Seine warme Hand streicht sanft und gleichmäßig über die dünne Haut über meinem Hüftknochen, jagt einen Schauer nach dem anderen durch meinen Körper. Ich brauche mich nicht umzudrehen, um das Grinsen zu sehen, das mich wissen lässt, dass es ihm gefällt, wie ich auf ihn reagiere. Stattdessen liege ich weiter in dem festen Griff seiner Arme, lasse mich von ihm halten und versuche zu vergessen, dass die Nacht bald vorbei ist. Der Morgen graut bereits, das Zeichen für mich zu gehen.
Mit einem Seufzen drehe ich mich doch zu ihm herum, um ihm in die Augen schauen zu können. Diese faszinierenden grünen Augen, die mich schon in den Bann gezogen haben, als er mir bei einem Turnier eine Rose schenkte, obwohl ich ihn dafür gehasst habe, weil es mich daran erinnert hatte, wo mein Platz sein sollte: An der Seite eines mächtigen Mannes, als hübsches Anhängsel. Aber ich war eine Kriegerin. Erst sehr viel später verstand ich, dass er es vom ersten Moment an gewusst hatte. Er hatte mir die Rose geschenkt, weil er wusste, dass ich eine Kämpferin war und er genau das bewunderte.
Damals war die Welt noch in Ordnung gewesen – von kleinen Problemen abgesehen. Damals hatte es noch keinen Krieg gegeben. Keinen Krieg, bei dem wir auf verschiedenen Seiten kämpfen.
Ich streiche ihm die längeren Strähnen seines blonden Haares aus der Stirn, damit ich seine Augen besser sehen kann, sie mir einprägen kann, wenn ich gehe, um von der Erinnerung zu zehren, bis wir uns wiedersehen. Denn niemand kann sagen, wann das sein wird. Und ob wir uns überhaupt wiedersehen, bevor einer von uns fällt.
„Ich muss gehen“, flüstere ich in die Stille der kleinen Kammer, die weitab von der Welt steht und uns eine geheime Zuflucht bietet.
„Du kannst bei mir bleiben“, erwidert er wie jedes Mal.
„Du weißt, dass das nicht geht“, widerspreche ich ihm wie immer.
Doch dieses Mal scheint er nicht aufgeben zu wollen. „Du bist gefangen worden. Du kannst von Glück reden, dass ich gerade im Feldlager war und meine Männer davon abhalten konnte, dich zu vergewaltigen und zu töten!“ Er hat Recht. Ohne ihn wäre ich längst geschändet und getötet worden. Genau das, was er vorgab, mit mir gemacht zu haben, denn niemand durfte von unserer Liebe erfahren. „Ich möchte dich beschützen“, murmelt er, „Und das kann ich nur gewährleisten, wenn du meine Frau wirst.“
Erstaunt entweicht mir die angehaltene Luft. Das ist eine ungeheure Ehre, die er mir bisher nicht angeboten hatte. Wir haben nie darüber gesprochen, weil es unmöglich erschien. Er ist der Sohn des Königs, seine Braut muss er mit Bedacht wählen, eine politische Allianz, die ihm Gewinn einbringt und ihm vielleicht hilft, diesen Krieg zu gewinnen. Die Tochter des Feindes, dem der König ewigen Hass geschworen hat, gehört definitiv nicht dazu. Und trotz aller Unmöglichkeit des Gedankens wage ich für wenige Sekunden, mir vorzustellen, wie es sein könnte. Wie es sein könnte, wenn ich ihn heirate, für immer an seiner Seite stehen könnte. Aber der Krieg würde weitergehen. Ich würde meine Überzeugung verraten, meine Familie. Ich kämpfe für den Schutz meiner kleinen Geschwister, die ich nicht im Stich lassen kann. Unsere Liebe ist nur für kurze Nächte am Rand der Welt bestimmt. „Jorah“, beginne ich und ich sehe in seinen Augen, dass er meinen Tonfall versteht, dass er nichts anderes erwartet hat und dennoch fahre ich fort: „Du bist ein Corbett, ich komme aus dem Haus der Sóer. Wir können keine Freunde sein, keine Geliebte. Wir beide werden ein Geheimnis bleiben müssen.“
„Wenn der Krieg vorbei ist…“, beginnt er und bricht ab. Wir wissen beide, dass der Krieg niemals vorbei sein wird, die Feindschaft wird nicht enden, bevor nicht auch der Letzte gefallen ist. Einer von uns wird das Ende des Krieges nicht erleben, vielleicht werden wir sogar beide sterben, wenn der Krieg weitergeht, bis nichts mehr übrig ist.
Und dennoch sage ich: „Ja. Wenn der Krieg vorbei ist, werden wir zusammen sein.“ Das ist die Hoffnung, die mich in bitteren, kalten Nächten aufrecht hält. Die Hoffnung, an die ich mich klammere, wenn die Sehnsucht nach ihm mir den Atem raubt. Die Nächte mit ihm sind immer viel zu kurz, viel zu wenige. Aber das ist unsere Bestimmung. „Ich muss jetzt gehen“, erinnere ich ihn und sehe den Schmerz in seinen Augen – eine Spiegelung meiner eigenen Seele. Ich lasse ein wenig von meinem Zauber zwischen uns wirken, will ihm den Abschied erleichtern.
Er spürt es und doch ist meine Magie wirkungslos. „Du kannst mich nicht verzaubern. Und du weißt, warum.“
Ja, ich weiß es. Mein Zauber wirkt nur bei denen, deren Herz frei ist. Aber sein Herz gehört mir. Für alle Zeit.
Ich gebe ihm einen letzten Kuss, spüre ein letztes Mal seine Umarmung, lasse mich mit ihm fallen und wir verschmelzen ein letztes Mal zu einer Einheit.
„Wirst du wiederkommen?“, fragt er.
Ich nicke. „Immer. Bis dass der Tod uns scheidet.“ Denn auch wenn wir nicht verheiratet sind, wenn ich nicht seine rechtmäßige Frau bin, unsere Liebe wird uns verbinden, bis der Tod uns trennt. Und vielleicht wirkt unsere Liebe auch darüber hinaus, wer kann das schon so genau sagen?
Der Abschied von ihm fällt mir wie immer schwer. Ich gehe und lasse mein Herz zurück, denn es gehört allein ihm. Und ich werde erst wieder vollständig sein, wenn wir uns das nächste Mal sehen. Für eine einzige Nacht. Und einer dieser Nächte wird irgendwann unsere letzte sein.
Ich frage mich, ob ich auch gegangen wäre, wenn ich gewusst hätte, dass diese Nacht unsere letzte sein würde.