„Ich habe von deiner Verlobung gehört. Herzlichen Glückwunsch“, meinte sie, aber es klang schal. Sie wusste nicht, was sie empfinden sollte. Es war seltsam, ihn wiederzusehen. Das letzte Mal hatte sie ihm gegenübergestanden, als sie ihm gesagt hatte, dass sie ihn nicht heiraten würde. Es war nicht so, dass sie ihn nicht liebte, aber es hatte einfach nicht funktioniert. Zu viel hatte zwischen ihnen gestanden, die Unterschiedlichkeit ihrer beiden Leben war einfach zu groß gewesen. Um an seiner Seite zu stehen, hatte sie sich komplett aufgeben müssen, hatte sich verändern müssen, bis sie nicht mehr gewusst hatte, wer sie eigentlich war. Früher oder später hätte ihre Liebe darunter gelitten, früher oder später wären sie beide daran zerbrochen. Es war richtig, dass sie es beendet hatte. Und doch schlug ihr Herz bei seinem Anblick noch immer höher in Erinnerung an all die schöne Zeit mit ihm und an sein Lächeln, von dem nicht viel zu sehen war.
Seine Augen blickten traurig, als er antwortete. „Danke. Meine Mutter hat sie arrangiert.“
Sie nickte. Das hatte sie bereits vermutet. Seine Mutter hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie sie nicht an seiner Seite sehen wollte, dass sie in ihren Augen nicht gut genug für ihren Sohn war und dass eine Prinzessin viel besser für ihn geeignet wäre. Zu Anfang hatte sie nicht an die Worte seiner Mutter geglaubt, hatte sie nicht glauben wollen, doch am Ende hatte sie Recht behalten. Er brauchte jemanden an seiner Seite, die die Last mit ihm tragen konnte. Sie war nicht stark genug gewesen. „Ich bin mir sicher, du wirst trotzdem glücklich mit ihr werden.“ Das wünschte sie ihm wirklich – obwohl es ihr das Herz zerriss.
„Ich werde niemals ohne dich glücklich sein“, widersprach er.
Ihr Herz machte einen Hüpfer, doch sie verbat sich das Gefühl, das sich in ihrem Inneren ausbreitete. Hoffnung. Hoffnung war zerstörerisch. Sie sehnte sich nach ihm, doch sie durfte diesem Gefühl nicht nachgeben. Für sie beide gab es keine Hoffnung, ihre Leben waren einfach zu unterschiedlich. „Sag so etwas nicht“, bat sie und wollte gehen.
Doch er hielt sie am Handgelenk fest. „Warum nicht? Wenn es doch die Wahrheit ist! Ich liebe dich und ich will mein Leben nicht ohne dich verbringen.“
„Es funktioniert nicht mit uns beiden, das haben wir doch gemerkt!“ Blinzelnd kämpfte sie gegen die Tränen an, blieb mit dem Rücken zu ihm stehen, weil sie nicht wollte, dass er sah, wie nahe es ihr ging.
„Wir hätten es hingekriegt. Gemeinsam. Aber du hast dich entschieden, die Hochzeit platzen zu lassen und bist verschwunden, ohne mir die Chance zu geben, dich zu überzeugen, dass es die falsche Entscheidung ist.“
„Ich habe das Richtige getan!“, betonte sie, aber es klang falsch. Sie hatte es sich so lange eingeredet, dass sie es beinahe selbst geglaubt hatte, doch kaum stand sie ihm wieder gegenüber, waren all ihre Zweifel wieder da. Die Zweifel, ob sie es nicht doch geschafft hätten, ob sie nicht lieber bleiben statt flüchten hätte sollen.
„Das klingt wie eine Ausrede“, murmelte er sanft, „Bitte, sieh mich an.“
Sie schüttelte den Kopf, die Tränen ließen sich nicht länger zurückhalten und flossen über ihre Wangen.
„Sieh mich an“, wiederholte er.
Sie drehte sich zu ihm um und er hob sanft ihr Kinn an. Trotz des Tränenschleiers konnte auch sie erkennen, dass er mit den Tränen kämpfte.
„Es tut mir leid“, flüsterte sie, „Ich wollte dich nie verletzen.“
„Dann komm zu mir zurück. Werde die Frau an meiner Seite, die Königin dieses Reiches.“
„Das kann ich nicht“, antwortete sie erstickt und schüttelte energisch den Kopf, „All die Aufmerksamkeit, all die Erwartungen, die ich nie erfüllen konnte. Von allen Seiten wurde ich bedrängt, jemand zu werden, der ich nicht bin, alle wollten, dass ich so werde, wie sie es gerne hätten.“
„Ich verspreche dir, ich werde nicht zulassen, dass jemand von dir verlangt, dich zu verändern. Ich liebe dich, so wie du bist und das Volk war doch immer begeistert von dir. Du hast Ideen für Veränderungen gehabt.“
„Was mir aber nicht zugestanden hat.“
„Wer hat das gesagt? Meine Mutter?“
„Deine Berater“, gestand sie etwas kleinlaut.
„Warum hast du nie mit mir darüber gesprochen?“
„Du hattest immer so viel zu tun.“
„Für dich hätte ich mir die Zeit genommen! Du hättest mit mir sprechen müssen, statt einfach davonzurennen!“, warf er ihr vor, doch sie konnte hören, dass er auch sich einen Teil der Schuld gab. Er hatte selten Zeit für sie gehabt, sie hatte keine Gelegenheit gehabt, mit ihm zu reden. „Bitte“, flehte er, „Lass es uns noch einmal versuchen. Wir finden eine Lösung. Gemeinsam. Was sagst du?“