„Alfred?“
Es war dunkel, als er seinen Namen hörte.
Verwirrt sah er sich um, doch obwohl er sich sicher war, die Augen geöffnet zu haben, umfing ihn nur tiefste Schwärze, in der er nichts erkennen konnte.
„Alfred!“
Er brauchte einige Momente, bis er es schaffte, die Stimme zuzuordnen.
Dann blieb ihm genau deswegen komplett die Luft weg.
Onkel Ralf? Wie war das möglich? Das konnte nicht sein. Er konnte nicht hier sein. Er war seit über zehn Jahren nicht mehr am Leben.
Zumindest hatte man es ihm damals so erzählt.
Er hatte sich das Leben genommen. Mit dem Bettlaken.
In Untersuchungshaft. Im Gefängnis – irgendwo hinter Gittern, wo er auch hingehörte, wenn man es recht bedachte.
„Wirst du jetzt ein guter Junge sein, Alfred?“
Er sah ihn nicht, aber er konnte ihn hören.
Und er konnte spüren, wie er sich zu ihm setzte, ihn an der Schulter fasste und festhielt, auch wenn er sich wehren wollte.
Das Bettlaken. Sein Bettlaken.
Es fühlte sich an, als hätte er es ihm über den Kopf gezogen und damit den Hals abgeschnürt. Nicht sich selbst, zumindest diesmal.
Ein Schmetterling. Leblos, hinter Glas eingesperrt.
Er versuchte, sich zu befreien, aber er musste nur husten.
„Du wirst niemandem davon erzählen, auch nicht deinem Vater. Vor allem nicht deinem Vater. Hast du das verstanden, Alfred?“
Er schlug um sich, aber den einzigen Widerstand, auf den er traf, war die Wand neben dem Bett. Die Wand mit der abgekratzten Tapete.
Es war fast, als würde er seinen Atem auf seiner Haut fühlen können.
Von den zarten Flügeln des kleinen Schmetterlings blätterten all die schönen Farben, machten sie nutzlos und grau, wie die einer toten Motte, die sich in einem der Klebestreifen in der Küche verfangen hatte.
„Alfred?“
Diesmal klang die Stimme noch näher, als würde er sich über ihn beugen.
Seine abwehrenden Hände griffen ins Leere.
Er schaffte es wohl, das Bettlaken von seinem Kopf zu ziehen, wieder einen panisch keuchenden Atemzug zu nehmen, doch immer noch umgab ihn nur wie zuvor die Dunkelheit.
Und alles, was ihm übrig blieb, war zu schreien.
In der Hoffnung, dass ihn vielleicht doch irgendjemand hörte, auch wenn es in dieser Dunkelheit niemanden gab, der ihn retten konnte.
„Alfred!“
Wieder sein Name, doch diesmal eine andere Stimme.
Näher. Vertrauter. Freundlicher.
„Alfred, komm zu dir!“
Ein Ruck ging durch seinen Körper und als er die Hand, die wieder grob seine Schulter gepackt hatte, von sich stoßen wollte, schreckte er panisch aus seinen furchtbaren Träumen hoch.
Aus weit aufgerissenen Augen starrte er in das Gesicht seines Vaters, der ihn anblickte, als hätte er einen Geist gesehen.
Leichenblass war er, unter seinen Augen dunkle Schatten und die tiefen Furchen in seinem betagten Gesicht wirkten deutlicher als sonst, als er sich mit einem schweren Atemzug auf der Bettkante niederließ.
„Meine Güte, Alfred-“, seine Stimme klang leise und rau.
Alfred versuchte, sich irgendwie wieder ein bisschen zu sammeln, aber er konnte nichts weiter tun, als seinen Vater zu beobachten, wie er sich in dieser absurden Position neben ihm befand, als würde er sich ehrlich um ihn sorgen.
Alfred schaffte es zumindest, sich aufzusetzen, die verworrene Decke wieder etwas zu richten und sich schwer atmend gegen das Kopfende sinken zu lassen.
Kurt Wunderlich sah traurig aus.
Ein geschlagener Krieger, der die letzte Schlacht verloren hatte. Zwar hatte er überlebt, doch hatte er wohl alles verloren, wofür er gekämpft hatte.
In diesem Moment tat er Alfred einfach nur leid, wie er da saß.
Sein Vater ließ die Schultern hängen und wandte den Blick ab.
Er griff zum Nachtkästchen und nahm davon eine anscheinend plötzlich aufgetauchte Tasse, die in keinem Fall vorher schon dagestanden haben konnte.
Seine Mimik ließ darauf schließen, dass er leiden musste.
Gequält rang er sich ein schiefes Lächeln ab und die Worte drangen gepresst aus seiner Kehle, als bereiteten sie ihm nicht nur große Mühe, sondern gar physische Schmerzen.
„Mein Gott, hast mich jetzt aber erschreckt“, es klang weniger vorwurfsvoll als einfach nur besorgt, „Hier, ich hab dir- trinkst erstmal was, ja?“
Und damit drückte er ihm die Tasse in die Hand, die sich erstaunlich warm anfühlte und mit dampfender Milch gefüllt war. Ein vorsichtiger Schluck von der heißen Flüssigkeit ließ darauf schließen, dass er sogar an den Honig darin gedacht hatte. Mit einem Mal wurde Alfred bewusst, dass er wohl eingeschlafen sein musste und anscheinend so lebhaft geträumt hatte, dass es selbst seinem Vater durch mindestens eine geschlossene Tür hindurch aufgefallen war.
Aber auch wenn er sich schämte, war er gerade einfach nur dankbar.
Sein Vater war zu ihm gekommen, hatte nach diesem dummen Streit den ersten Schritt in seine Richtung getan.
Alfred konnte es kaum fassen, dass sein Stolz dies zugelassen hatte.
Es war, als würde er immer noch schlafen, sich aber diesmal statt den Alpträumen sich die Erfüllung all seiner kühnsten Wünsche zusammenzuspinnen.
Dafür fühlte es sich zu real an, aber für eine tatsächliche Begegnung war es viel zu harmonisch, viel zu vertraut und so innig, dass ihm wieder die Tränen kamen.
Mit zitternden Händen umklammerte er die Tasse und senkte den Blick.
Das wollte er seinem Vater nicht auch noch zumuten.
Der schien sowieso schon überfordert mit dieser Situation. Die Hand auf seiner Schulter fühlte sich unbeholfen an, aber so unsagbar warm und liebevoll, dass Alfred einfach nichts anderes herausbekam als ein leises Schluchzen.
„Na, geh“, Kurts Stimme klang beinahe sanft, „Ist doch alles gut, Alfred.“
Und irgendwie glaubte er ihm.
„Ich wollte dir nur- na, eigentlich wollt ich mich-“, sein Vater stockte, als Alfred ihn wieder ansah.
Selbst durch den Tränenschleier hindurch konnte er erkennen, wie viel die Worte ihm abverlangten, die er anscheinend sagen wollte.
Alfred konnte es ahnen, aber nicht so recht glauben.
Kurt brauchte mehrere Anläufe, doch dann schaffte er es, noch ehe Alfred es überhaupt von ihm erwartet hatte oder ihm hätte zuvorkommen können.
„Es tut mir leid“, sagte er mit belegter Stimme.
Sie klang brüchig und dünn, aber doch so ehrlich.
Alfred hatte keine Zweifel, dass diese Entschuldigung von Herzen kam.
„Schau-“, begann er dann, aber Alfred bracht eh keinen Ton heraus, also konnte er ihm ohne Hast und Eile wohl alles sagen, was auch immer ihm auf dem Herzen lag, „Ich hab’s nicht so gemeint. Und du sicher auch nicht, also vergessen wir das von vorhin und reden nochmal in Ruhe miteinander?“
Alfred nickte, auch wenn er sich zum Sprechen nicht wirklich in der Lage fühlte. Trotzdem musste er lächeln.
„Danke“, brachte er nur knapp heraus.
Seine eigene Stimme war noch um einiges zittriger als die seines Vaters.
Wie lange hatte er sich einen solchen Moment der Ruhe und Vertrautheit gewünscht? Wie oft hatte er sich ersehnt, dass sein Vater ihm einmal zuhören würde, ohne dabei gleich das Gefühl zu bekommen, sich selbst verteidigen zu müssen? Wie sehnlich hatte er gehofft, dass er irgendwann einmal doch erkannte, dass sie einiges zu besprechen hatten, ohne einander die Schuld dafür zu geben?
Warum also konnte er es nun nicht einmal genießen?
Alfred nahm noch einen Schluck von der Honigmilch.
Warm und süß schmeckte sie vertraut nach liebevollen Erinnerungen an früher.
Damals, als er seine Mutter noch als selbstverständlichen Teil seines Lebens gesehen hatte. Die einzige Person, die ihn verstanden und immer vor den Launen des sehr viel strengeren Vater beschützt hatte.
Es hätte ewig so bleiben können, hätten nicht irgendwann bestimmte Ereignisse einen Keil in die Familie getrieben.
Ganz in die verdrossenen Gedanken versunken, war Alfred noch immer viel zu benommen, um wirklich darauf eingehen zu können, dass sein Vater noch immer bei ihm saß. Dass er sich entschuldigt hatte, dass er nach ihm gesehen hatte, dass er ihm verdammt nochmal eine Tasse Milch ans Bett gebracht hatte.
Alfred schluckte weitere aufkommende Tränen hinunter und starrte nur trübselig vor sich hin.
„Da scheinst dir ja eben nen ganz schönen Mist zusammengeträumt zu haben“, vermutete sein Vater ins Blaue hinein und traf damit genau ins Schwarze.
Alfred schloss für einen Moment die Augen. Die wiederkehrenden Träume verfolgten ihn, so sehr er es auch abschütteln wollte, nun da er wieder wach war.
Es war nicht immer derselbe Ablauf, es vermischte sich mehr und weniger mit aktuellen Ereignissen, neuen Erkenntnissen und der Realität, doch der Inhalt bezog sich nur immer und immer wieder auf die ganze Geschichte mit Onkel Ralf.
Wie konnte etwas, das er eigentlich so dringend hatte vergessen wollen, noch immer eine so große Rolle spielen?
„Mhm“, machte er kläglich.
Als er dem fragenden Blick seines Vaters auswich, fiel sein Blick wieder auf die Wand mit der abgekratzten Tapete.
Schnell wandte er sich wieder ab, aus Angst, gerade dieses Starren könnte ihn verraten. Doch es war absurd, immer noch an der Hoffnung festzuhalten, dass er es mittlerweile nicht selbst gesehen hatte.
„In deinen Kopf kann ich immer noch nicht reinschauen, Alfred“, es klang weniger vorwurfsvoll wie gar ein bisschen verzweifelt, „Musst mir schon selbst sagen, was da drin wieder vor sich geht.“
Alfred atmete tief durch.
„Ich habe mich mit dem Herrn Kapellmeister getroffen“, entfuhr es ihm, als müsste er schon lange sehr dringend eigentlich eine Beichte ablegen und wäre endlich bereit dazu, „Nicht mit der Theresa Berentz. Die Jacke – das Konzert – ja, zum Frühstück waren wir verabredet – ich habe es einfach vergessen, es war keine Absicht. Wir saßen schon im Zug, als es mir wieder eingefallen ist!“
Kurt runzelte misstrauisch die Stirn.
Dann schüttelte er mit einem tiefen Seufzen den Kopf und wirkte resigniert.
„Das ist wohl wieder so wirres Zeug, was ich nicht verstehen kann“, meinte er.
Dann fuhr er fort, „Aber darum ging es mir eigentlich auch nicht. Ich glaube nicht, dass der Herr Kapellmeister dich so umtreibt, dass du schreiend aufwachst.“
Alfred schwieg lange Zeit.
Sein Vater sagte nichts, als wollte er ihm die Chance geben, sich erst einmal Gedanken zu machen und Worte zu finden. Nur blieb die Situation leider aus, in der Alfred plötzlich wissen würde, wie er das alles formulieren sollte.
„Ach“, sagte er also fast abwehrend, wenn auch mehr kläglich, „Das hast du schon zu oft gehört, ohne es überhaupt jemals wissen zu wollen.“
Kurt sah ihn an. Lange Zeit sah er ihn einfach nur an.
Dann wandte Alfred den Blick ab.
Er konnte ihm nicht in die Augen sehen. Nicht in diesem Moment, wenn er geradezu in seiner Mimik erkennen konnte, dass er verstanden hatte, worauf Alfred hinauswollte.
Mit einem tiefen Seufzen schien jegliche Körperspannung aus Kurt Wunderlichs Körper zu weichen. Seine Hände umfassten sich gegenseitig, als wisse er nicht, was er mit ihnen anstellen sollte.
Dann sah er zur Wand.
Alfred rutschte das Herz in die Hose, aber er sagte nichts.
„Nach all dieser Zeit-“, sagte Kurt mit brüchiger Stimme, dann schüttelte er verzweifelt den Kopf, „Und- ich weiß immer noch nicht, was ich-“
Alfred konnte ihn nicht ansehen.
Er konnte nichts sagen. Er konnte nur stumm auf die Bettdecke schauen, während sein Vater noch immer auf die Wand starrte, wo nun ein neues Loch in der Tapete davon erzählte, dass auch nach all dieser Zeit Alfred einfach nicht vergessen konnte.
Egal wie sehr er genau das doch eben wollte. Es ging einfach nicht.
Daran würde auch sein Vater nichts ändern können.
Wie hatte er damals gesagt?
Was ihm denn einfallen würde, solche Dinge zu behaupten, die das Leben dieses armen Mannes für immer zerstören würden. Ob ihm überhaupt bewusst war, was diese Aussage für Folgen haben könnte, würde ihm jemand den Mist glauben.
Alfreds Atem ging schwer. Er musste husten.
Sein Vater sah ihn an.
Lange sah er ihn einfach nur an.
Dann senkte er den Blick und nickte langsam mit dem Kopf.
„Ich bin ein Hornochse, Alfred“, sagte er leise, „Weiß Gott, was ich mir damals gedacht hab, aber nicht, dass- und all die Jahre über hast du- und ich- ich habe es niemals über mich gebracht, es mir einzugestehen.“
Die Tränen nahmen Alfred die Sicht.
Egal wie schlimm es war, egal wie elend er sich fühlte. Dieser Moment bedeutete gerade die Welt für ihn. Auch wenn er es nicht aussprechen konnte, so schien Kurt doch endlich bereit, das Thema zumindest im Ansatz aufzugreifen.
Es nicht tot zu schweigen, es nicht zu ignorieren – und vor allem warf er ihm nicht neuerlich eine bösartige Lüge vor, die einen unschuldigen Menschen hätte ins Gefängnis bringen können.
Am Ende war es damals nicht einmal Alfreds Schuld gewesen, dass das Leben eines Familienmitglieds zerstört wurde. Es war nicht einmal Alfreds Verdienst gewesen, dass man Onkel Ralf weggesperrt hatte.
Eines der Nachbarskinder hatte wohl mehr Erfolg darin gehabt, den Eltern das Verbrechen klar zu machen, ohne als Lügner gestraft zu werden.
Es war nun auch egal, denn letzten Endes hatte wohl auch sein Tod nichts davon wieder ungeschehen gemacht.
„Wenn es dir irgendwann gelingt-“, sprach sein Vater weiter und Alfred brauchte einige Momente, bis die Information wirklich in seinem Bewusstsein ankam, dass auch er den Tränen nahe schien.
„Wenn du dich jemals dazu in der Lage fühlen solltest- dann vergib mir. Bitte vergib mir, Alfred“, er klang heiser, als presste er jedes Wort mühsam heraus.
Alfred wollte ihm sagen, dass er das längst hatte.
Wollte ihm sagen, dass es nicht wichtig war, dass es nichts mit der ganzen Situation zu tun hatte und dass er bescheuert sein musste, das Thema wieder aufzugreifen, nach all den Jahren, die seitdem vergangen waren.
Aber er schaffte es nicht.
„Ich hab’s ja schon längst gesehen“, meinte er dann, klang ein wenig gefasster, aber umso resignierter, als er in Richtung der Wand nickte.
Alfred öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton heraus.
Er zitterte, obwohl die Bettdecke ihn immer noch wärmte und auch seine Hände noch immer die Tasse mit der heißen Milch umfassten.
„Ich hab schon vermutet, dass du damit immer noch kämpfen musst“, sein Vater nahm einen tiefen, seufzenden Atemzug, „Ich bin ein Feigling. Ich hab nie geschafft, noch was dazu zu sagen. Ich wollte das nicht wahrhaben. Aber um welchen Preis? Meine Güte, um welchen Preis, Alfred-“
Kurt strich langsam über die verbliebenen Fetzen der abgerissenen Tapete, so unheimlich zärtlich, fast liebevoll. Beinahe als ob er stattdessen sein Kind trösten wollte, sich aber nicht traute, Alfred tatsächlich zu berühren.
Dabei tat er gerade eben genau das auf eine andere Art.
Vielleicht konnte er ihn nicht mehr physisch streicheln, weil er dafür längst du alt geworden war. Doch er berührte ihn innerlich, so viel tiefer in seine Seele, als Alfred es für möglich gehalten hatte.
Alle Zweifel schienen mit einem Mal wieder so nichtig.
Sein Vater liebte ihn.
Auch wenn er es nicht oft so oder so deutlich zeigen konnte wie Alfred es sich immer wünschte, aber darauf kam es vielleicht gar nicht an.
Er tat es. Das war, was am Ende zählte.
Nach so langer Zeit war es vielleicht nicht mehr wichtig, was geschehen war, denn man konnte es nicht mehr ändern.
Aber er glaubte ihm.
Nach all diesen Jahren zählte nur die Tatsache, dass sein Vater ihm glaubte.
Dass er ihm vertraute, die Wahrheit zu sagen und dass sein Stolz nicht größer war als eben dieses Vertrauen in seinen Sohn.
Egal wie unangenehm der Anblick oder der Gedanke daran auch war, er wollte das Loch in der Tapete nicht mehr übermalen oder verdecken. Er würde Alfred nicht dafür bestrafen, sondern es einfach akzeptieren.
So wie er hoffentlich auch die plötzlich wieder aufgerissene Wunde in seiner Seele nicht mehr ignorierte, sondern zur Kenntnis nahm.
Reparieren konnte er es sowieso nicht. Keines von beidem.
Vielleicht würden sie irgendwann neu tapezieren.
Vielleicht würde mit noch mehr Zeit ein stärkeres Gewebe die Wunde zu einer endgültigen Narbe verheilen lassen, die nicht immer wieder aufbrach.
Es war gerade nicht wichtig.
Allein das Verständnis dafür, dass diese beiden fast schon entstellend hässlichen Details eben unweigerlich da waren und so schnell nicht einfach verschwinden würden, war in diesem Moment so viel mehr wert als alles andere.
Alfred stellte die Tasse auf dem Nachtschränkchen ab, als sein Vater sich mit einer fahrigen Handbewegung über die Augen wischte.
Er wusste noch immer nicht, was er sagen sollte.
Ihm war bewusst, dass sein Vater trotz all dieser Ehrlichkeit gerade nicht schaffen würde, das zu tun, was er vielleicht tun wollte.
Und so war es an Alfred, ihm wenigstens einen Schritt entgegen zu kommen.
Schon als er zögerlich dazu ansetzte, einen Arm um die hängenden Schultern seines Vaters zu legen, zog dieser ihn in eine feste Umarmung.
Alfred war sich nicht sicher, ob er das alles nur träumte.
Aber mehrere Minuten lang verstrichen, indem sich Vater und Sohn einfach nur beide weinend in den Armen lagen.
Sie hatten doch nur noch einander.
Das stimmte nicht ganz, und doch – Alfred würde dieses angerissene Band zwischen ihnen nicht wegwerfen, nur weil es kaputt schien.
Er würde alles daran setzen, um es zu flicken.
Sie würden schon gemeinsam eine Lösung finden.
***