Fritz wurde nervöser, desto näher sie der Tür kamen. Gamia schloss auf und rief laut: "Hallo?!" Gina meldete sich aus dem Schlafzimmer zu Wort. "Willkommen daheim, wo warst du denn?" Sie trat mit einer Kiste aus dem Schlafzimmer, aber als sie Fritz erblickte, rollte sie mit den Augen und setzte nachdenklich die Kiste ab. "Hallo Fritz." Ihr Gesichtsausdruck wurde kühler. "Hallööchen." erwiderte Fritz leise und Gina erklärte, dass Kilian nicht da war und sie ihre Sachen für den Umzug zusammen packte und bat Gamia, auch bald damit anzufangen. Nebenbei beantragte sie eine neue Wohnung. Diese Gelegenheit nutzte Fritz für sich. "A-also sonst könnt ihr auch erstmal zu mir. Es ist zwar in der Menschenwelt, aber zumindest etwas. Gamia hab ich das gestern auch schon angeboten." erklärte er und Gamia lächelte ihre Mutter an, die jedoch noch wenig begeistert war. "Also warst du letzte Nacht bei Fritz?", Ihre Tochter nickte. "Schön, dass ihr euch versteht." sagte sie nur und nebenbei packte sie weiter ein, aber der besorgte Blick löste sich nicht von ihrem Gesicht.
"Na dann, es wird wohl Zeit, dass ich auch einmal anfange, meine Sachen zu packen." Seufzend trat Gamia in ihr Zimmer und Fritz sah sich dieses an. "Ohh, das ist ja bescheiden." staunte er und lächelte. "Es ist sowieso nicht viel, was ich einpacken muss." meinte Gamia und während sie eine Kiste holte, bemerkte sie, dass ihr Vater ganz fasziniert von den Büchern war. "Entschuldige, ich wollte nicht so neugierig sein, aber du weiß ja, dass ich auch gerne lese." entschuldigte er sich beschämt, aber Gamia musste darüber nur grinsen. "Das ist nicht schlimm." schmunzelte sie und unsicher fragte er, ob er etwas helfen könnte.
Gina hörte die beiden und seufzte mitgenommen. Schließlich rief sie nach ihm und Fritz entschuldigte sich kurz, bevor er zu Gina ging.
Bei ihr im Schlafzimmer bat sie, die Tür zu schließen und Fritz setzte sich zu ihr auf den Teppich. Gina seufzte und wusste nicht, wo sie anfangen sollte. "Hör zu, ich habe Mist gebaut und dich dreckig behandelt, weil mir meine Gefühle wichtiger waren. Mir ging es nur um mein Glück und dabei habe ich nicht einmal daran gedacht, wie sich ein Vater fühlen musst, der sein eigenes Kind nicht sehen darf.", Ihre Unterlippe zitterte und sie seufzte tief. "Niemals hätte ich dir sowas antun dürfen, vor allem wusste ich am besten, wie schwer du es gehabt hast... Ich nehme es dir nicht übel, dass du dich trotzdem mit Gamia getroffen hast und die Wahrheit gesagt hast. Jeder, der in einer Verfassung wie deiner wäre, hätte es getan."
Fritz bemerkte, dass Gina eine Träne runterrang. "Wenn du wütend bist oder mich hasst, verstehe ich das vollkommen." "Nein, nein! Ich kann dir nicht böse sein, vielleicht ein bisschen... Jetzt gibt es aber nichts mehr, wofür ich böse wäre. Natürlich war es nicht gut von dir, aber jetzt kennen wir alle die Wahrheit und du hast dich ehrlich entschuldigt. Außerdem könnte ich dich nie hassen, denn du hast mir geholfen, als es mir sehr schlecht ging und dafür bin ich dir ewig dankbar. Zudem hast du mir eine wunderschöne Tochter geschenkt."
Kaum hatte er das gesagt und Gina ein Gefühl des Beistands vermittelt, fing sie zu weinen an. Erst ein wenig, aber dann ließ sie alles, was sich angestaut hatte, raus. Sofort drückte Fritz Gina an sich und sie klammerte sich an sein T-Shirt. "I-ich habe d-das nicht v-verdient!" schluchzte sie mit gemischten Gefühlen. "Damals habe ich es eigentlich auch nicht verdient gehabt, dass du mir hilfst, aber du hast es trotzdem getan, danke dafür."
Es vergingen einige Minuten, in denen Gina nur weinte, bevor sie sich beruhigte. "Weiß du, wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, wo ich mit Gamia hin soll. Ich suche zwar, aber die neuen Todeswesen gehen vor und Kilian möchte uns schleunigst hier raus haben." Ein paar weitere Tränen rollten Ginas Gesicht runter, welche Fritz wegwischte und sie weiterhin tröstend in den Armen hielt. "Mach dir keine Gedanken, ich habe dir vorhin ein Angebot gemacht. Damals habe ich deine Hilfe gebraucht, jetzt brauchst du meine in dieser Zeit und ich bin genauso für dich da." Es berührte Gina sehr und dankbar wie auch erleichtert stimmte sie zu. Neuen Mutes wischte sie ihre Tränen weg, ging aus dem Schlafzimmer und verkündete Gamia die Nachricht.
Bei Fritz lebte Gamia sich schnell ein und war sehr froh, von Kilian weg zu sein. Gina musste sich ein wenig daran gewöhnen, da beim betreten des Hauses sehr viele Erinnerungen wieder hoch kamen. "Denkst du an damals?" fragte Fritz nach, als er ihren Blick sah. "Ja... Es hat sich in den 20 Jahren auch etwas verändert." bemerkte sie, als sich ihre Miene aufhellte. "Hast du deine Python noch?" Lächelnd trat sie zur Treppe und als Fritz nickte, sprintete sie diese hinauf. Fritz folgte ihr und als er ins Terrainzimmer lief, sah er, wie Gina die Schlange auf den Schultern hielt und mit ihr spielte. "Ich habe dich vermisst." Keck grinste sie, strich über die Schlangenhaut und spielte ein wenig mit ihr, während sie sich umsah. "Es sind aber nicht mehr alle da.", bemerkte Gina. "Na ja, es ist auch einige Zeit vergangen."
Langsam ließ sie die Schlange wieder ins Terrarium gleiten. Fasziniert beobachtete Fritz Gina dabei und war froh, sie wieder ein bisschen lächeln gesehen zu haben. "Sorry, ich hoffe, es war jetzt nicht unhöflich von mir." murmelte sie leise, aber ihr Gegenüber schüttelte den Kopf. "Du kannst gerne Zeit mit ihnen verbringen." versicherte er ihr und Gina grinste wie immer. Fritzs Herz machte einen Sprung, als er dieses bekannte Grinsen sah. "Fühl dich hier wie Zuhause." sagte er ruhig und lief aus dem Zimmer. Er würde Gina gerne erzählen, was er fühlte, aber sie war noch nicht lange getrennt, die neue Situation machte ihr noch zu schaffen und er war auch nicht der Überzeugung, dass es wieder wie früher werden würde.
Gina kam aus dem Zimmer gespurtet und lief hinter Fritz die Treppe hinunter. "Ein wenig vermisst habe ich es hier schon, besonders die Schlange und es ist auf der Erde! Das ist richtig cool!" grinste Gina und lachte. Ein kleiner Hoffnungsschimmer wurde in Fritz geweckt.
Gamia kam an ihren Eltern vorbei und musterte sie einen Moment lang, als sie beide zusammen sah. Innerlich freute sie sich und spürte, dass dies wirklich ihre Familie war. Sie sagte, dass sie ins Totenreich ginge und stolz schaute Gina ihr hinterher. "Sie ist immer so gewissenhaft, so gar nicht wie ihre Mutter." lachte sie und schaute Fritz an, während sie sich ihre weiße Haarsträhne aus dem Gesicht wischte. Es war die einzige Stelle in Ginas braunen Haar, die weiß war.
"Früher war ich auch so." sagte Fritz unsicher. "Ich weiß, irgendwas muss sie ja auch von dir geerbt haben. Manchmal habe ich dich richtig in ihr wieder erkannt." kicherte Gina und mit funkelnden Augen sah Fritz zu seiner früheren Lebensgefährtin. Diese Worte lösten etwas positives in ihn aus.
Im Totenreich Gamia sich einige Akten, bevor sie zu Wilma ging. Seit dem Vorfall hatten sie sich eine Weile nicht mehr gesehen. Unteranderem auch aus dem Grund, dass Gamia wusste, Wilma würde ihr wohl keine gute Stütze sein und Wilma vermutlich noch mit ihren Gefühlen zu kämpfen hatte. Sie wollte ihr nur einmal Hallo sagen.
Nachdem sie zu Wilma in den Raum getreten war, begrüßte Wilma sie. "Na, Gamia? Wir haben uns ja einige Zeit nicht mehr gesehen." Sie freute sich, aber wirkte abgelenkt. Gamia setzte sich zu ihr. "Ja, es ist ein bisschen was passiert." gestand Gamia und interessiert hakte Wilma nach, aber Gamia war nicht sonderlich erpicht darauf, es zu erzählen. "Nur ein bisschen Familienstreit, aber ist wieder gut. Ich rede nicht darüber." "Aha." meinte Wilma kühl und einen Moment schaute sie Gamia monoton an. Dann lächelte sie aber wieder und griff nach einer Feder. "Du kommst übrigens richtig! Mom ist gerade gegangen, um Akten wegzubringen. Dann können wir ja weiter machen!"
Obwohl Wilma wie immer lächelte, machte sie auf Gamia doch einen abgelenkten Eindruck und sie wirkte so, als hätte sie den Kuss vollkommen vergessen. Eigentlich hatte Gmia gedacht, Wilma könnte abweisend sein oder sie würde noch einmal mit ihr darüber reden, aber sie wirkte desinteressiert an Gamia. Eine Zeit lang beobachtete Gamia das. "Was meinst du? Wollen wir wieder gemeinsam los?" fragte Wilma ganz plötzlich nach und Gamia war wenig begeistert. "Nein, darauf habe ich keine Lust. Was ist eigentlich los? Du bist irgendwie abwesend und gibs mir das Gefühl, ich würde dich nicht interessieren. Auf der anderen Seite, möchtest du was mit mir unternehmen, als wäre nichts gewesen." Überrascht schaute Wilma Gamia an. "Tu ich?" Sie war sich nicht wirklich einer Schuld bewusst, aber das wunderte Gamia auch nicht mehr. "Weiß du, ich mache mir nicht mehr die Mühe. Denk einfach mal über dein Verhalten nach." Damit stand sie samt den Akten auf und grüßte Wilmas Mutter beim vorbeigehen. Sie arbeitete die Akten alleine durch und ging sauer über Wilmas Verhalten zurück zur Erde, um sich bei ihren Vater auszusprechen.
Wilma begab sich ebenfalls auf die Erde, aber nur um sich alleine zu amüsieren. Sie war etwas erzürnt über Gamias Aussage, weil sie sich ungerecht behandelt fühlt und sie sich vorkam, wie bei ihren Eltern. Auch verstand sie nicht, was sie falsch gemacht haben könnte. Deshalb saß sie jetzt alleine auf einer Bank und trank ein wenig was, als sie von einer Seitengasse aus ein leises Wispern hörte.
Wilma war schon ein wenig gelassener und fragte sich, was das war, obwohl sie es spüren konnte. Sie folgte dem Wispern und trat in die Gasse. Jedoch sah sie niemanden. "Ich spinne... Vielleicht nur jemand, der mich ärgern wollte oder dieser gruselige Mann." murmelte sie vor sich hin. Ohne böse Vorahnung trank sie einen weiteren Schluck, als sie sich einbildete eine Schlange wäre um ihre Beine geglitten, bis sich jedoch etwas um ihren Fuß wickelte und sie zum stürzen brachte. "Autsch." fluchte sie und verschüttete ihr Getränk. Plötzlich realisierte sie, wie sich etwas schlangenartiges um sie wand. "Ihr seid so einfach anzugreifen, wenn ihr von unseren Mitteln betäubt seid!" zischte jemand freudig neben ihr und Wilma fühlte, wie ihr Ohr von einer Schlangenzunge angeleckt wurde. Ein kalter Schauer fuhr über ihren Rücken und sie wollte sich aus dem Griff befreien, aber der Teufel verstärkte seinen Griff und Wilma realisierte, dass sie gerade keine Chance hatte, diesem starken Schlangengriff zu entkommen.