Remus Lupin
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Remus hatte ein Geheimnis gegen ein anderes getauscht. Am Morgen war Sirius bereits aus seinem Bett verschwunden und keiner von ihnen verlor ein Wort darüber, aber der Black-Junge suchte seinen Blick beim Frühstück und lächelte ein wenig breiter, sodass Remus sich nicht ganz sicher war, was er denken sollte. Einerseits war er froh darüber, dass er einen so engen Freund wie Sirius hatte, allerdings verwirrte ihn diese ganze Sache ungemein. Großartig Zeit darüber nachzudenken hatte er sowieso nicht. Es gab große Dinge zu planen und da passte es nicht, wenn Remus zurück an die Dunkelheit dachte, in der er sich ein wenig sicherer fühlte, wenn er Sirius‘ Finger drückte.
Mit Remus‘ erfolgreicher Rückkehr aus dem Krankenflügel und einem engeren Bündnis zwischen den Jungs als je zuvor, war es mehr als so weit, dass sie endlich ihren Racheplan Snape gegenüber in die Tat umsetzten. James hatte alles genau geplant und am kommenden Wochenende würden sie alles ausführen. Bis dahin mussten sie allerdings die letzten Vorbereitungen treffen.
„Remus, du bist dir sicher, dass du den Zauber im Schlaf aufsagen kannst? Es darf keinen Fehler geben.“ James‘ Stimme überschlug sich fast vor Aufregung. „Ich will, dass alles absolut perfekt ist.“
„Man könnte meinen, es wäre dein Hochzeitstag“, murmelte Peter.
„Wie kannst du sowas Unsinniges sagen, Pete?“, erwiderte James. „Bei meinem Hochzeitstag werde ich Fehler viel eher akzeptieren.“
„Na, das wird die zukünftige Mrs. Potter aber sehr freuen. Weiß sie schon, dass sie immer nur auf dem zweiten Platz stehen wird?“, fragte Sirius grinsend.
„Sehr witzig“, brummte James. „Ich hab keine Ahnung, wer die zukünftige Mrs. Potter sein soll, falls du das denken solltest. Und können wir uns jetzt bitte auf das wesentlich wichtigere konzentrieren? Remus, dein Zauber?“
„Den beherrsche ich im Tiefschlaf“, erwiderte der Junge. „Ich könnte ihn nicht verhauen, wenn Snape mir persönlich in den Nacken atmen würde.“
„Genau das will ich hören.“ James wandte sich an Sirius. „Du hast deinen Teil geübt, nehme ich an?“
„Geübt würde ich es nicht nennen“, sagte Sirius mit einem Achselzucken. „Aber ich bin mir fast sicher, dass ich alles kann.“
„Fast sicher reicht mir nicht, Sirius. Entweder du beherrscht den Zauber so perfekt, dass selbst McGonagall einen Freudensprung machen würde, oder ich suche mir jemanden anderen für die Mission.“
„Du würdest mich rauswerfen?“, fragte Sirius mit der Hand auf dem Herzen. „Und dass, obwohl du die ganze Sache nur geplant hast, damit es mir besser geht? Ich bin zutiefst verletzt, James.“
„Dann sei verletzt und üb deinen Zauber“, brummte der bebrillte Junge kopfschüttelnd.
Sirius murmelte etwas als Antwort, was Remus nicht verstand, aber James ging auch nicht weiter drauf ein. Er wandte sich an Peter. „Sag mir, dass du alles hast, was wir brauchen?“
„Du kannst auf mich zählen, James. Es liegt alles sicher in meinem Koffer. Zweihundert Dung-“, Peter wurde unterbrochen, als James ihm eine Hand auf den Mund presste.
„Schrei es doch gleich in der Großen Halle herum“, zischte der Potter-Junge. „Das ist eine geheime Mission, Pete, wir müssen sicherstellen, dass niemand davon Wind bekommt.“
„Dass niemand wovon Wind bekommt?“, ertönte die belustigte Stimme von Marlene McKinnon hinter ihnen. „Also wirklich James“, sagte sie, als er sich erschrocken umwandte, „wenn du wirklich nicht willst, dass irgendjemand mitbekommt, was ihr so plant, dann solltet ihr das vielleicht nicht mitten im Korridor besprechen. McGonagall hätte sich anschleichen können und dann wärt ihr alle jetzt schön auf dem Weg zum Nachsitzen.“
„Ach, zieh Leine, McKinnon“, brummte Sirius, doch Marlene sich davon gar nicht beeindrucken.
Sie presste sich an James vorbei, sodass sie nun vor den Jungs stand. „Wisst ihr, ich habe zufällig mitbekommen, wie ihr darüber geredet habt, es dem guten Severus heimzuzahlen.“
„Was, wenn das so wäre? Willst du uns anschwärzen?“, fragte Peter und klang dabei wesentlich mutiger, als er sich wahrscheinlich fühlte.
„Wie kommst du darauf? Nein, ich will euch helfen. Merlin, ich hasse diesen schleimigen Freak“, fügte sie murmelnd hinzu, sodass sie die Köpfe zusammenstecken musste. „Er behandelt Lily so schrecklich, ich weiß nicht, wie sie noch immer mit ihm befreundet sein kann.“
„Wir sollen dir also glauben, dass du hinter Evans´ Rücken ihren besten Freund verhexen willst?“, fragte James mit verschränkten Armen. „Sorry, McKinnon, aber darauf fall ich nicht herein. Außerdem sind wir ein reiner Jungsclub.“
„Du Sexist“, empörte Marlene sich. „Schön, dann nicht. Aber komm am Ende nicht heulend an, wenn dein blöder Plan schief gelaufen ist, Potter. Nochmal biete ich dir meine Hilfe nicht an.“ Marlene stürmte mit wehenden, blonden Haaren davon.
Kaum war sie außer Hörweite, schnalzte James mit der Zunge. „Könnt ihr das glauben?“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Was denkt sie eigentlich, wer sie ist?“
„Vielleicht hätte sie ja wirklich helfen können“, meinte Remus überlegend. „Sie hätte uns Insider-Informationen bringen können.“
„Was? Wieso das?“, fragte Sirius verwirrt.
„Sie ist doch mit Lily befreundet“, erklärte Remus geduldig. „Was heißt, dass sie wahrscheinlich ab und an auch was mit Snape zu tun hat. Meint ihr nicht, sie hätte da das ein oder andere aufgeschnappt, was nützlich hätte sein können?“
Für den Moment sah James so aus, als würde es bereuen, dass er Marlene weggeschickt hätte, dann kaute er kurz auf seiner Lippe und reckte das Kinn in die Höhe. „Selbst wenn. Wir brauchen sie nicht“, sagte er selbstsicher. „Wäre doch gelacht, wenn wir unbedingt die Hilfe von einem Mädchen bräuchten.“
Remus hob lediglich die Augenbrauen in die Höhe.
„Du weißt, was ich meine, Lupin“, meinte James. „Ich kann McKinnon doch auch gut leiden, aber das hier ist unser Ding. Wir sind nun mal die zukünftigen Streichekönige dieser Schule. Ein Mädchen würde da nicht mit ins Konzept passen.“
„Na gut“, erwiderte Remus mit einer abwehrenden Handhaltung. „Wie du meinst, James.“
Sie folgten dem Korridor für ein paar Schritte, dann blieb James stehen. „Glaub jetzt ja nicht, ich hätte was gegen Mädchen! Ich – ich find Mädchen toll, denk ich! Mädchen sind der Knaller!“
„Okay, Romeo, beruhige dich“, lachte Remus und klopfte ihm auf die Schulter. „Mach dir nicht gleich ins Hemd. Ich werde schon nicht weitererzählen, dass du Angst vor einer starken Frau hast.“
„Die hab ich nicht!“, beschwerte sich James lautstark.
„Oh, doch, warte, das könnte eine Menge erklären“, meinte Sirius nachdenklich, ein breites, schiefes Grinsen auf seinen Lippen. Seine Augen funkelten. „Deswegen traust du dich nicht, bei Gonnie irgendwelchen Unsinn anzustellen!“
James wurde knallrot im Gesicht. „Ihr spinnt doch! K-Können wir uns jetzt bitte wieder auf das eigentliche Thema konzentrieren?“
„Wie du meinst, Potter“, sagte Sirius. „Aber ich behalte dich im Auge.“
„Tu dir keinen Zwang an, Black“, murmelte James und räusperte sich leise.
Obwohl die Vorbereitung auf den Streich gegen Snape reibungslos verlief, war Remus noch immer der Überzeugung, dass Marlene eine gute Hilfe gewesen wäre und er behielt Recht, als es zu der Frage kam, wie sie ihr Ziel denn an den Ort lotsen sollten, an dem ihr Plan stattfinden sollte. Da James (und in dieser Angelegenheit auch Peter) sich weiterhin weigerte, Marlene in ihren Plan einzuweisen oder sich einzugestehen, dass sie die Hilfe gebrauchen könnten, lag es an Remus und Sirius, sich eine Alternative einfallen zu lassen.
„Wir könnten Evans fragen“, schlug Sirius vor.
„Und wo ist da der Unterschied? Dann könnten wir auch gleich Marlene bitten.“
„Naja, James will nur nicht, dass wir McKinnon um Hilfe beten…“, fing Sirius langsam an.
Remus schüttelte den Kopf. „Du weißt genauso gut wie ich, dass er damit alle Mädchen meint, er ist nur zu stolz, um es zuzugeben. Eitler Idiot, der er ist, hält er es nicht für möglich, dass ihm andere eine Hilfe sein könnten.“
Sirius lachte bellend auf. „Ganz ruhig, Lupin, der Kerl ist dein Freund. Sei mal ein bisschen netter.“
Remus grinste. „Das war noch nett.“
„Ich bin beeindruckt. Ich entdecke hier ganz neue Seiten an dir, Lupin. Wo kommt der plötzliche Biss her?“
„Oh, weißt du, einmal im Monat, da hab ich diese Zeit…“
„Du weißt genau, was ich meine!“ Sirius lachte erneut und Remus schloss sich ihm an.
„Aber weißt du, ich glaube, wir können Lily tatsächlich um Hilfe bitten. Nicht direkt, natürlich“, fügte er schnell hinzu, als Sirius den Mund öffnete. „Wenn ich ihr sage, dass ich sie im ersten Stock treffen will, dann kommt sie bestimmt hin… ich könnte ihr sagen, wir verabreden uns zum Lernen und sie kann Snape gerne mitbringen!“
„Klasse Idee! Aber was, wenn er nicht mitkommt?“, fragte Sirius. „Dann geht nämlich der ganze Plan flöten.“
„Er wird schon mitgehen. Snape folgt Lily wie ein treuer Hund durch die Gegend.“
„Okay“, erwiderte Sirius noch immer nicht gänzlich überzeugt. „Ich finde, wir bräuchten trotzdem eine andere Absicherung.“
„Dann lass dir eine einfallen.“
„Schon wieder so schnippisch, Lupin. Du verletzt bald meine Gefühle.“
Remus grinste schief. „Vielleicht ist das ja von Anfang an mein Plan.“