Ich betrachte den Mann, der neben dem Bett steht und den Anzug auszieht, den er bei der Trauung getragen hat. Meinen Mann. Der doch niemals der Meine sein wird.
Er scheint meinen Blick zu spüren und dreht sich zu mir um. Sein Lächeln ist traurig, als er meinen nachdenklichen Blick erwidert. Ich weiß, dass er sich wünscht, mich glücklich machen zu können, obwohl es ihm unmöglich ist. „Bereust du deine Entscheidung?“, fragt er.
Ich schüttele den Kopf. „Nein.“
Mit einem Seufzen legt er sich neben mir auf das Bett. Er breitet einladend die Arme aus und ich kuschele mich hinein. „Bist du dir sicher?“, fragt er erneut.
„Ja“, bestätige ich ihm. Ich bin mir sicher, dass es das Richtige war, ihn zu heiraten, obwohl er mich nicht liebt wie ein Mann eine Frau liebt. Obwohl er mich wie eine Schwester liebt. Und ich liebe ihn wie einen Bruder. Er ist mein bester Freund, ich kenne ihn besser als sonst jemanden, vertraue ihm und fühle mich bei ihm sicher und geborgen. Vielleicht ist es nicht die leidenschaftliche Liebe, von der junge Frauen gewöhnlich träumen, aber für mich ist es mehr als genug. Ich will mein Leben mit ihm verbringen. „Die Liebe hat viele Gesichter“, murmele ich leise, „Warum sollte nicht auch eine freundschaftliche Liebe für eine Ehe reichen?“
Ich höre das traurige Lächeln in seiner Stimme. Ich brauche ihn nicht anzusehen, um es zu wissen, weil ich ihn so gut kenne. „Du hättest mehr verdient.“
„Es reicht mir vollkommen aus, mit dir zusammen zu sein. Und es ist mir egal, was die Welt denkt. Die Zeiten ändern sich und irgendwann werden wir lieben können, wie wir wollen und wen wir wollen. Bis dahin werden wir ein glückliches Ehepaar sein, die eigentlich nur Freunde sind und zusammenleben, weil sie sich glücklich machen – auch ohne die Liebe, die viele für so essentiell halten, dass sie ihr ganzes Leben danach ausrichten. Noch ist die Welt nicht bereit dafür, einen Präsidenten zu akzeptieren, der Männer liebt. Aber du wirst es allen beweisen und die Welt verändern. Ich glaube an dich und deshalb werde ich an deiner Seite stehen. Immer.“
Er drückt mir einen Kuss auf das Haar. Das macht er immer, wenn er sprachlos vor Rührung ist. Ich kann ein Lächeln nicht verhindern. Ich bin glücklich mit ihm. Keine Liebe ist wie die andere und unsere mag außergewöhnlich erscheinen und vielleicht ist sie das auch. Für mich ist sie so natürlich, dass ich kein Problem damit habe, an seiner Seite zu leben, obwohl er eigentlich Männer liebt. Er liebt mich auf eine andere Art als er eine Ehefrau lieben sollte, aber es sollte in unserer Welt kein ‚sollte‘ für die Liebe geben. Wir lieben, wen wir lieben und wir tun es auf unsere Art und Weise. Daran ist nichts falsch. Und irgendwann wird es die Welt auch verstehen.