Fritz saß mit Gina auf dem Dach ihres kleinen Hauses, als sie Cedrics Aura spürten, welcher vor ihnen stand. "Oh, hallo Paps." grüßte Fritz freudig und stand auf. "Was führt dich her?" fragte Fritz lächelnd, steckte die Hände in die Hosentasche und sah zu Gina, die Cedric ebenfalls grüßte. "Dank deiner Hilfe konnten wir einen Mord verhindern und werden den Täter alsbald das Handwerk legen." dankte Cedric stolz und drückte seinen Sohn an sich. "Es freut mich, dass ich helfen konnte." erwiderte Fritz beschämt und ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. "Ich halte dich auf dem Laufenden, wenn sich etwas Neues ergibt." fügte Fritz ruhig hinzu und Cedric war ihm dafür sehr dankbar. "Vielen Dank, mein Sohn." lobte er stolz und strich über Fritzs Schulter.
Schließlich verabschiedete Cedric sich und kehrte ins Totenreich zurück.
Am Folgetag suchte Cedric den Heiler Dr. Plutna auf und erfuhr von Paul, wo sich seine Wohnung befand. Felicia hatte immer Angst, wenn Cedric den Täter stellte und hoffte, dass alles gut ausgehen würde. Cedric vermutete, dass Ahrend wenig Wiederstand leisten würde.
Er stand vor Ahrends Tür und klopfte. Eine Zeit verging, bevor ihm die Tür geöffnet wurde und Cedric vermutete kurz davor, Ahrend sei geflüchtet. Mit hängenden Kopf stand der Heiler vor ihn und blickte zu Cedrics Sense. Seufzend hob Ahrend die Hände, als er Cedrics strengen Gesichtsausdruck sah. "Es hat ja eh keinen Sinn, sich zu wehren." sagte Ahrend geschlagen und Cedric bestand darauf, einen Blick in die Wohnung zu werfen, um eventuell weitere Beweismittel zu finden. "Sie haben eine Zweitsense besessen, richtig?" sagte Cedric gestochen scharf und Ahrend nickte. Durch Paul hatte Cedric von Ahrends zweiter Sense erfahren, was ins Schema eines der Gruppenmitglieder passte und für einen Heiler allgemein ungewöhnlich war. Von Alma gab es dann die Bestätigung.
Ahrend wurde nervös, als Cedric eintrat und die Wohnung musterte. Schließlich öffnete Cedric die Tür zum Schlafzimmer, welche bereits ein Spalt offen war und Ahrend weitete die Augen. Cedric umfasste seine Sense fester und sein Blick verfinsterte sich. "Wem gehört die Asche?!" fragte er laut und funkelte den Heiler kalt an. "Wem haben Sie noch auf den Gewissen?" verlangte Cedric zu wissen und trat näher heran. Sein Gegenüber senkte den Kopf. "Die Asche gehört zu meiner Frau. Ich habe sie umgebracht, genauso wie ich Dr. Fléros ermordet habe, wie Sie wissen." antwortete Ahrend niedergeschlagen und Cedric verlangte zu wissen: "Warum haben Sie sich der Gruppe angeschlossen und gemordet?"
Der Heiler sah zur Asche, die auf dem Boden lag und blickte Cedric bedrückt an. "Ich wollte nur, dass meine Frau unsere Kinder wiedersehen kann. Sie haben doch sicher selber Kinder, oder?" fragte Ahrend traurig und Cedric nickte. "Sie würden alles für sie tun oder wenn ihnen etwas passiert, würde es Ihnen das Herz brechen..." Erneut stimmte Cedric diesen Worten zu und dachte an die Zeit, in der Fritz verschollen war. Dr. Plutna senkte den Kopf.
"Meine Frau und ich hatten Zwillinge, ein Pärchen und sie waren gerade 11 Jahre alt. Sie waren auf dem Rückweg von der Klassenfahrt, doch der Bus hatte einen Unfall. Beide starben und ich erinnere mich, wie ich im Krankenhaus davon erfuhr. Damals arbeitete ich als Chirurg. Meine Frau hat den Tod unserer Kinder nicht verkraftet und begann Suizid. Danach veränderte ich mich und war auf der Arbeit nicht wiederzuerkennen. Für ein paar Sünden kam ich ins Zwischenreich, als ich mit 54 an einem Schlaganfall starb." erzählte Ahrend bedrückend und Cedric empfand eine Art Mitleid mit dem Heiler, aber das entschuldigte seinen Mord nicht. Cedric fand es nach wie vor falsch, was die Gruppe tat, egal ob es sich um ein Familienmitglied handelte. Nicht jedes Opfer von Suicide Hangman wollte erlöst werden, aber die Gruppe ging davon aus. Sie waren nicht barmherzig, sondern einfach rücksichtslos.
"Ich muss Sie mitnehmen." stellte Cedric streng klar und Dr. Plutna ergab sich ohne weiteres. "Sie wissen, dass Sie aufgrund der Morde Ihre Familie nie wieder sehen können, was für diese sicher auch niederschmetternd ist." erwähnte Cedric, damit Ahrend sich bewusst wurde, was für einen Fehler er begangen hat.
Für einen Moment wirkte es, als sei es ihm schmerzlichst bewusst geworden, aber daraufhin war er ruhig. "Mir ist egal, was mit mir geschieht, solange meine Liebsten zusammen sein können." Er ließ sich die Hände ohne Abwehr aneinander ketten und Cedric behielt seine Gedanken für sich. Ihm war seine Familie auch wichtig, aber in keiner Form bei ihnen sein zu können, würde er sich auch nicht wünschen, weil er wusste, dass seine Liebsten darunter leiden würden, vermutlich sogar mehr, als die Jahrzehnte im Totenreich.
Cedric brachte Ahrend zur Gilde, in welcher Henrik gerade seinen Dienst absetzte und der mit gefassten Blick zu den beiden schaute. Er erhob sich und Cedric schilderte ihm den Vorfall. Voller Reue senkte Ahrend den Kopf und beichtete sein Vergehen schuldbewusst, als die laute, klare Stimme von Henrik ertönte. "Für Ihren zweifachen Verstoß gegen die Regel Todeswesen dürfen sich, aus welchem Grund auch immer, nicht gegenseitig töten, werden Sie, Dr. Ahrend Plutna, zur Todesstrafe verurteilt!"
Die strengen Worte ließen Ahrend zusammen zucken und die Zwillinge nickten sich zu, bevor Cedric Ahrend in den Henkersraum brachte. Meistens begleitete Josef ihn, falls der Täter sich wehren sollte, aber Ahrend machte keine Anstalten und Cedric kettete ihn in den düsteren Raum, in denen schon viele Seelen ausgelöscht worden sind. Ohne Ausdruck in den Augen folgte er seinem Bruder zum Sensenmann.
"Willkommen, Cedric und Henrik." grüßte er die Zwillinge erfreut, bemerkte jedoch den ernsten Gesichtsausdruck und passte sich dementsprechend an, indem auch der Tod seine gewohnt kühle Einstellung einnahm.
"Wir wollten mitteilen, dass....", fingen die Zwillinge gleichzeitig zu sprechen an, bevor beide dies realisierten und stockten. Schmunzelnd hielt sich Henrik die linke Hand vor dem Mund, während Cedric versuchte, sich die Beschämung nicht anmerken zu lassen, seufzte und zur Seite blickte. Den Tod amüsierte dies und die Brüder sahen sich an, bevor sie entschieden, dass Cedric das Wort übernimmt. Kurzerhand berichtete er Gevatter Tod detailliert davon, dass Ahrend Dr. Fléros und seine eigene Frau ermordet hat, da er der Gruppe Redemptor Noster angehörte. Kerzengerade saß der Tod auf seinem Platz und hörte den älteren der Zwillinge zu, bevor Henrik fortführte, dass er die Todesstrafe verhängt habe. Daraufhin kam der Sensenmann auf Cedric zu sprechen.
"Cedric, als Henker wirst du die Todesstrafe vollstrecken.", fing der Tod zu sprechen an und nahm ein Dokument zur Hand, welches er mit Blut beschrieb, bevor er aufstand und dieses Dokument Cedric überreichte. Sein Gesichtsausdruck war nach wie vor emotionslos und er nahm das Papierstück zur Hand. Aufmerksam las er sich dieses durch, auf dem stand, wann Ahrend hingerichtet werden sollte. Er nickte dem Tod zu, welcher zurück auf seinem Platz lief und die Zwillinge verabschiedeten sich von Gevatter Tod.
Außerhalb des Raumes hatte Cedric noch seine kalte Mimik aufgesetzt, als Henrik ihn einen Wein anbot und aus seinen Gedanken riss. Zusammen tranken sie je ein halbes Glas und Cedric erzählte, dass sein Sohn ihm sehr gut dabei geholfen habe. "Bemerkenswert, dass deine Idee funktioniert hat. Was gedenkt ihr, als nächstes zu tun?" hinterfragte Henrik und Cedric war am überlegen, während er mit dem Finger über den Rand des Glas glitt. "Das werde ich in Ruhe mit meinem Sohn besprechen, was am sinnigsten wäre und dir dementsprechend berichten. Na dann, grüß deine Familie lieb von mir." verabschiedete Cedric sich lächelnd und lief zwei Todesgeister über den Weg, die auf dem Weg zum Gildenführer waren und Akten mit sich führten.
Cedric war auf den Weg zu den Heilern, um Paul Bericht zu erstatten. Schnell fand er den Heiler auf den Fluren und bat um ein Gespräch. Dieser Bitte kam Paul selbstverständlich nach und die Todeswesen betraten Pauls Büro, welches ihm geblieben war, auch wenn er nicht mehr der Leiter des Heilertrak war. "Worüber möchtest du mit mir sprechen? Geht es um den Mordfall?" erkundigte Paul sich und strahlte seine typische Autorität aus. Für Cedric war es weiterhin ein komisches Gefühl, mit dem Arzt zu reden, da er im Hinterkopf hatte, was Paul seiner eigenen Tochter angetan hatte.
"Ich wollte nur sagen, dass Dr. Ahrend Plutna die Todesstrafe bekommt." erklärte Cedric und sah ruhigen Blickes zu Paul, der nur nickte. "Das war mir bewusst." sagte er neutral und musterte Cedric, bevor ihm ein leichtes Lächeln überkam und er Cedric begutachtete. "Weiß du, Cedric, dein Vater Richard war ein guter Freund von mir. Ich kannte ihn schon, da wart ihr noch nicht auf der Welt und erinnere mich, wie er mich bat, bei eurer Geburt zu assistieren. Mittlerweile sind über zwei Jahrhunderte vergangen und ihr seid beide in die Fußstapfen eurer Eltern getreten. Dein Vater hat sich früher immer um Unruhen im Totenreich gekümmert. Mich würde es nicht wundern, wenn du ebenfalls in einer gewissen Angelegenheit in Richards Fußstapfen trittst." erzählte Paul und hob ein wenig das Kinn an. Cedric wusste nicht, oder tat zumindest so, was Paul meinte. Schließlich rückte Paul mit der Sprache raus und legte die Karten offen auf den Tisch. "Man sieht es dir nicht an, besonders wenn man an deine verletzliche und einfühlsame Seite denkt, aber mich würde es nicht wundern, wenn auch du die Rolle des Henkers hast." sagte Paul offen heraus und grinste überlegen, während Cedric innerlich nervös wurde, aber ahnungslos wirken wollte.
"Dein Vater vollstreckte ebenfalls die Todesstrafe. Vermutlich hast du das von deinem Lehrmeister erfahren. Es ist doch praktisch, wenn der Täter von dem gerichtet wird, der ihn das Handwerk gelegt hat. Ich erinnere mich, wie mir einst gestattet wurde, bei einer Hinrichtung beizuwohnen, um den Zerfall der Hülle zu begutachten. Mich würde auch der Zerfall eines Todesengels interessieren, aber da wird wohl kein Unterschied bestehen. Genauso gab es noch keine Verletzung am Herzen. Ich frage mich, ob euer Herz ein Nachteil ist und was passiert, wenn man es durchsticht. Leider konnte ich dieses Experiment bei Felicia nicht wagen, zu groß wäre das Risiko gewesen, dass sie sterben und ich dafür hingerichtet hätte werden können. Aber wer weiß, vielleicht passiert einem unbedeutenden Todesengel ja etwas." Ab diesem Moment reichte es Cedric, als er diese kalten, wissbegierigen Worte vernahm. Für die Antwort auf seine Fragen würde Paul sogar darauf hoffen, dass ein Todesengel verletzt wird! Das Paul für seine Wissbegierigkeit sehr weit gehen würde, bewies allerdings schon Felicias Körper. Entrüstet trat Cedric einen Schritt zurück. "Ich werde Vater nie nachvollziehen können, warum er sie als besten Freund ansah!" entfuhr es dem Todesengel lauter und Paul hob eine Augenbraue. "Warum nicht? Ich finde es auch immer noch gut, dass gerade einer seiner Söhne meine Tochter geheiratet hat. Es hat mich sehr erleichtert, als Fila berichtete, dass du der Vater ihres Kindes bist und nicht irgendein wertloser Todesgeist." meinte Paul mit einer leichten Arroganz und Cedric wurde innerlich nur wütend. "Wissen Sie, dass ich sehr froh bin, dass Sie uns damals nicht unter Ihrer Obhut genommen haben! Vermutlich hätten Sie uns genau dasselbe wie Felicia angetan!" Seine Stimme wurde lauter und Cedric versuchte seine Wut unter Kontrolle zu behalten. Paul war ein wenig überrascht über Cedrics Worte, aber blieb gelassen. "Nicht doch. Nicht die Söhne meines besten Freundes. Er hätte es nicht gutgeheißen." verteidigte Paul sich und Cedric konnte seinen Ohren nicht glauben, als er die Worte des Heilers vernahm.
"Bei Ihrer eigenen Tochter ist es aber in Ordnung? Die jahrelang zu Ihnen aufgeblickt hat und dessen Traum Sie zerstört haben? Und trotzdem wundern Sie sich, warum Sie ihre Heilerlehre nicht gemacht hat? Sie sind ein egoistischer Heiler, der andere Todeswesen nur für seine eigenen Zwecke ausnutzt!" rief Cedric erzürnt und hatte die ganze Zeit das Leid und den Hass seiner Frau im Kopf. Es war nicht seine Art, in diesem Fall überkam ihn jedoch die Wut, was sehr außergewöhnlich war.
Paul versuchte sich nichts anmerken zu lassen, aber biss die Zähne zusammen, als sich Cedric gegen ihn auflehnte. Damit hatte der Arzt nicht gerechnet und sein Gesichtsausdruck wurde kalt. "Es war sehr schön, mit dir zu reden und dass Dr. Plutna gerichtet wird. Ich habe allerdings noch zu tun, deshalb bitte ich dich, unverzüglich zu gehen." sprach Paul seine Verabschiedung barsch aus und Cedric behielt seine Worte, die er sagen wollte, lieber für sich und verschwand aus dem Raum. Es war ihm egal, was Paul nun von ihn denken möge und sein Aussetzer hatte ihn ebenfalls überrascht, aber konnte er sich das nicht mehr antun, seitdem er Felicias Geschichte kannte. Währenddessen berichtete Paul Ludheim von dem Arzt, der bald hingerichtet werden würde.
Die Tür zur Wohnung ging auf und mit einem unerfreuten Gesichtsausdruck trat Cedric hinein und zog seine Schuhe aus. "Cedric, hallo!" grüßte Felicia lächelnd, sah ihm seine Laune aber an. "Muss du den Täter demnächst hinrichten? Aber ist noch irgendwas passiert? Sonst bist du so gefühlslos, wenn du die Todesstrafe vollstrecken musst, aber du wirkst sauer." Sie kam näher und strich über seine Schulter, da sie erleichtert war, dass Cedric heil heimgekehrt war. Er zog seinen Mantel aus und drückte sie an sich. Beide gaben sich einen Kuss, bevor Cedric sie etwas ruhiger ansah. "Ich hatte eine Auseinandersetzung mit deinem Vater."
Felicia weitete die Augen und war überrascht, aber in ihr kam Hass auf, als sie von ihrem Vater hörte. In aller Ruhe berichtete Cedric von dem Gespräch und Felicia nickte, während sie die Hand ihres Mannes hielt. "Das klingt sehr nach meinem Erzeuger. Manchmal verstehe ich ihn auch nicht. Er beachtet mich bei den Heilern nicht und auf einmal redet er mit mir, als wäre nichts gewesen. Keine Ahnung, was er damit bezwecken will." Sie seufzte und senkte den Kopf, bis sie Cedric um die Arme fiel. "Ich finde es toll von dir, dass du ihm die Meinung gesagt hast und kann nicht beschreiben, wie stolz mich das macht. Du bist der beste Ehemann, den man sich nur wünschen kann." lobte sie freudig und beschämte Cedric damit wie immer. Das war Felicia schon gewohnt und schmunzelte darüber, als Cedric ihre Hände ergriff und sie genau anschaute. "Meine Felicia, du bist die stärkste Frau, die ich kenne und liebe. Obwohl du es so schwer hattest, hast du dich nicht unterkriegen lassen und auch wenn deine Eltern miserable Personen sind, bist du trotzdem ein toller vernünftiger Todesengel, treue und liebende Mutter, wie auch Ehefrau geworden." sprach er ihr sanft zu und bemerkte das Glitzern in ihren Augen. "Oh, Cedric. Danke!" schluchzte sie überglücklich und fiel ihrem Ehemann um die Arme. Das Ehepaar umarmte sich fest und lächelte stolz. Auch Cedric musste sich beherrschen, bis er auch eine kleine Träne vergoss, während er über Felicias Rücken strich. "Ich bin so froh, dich zu haben."