Alfred hatte lange Zeit gegrübelt, was er jetzt tun sollte.
Er könnte natürlich sich weiterhin die Beine in den Bauch stehen und neben dem Koffer warten, dass ein Wunder geschah oder es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen fiel. Oder weiterhin wilde Theorien aufstellen, wo Darius so hektisch hatte hinmüssen, dass er darüber seinen Koffer vergessen hatte.
Das Naheliegendste war eigentlich, ihn suchen zu gehen, aber er konnte den Koffer hier unmöglich einfach stehen lassen. Sicherlich war darin alles Wertvolle, was er besaß und täglich brauchte. Schlüssel, Geldbörse und solche Dinge, natürlich auch das hochmoderne Telefon.
Schließlich entsann sich Alfred, dass es im Grunde genommen auf der Hand lag, dass er noch mit Theresa sprach, nachdem diese heute einen schweren Tag gehabt hatte – und auch wenn er nicht wusste, wo er die beiden finden würde, wollte er auch nicht stören.
Darum nahm er mit einem mulmigen Gefühl den Koffer an sich, auch wenn er sich in diesem Moment wie ein Dieb fühlte.
Er würde ihn zu Berentz ins Büro bringen.
Das fühlte sich am Sinnvollsten an, denn wenn Darius die Tür noch nicht abgeschlossen hatte, konnte hier jeder einfach reinmarschieren. Und wenn er dann erschien und seinen Aktenkoffer vermisste, würde er ja sicherlich Berentz davon in Kenntnis setzen. Sowieso hatte bestimmt auch der Direktor seine Nummer – was gar nicht mal so viel brachte, wenn das Telefon in der Tasche war, aber eigentlich konnte Alfred auch nichts anderes machen.
Trotzdem sah er sich mehrfach um, als er Darius‘ Koffer aus dem Raum trug.
Nicht dass ihn noch irgendjemand sah, wie er das immer und überall mitgeschleppte Erkennungsmerkmal des Dirigenten entwendete und ihn für einen Verbrecher hielt – oder Schlimmeres.
Als er dann Schritte auf dem Gang hörte, die sich ihm energisch näherten, fühlte er sich ertappt und erstarrte in seiner Bewegung.
Wie sollte er das nun erklären?
„Alfred!“, begrüßte ihn aber genau der rechtmäßige Besitzer des Koffers überrascht, als er ihn erblickte.
Darius wirkte blass und angespannt und Alfred wollte gerade noch etwas sagen, als sein Blick von seinem Gesicht auf den Koffer fiel, „Du bist ja noch- und du hast- Ah, ich danke sehr!“
Etwas peinlich berührt überreichte Alfred ihm das gute Stück.
Endlich legte sich auf Darius‘ Züge ein kleines, feines Lächeln.
„Tut mir leid. Ich weiß nicht, wo mir heute der Kopf steht“, entschuldigte er sich, während er wohl hastig überprüfte, ob noch alles darin war, was darin sein sollte.
Alfred winkte lächelnd ab, „Nichts zu danken. Ich war spät dran und dachte, du brauchst das sicherlich.“
Darius kramte immer noch in der Tasche, bis Alfred sich räusperte und wieder zu Wort meldete.
„Wir waren die ganze Zeit im Raum“, meinte er, „Jasper, Erwin und ich- eigentlich dürfte nichts fehlen.“
Halbherzig lachte Darius auf, dann ließ er vom Koffer ab und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn, „Es fehlt nichts, keine Sorge. Ich suche nur- ich meine-“
Kurze Zeit sahen sie einander an.
Dann sah Darius sich um.
„Nicht hier“, meinte er schließlich.
Alfred hob eine Augenbraue, zuckte dann aber lächelnd mit den Schultern, „Die nächste Bahn dürften wir noch erreichen. Oder- oder wolltest du noch-“
„Hier bleiben?“, fragte Darius verwirrt, „Nein, ich wollte nach Hause.“
Diesmal sah Alfred sich um, bevor er all seinen Mut zusammen nahm.
„Möchtest du- ich meine, wir- wir könnten noch gemeinsam irgendwo etwas essen gehen?“, schlug er etwas unsicher vor, dann fügte er noch schmunzelnd hinzu, „Immerhin schulde ich dir noch eine Einladung.“
Darius starrte ihn an. Seine Mimik schwankte zwischen blankem Horror, schockiertem Entsetzen und ein bisschen verlegenen Amüsement, so als hätte Alfred einen sehr guten Scherz gemacht.
„Ach Unsinn“, er winkte ab und Alfreds Unsicherheit wuchs mit der Art, in der er scheinbar versuchte, sich herauszureden, „Ich meine- du schuldest mir doch nichts. Wir haben ja auf deine Kosten bei dir gefrühstückt und- eigentlich wollte ich heute recht früh daheim sein. Jetzt noch auszugehen, direkt nach der Arbeit, also- ich- ich-“
„Schon gut“, versuchte Alfred, ihn aus der Situation zu erlösen.
Wenngleich er nicht verhindern konnte, dass sich Enttäuschung in ihm breit machte, würde er Darius ja auch nicht überreden wollen.
„Wir müssen nicht ausgehen- es war nur eine spontane, ganz und gar undurchdachte Idee von mir“, meinte Alfred mit einem schiefen Lächeln.
Darius holte Luft und schien um Worte zu ringen.
Alfred hingegen versuchte, die Absage nicht persönlich zu nehmen, aber es fiel ihm schwer. Natürlich konnte er sich mittlerweile denken, dass Darius sicherlich seine Gründe hatte, die nichts damit zu tun hatten, ob er ihn gern hatte. er war ein viel beschäftigter Mann.
Bestimmt hatte er noch etwas zu tun, womöglich würde er liebend gern mit ihm ausgehen und er brauchte keine Sorge zu haben, nur wenn er eben heute schon etwas anderes vorhatte. Immerhin hatte er vor wenigen Stunden hinter dem ominösen Vorhang noch bewiesen, dass es keinen Grund für Alfred gab, anzunehmen, dass sich etwas an dieser komplizierten und doch so wunderbaren Situation zwischen ihnen geändert hatte.
Trotzdem wurmte es Alfred den ganzen Weg zur Bahn, dass er diese kleine Abfuhr bekommen hatte und noch mehr ärgerte er sich darüber, dass er immer noch darüber nachdachte, als sie in die Bahn stiegen.
Als sie schließlich nebeneinander saßen, werkelte Darius schon wieder an seiner Tasche herum. Wahrscheinlich war es einfach ein Trugschluss zu denken, dass sich nun Darius‘ ganzes Leben um Alfred drehen würde.
Er war ja selbst schuld, dass er selbst so dämlich war, alles andere für diese Bindung zu opfern.
Darius räusperte sich, als könne er Gedanken lesen.
Etwas unsicher sah Alfred ihn an.
„Alles in Ordnung?“, fragte Darius mit einem schiefen Lächeln.
Alfred schmunzelte, „Selbstverständlich.“
Darius hob fragend eine Augenbraue und ließ das Kramen in der Tasche sein, wenngleich auch noch immer eine Hand darin vergraben war.
„Das klang für mich eher nach einem ‚selbstverständlich nicht‘, wenn ich ehrlich bin“, meinte er sanft, dann errötete er merklich.
Alfred musste kurz auflachen und winkte ab.
Bevor er jedoch etwas sagen konnte, wandte sich Darius schon wieder an ihn.
„Eigentlich habe ich noch einiges zu erledigen“, begann er, dann sah er Alfred aber wieder mit einem durch und durch intensiven Blick an, „Aber wenn du magst- also wenn es dich nicht stört, dass ich vermutlich einige Zeit noch am Klavier verbringen werde, dann- dann kannst du mich gern begleiten.“
Alfred stockte der Atem.
Darius wurde noch roter und versuchte, sich zu erklären, „Ich meine, vielleicht bin ich nicht der beste Gastgeber, wenn ich noch zu tun habe, aber zumindest könntest du dann- also wegen deiner Jacke-“
Alfred schüttelte hastig den Kopf.
„Es ist durchaus kurios, wenn man einmal darüber nachdenkt“, meinte er schmunzelnd, „Ich habe deine Jacke und du hast meine. Vielleicht sollten wir irgendwann einmal tauschen.“
Darius wirkte nun seinerseits etwas unsicher.
Alfred sah ihn direkt an und sein Herz klopfte bis zum Hals.
„Das mit der Jacke hat Zeit“, sagte er, dann lächelte er, „Allerdings möchte ich mir nicht entgehen lassen, dir beim Spielen zuzuhören. Wenn ich dich nicht störe, komme ich gern noch mit.“
Das strahlende Lächeln auf Darius‘ Gesicht ließ Alfreds Herzschlag nochmals beschleunigen. Dann zog er die Hand etwas verlegen aus der Tasche und beförderte ein kleines Kästchen ans Tageslicht.
Alfred staunte nicht schlecht, als er es ihm in die Hand drückte.
Es war zwar nicht in Geschenkpapier eingepackt und der Karton wirkte auch sehr neutral, trotzdem konnte er sich der Vermutung nicht erwehren, dass es sich dabei wohl um ein Geschenk handeln musste.
„Das- das ist für dich“, stammelte Darius nämlich mit hochrotem Kopf, „Ich dachte- ich meine, also- ich erkläre es dir dann am besten doch zuhause.“
So ganz konnte Alfred nicht glauben, dass Darius ihm ein Geschenk machte.
Was auch immer ihn dazu trieb weckte seine Neugierde genauso so sehr wie die Frage, was denn wohl in diesem kleinen Karton drin sein mochte und welchen Klärungsbedarf es noch geben mochte. Als Alfred vorsichtig den Deckel öffnete, erklärte sich jedoch alles davon gleichzeitig.
Darin lag eines dieser hochmodernen Telefone und Alfred stutzte.
„An die Bedienung gewöhnst du dich bestimmt sehr schnell“, meinte Darius noch immer sehr verlegen, „Ich muss sicher nicht halb so viel erklären wie du jetzt vielleicht denkst. Es ist doch recht intuitiv gestaltet und wenn man erst einmal-“
Irgendwie war es ja unheimlich charmant, wie er versuchte, Alfred die neumodische Technik ein bisschen schmackhafter zu machen. Trotzdem – so ein Gerät kostete doch mit Sicherheit ein Vermögen.
„Darius“, unterbrach Alfred ihn ernst, „Das kann ich nicht annehmen.“
Kurze Zeit sahen sie einander einfach nur an.
Alfred meinte, eine gewisse Art von Enttäuschung, ja vielleicht gar Ernüchterung in Darius‘ Gesicht erkennen zu können.
„Unsinn“, sagte dieser schnell und das Lächeln auf seinem Gesicht zuckte, ehe es fast etwas besorgt erlosch, „Natürlich kannst du.“
Alfred holte tief Luft, um Darius zu erklären, dass dies wirklich zu viel des Guten war. Trotzdem sagte er kein Wort, denn wenn er es recht bedachte, wäre es nicht nur undankbar, sondern sicherlich auch sehr verletzend.
Davon abgesehen, dass sich Darius nun sowieso in vermutlich horrende Unkosten gestürzt hatte, egal ob er das Telefon annahm und sich damit anfreundete oder es unbenutzt irgendwo herumliegen würde – Alfred hatte das Gefühl, dass ihn seine Ablehnung doch mehr vor den Kopf stoßen würde als es überhaupt höflich sein könnte, ein viel zu teures Geschenk abzulehnen.
Und irgendwo meldete sich auch eine kleine schüchterne Stimme zu Wort, dass es nicht nur an der Zeit war, mit dem Fortschritt zu gehen, sondern dass es die gesamte Kommunikation mit Darius, aber auch allen anderen Menschen erstaunlich vereinfachen würde.
Womöglich waren private Gespräche ohne Störung sogar ein Hintergedanke dieser etwas überfordernden Situation. Damit wäre ihnen sicherlich beiden ein Gefallen getan und Alfred musste kein allzu schlechtes Gewissen haben.
Mit einem leisen Seufzen nahm er also vorsichtig das Telefon aus der Verpackung und besah es sich kritisch von allen Seiten.
„Und du meinst wirklich, dass ich mit so viel moderner Technik zurechtkommen werde?“, fragte er schmunzelnd, „Ich weiß nicht mal, wo man es anschalten würde!“
Darius lehnte sich an seine Schulter, um sich so weit herüberzubeugen, dass er ihm lachend das Telefon aus der Hand nehmen konnte.
„Vielleicht wird es doch um einiges länger dauern, als ich dachte“, mutmaßte er noch scherzhaft, doch wie er über das ganze Gesicht strahlte, ließ Alfred warm ums Herz werden, „Aber wir bekommen das sicher trotzdem hin!“
Hastig sah Alfred sich um, dann legte er in einem hoffentlich unbeobachteten Moment seinen Arm um Darius und zog ihn kurz noch ein wenig näher zu sich.
„Danke“, hauchte er in sein Ohr.
Darius schnaufte erleichtert, dann bedachte er Alfred mit einem so intensiven Blick, dass diesem der Atem stockte.
„Ich würde ja behaupten, es wäre doch nicht nötig gewesen, aber-“, meinte er dann leise, „Vielleicht ist es längst an der Zeit, mhm?“
Auch Darius ließ noch den Blick umher schweifen, drehte sich gar ein wenig auffällig in die Richtung hinter ihnen, um sich wohl zu vergewissern, dass niemand zu ihnen sah. Dann hauchte er einen kurzen Kuss auf Alfreds Wange und zwinkerte ihm zu, ehe er sich wieder etwas löste.
„Nicht hier“, flüsterte er.
Alfred nickte, „Du hast recht.“
Dennoch streichelte er noch sanft über Darius‘ Arm bis zu seiner Hand, bevor dieser das Telefon wieder sorgfältig einpackte.
„Wir sind bald da“, Darius schien sich ebenso zusammenreißen zu müssen wie Alfred selbst, schenkte ihm jedoch ein aufmunterndes Lächeln.
Es war ein merkwürdiges Gefühl, einfach sitzen zu bleiben anstatt sich hektisch in Bewegung zu setzen, wenn die eigene Haltestelle aufgerufen wurde. Dennoch ließ es Alfreds Herz aufgeregt schlagen und er fühlte sich so lebendig wie lange nicht mehr.
Fast als würde er etwas Verbotenes tun.
Etwas, was den alltäglichen Trott durchbrach – etwas, das ihm so viel mehr gut tat, als er es je erwartet hätte. Es könnte eigentlich immer so sein. Das Leben konnte wirklich wunderbar sein.
Alfred würde sich frei fühlen, ungebunden und froh.
Wenn, ja wenn ihn nicht das Gefühl beschleichen würde, dass er etwas vergessen hatte. Etwas Wichtiges – etwas sehr Wichtiges sogar.
Und gerade als die Bahn sich wieder in Bewegung setzte und nach kurzer Wartezeit gemütlich von seiner gewohnten Haltestelle abfuhr, fiel es ihm wieder ein.
Heilige Mutter Gottes!
Kein Wunder, dass er sich fühlte, als sollte er absolut nicht hier sein.
Er war doch mit seinem Vater verabredet gewesen, der ihn mit dem Auto hatte abholen wollen. Große Klasse, Alfred, wirklich. Verdammter Mist nochmal, sein Vater stand nun vermutlich noch immer auf dem Parkplatz vor der Oper und wartete vollkommen vergeblich auf ihn.
Und so wie er ihn mittlerweile kannte, würde er schon bald auch entweder die Polizei rufen und ihn als vermisst melden, sofort zu ihm nach Hause fahren, Sturm klingeln und einfach seinen Ersatzschlüssel benutzen oder noch schlimmer – Ferdinand Berentz über seinen möglichen Verbleib ausfragen.
Alfred musste wohl leichenblass geworden sein, denn Darius sah ihn schon etwas besorgt an, ehe er sich vorsichtig erkundigte:
„Ist alles in Ordnung?“
Innerlich zählte Alfred bis zehn und knirschte mit den Zähnen.
Wie sollte er ihm das nun klarmachen?
„Nein“, schnaufte er dann, „Ich- ich habe meinen Vater versetzt!“
Darius hob fragend eine Augenbraue.
„Ihr wart verabredet?“, fragte er verdutzt, „Du hast doch selbst vorgeschlagen, dass wir noch ausgehen – hätte ich das gewusst, natürlich hätte ich nicht-“
Alfred stöhnte leidend, „Ich habe das komplett vergessen!“
Darius schnaufte, schüttelte den Kopf und wirkte dabei halb amüsiert und halb komplett verunsichert, „Du kannst ihn gern anrufen und bescheid geben.“
„Es tut mir so wahnsinnig leid“, Alfred seufzte tief, ließ einige Momente resigniert den Kopf hängen, dann blickte er Darius direkt in die Augen und biss sich auf die Unterlippe.
„Wir sehen uns morgen“, entschuldigte er sich, ehe er schon im Begriff war, aufzuspringen und zumindest von der nächsten Haltestelle aus zu laufen.
Darius jedoch hielt ihn am Arm fest und sah ihn mit gerunzelter Stirn an.
„Morgen?“, fragte er prüfend, „Hast du überhaupt zugehört?“
Alfred holte tief Luft, „Ich- ich rufe dich an. Wir können frühstücken gehen, ich lade dich ein, ich komme morgen zu dir, alles was du willst, aber-“
Darius schnaubte ungläubig, „Ist das dein Ernst, Alfred?“
Leidend verzog Alfred das Gesicht.
„Wo liegt das Problem?“, fragte Darius verständnislos, „Du kannst deinen Vater anrufen, das ist doch absolut kein Umstand!“
Alfred schloss für einen Moment die Augen.
„Du- du kennst ihn nicht“, stammelte er dann mutlos, „Er würde- wenn ich, also im Grunde genommen – Ach, du würdest das sowieso nicht verstehen.“
Jegliche Erklärung würde wohl zu noch mehr Verwirrung führen.
Welcher normale Mensch würde schon das komplizierte Verhältnis zu seinem Vater nachvollziehen können?
Alfred fühlte sich furchtbar, als Darius nicht einmal von ihm abließ, als die Bahn hielt und er eigentlich längst aussteigen musste. Stattdessen hielt er ihn immer noch fest und als er wieder die Augen öffnete, fuhr ihm der vollkommen verwirrte und noch dazu zutiefst enttäuschte Blick durch Mark und Bein.
„Nein, Alfred“, sagte Darius und seine Stimme klang bitter, „Ich verstehe es wirklich nicht.“
Dann ließ er ihn zwar wirklich los, aber Alfred war den Tränen nahe.
Ihm war nach Strich und Faden zum Heulen zumute, als er mit einem zittrigen Atemzug noch einen letzten kurzen Blick auf Darius warf und dabei entschuldigend, nein flehend um Verständnis den Kopf schüttelte, bevor er zu den Türen sah, die sich gerade öffneten.
„Ich ruf dich an“, wisperte er und deutete mit einer hastigen Handbewegung den imaginären Telefonhörer an seinem Ohr an.
Darius brachte wohl kein einziges Wort mehr heraus, bevor Alfred sich umwandte und aus dem Zug hastete. Regungslos blieb er stumm und das letzte, was Alfred mit einem kurzen Blick über seine Schulter noch sehen konnte, war das blasse Gesicht von einem sprichwörtlich sitzen gelassenen Häufchen Elend.
Auf dem Bahnsteig sah Alfred noch einmal zurück, doch gerade schlossen sich die Türen schon wieder und das Licht am Öffnungsmechanismus erlosch.
Draußen regnete es in Strömen.
Und als die Bahn weiterfuhr und er sich schnellen Schrittes auf den Weg zu seinem Wohnblock machte, war sich Alfred nicht mehr sicher, ob es Regentropfen oder seine Tränen waren, die ihm übers Gesicht liefen.