Unsere Geschichte mag vielleicht nichts Besonderes sein, aber für mich ist sie einzigartig.
Wir lernten uns in der Schule kennen, wir beide sind nie Menschen gewesen, die wirklich auffielen und so tauchten wir in der Masse unter. Hin und wieder liefen wir uns über den Weg, manchmal in Kursen, manchmal in den Pausen, aber wirklich reden taten wir nicht miteinander. Ich weiß nicht mehr, ob ich überhaupt wirklich wusste, dass er existiert. Ich war immer alleine und versunken in meiner eigenen Welt, er hatte immer seinen besten Freund an der Seite.
Und dann kam die Verletzung beim Sport. Solche Dinge passieren einfach, aber er gab sich die Schuld, weil ich gestolpert und mit dem Fuß umgeknickt war, als er gegen mich gestoßen war. Ich versicherte ihm, dass es nicht seine Schuld wäre und auch nur halb so wild. Er bestand darauf, mich in die Krankenstation zu begleiten und dort lernten wir uns erstmals besser kennen. Wir stellten fest, wie ähnlich wir einander waren und dass wir ganz ähnliche Interessen hatten.
Er machte mich mit seinem besten Freund bekannt und von da an verbrachten wir die meisten Pausen miteinander. Wir kamen uns näher, redeten viel, unternahmen zu zweit oder zu dritt etwas, gingen ins Kino oder kümmerten uns gemeinsam um Schulprojekte.
Es passierte einfach so. Wir verliebten uns ineinander und führten eine unauffällige Beziehung. Genauso wie wir. Meistens waren wir für unsere Mitschüler unsichtbar und wenn wir es einmal nicht waren, wenn die Jungs Bernhard aufzogen, dass er keine Freundin habe, oder die Mädchen mich, dann lächelten wir einander nur still wissend zu und lachten hinterher darüber, wie doof sie gucken würden, wenn sie es wüssten. Aber das mussten sie nicht, wir wollten nicht die Aufmerksamkeit von allen, uns reichte die Aufmerksamkeit des anderen, zu wissen, dass der andere da ist. So wie er mich jeden Morgen vor der Schule anrief, damit ich nicht verschlief. Es war nur ein einziges Mal passiert, aber ich freute mich immer, morgens als erstes seine Stimme zu hören, also sagte ich es ihm nie. Manchmal schrieb er mir kleine Liebesbriefe, die ich in meinem Fahrradkorb fand, wenn ich mich auf den Weg nach Hause machte und wir uns bereits für den Tag verabschiedet hatten. Er war einfach großartig.
Zusammen taten wir Dinge, die nicht normal sind, die aber umso mehr Spaß machten. Zusammen waren wir stark. Wir gingen im Regen ins Freibad. Wir verbrachten immer viel Zeit miteinander, vor allem die Wochenenden. Jeden Freitag holte ich ihn nach dem Fußballtraining mit dem Fahrrad ab, bevor wir entweder zu mir oder zu ihm fuhren. Oft fuhren wir mit dem Fahrrad hinaus, denn er liebte die Natur genauso wie ich. Und wenn es stürmte oder gewitterte, dann saßen wir mit unseren Familien am Tisch und spielten Gesellschaftsspiele.
Unsere Geschichte mag nicht nach etwas Besonderem klingen. Aber für mich ist sie genau das. In seiner Gegenwart fühle ich mich sicher, selbstbewusst. Weil er mir immer das Gefühl geben konnte, etwas Besonderes zu sein.