Ich möchte euch heute etwas über die Trauer erzählen. Trauer, von der ich keine Ahnung hatte, bevor ich Dich kannte – und Dich verloren habe. Davor hatte ich keine Ahnung, wie sich Trauer anfühlt.
Dass sie sich anfühlt, als würde ich auf schwankendem Grund laufen. Dass sie aus Schuld besteht. Schuld, weil ich noch lebe und Freude kennen kann. Und Du nicht.
Dass sie der Wunsch ist, die Zeit anzuhalten. Denn mit jeder Sekunde, die vergeht, wird der Abstand zwischen uns größer und größer. Du wirst für mich immer mehr zur Vergangenheit, nicht mehr als eine Erinnerung. Und ich habe furchtbare Angst, dass sie verblasst und mir nichts mehr bleibt. Ich ertrage diese Distanz zwischen uns nicht, diesen endlosen Ozean, den kein Schiff übersegeln kann. Ein ganzer Horizont liegt zwischen uns. Ob meine Worte Dich erreichen, wenn ich sie dem Meer zurückgebe? Werden die Wellen meine Worte zu Dir tragen, wenn sie in der Tiefe versinken und sich die Tinte auflöst? Werden die Wellen und der Wind meine Erinnerungen mit sich nehmen und zu Dir in die Ferne tragen?
Trauer ist Angst. Die Angst, Dich nie wieder zu sehen. Nie wieder Deine Stimme zu hören. Nie wieder in Deine warmen Augen zu sehen. Nie wieder Deinen Geschichten zu lauschen oder mit Dir in die Sterne zu sehen. Ich habe solche Angst, nie wieder mit Dir im Regen zu tanzen oder im Sonnenschein zu lachen. Ich habe Angst, meine Zukunft ohne Dich zu verbringen, alle Träume und Hoffnungen ohne Dich verwirklichen oder gehen lassen zu müssen. Da sind so viele Erinnerungen, die verschwimmen, weil sie aufhören, möglich zu sein. Liebe ich Dich oder nur die Erinnerungen an Dich?
Trauer ist Reue. Da sind so viele Worte, die ich Dir nie gesagt habe, weil ich dachte, dass ich noch mehr Zeit hätte.
Trauer ist Fantasie. Ich brauche nur die Augen zu schließen und mir vorzustellen, Du wärst neben mir. Ich bilde mir ein, Deinen Duft nach Meer und Wind zu riechen, Deine Hände auf meinen zu spüren. Doch wenn ich meine Augen öffne, bin ich vollkommen alleine. Alleine mit dem Wind und den Vögeln. Aber ich spüre, dass Du trotzdem bei mir bist, mit dem Wind mein Haar streichelst und mir Worte ins Ohr flüsterst. Ich sehe Dich in jedem Baum, in jeder Blüte, in den Sternen. Das Gras kennt unsere Geschichte und erzählt sie dem Wind. Ich höre Dich im Rauschen des Meeres, das mir von der Unendlichkeit erzählt, rieche Dich in der salzigen Brise, spüre Dich im Nass der unendlichen Weite, auch wenn es heißt, das Meer habe keine Erinnerung. Du wirst immer bei mir sein, auch wenn ich Dich nicht sehen kann.
Aber vor allem ist Trauer Liebe. Liebe, die heimatlos geworden ist. Sie steckt in den Tränen, die mir über die Wangen rinnen und die ich vergieße, weil die Liebe zu Dir nicht vergehen will, obwohl Du sie nicht mehr erwidern kannst. Und dennoch bin ich unendlich dankbar dafür, dass ich Dich lieben durfte.
Niemandem von uns ist ein Morgen versprochen. Und deshalb ist es meine Pflicht zu leben. Um Deine, um unsere Geschichte zu erzählen, selbst wenn die Trauer die Tage schwer macht. Ich weiß, dass Du hinter dem Horizont auf mich wartest, aber ich muss Dich noch warten lassen. Bis ich eines Tages frei bin, um hinauf zu den Sternen zu fliegen. An Deine Seite. Ich weiß, dass Du von dort oben über mich wachst auf dem letzten Stück meines Weges, das ich alleine bewältigen muss. Denn auch wenn wir am Ende nicht zusammen sind, bin ich unendlich glücklich, dass Du ein Teil meines Lebens warst.
Warst Du wirklich mehr als ein Traum?