Sie erinnerte sich nicht mehr an das Leben vorher. Seit einer Ewigkeit war sie eine Statue, bewegungslos dazu verdammt, die Welt zu sehen, aber nicht an ihr teilhaben zu können, sie konnte sie nicht schmecken, riechen oder fühlen. Seit einer Ewigkeit war der Stein, aus dem sie bestand, alles, was sie noch spüren konnte. Sie kannte nichts anderes mehr, der Mensch, der sie vor der Verwandlung in eine Statue gewesen war, war im Lauf der Jahrhunderte verschwunden, mit jedem Jahr war ihre Menschlichkeit mehr geschwunden, mit jedem Jahr war sie wahrhaftiger zu Stein geworden, versunken in einem ewigen Schlaf, in dem sie ständig wachte.
Und dann kam diese eine Nacht, dieser eine Blick. Er schaute sie an, als wüsste er genau, was sich hinter der Fassade aus Stein verbarg, als wüsste er genau, das tief verborgen in der Statue ein vergessenes Herz schlug, das schon so lange schlief, dass sie sich nicht mehr an das Gefühl der Lebendigkeit erinnern konnte.
Dann kam dieser eine Kuss, der alles veränderte, der sie aus dem Reich der Untoten zurück ins Leben holte, der sie wieder daran erinnerte, wie sich ein schlagendes Herz anfühlte.
Was ein einziger Kuss doch ausrichten mochte!