James Potter
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An den Festessen in Hogwarts war selten etwas auszusetzen, gab es doch von jedem Geschmack mindestens ein halbes Dutzend verschiedener Speisen und so viel Dessert, dass man sich nicht einmal sattessen könnte, wenn man einen zehnfach vergrößerten Magen besitzen würde. Besonders das Festessen zum Anfang des Jahres war immer wieder ein wahrer Traum, was Speisen anging, aber für eine Sache, fand James, war das Festessen einfach nicht gemacht.
Partys.
Der erste September war auf einen Samstag gefallen. Wenn das kein Wink des Schicksals war, dass die Gryffindors die größte und beste Willkommen-Zurück-In-Hogwarts-Party veranstalten sollten, dann wusste James auch nicht weiter. Es war perfekt. Das Wetter war klar und warm, sie würden erst in zwei Tagen den ersten Unterricht haben und durch das gute Essen waren sowieso noch alle wach. Wenn er und seine Freunde an diesem Abend keine Party veranstalten würden, dann würde er sich das in seiner gesamten Hogwarts-Zeit nicht verzeihen. Außerdem lag es ihm im Blut. Entgegen der Wünsche seiner Mutter, hatte sein Dad ihm von den legendären Partys erzählt, die er früher im Gryffindor-Turm gefeiert hatte – und wenn James zu einem Mann aufblickte, dann war es sein Vater. Er würde ihm im Sachen Partys sicherlich nicht nachstehen.
„Also, Männer“, sagte er auf dem Weg in den Gemeinschaftsraum.
„Und Frauen!“, fügte Marlene irgendwo hinter seiner Schulter hinzu.
James grinste ihr zu. Ihre Augen strahlten und in den Sommerferien war sie um einiges gewachsen sowie deutlich brauner geworden, als hätte sie sich die ganzen Wochen lang nur in der Sonne hin und her gedreht. „Selbstverständlich. Und Frauen. Es gibt einiges zu tun, wenn wir diese Party zur legendärsten Party machen wollen, die der Turm je gesehen hat.“
„Hört, hört“, sagte Sirius laut.
„Wir brauchen Essen. Jede Menge.“
„Wir haben gerade ein Festessen hinter uns“, erwiderte Mary zweifelnd klingend.
„Aber Tanzen macht hungrig, Macdonald“, konterte Sirius.
„Tanzen“, schnaubte sie zur Antwort. „Ich will sehen, wie du tanzt, Sirius.“
„Ist das eine Einladung? Denn ich nehme sie liebend gerne an und zeige dir, wie man eine gute Zeit hat.“
Mary lachte und schüttelte den Kopf, aber sagte nichts weiter dazu.
„Konzentration, bitte“, sagte James, während er nebenbei eine Trickstufe übersprang, in die Peter gerne stieg. Aus dem Augenwinkel bekam er mit, wie ebendieser einen großen Bogen um die Stufe nahm. „Also, ich schlage vor, dass ihr“, er deutete mit dem Finger auf Mary und Marlene, „in die Küchen geht und dort Getränke und Kuchen besorgt. Ich bin mir sicher, es ist noch was vom Fest übrig.“
Marlene hob eine Hand an die Stirn, salutierte und sagte: „Aye, Aye, Kapitän!“
Lily, die seit sie die Große Halle verlassen hatten, nichts gesagt hatte, schnaubte und verdrehte die Augen.
„Was denn, Evans? Findest du meine Planung nicht ausgewogen genug?“
„Ich finde, dass ihr es mal wieder maßlos übertreibt“, sagte sie. „Weder ist euch diese Party gestattet, noch finde ich, dass es notwendig ist. Wir sind kaum drei Stunden hier. Wieso müsst ihr schon wieder die ganze Aufmerksamkeit auf euch ziehen?“
James musste sich stark zusammenreißen, nicht genervt aufzustöhnen. Er hatte gedacht, nachdem, was Ende letztes Schuljahres geschehen war, dass Evans nicht immer nur die Moralapostel spielen würde, aber da hatte er sich wohl getäuscht.
„Eigentlich“, ertönte eine Stimme hinter ihnen, „hat er die Erlaubnis. Wir sind sehr dafür, dass es eine Willkommen-Zurück-Party gibt.“ Frank Longbottom, frisch gekürter Schulsprecher, erschien hinter den neuen Drittklässlern. Ein Grinsen lag auf seinem runden Gesicht. „Mach dich locker, Lily. Wir können alle ein wenig Spaß vertragen.“
„Oh, also wirklich“, murrte sie, aber die Art, wie sie die Arme locker an der Seite hielt, verriet James, dass sie doch nicht so gegen eine Party war, wie sie tat.
Er würde zehn Galleonen darauf verwetten, dass es Lily nur darum gegangen war, die Regeln zu befolgen. Mit der offiziellen Erlaubnis des Schulsprechers stand ihnen als nichts im Weg. „Dann bist du also dabei, ja?“, fragte James.
Lily seufzte leise. „Meinetwegen.“ Ein schmales Lächeln zerrte an ihren Mundwinkeln. „Aber ich suche die Musik aus!“
James grinste, als hätte er den Quidditch-Pokal erneut gewonnen. „Dann vertraue ich darauf, dass du uns alle rockst, Evans.“
„Unglaublich“, murmelte sie, ließ sich aber lachend von Mary und Marlene in deren Mitte ziehen.
„Keine Sorge, Lily, ich behalte alles im Auge“, entgegnete Frank zwinkernd. „Diese kleine Bande hat noch eine Menge zu lernen, wenn sie wirklich legendäre Partys schmeißen will, aber solange ich hier bin, will ich zumindest ihre Anfänge sehen.“
Lily verdrehte die Augen, Sirius lachte bellend auf und Remus lächelte stumm in sich hinein. James war sich ziemlich sicher, dass die Party jetzt schon legendär und niemals vergessend sein würde, allein weil er mit seinen Freunden dabei war. Welche Party könnte jemals vergessen werden, wenn James und Sirius sie schmeißen würden? Keine, da war er sich sicher. James würde in die Geschichtsbücher von Hogwarts eingehen, sei es als unglaublicher Quidditchspieler oder der beste Partyplaner, den dieses Schloss je gesehen hatte, irgendwie würde sein Name schon verewigt werden.
„Da wir das dann auch geklärt hätte“, sagte er, bevor er sich an Remus wandte. „Du gehst mit Peter zu Ihr-Wisst-Schon-Wo. Ich geb euch ein paar Ihr-Wisst-Schon-Was mit.“
Mit zusammengezogenen Augen betrachtete Remus ihn, bevor ihm ein Licht aufzugehen schien. „Bist du sicher?“, fragte er leise, wohl in der Hoffnung, die anderen würden ihn nicht hören, aber Marlene und Mary hatten bereits die Ohren gespitzt. „Es ist bald Ausgangssperre.“
„Hast du Angst, man wird dich erwischen, Remu?“, meinte Sirius an seiner Seite. „Glaubst du, Gonni wird dich bestrafen?“
Remus schubste ihn weg. „Nein, du Trottel, ich meinte nur – ach, ist ja auch egal.“
James, der sich schon fast gedacht hatte, dass Remus vielleicht nicht scharf darauf war, den nicht ganz legalen Trip zum Honigtopf zu unternehmen, sagte: „Wir können auch tauschen und ich setze dich als Überseher und Planer ein. Dann müsstest du dich allerdings die ganze Zeit mit Sirius und seinen Ideen herumschlagen.“
„Hey!“
„Schon gut, schon gut, ich mach´s ja“, lachte Remus, der in einer flüssigen, unbemerkten Bewegung die dargebotenen Galleonen von James annahm. „Komm, Pete. Wir haben eine Mission.“
Peter, die ganze Zeit mit aufgeregtem Blick immer wieder hin und her geblickt hatte, eilte an seine Seite. „Du kannst dich auf uns verlassen, James.“
„Das wollte ich hören, Peter!“
„Wo gehen die beiden hin?“, fragte Marlene betont lässig, als Peter und Remus sich von der Gruppe abgekapselt und im sechsten Stock in einen Gang eingebogen waren, von dem James wusste, dass sich dort ein Wandteppich befand, der sie schneller nach unten bringen würde. Ihr interessierter Blick hing den beiden noch nach, auch wenn sie sie längst nicht mehr sehen konnte.
„Wirst schon sehen“, sagte James.
„Du und deine Geheimnisse immer, Potter. Die werden dich noch in Schwierigkeiten bringen.“
Im siebten Stock angekommen gab Frank den Drittklässlern das Passwort für die Fette Dame, bevor er sich aufmachte, um die Schulsprecherräume auszukundschaften. Er und Alice würden die abgelegenen Räume sicherlich gut zu nutzen wissen, da war James sich ziemlich sicher. Sie würden es auch nicht allzu streng nehmen, dass Alice laut den Regeln keinen Zutritt zu den Schulsprecherräumen hatte. Wenn er eines über Frank und Alice über die letzten zwei Jahre gelernt hatte, dann dass sie es mit den Regeln nicht immer ganz so ernst nahmen, wie sie es eigentlich sollten. Besonders Alice, fügte er in Gedanken hinzu und erinnerte sich an ihre Begegnung im letzten Jahr, als sie sie und Narzissa erwischt hatten.
Der Gemeinschaftsraum war zwar noch gut gefüllt mit älteren Schülern, die noch keine Lust hatten, sich zu Bett zu begeben, doch zum Großteil war er leer genug, damit sie ihre Party veranstalten konnten. Außerdem würden sich die Älteren sowieso anschließen, sobald sie erkannten, was sie vorhatten.
„Jeder weiß, was zu tun ist?“ fragte James in die Runde seiner Freunde.
„Aye, Aye“, sagte Marlene erneut, was James die Augen verdrehen ließ.
„Dann an die Arbeit, Leute. Wir haben eine legendäre Party zu feiern!“