an James wandte. „Hast du das letzte Quidditch-Spiel der Tornados mitbekommen?“