Wenn man den Tod vor Augen hat, beginnt man, die Dinge anders zu sehen.
Es heißt, wen Gott liebt, den holt er zu sich, um ihn vor dem Leid der Welt zu beschützen. Als sie gegangen ist, habe ich mir gesagt, dass genau das geschehen ist. Dass sie nun beschützt und frei von Schmerzen an einem Ort leben kann, an dem sie endlich frei sein kann – von all den Schmerzen und dem Leid, die ihr das Leben beschert hatten.
Und dennoch wünsche ich mir, sie wäre noch bei mir. Ich wünsche mir, dass ich ihr hätte sagen können, wie sehr ich sie liebte.
Sie hatte die Stimme eines Engels, hat die Menschen tief in ihrem Inneren berührt, hat ihnen das Glück geschenkt, das ihr stets verwehrt geblieben war. Mir war jedes Mal ein Schauer den Rücken hinunter gerieselt, wenn ich das Gefühl in ihrer Stimme gehört habe. Ich fragte mich, ob es andere auch gemerkt hatten. Ob sie gespürt hatten, wie viel Kummer sich in ihrem Herzen verbarg.
Ich schaue hinauf zum vollen Mond. Die Nacht war ihr immer die liebste Zeit gewesen. Sie hatte das Licht des Mondes geliebt. Sie hatte geliebt, wie es die Nacht erhellte, wie es die Schatten tanzen ließ und einsamen Wanderern wie ein gütiger Hirte den Weg im Dunkeln wies.
Ob sie von dort oben über mich wacht? Ob sie vielleicht ein Stern geworden ist?
Wir waren immer zu zweit gewesen, hatten uns gemeinsam gegen die Welt gestellt, hatten zusammen gekämpft. Und am Ende hatten wir doch unsere eigenen Kämpfe gegen das Universum geführt. Getrennt voneinander, weil niemand wirklich ins Herz eines anderen blicken konnte. Alle Träume von einer gemeinsamen Zeit waren zu Staub zerfallen und vom Wind davongetragen worden.
Sie hatte mir die Welt bedeutet. Ein Leben ohne sie hatte ich mir nie vorstellen können.
Sie hatte einmal gesagt, das Leben hätte kein Happy End. Aber das sei kein Grund, es nicht zu versuchen. Manche Menschen könnten den Schmerz der Welt nicht ertragen, aber machte sie das wirklich schwach?
Warum ist mein Engel gestorben?