Regulus Black
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Die Atmosphäre in der Winkelgasse war erdrückend. Egal, wohin Regulus sah, konnte er nur Menschen sehen. Mütter und Väter, die ihre Kinder an den Händen hielten, ältere Hogwartsschüler, die sich außerhalb der Schule trafen und Butterbier tranken und obendrein die Ministeriumsmitarbeiter, die überall standen und für Sicherheit sorgen sollten. Regulus verstand nicht, wie man sein Geld so verschwenden konnte. Niemand würde dumm genug sein, die Winkelgasse am helllichten Tag anzugreifen, schon gar nicht, wenn die letzte Schlagzeile über schwarzmagische Angriffe gerade einmal wenige Tage her war.
So ein Angriff war bereits mehrere Male beschrieben worden. Ein kleines Dorf, Muggel ohne Ende und schwarzmagische Tode. Die Muggel-Auroren wussten nicht, was die Ursache war, die richtigen Auroren wussten natürlich, dass der Todesfluch gewirkt wurde. Seine Eltern hatten ihm nicht gesagt, wer dafür verantwortlich gewesen war, aber Regulus wusste, dass es Leute waren, die er bei der Weihnachtsfeier gesehen hatte. Nicht nur das, aber Mulcibers Erklärung klang ihm immer noch in den Ohren nach. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der dunkle Lord die Herrschaft an sich reißen wird. Dann leben wir unter jemanden, der das reine Blut eines Zauberers und einer Hexe noch zu würdigen weiß.
Am Anfang hatte auch Regulus nicht gewusst, was hinter diesen Angriffen steckte, aber jetzt, da er mehr Informationen hatte, war es mehr als offensichtlich. Dieser dunkle Lord, wer auch immer das sein mochte, hatte sich das als Ziel gesetzt, was viele reinblütige Familien schon immer anstrebten: Die Reinigung der magischen Welt. Regulus konnte nicht anders als aufgeregt zu sein. Eine magische Welt, in der es keine Muggel, keine Blutsverräter und keine Squibs gab, eine Welt, in der alle magisch rein waren wie er und seine Familie. Das wäre doch die ideale Welt, nicht wahr? Ein Ort, an dem niemand von ihnen Angst haben müsste, das ihr Geheimnis entdeckt werden würde, ein Ort, an dem sie den Werten und Traditionen ihrer Familien nachkommen konnten.
Es schien wie die perfekte Welt für reinblütige Zauberer.
Aber würde dieser Schein nicht trügen? Konnten die Mittel den Zweck noch immer heiligen? Regulus mochte nicht darüber nachdenken.
Evan zog an seinem Ärmel. „Junge, was starrst du so in die Luft?“, fragte er leise.
„Hm? Oh. Tut mir leid. Ich war in Gedanken.“
„Das hab ich gesehen“, erwiderte Evan mit zusammengezogenen Augenbrauen. „Was ist los?“
Regulus schüttelte den Kopf. „Nicht so wichtig. Halte lieber Ausschau nach Barty. Wer weiß, wo der sich rumtreibt.“
Evan verdrehte die Augen. „Wahrscheinlich versucht er noch von seinem Vater loszukommen. Du weißt ja, wie sein Alter so ist. Ich wette, der hält ihm grad ´nen Vortrag darüber, wie sehr es gegen die Regeln ist, wenn er allein hier herumläuft.“ Ein Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht. „Was sind wir doch für kleine Regelbrecher, he, Reg?“
„Wir sind wirklich die schlimmsten. Kein Wunder, dass Bartys Vater nicht will, dass er mit uns befreundet ist.“
Evan lachte. „Genau!“
Eine weitere Antwort konnte Regulus nicht mehr geben, denn in dem Moment entdeckte er Bartys sommersprossiges Gesicht in der Menge, der mit hektischem Ausdruck in den Augen auf sie zu kam. „Oh Merlin“, murmelte er, als er sah, was Barty in seinem Brief angekündigt hatte.
„Du verarscht mich doch“, sagte Evan neben ihm, der Barty ebenfalls entdeckt hatte.
Bartys sonst so helles strohblondes Haar hing ihm nun in unordentlichen Fransen ins Gesicht und war obendrein auch noch pechschwarz gefärbt. Als Barty vor ihnen stehen blieb, grinste er so breit, dass man meinen könnte, er hätte persönlich den Quidditch-Pokal gewonnen. „Was sagen wir, Männer?“
„Ich bin nicht sicher“, erwiderte Evan, der sich am Kopf kratzte. „Willst du wie Regs verschollener Bruder aussehen, oder was?“
„Eigentlich wollte ich nicht mehr, dass die Leute glauben, wir wären verwandt“, meinte Barty, der Evan gegen die Schulter boxte, ehe er auf sein dunkelblondes Haar blickte. „Das war nicht gut für meine Gesundheit.“
„Was sagt dein Vater dazu?“, fragte Regulus langsam, dem der Anblick von Bartys schwarzen Haaren irgendwie zuwider war. Es war wirklich fast so, als würde er einem Bruder ins Gesicht sehen, den er vorher noch nie gekannt hatte, wobei Bartys hellblaue Augen das Bild ein wenig ruinierten. Oder verbesserten. Wie auch immer es war, Regulus fand es seltsam.
Barty zuckte mit der Schulter. „Dem war es tatsächlich egal“, sagte er, wobei er irgendwie enttäuscht klang, als hätte er sich einen Konflikt mit seinem Vater gewünscht. „Er hat mir sogar geholfen, den richtigen Zauber zu finden, damit es permanent bleibt, wie ich es will.“
Evan wurde ein wenig blasser. „Ach! Du willst so bleiben?“
„Wieso nicht? Gefällt es dir nicht? Ich finde, ich sehe verwegen aus“, grinste Barty. Einen Augenblick hielt er es, dann tropfte es aus seinem Gesicht. „Aber mal ehrlich, wie findet ihr es? Ich mag es nämlich wirklich.“
„Oh.“ Regulus war überrascht von Bartys sanfter Stimme und dem beinahe schon jungenhaften Glanz in seinen Augen. Manchmal vergaß Regulus über die Behandlung seiner Eltern und den Erwartungen, die auf sie gelegt wurden, dass sie noch Kinder waren. Sie waren gerade einmal Zweitklässler in Hogwarts. Sie konnten es sich erlauben, sich wie Kinder zu benehmen, selbst wenn er für seine Eltern bereits den Ersatzerben spielen musste. Regulus kannte alle Mitglieder der Heiligen Achtundzwanzig und ihre Skandale auswendig, aber er kannte auch die vielen Techniken, mit denen man bei Koboldstein gewinnen konnte. Er wünschte sich nur, er müsste nicht immer zwischen einem der beiden wählen müssen.
„Ganz ehrlich?“, fragte Evan, der eine Hand hob und mit spitzen Fingern Bartys neue Frisur betrachtete. „Je länger ich es ansehe, desto mehr steht es dir.“
Bartys Gesicht hellte sich auf. „Echt?“
„Echt“, erwiderte Evan lächelnd. „Nicht wahr, Reg?“
„Ja, irgendwie schon“, sagte Regulus. „Es ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber du siehst immerhin nicht scheußlich aus.“
„Das will schon was heißen, wenn es von Reg kommt“, sagte Barty lachend. „Danke, Leute.“
„Woher kommt das überhaupt?“, fragte Evan.
Barty zuckte erneut mit den Schultern. „Keine Ahnung“, sagte er. „Ich schätze, ich wollte mal was anderes ausprobieren.
„Also hat es nichts mit deinem Vater zu tun?“
„Vielleicht ein wenig“, gab Barty zu. „Aber nicht so, wie ihr denkt. Es ist kein dummer rebellischer Akt oder sowas.“
„So sieht es nämlich aus“, sagte Regulus.
„Ich weiß“, seufzte Barty. „Nein, das ist es aber nicht. Ich war ziemlich sauer auf Dad, weil er nie mit mir über irgendwas geredet hat und mich immer so behandelt hat, als würde ich nichts verstehen, also bin ich einfach raus und hab den Großteil meiner letzten Wochen in der Stadt verbracht. Und … okay, ihr dürft jetzt nicht lachen, kapiert?“
Evan presste die Lippen zusammen. Regulus seufzte und nickte.
„Also, ich hab so eine Gruppe an Jungs in der Stadt getroffen, die alle schwarz gekleidet waren, in schwarzen Shirts und Hosen und Schuhen und sowas. Die sind auch auf Brettern geritten, die sie Skateboards genannt haben, irgendwie sowas wie Besen, nur dass sie nicht fliegen können. Jedenfalls hatten die auch alle schwarze Haare und einer von denen hat gesehen, wie ich sie angestarrt habe.“
„Oh Merlin“, sagte Evan, dem deutlich anzusehen war, dass er sich das Lachen verkneifen musste.
Barty warf ihm einen dunklen Blick zu. „Du findest das witzig, oder?“
„Ein bisschen“, erwiderte Evan schnaubend. „Aber ganz ehrlich, ist doch schön, wenn du Freunde gefunden hast!“
Barty zog eine Grimasse. „Ganz sicher nicht. Das war Muggel-Abschaum.“
„Und trotzdem hast du dir die Haare gefärbt“, konterte Evan.
„Abschaum kann auch mal gute Ideen haben“, murmelte Barty. „Was auch immer. Müssen wir hier rumstehen?“
„Wir haben auf dich gewartet, Prinzessin“, sagte Evan, woraufhin Barty ihm einen noch dunkleren Blick zuwarf. „Okay, Merlin, bring mich nicht gleich um. Ist ja kaum auszuhalten. Musst du deine Bücher selbst holen?“
„Wozu hab ich Eltern?“
„Auch wahr. Also, dann haben wir ja jetzt Zeit, nicht wahr? Kommt schon, lasst uns zum Quidditch-Laden gehen.“
Regulus verzog das Gesicht. „Warum?“, fragte er, begab sich aber ebenfalls in Bewegung, als Evan und Barty losgingen. „Können wir nicht was anderes machen?“
Evan grinste ihn über die Schulter hinweg an. „Nö. Außerdem“, sagte er mit einem Finger auf ihn deutend, „warst du derjenige, der letztes Schuljahr die ganze Zeit auf dem Quidditch-Feld herumgelungert hast. Das nenne ich jetzt einfach gerechte Strafe dafür, dass wir dich immer suchen mussten, Reg.“
„Du weißt genau, ich war nur da – “
„Ja, ja, um deinen Bruder oder Potter zu beobachten, ist klar“, unterbrach Barty ihn, der sich ausgiebig streckte und sich dann in einer weitläufigen Geste durch die schwarzen Haare fuhr, als sie an einer Gruppe von älteren Hogwarts-Schülerinnen vorbeiliefen. Keine von ihnen beachtete ihn. „Hattest du nicht gesagt, dass du schon lange ´nen eigenen Besen hast?“
Regulus zuckte mit den Schultern. „Mein Dad hat mir und Sirius einen gekauft, als wir alt genug dafür waren. Er hat früher selbst im Schulteam gespielt und ich glaube, er will, dass wir seinem Beispiel folgen.“
„Teil der reichsten Familie Englands müsste man sein“, seufzte Evan, als sie den Quidditch-Laden erreicht hatten. Qualität für Quidditch glänzte in goldenen Lettern auf einem rotbraunen Schild über der Ladentür, während ein massives Schaufenster vollends von dem neusten Besenmodell eingenommen und von vorbeigehenden Passanten bestaunt wurde. Eine schnatzförmige Glocke klingelte über ihren Köpfen, als Evan die Tür aufdrückte.
Im Laden war es brechend voll. Hogwarts-Schüler reihten sich an den Regalen entlang, bestaunten Besenpolituren oder probierten Hüter-Handschuhe an, während ein Mitarbeiter hektisch durch die Masse lief und neue Ware versuchte zu verteilen. Regulus fand es fast sofort anstrengend zu atmen.
„Also schön, haltet Ausschau nach einem metallenen Ring für die Treiber-Schläger. Ich hab gehört, die gibt es jetzt neu“, sagte Evan.
Barty zog die Augenbrauen zusammen. „Was willst du denn damit? Du bist nicht mal Treiber.“
„Noch nicht“, erwiderte Evan grinsend. „Aber“, er schlug Regulus auf die Schulter und schlang den anderen Arm um Bartys Schulter, „wir werden fürs Team vorspielen. Stellt euch doch mal vor, wie genial das wäre?“
Regulus ließ seine schmerzende Schulter kreisen. „Ich weiß ja nicht“, antwortete er. „Ich hab nie darüber nachgedacht, auch ins Team zu gehen.“
„Aber du hast die perfekten Maße für einen Sucher. Klein, wendig – und noch dazu bist du leicht aus den Augen zu verlieren.“
„Danke?“, erwiderte Regulus lachend.
Evan grinste. „Das ist nett gemeint. Außerdem wäre es doch ein gutes Gefühl, deinem dämlichen Bruder das dämliche Grinsen aus dem Gesicht zu wischen, wenn wir ihm den Pokal abnehmen, nich´?“
„Du hast Vorstellungen“, murmelte Barty.
„Und du bist langweilig. Jetzt hilf mir suchen. Wir können die Details für unseren Teamplan auch noch später besprechen.“
Regulus verdrehte die Augen, ließ sich aber von Evans Enthusiasmus anstecken. Es war einfach, den ganzen Tag damit zu verbringen, daran zu denken, wie sehr sich Sirius in den Ferien verändert hatte und wie oft er ihn und ihren Vater gesehen hatte, wie sie miteinander geredet hatten, als wären die letzten Jahre nie passiert. Er wusste, da steckte etwas hinter. Sirius hatte nicht plötzlich angefangen, die jahrelange Rebellion hinter sich zu lassen, er hatte nicht plötzlich erkannt, dass er es einfacher im Leben hatte, wenn er den Befehlen seiner Mutter einfach folgte. Irgendwas hatte er vor, dessen war Regulus sich mehr als sicher. Im letzten Jahr hatte Sirius es kaum fünf Minuten im Grimmauldplatz ausgehalten, ohne einen Streit mit seiner Mutter loszureißen und diesen Sommer hatte er sich mit ihr unterhalten, hatte keine Paroli geboten, hatte jede Lehre angenommen, die man ihm gegeben hatte. Er hatte sich mit dem neuen Tutor zusammengesetzt und sich Dinge erklären lassen.
Regulus wusste nicht, was hinter Sirius´ plötzlicher Sinneswandlung steckte, aber er hoffte, dass sie anhalten würde. Selbst wenn er nur eine Maske aufsetzte, dann war es einfacher für sie alle. Sirius würde nicht verflucht werden und Regulus musste nicht der Erbe sein. Es wäre … es wäre das richtige Leben für sie. Das einfache Leben. Sie könnten das tun, was von ihnen verlangt würde und noch immer leben.
Nachdem Evan keinen neuen Treiber-Schläger-Ring auftreiben konnte (Regulus war sich noch immer nicht sicher, was das eigentlich sein sollte), verließen sie Qualität für Quidditch in Richtung Flourish & Blotts. Keiner von ihnen musste seine Schulsachen selbst kaufen, aber es war eigentlich immer praktisch, sich selbst in den Geschäften umzusehen. Zwar war auf den Listen, die Hogwarts verschickte, immer alles drauf, was man benötigte, doch Regulus hatte bemerkt, dass für einige Fächer lediglich die simpelsten Bücher und Utensilien aufgeschrieben wurden. Besonders bemerkbar wurde es seiner Meinung nach in Zaubertränke. Rezepte, die eigentlich erst dann perfekt waren, wenn sie noch mehrere Zwischenschritte erhielten, wurden in den Schulausgaben vereinfacht gedruckt. Es wurde mit den Maßeinheiten gespart und geschlampt. Regulus war sich nicht sicher, ob das ein bekanntes Problem oder eher eine Maßnahme der Schule war, nicht zu viele Ressourcen zu verschwenden.
Egal was es war, Regulus hatte vor sich ein paar weitere Zaubertrankbücher zu kaufen und vielleicht der Apotheke einen Besuch abzustatten, um sich mit etwas mehr Zutaten auszustatten, die er eigentlich benötigen würde. Auch gegen ein kristallenes Phiolen-Set hätte er nichts einzuwenden.
Sie hatten gerade Flourish & Blotts mit einer Bestellung für ein paar Bücher verlassen, als Regulus ein schwarzer Haarschopf auffiel, der ihm viel zu bekannt vorkam. Irgendwie musste Sirius es geschafft haben, seine Mutter zu überreden, ihn frei herumlaufen zu lassen, denn mit gesenktem Kopf und eiligen Schritte bahnte er sich einen Weg durch die Menge, bis hin zur Magischen Menagiere. Was wollte Sirius bitte im Tiergeschäft?
„Wartet mal“, sagte er leise zu Evan und Barty. „Planänderung.“
„Was soll das denn jetzt? Du wolltest doch –“, fing Evan an, aber Regulus unterbrach ihn mit einem leisen Zischen.
„Mein Bruder hat wieder irgendwas vor.“
Barty stöhnte entnervt auf. „Geht das wieder los? Kannst du den Kerl nicht allein lassen? Ich dachte, wir haben mal Zeit, was zu unternehmen. Das machen Freunde nämlich, weißt du?“
„Das können wir danach tun“, erwiderte Regulus, der ein seltsam warmes Gefühl in der Brust bekam. „Ich geb euch auch was aus.“
„Na wenn das so ist“, murmelte Evan, bevor er geschlagen seufzte. „Du gehst vor.“
„Ich mach´s wieder gut“, sagte Regulus an Barty gewandt, der ihm eine Grimasse schnitt, ehe er mit flinken Füßen auf die Magische Menagerie zuging. Das Schaufenster des Geschäftes war voll mit Käfigen und schlafenden Tierwesen, darunter ein ganzer Eimer voll mit Knuddelmuffs, ein paar Niffler, die sich an Goldmünzen schmiegten und schnarchten und ein Käfig, der auf den ersten Blick hin komplett leer wirkte, sich aber trotzdem ständig bewegte. Durch ein paar Stäbe hindurch konnte Regulus seinen Bruder sehen, der abseits des Tresens stand und sich mit einem anderen Jungen unterhielt – einer, der ebenfalls schwarze Haare hatte und gut einen Fuß größer war. Regulus musste das Gesicht nicht sehen, um zu wissen, wer das war.
Bevor er Evan und Barty ein Zeichen gab, öffnete er die Tür zur Magischen Menagiere. Ein ganzer Schwall an tierischen Gerüchen und Geräuschen erschlug ihn, als er eintrat. Kreischen, Schreien, Schnurren und Kratzen vermischte sich mit dem Geruch nach nicht gesäubertem Streu und schlecht werdendem Futter. Regulus rümpfte die Nase.
„Reg“, zischte Evan hinter ihm, aber Sirius hatte sie bereits bemerkt.
„Was willst du denn hier?“, fragte sein Bruder mit einem abwertenden Blick im Gesicht.
„Das könnte ich dich auch fragen“, erwiderte Regulus.
James Potter drehte sich um, eine Packung mit Eulenkeksen in der einen und eine kleine silberne Phiole in der anderen Hand. Seine Brille reflektierte das Licht der einzelnen Hängelampe an der Decke. „Ich wusste nicht, dass es verboten ist, hier zu sein“, sagte er. „Das Schild muss ich übersehen haben.“
Regulus knirschte mit den Zähnen, aber Evan antwortete vor ihm. „Ihr fresst sicher was aus“, meinte er und deutete auf die Sachen in James´ Händen. „Wieder ein dummer Streich, für den ihr dieses Mal Eulen benutzt?“
Mit den Augenbrauen zusammengezogen, blickte James irritiert an sich herab. „Was ist das bitte für eine dumme Idee?“, fragte er. „Das ist für meine Eule.“
„Deine Eule?“, erwiderte Barty schnaubend. „Klar, guter Witz.“
„Sirius, was –“
„Ihr seid wirklich so dumm wie ihr hässlich seid, oder?“, sagte Sirius, der sich einen halben Schritt auf seinen Bruder zubewegte. „Ist es jetzt schon ein Verrat an der Familie, wenn ich mich mit James treffe, weil er etwas für seine kranke Eule kaufen muss? Ist das Grund genug, Mama und Papa zu rufen, damit sie dir gratulieren, was für tolle Detektivarbeit zu treibst, Reggie? Vielleicht solltet ihr wieder umkehren und spielen gehen und uns nicht nerven.“
James schnaubte leise. „Falls ihr es so genau wissen wollt“, sagte er langsam, ehe er dann die kleine, glänzende Phiole hoch hob, „hat meine Eule Aridia eine entzündete Kralle und ich traue mir nicht zu, ihr selbst mit Magie zu helfen.“
Plötzlich erschien es Regulus wie eine schlechte Idee, dass er Sirius gefolgt war. Er hätte wissen müssen, dass sein Bruder nicht immer nur etwas ausfraß, sondern sich auch nur mit seinen Freunden treffen wollte. Es hätte ihm klar sein müssen, dass er sich besonders mit James Potter eher hinter dem Rücken ihrer Eltern traf. Dieser ganze Akt, den er den Sommer über aufrecht erhalten hatte – natürlich würde er ihn nicht wegwerfen, nur weil er die erstbeste Chance dazu hatte. Sirius war, musste Regulus zähneknirschend zugeben, doch nicht so doof, wie er gedacht hatte.
„Wir wollten sowieso gerade gehen“, sagte Evan, bevor er Regulus an der Schulter packte. „Komm schon, Reg.“
„Ja, komm schon, Reg“, höhnte Sirius ihm hinterher, bevor er sich kopfschüttelnd zu James drehte, der einen nachdenklichen Blick über Sirius´ Schulter war.
Evan zog Regulus zurück aus dem Laden, Barty dicht auf den Fersen, bis sie außer Sichtweite der Menagiere waren. Erst da ließ er Regulus´ Schulter los. „Ich will ja nicht sagen, dass ich es dir hätte sagen können, aber …“
„Das war ´ne dumme Idee“, meinte Barty achselzuckend.
„Ich weiß“, seufzte Regulus. „Ich war mir nur so sicher, dass Sirius … ich weiß auch nicht. Ich schätze, ich wollte eher, dass er irgendwas anstellt.“
Evan klopfte ihm auf den Rücken. „Nächstes Mal, Reg. Dann ertappen wir ihn sicher, hä?“
Regulus schüttelte den Kopf. „Vielleicht. Tut mir leid.“
„Schon gut“, sagte Evan.
„Genau“, fügte Barty an. „Gib uns ein Eis aus und alles ist vergessen.“
„Also gut“, erwiderte Regulus.