Auf der Insel war alles anders. Die Insel hatte ihr Leben verändert, hatte sie verändert. Die ständige Angst und Verzweiflung waren nicht spurlos an ihr vorbeigegangen.
Sie wusste nicht, ob ihre Gefühle für ihn aus dieser Verzweiflung geboren waren oder ob sie echt waren. Ob es nicht nur das Bedürfnis nach seiner Berührung gewesen war, an die Wärme seiner Haut, damit sie sich nicht mehr so alleine fühlte, damit sie nicht vergaß, wer sie war und was sie ausgemacht hatte. Ob es nicht die Sehnsucht danach gewesen war, wieder etwas zu fühlen, die Lücke in ihrem Inneren zu füllen.
Sie wusste nicht, ob all dies Gründe dafür waren, dass sie seine Berührungen, seine Nähe zugelassen hatte, obwohl sie wusste, dass er eine Frau hatte. In seinem anderen Leben, in einer anderen Welt. Seine Nähe war tröstlich.
Und dann kam der Tag ihrer Rettung, ein Tag, den sie nicht mehr erwartet hatten, den sie so lange ersehnt hatten, bevor sie sich damit abfanden, ihr Leben auf der Insel zu verbringen. Als der Tag kam, an dem sie gerettet wurden, erfüllte sie Angst. Weil sie nicht wusste, was sie wieder in der realen Welt erwarten würde, weil ihr früheres Leben ihr so fremd erschien.
Weil sich alles verändert hatte.
Die Insel war zu ihrer Welt geworden, ihr Leben war durch die Insel bestimmt. Alle bedeutenden Ereignisse vorher waren hinter einer Nebelwand verschwunden, die mit dem Absturz ins Meer begann.
Auch nach der Insel brauchte sie ihn wie die Luft zum Atmen. Weil er der einzige Mensch war, der wusste, was sie durchgemacht hatte. Weil er es ebenfalls durchgemacht hatte. Obwohl er zu seiner Frau zurückgekehrt war, brauchte sie ihn. Zumindest als Freund. Was sie gewesen waren, bevor sie einander geliebt hatten.
Sie hatte gelernt, wie unbedeutend Besitz war. Wie wichtig nur die Menschen waren, die einem etwas bedeuteten. Doch sie hatte auch gelernt, dass so zerbrechlich Besitz war, so ersetzbar er war.
Menschen waren es nicht.