Das Päckchen Briefe lag ordentlich verschnürt vor ihm auf dem Feldbett. Immer wieder wanderte sein Blick zu diesen Briefen, die seinem Freund so viel bedeutet hatten. Seinem Freund, der sich nur der Armee angeschlossen hatte, um genug Geld zu verdienen, um seine große Liebe heiraten zu können. Ihre Briefe waren Lichtblicke für ihn gewesen in all dem Leid, dem Tod und der Zerstörung um ihn herum, die seine sanfte Seele langsam zerfressen hatten. Seine Fröhlichkeit war an einem Ort wie diesem fehl am Platz gewesen, er war einfach kein Soldat gewesen. Nach und nach hatte der Krieg ihn zerstört, einen Schatten seiner Selbst aus ihm gemacht. Nur die Briefe hatten ihm ein Stück seiner alten Fröhlichkeit zurückzugeben vermocht. Denn in jedem Brief steckte die Liebe dieses Mädchens für seinen besten Freund.
Ein Mädchen, das er nur aus den Erzählungen seines Freundes kannte. Einem Mädchen, dem er nun diesen einen letzten Brief schreiben musste.
Die Erinnerung an diesen einen Moment ließ ihn nicht los. Diesen Moment, in dem er seinen besten Freund fallen sehen hatte, wissend, dass er nichts mehr tun konnte, als ihn festzuhalten, während er seine letzten Atemzüge tat. Seine letzten Gedanken hatten seiner großen Liebe gegolten voller Reue, dass er sein Versprechen auf Rückkehr nicht würde halten können, voller unendlicher Liebe, mit der er im anderen Leben auf sie warten würde.
Er schloss die Augen, doch der Anblick seines toten Freundes hatte sich ihm eingebrannt. Mit einem Seufzen wandte er sich wieder dem leeren Blatt Papier vor sich zu. Sein Freund hätte gewollt, dass er es seiner großen Liebe mitteilte, dass sie es von ihm erfuhr.
Aber wie sagte man einem unbekannten und doch schmerzlich vertrauten Mädchen, dass all ihr Hoffen, all ihr Bangen sinnlos war? Dass ihr Geliebter nie mehr aus dem Krieg zurückkehren würde.