Walburga Black
_________________________
„Diese warme Ankündigung ehrt mich“, sagte Lord Voldemort mit einer Stimme, die es Walburga eiskalt den Rücken hinabliefen ließ. Sie war hoch und kühl, Gletschereis auf dem weiten Ozean, und sie versprach, dass Voldemort nicht hier war, um zu reden. Voldemort handelte. Voldemort plante und führte Pläne durch. Voldemort hatte keine Zeit zu reden. „Es ist mir eine Ehre, mich in Gegenwart so vieler Hexen und Zauberer zu befinden, die stolz darauf sind, reines Blut zu besitzen und es mit allen Mitteln am Leben halten wollen. Nichts anderes habe ich ebenfalls im Sinn. Wir teilen uns ein Ziel, ihr und ich, und ich hoffe, dass ich auf die Unterstützung von den anwesenden Hexen und anwesenden Zauberern zählen kann, wenn es darum geht, unsere kostbare Reinheit zu beschützen.“
Jedes Wort war kalkuliert, das bemerkte Walburga sofort. Es war ihr nicht fremd, so zu reden, als hätte sie die nächsten zehn Schritte ihres Gegenübers bereits einkalkuliert, deswegen war es ihr ein leichtes, herauszufinden, dass Voldemort ebenfalls so sprach. Aber noch etwas anderes steckte in der Stimme des Mannes, der neben Abraxas Platz genommen hatte. Macht, dachte sie. Dann:
Magie.
Voldemort strahlte Magie aus, in der Art, wie er die Hände bewegte, über den Blick, den er durch den Raum warf, bis zu dem Klang seiner Stimme. Magie, das war es, woraus Voldemort gemacht war, das war es, was er ausstrahlte. Magie war es, was in seinen Adern floss. Magie war sein Körper und Magie war sein Wille.
„Kommt“, sagte Abraxas. „Kommt, lasst uns Essen.“
„Mit Vergnügen“, antwortete Voldemort, den Kopf so leicht gebeugt, dass er Abraxas Respekt zollte, aber nicht so weit gebeugt, dass er sich Blöße gab. Perfekt kalkuliert, perfekt ausgeführt.
Speisen aus den exquisitesten, teuersten Zutaten erschienen auf dem Tisch, als der Kopf der Malfoys sich endlich niederließ. Dutzende Braten, cremige Saucen, eine unendliche Menge an Gemüse, darunter Dinge, die selbst Walburga noch nie gesehen hatte. Abraxas hatte alle Register gezogen, um seinen besonderen Gast zu ehren, so schien es, denn kaum waren die Speisen erschienen, ertönte leise Melodie aus den Ecken des Raumes und im nächsten Moment erschien ein Quartett aus Geistern, die durch die Wände geschwebt waren. Statt wie üblich schrecklich kreischende Geräusche von sich zu geben, wenn Geister musizierten, spielten diese die sanftesten und schönsten Töne, die Walburga je vernommen hatte.
Voldemort war, wenn Walburga das erkennen konnte, nicht sonderlich beeindruckt mit der gesamten Aufmachung. Zwischen seinen langen Fingern sahen die goldenen Bestecke unproportioniert klein aus und obwohl er sich einige Speisen auf den Teller gelegt hatte, schien er nicht versessen darauf, auch von ihnen zu kosten. Vielmehr beleuchtete er den Saal, sah sich die Anwesenden an, hielt den Blick mal länger, mal kürzer auf jemanden gerichtet.
Walburga realisierte, was er tat, als er schließlich den Blick auf Lucius Malfoy richtete, der ihm fast gegenüber saß, der alles tat, um dem Mann mit der bleichen Haut nicht in die Augen sehen zu müssen und sich deswegen ein großes Stück Fasan in den Mund schob. Lucius kaute, kaute und schluckte, bevor er zu seinem Glas mit Feenwein griff und den Rest mit einem großzügigen Schluck hinunterspülte.
Lucius hatte vom selben Tablett genommen wie Voldemort.
Als es klar wurde, dass Lucius atmete, nahm auch Voldemort seinen ersten Bissen.
Nur mächtige Männer fürchteten sich vor Gift in ihrem Essen. Mächtige Männer.
Und Feiglinge.
Walburga wusste noch nicht, wie sie Voldemort kategorisieren sollte.
Das Essen nahm einen sehr gewohnten Verlauf, trotz der Umstände, dass ein Geisterquartett in den Wänden spielte und ein mächtiger Nachfahre Slytherins unter ihnen saß. Niemand traute sich, Voldemort anzusprechen niemand traute sich überhaupt, lang genug in seine Richtung zu sehen, aus Angst, ihre Augen würden sich treffen. Niemand, so stellte Walburga fest, bis auf Bellatrix.
Ihre Nichte tat den gesamten Abend nichts anderes, als Voldemort mit ihren Augen zu taxieren, sein scharfes Kinn zu beobachten, während er mit gesenktem Blick kaute, seine Finger anzusehen, während er sein Glas anhob. Sie stierte mit unkonventionellem und desaströsen Hunger auf den Mann vor ihr, dass Walburga befürchtete, Bella würde etwas Unüberlegtes tun, um dessen Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Walburga wollte ihrer Nichte gerade einen warnenden Blick zuwerfen, als Voldemorts eisige Stimme die Stille zerschnitt. „Man hat mir gesagt, dass Oberhaupt der Familie Black wäre heute ebenfalls zu Gast“, sagte er, nicht direkt an Abraxas gewandt. „Sag, wo ist er?“
„Ich fürchte Orion hat es nicht geschafft, persönlich zu erscheinen, mein Lord“, erwiderte Abraxas mit geneigtem Kopf. „Seine Frau allerdings ist hier, Walburga Black.“
Der Raum neigte sich zur Seite, als Voldemort sich Walburga zuwandte. Für einen Augenblick verlor das Feuer an Hitze, verlor die Welt an Materie, verlor Alles an Nichts. Walburga atmete ein. „Ich fühle mich zutiefst geehrt, eure Bekanntschaft zu machen“, sagte sie mit fester Stimme.
„Nicht doch“, entgegnete Voldemort sanft. „Die Freude ist auf meiner Seite, Mrs. Black. Wie Ihr vielleicht wisst, bin ich selbst ein Nachfahre von Slytherin, dem wohl einzigartigsten Zauberer, den die Geschichte hervorgebracht hat und deswegen, ich hoffe, Ihr könnt mir meine Neugierde verzeihen, war ich mehr erpicht darauf, andere Nachfahren des großen Salazar zu treffen. Ich kann nur sagen, dass man mir gesagt hat, die Blacks wären eine mächtige Familie, aber man hat mir nie gesagt, sie wären genauso schön.“ Voldemort neigte seinen Kelch mit Wein in ihre Richtung, bevor er einen Schluck daraus nahm.
Walburga war Charmeure gewohnt, die versuchten, sich in ihre guten Bücher zu schleichen und noch mehr war sie es gewohnt, dass man ihr Komplimente machte, um sie für eine Sache zu gewinnen, mit der sie nichts zu tun haben wollte. Aber Voldemort war kein Charmeur. Voldemort war kein Connaisseur der süßen Worte und der Schmeicheleien. Er wollte sie nicht einlullen, wollte nicht ihre Ärmel hinaufkriechen, um seinen Geruch in ihre Haut zu pflanzen.
Voldemort wollte Macht. Und Walburga hatte Macht.
„Ihr schmeichelt mir“, sagte sie deswegen. Walburga war es gewohnt, dass Männer um sie buhlten, deswegen hatte sie keine Schwierigkeiten damit, ihre Stimme eben zu halten. „Unsere Nachfahrschaft zu Slytherin ist mittlerweile ein wenig in Vergessenheit geraten, befürchte ich. Wir Blacks haben uns unseren eigenen Namen gemacht, wir haben der magischen Welt gezeigt, dass in uns nicht nur Gründerblut fließt. Nur selten nutzen wir noch unsere Verbindung zu Slytherin, um uns Gehör zu verschaffen.“
Der Versuch, Voldemort aus der Reserve zu locken, scheiterte noch bevor er angefangen hatte. Der blasse Mann ließ lediglich ein kühles, hohes Lachen von sich, bevor er erwiderte: „Eine Einstellung, die ich nur allzu gut nachvollziehen kann. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mein Erbe nicht schätze und auch nutzen würde, um zu bekommen, was mir zusteht.“ Er neigte kaum merklich den Kopf, wobei er die gesamte Zeit an Cygnus vorbei sah. Dem anderen Black schenkte er keine Aufmerksamkeit. „Ich vermute, ich will einfach nicht, dass die Menschen vergessen, wer ich wirklich bin.“
„Ich bin mir sicher, dass das nicht der Fall sein wird“, sagte Walburga.
Voldemorts dünne Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das Walburga das Mark gefrieren ließ. „Oh, dessen bin ich mir ebenfalls sicher, Mrs. Black. Dessen bin ich mir mehr als sicher. Der Name Slytherin wird nicht erneut in Vergessenheit geraten, dafür werde ich höchstpersönlich sorgen.“
Für einen unangenehmen, viel zu langen Moment blieb es still im Saal. Der Atem steckte Walburga in der Kehle fest und sie wagte es nicht, den Blick von Voldemorts dunklen Augen zu wenden, nicht aus Angst, er würde sie verfluchen, sondern aus dem einfachen Grund, dass sie sich keine Blöße zeigen würde. Sie war das Oberhaupt der Familie Black, sie war es, die die Fäden zog, in ihrer Hand lag die Magie, um eine neue Generation heranwachsen zu lassen. Die Achtundzwanzig unterschätzten sie oftmals, weil sie eine Frau war, weil sie einen mächtigen Zauberer zum Mann hatte, aber sie würde denselben Fehler nicht erneut machen, den sie oft tat: Sie würde nicht kleinbeigeben und sich erneut auf eine Ebene drücken lassen, auf die sie nicht gehörte.
„Mein Lord.“ Die hastige Stimme Bellatrix´ unterbrach die Stille, wodurch sie Voldemort dazu veranlasste, seinen Blick als erstes abzuwenden.
Walburga erlaubte sich, zu atmen, als sein dunkler Blick ihren verlassen hatte, bevor sie ebenfalls zu ihrer Nichte sah, die sich über ihren Platz beugte, sodass einige ihrer dicken Locken auf ihren Teller fielen.
„Mein Lord“, wiederholte sie, „bitte, ich muss fragen: Was sind Eure Pläne, um der Zaubererwelt endlich die Augen zu öffnen?“ Bellatrix bleckte die Zähne, als sie den Mann sich gegenüber mit hungrigen Augen betrachtete. „Sicherlich können wir nicht zulassen, dass Schlammblüter weiterhin unsere Magie stehlen, nicht wahr?“
Bellatrix´ Mutter packte nach ihrem Arm und zog sie zurück. „Verzeiht ihr, mein Lord“, sagte Druella hastig. „Meine Tochter weiß nicht, wann sie am besten den Mund halten soll.“
Voldemort allerdings schien sich nicht daran zu stören. Einer seiner äußerst scharfen Augenbrauen war in die Höhe gewandert, wodurch sie eine deutliche Kohärenz zu seinem gepflegten, einschüchternden Aussehen bildete. Einer seiner Mundwinkel zuckte kurzzeitig, bevor er sagte: „Ich habe nicht vor, den Schlammblütern weiterhin Zugriff auf unsere Magie zu gewähren. Sie werden dafür bestraft werden, dass sie es gewagt haben, von uns zu stehlen, unsere magischen Positionen eingenommen haben und uns aus unseren eigenen Heimen vertrieben haben, keine Sorge. Aber“, fügte er an, wodurch er Bella dazu veranlasste, erneut vorzurutschen, „ich habe nicht vor, sie alle zu beseitigen.“
„Mein Lord?“ Abraxas betrachtete Voldemort mit einem irritierten Ausdruck auf dem Gesicht, wodurch die feine silberne Narbe an seinem Mund hervorstach. „Ich fürchte, ich verstehe nicht.“
„Natürlich“, erwiderte Voldemort kühl lächelnd, „verzeiht, manchmal vergesse ich, dass nicht jeder wie ich denkt.“
Als hätte Voldemort ihn mit einem Stupor belegt, starrte Abraxas den Mann neben sich an, die Augen zusammengekniffen, der Mund zu einer solch feinen Linie gepresst, dass er fast durchsichtig wirkte. Walburga konnte sich nicht daran erinnern, wann jemand Abraxas das letzte Mal so eine Retoure gegeben hatte. Sie musste zugeben, sie war beeindruckt.
„Eine Welt in der nur die reinsten der Familie leben und nur die reinste der Magie regiert, wäre eine kleine Welt“, fuhr Voldemort ungehindert fort, der entweder nicht mitbekommen hatte, was er Abraxas damit gesagt hatte, oder der sich dem Effekt seiner Worte sehr wohl bewusst war. „Wir sind mächtig, keine Frage, aber wir sind wenige. Und, selbstverständlich könnt ihr dagegen sein, aber ich denke, es sollte auch dabei bleiben. Wir sollten unser reines Blut nicht mit jedem teilen, nicht zu viel Macht verteilen, damit sie nicht gegen uns verwendet werden kann. Doch braucht nicht jede gute Welt, die von den Mächtigen regiert wird, ein Fußvolk? Brauchen wir nicht alle jemanden, der die Arbeit für uns erledigt? Braucht Euer schönes Anwesen nicht Bedienstete, die das Essen zubereiten?“ Voldemort lächelte Abraxas zu, als würde er ihm ein Kompliment für das kaum angerührte Mahl machen wollen, dass mittlerweile erkaltet auf seinem Teller lag. „Schlammblüter und Muggel einerlei könnten sich auch ohne Magie noch als nützlich erweisen, nicht wahr? Sie können putzen und kochen, waschen und pflegen, damit wir uns in der Zukunft auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist, nicht wahr, Abraxas?“
Zum zweiten Mal in kurzer Zeit blickte Abraxas drein, als hätte man ihn verflucht. „Sehr wohl, mein Lord. Das ist sehr weise“, brachte er hastig heraus.
„Nicht doch“, erwiderte Voldemort mit sanfter Stimme. „Es ist ein einfaches Vorausdenken. Ein Instinkt, möchte ich fast sagen.“
Bellatrix, törichte, naive Bellatrix, konnte sich nicht daran hindern und schnaubte belustigt.
Anstatt den Zorn der Männer auf sich zu ziehen, anstatt das Voldemort ihr einen tödlichen Blick zuwarf, wandte er ihr in einer langsamen Bewegung den Kopf zu, nickte ihr zu und sagte: „Ich hoffe, ich konnte Ihre Neugier stillen, junge Frau.“
„Oh, absolut, mein Lord“, antwortete Bellatrix enthusiastisch. „Und, nur damit es klar ist, ich stimme voll und ganz zu. Schlammblüter müssen wissen, wo ihr Platz in der Welt ist, und ich kann es kaum erwarten, bis die zeit gekommen ist, in der wir handeln.“
„Ein wenig Geduld muss noch gepflegt werden, befürchte ich“, sagte Voldemort. „Aber wenn der Tag dann endlich eintrifft, dann werde ich sicherstellen, dann Ihr an meiner Seite stehen werdet.“ Er neigte ihr den Kopf zu.
Walburga war sich sicher, dass ihre Nichte errötete, bevor sie sich von ihrer Mutter erneut zurückziehen ließ. Sie wusste nicht, ob sie der Verwegenheit ihrer Nichte zustimmen konnte, so erschien Voldemort bisher doch eher wie jemand, der sehr gut seine Worte nutzen konnte, der wusste, wie man eine mächtige Ausstrahlung nutzte, um die Massen zu bewegen, aber sie würde erst dann von seiner Qualität und seinen Plänen überzeugt sein, wenn sie sie ausgeführt sehen würde. Sie hatte schon oft gesehen, wie darüber geredet wurde, dass etwas gegen die wachsende Population der Schlammblüter unternommen werden musste und doch war es immer nur eins gewesen: Leere Worte bei sich leerenden Gläsern.
Wenn es eines gab, dass sie in den letzten Jahren als Matriarchin des Hauses Blacks gelernt hatte, dann, dass sie nicht jedem dahergelaufenen Reinblüter folgen würden, der einen revolutionären Plan an den Tag legte. Die Familie Black war alt und edel und sie würde nicht zulassen, dass sie nicht mehr als Fußsoldaten für jemanden waren, der von sich behauptete, Salazar Slytherins Erbe in sich zu tragen. Blacks waren nicht zum Folgen geboren.
Blacks waren Anführer.
„Ah“, sagte Voldemort. „Ich habe doch vergessen, meine liebe Freundin Nagini zu uns zu rufen, damit sie uns bei diesem köstlichen Mahl beiwohnen kann. Ihr habt doch sicher nichts dagegen, nicht wahr?“ Voldemort wartete nicht, ob jemand tatsächlich etwas dagegen haben oder ob jemand tatsächlich den Mumm haben würde, es auch auszusprechen. Er sprach weiter – oder zumindest erschien es so. Obwohl er die Lippen bewegte und obwohl Geräusche seinen Mund verließen, war Walburga sich nicht sicher, welcher Sprache sie angehörten. Es waren zusammenhangslose Laute und Zischen, heiseres Raspeln und noch mehr Zischen, bevor er den Mund schloss und abwartete. Ob er die wilden Blicke der Anwesenden bemerkte oder sich einfach nicht dafür interessierte, konnte Walburga nicht sagen.
„Soll ich vielleicht –“, fing Abraxas nach einem Augenblick der Stille vorsichtig an, unterbrach sich jedoch genauso schnell wieder, als ein dumpfes, schleifendes Geräusch ertönte.
Voldemort setzte ein kaum erkennbares Lächeln auf; im Schein des Kerzenlichts der hoch hängenden Kronleuchtern sah es für einen Moment so aus, als würde er Walburga einen kalkulierten Blick zuwerfen, doch einen Wimpernschlag später waren seine Augen wieder auf die Türen gerichtet, durch die auch er getreten war.
Am Ende des Tisches, nahe der Wand, ertönte ein leises, panisches Quieken, dann schrie ein bulliger Mann auf, erhob sich so rasant, dass sein Stuhl nach hinten fiel und zückte seinen Zauberstab.
Voldemort schnalzte leise mit der Zunge. „Na, na, kein Grund zur Panik, meine Freunde. Nagini ist nicht hier, um jemandem von euch etwas anzutun. Nagini ist ein Gast.“
Gerade als Walburga sich fragte, ob vielleicht jemand in einem Unsichtbarkeitsumhang eingetreten war, spürte sie etwas eisiges und schweres über ihren Schuh gleiten, der sie dazu veranlasste, ebenfalls nach hinten zu rücken. Ihr Atem verging sich in der Brust, als sie noch einen letzten Blick auf einen baumstammdicken Körper werfen konnte, der unter dem Tisch entlangglitt, bevor ein spitz zulaufender Schwanz ihren Knöchel streifte.
Nur einen Augenblick später erhob sich eine mannshohe Schlange neben Voldemort, die zu Schlitzen verengten Augen auf den Braten auf dem Tisch gerichtet. Ihre Zunge glitt hervor, spaltete lautlos die Luft, ehe sie wieder verschwand. Voldemort hob in einer fast schon lässigen Bewegung die Hand, um der riesigen Schlange den Kopf zu tätscheln. „Ich hoffe doch, es ist okay, dass ich meine liebe Nagini mitgebracht habe. Sie ist schnell einsam, müsst ihr wissen. Abraxas, wenn Ihr gestattet?“
Abraxas schien seine eigene Zunge verschluckt zu haben.
Voldemort lächelte, als er beobachtete, wie die Schlange sich vorbeugte, den Kiefer aushakte und den restlichen Braten mit einem Mal verschlang.
Walburgas Herz klopfte ihr bis den Kehlkopf und wenn sie es nicht mit den eigenen Augen sehen würde, wenn sie es nicht mit den eigenen Oren gehört hätte, dann würde sie nun glauben, Voldemort würde ihnen allen einen Streich spielen. Sie krallte ihre Hand in die Tischdecke, riss mit ihren spitzen Nägeln ein Loch in den Stoff und ließ den Blick nicht von der massiven Schlange, die Voldemorts Ruf gefolgt war.
Und da erkannte sie es.
Da erkannte sie, was er getan hatte.
Voldemort hatte mit der Schlange gesprochen.
Er war – er musste ein Parselmund sein.
Als würde er eine Eule streicheln, als würde Voldemort mit den Fingern durch das sanfte Fell einer zutraulichen Katze fahren, strich er behutsam über die schuppige schwarz-grüne Haut der Schlange, die sich auf Tischplattenhöhe neben ihm befand und noch damit beschäftigt war, den Braten zu verspeisen. „Was für eine wunderbare Möglichkeit, für die herzliche Einladung zu bedanken“, sagte er mit sanftem Unterton. „Nagini und ich fühlen uns sehr geehrt, dass Ihr uns dabei haben wollt.“
Walburga schluckte den dicken Kloß hinunter, der sich in ihrer Kehle bildete. Sie versuchte nicht daran zu denken, dass nur wenige Fuß von ihr entfernt eine massive Schlange lag, die sie mit einem Mal verschlingen könnte und sie versuchte noch weniger daran zu denken, dass Voldemort die Schlange dann beschworen hatte, als sie gedacht hatte, dass sie nicht wusste, ob sie glauben sollte, was er behauptete.
War es Zufall? Oder hatte Voldemort in ihren Kopf geblickt und den richtigen Moment abgewartet?
Was es war, war nicht weiter wichtig. Wichtig war, dass es ein Beweis für Voldemorts Behauptung war. Auch wenn niemand offen einen Zweifel bekundet hatte, so hatte Voldemort direkt jedwede Bedenken mit einer einzigen Handlung ertränkt. Er hatte die Sprache der Schlangen genutzt, eine Fähigkeit, die Salazar Slytherin an jene vererbt hat, die seinem Blute entsprachen, eine Fähigkeit, die selbst unter den Blacks seit Jahrhunderten nicht mehr aufgetaucht war.
Es bestärkte, was Voldemort bereits offenbart und was in der Luft gelegen hatte.
Ein Krieg stand bevor.
Voldemort war der Anführer,
und alle Reinblüter, auch die Blacks, würden seine Fußsoldaten sein.