Anfang September fand das erste und letzte Treffen der Gruppe Redemptor Noster statt. In der Kleidung, die der Anführer Fritz gegeben hatte, betrat er die Halle. Genauso wie beim letzten Mal waren sie diesmal zu viert. Nur Ahrend fehlte, welcher hingerichtet wurde. Fritz verhielt sich unauffällig und gab sich weiterhin als Jered aus. Kurz nach Fritz betrat ein Mann mit Drei-Tage Bart den Ort und wurde von den Gruppenmitgliedern interessiert gemustert. Zumindest ging Fritz davon aus, da sich die Kapuzen zum Mann neigten. Ihre Gesichter sah man nicht.
In der Zwischenzeit wartete Cedric mit den drei weiteren Todeswesen auf seinen Einsatz. Er wirkte sehr kühl und hatte am Anfang Bedenken gehabt, dass sie ihre Auren spüren könnten, bis Gina ihm diese Sorge nahm und einen Trick anwendeten. Als der Sensenmann verdeckte sie die Aura aller Todeswesen.
Der Anführer der Gruppe stand mit einer geraden Haltung vor den Mitgliedern und die Blicke waren auf ihn gerichtet. Er sprach mit einer klaren verhassten Stimme. "Ich bin erfreut, dass alle gekommen sind, fast lle. Wie ihr bereits erfahren musstet, ist unser Verbündeter Ahrend hingerichtet worden.", Schweigen herrschte und die Köpfe der Mitglieder senkten sich. "Es gibt aber auch eine gute Neuigkeit! Ein weiterer Seelengeleiter möchte sich uns anschließen!" Mit einer Handbewegung bat er den Mann, sich in die Mitte der Gruppe zu stellen. "Was ist deine Geschichte?"
Zuerst sagte der Mann nichts, aber dann begann er von seinen Beweggründen zu erzählen. "Zu meinen Lebzeiten hatte ich eigentlich alles. Einen festen Job, ein Haus, eine Ehefrau und Tochter... Nach dem sich unsere Tochter umgebracht hatte, ging meine Ehe in die Brüche. Ich war nicht ganz unschuldig an ihrem Tod und durch mein eigenes Ableben musste ich mir eingestehen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt und sie für ihren Selbstmord in dieser Welt verweilt. Meine Ex-Frau ist vor Jahren gestorben und es fällt mir schwer, mit dem Gedanken klarzukommen, dass beide oben nicht vereint sein können. Wenn ich nicht bei ihnen sein kann, ist das für mich verständlich, aber zumindest sie sollen im Himmel zusammen sein können..." gestand er und mit gezückter Sense stellte sich der Anführer vor ihm. Der Mann sah zu ihm und musterte dann die auf ihn gerichtete Sense. "Du möchtest der Gruppe beitreten, um sie zu erlösen?" hakte der Mann nach, als sein Gegenüber widersprach. "Nein, ich kann nicht zu ihr und wollte euch darum bitten, sie zu erlösen." erklärte der Mann und hatte Angst davor, ob dies sein Gegenüber erzürnen könnte.
Schließlich holte der Mann ein Bild hervor und zeigte es dem Gruppenführer. "Das ist ein Schulfoto, zu dem Zeitpunkt war sie 16. Ich kann ihnen auch ihren Namen nennen." Der Anführer hatte das Bild einige Zeit gemustert und nickte. "Sag!" verlangte er zu wissen und der Mann nannte ihren Namen.
Auf einmal teleportierten sich vier Todeswesen in die Halle und alle Gruppenmitglieder horchten vor Schreck auf. Für den Anführer war sofort klar, dass sie verraten worden sind!
"Wer?!" brüllte er und Fritz zog seine Kapuze runter. In seinem Gesicht spiegelte sich das Grinsen seiner anderen Persönlichkeit wieder, welches seinen spitzen Zahn entblößte. "Khehe, verzeih ihm!" kicherte er.
Cedric, Frederic, Alma und Gina hatten alle ihre Sensen in der Hand, stellten sich neben Fritz und waren kampfbereit. Der Anführer funkelte Fritz böse an. "Verräter!!" brüllte er, bevor er ihm den Rücken zuwandte und schnell ein Flügelportal zur Flucht öffnete!
Mit einer kalten Wut rannte Cedric hinterher. "Bleiben Sie hier!!" befahl er laut, aber der Anführer war schneller gewesen, sprintete durch das Portal, welches sich hinter ihm verschloss und konnte erfolgreich vor Cedric flüchten!
Über die gelungene Flucht von einem der Täter ärgerte Cedric sich, ließ sich davon aber nicht ablenken und wendete seine Aufmerksamkeit zu den anderen Gruppenmitgliedern. Der Mann, welcher keine Robe trug, zog sich besorgt zurück und beobachtete das Geschehen vom Weitem. Währenddessen hielten die zwei restlichen Mitglieder ihre Sensen kampfbereit vor ihren Körpern. Allerdings waren sie zu zweit gegen fünf Todeswesen klar unterlegen. Mit einer schnellen Bewegung schellte das erste Mitglied zu Alma vor, welche den Angriff mit ihrer Sense gekonnt auswich und die Sense ihres Gegenübers nach oben wegschlug. Zwar geleitete sie nicht mehr regelmäßig Seelen und war im Kampf nicht mehr viel aktiv, aber sie war dennoch eine starke Kämpferin.
Ihr Angreifer schreckte sichtbar zurück und als das andere Mitglied dies sah, gab dieses sofort auf und ließ die Sense fallen, als Frederic und Fritz ihre Sensen um ihn legten. Gina kümmerte sich mit Alma um das erste Mitglied und Cedric musterte beide kaltherzig. "Zieht eure Kapuzen runter!" befahl er eindringlich und beide taten, wie es ihnen gesagt wurde. Daraufhin offenbarte sich Dollys Gesicht und das eines jungen Mannes, ungefähr Anfang 20, mit schwarzem Haar und weißem Pullover. "Nennt mir eure Namen!" sprach Cedric mit erhobenem Haupt und Durchsetzungsvermögen weiter. Die Frau senkte den Kopf. "Dolly Dolin." beantwortete sie leise seine Frage und der Mann sagte: "Mikael Celio." Cedric nickte, als er beide Namen vernommen hatte. "Ihr seid festgenommen!" Die Augen beider weiteten sich bei diesen Worten und sie senkten die Köpfe. Ihre Hände wurden zusammen gekettet und zu fünft kehrten sie ins Totenreich zurück, während der Mann vor Angst geflüchtet war.
Gina hatte beide Mitglieder bereits zum Sensenmann mitgenommen, während Cedric sich bei allen Beteiligten bedankte. "Keine Ursache!" schmunzelte Alma und drückte ihren Onkel, bevor sie heimkehrte.
Er wandte sich an seine Söhne und schaute beide stolz an. "Danke, euch beiden, besonders dir Fritz, dass du dich in die Gruppe gemischt hast. Ich und deine Mutter sind sehr erleichtert darüber, dass dir nichts passiert ist." sagte Cedric ruhig und gefasst. Sein Sohn grinste. "Freut mich, dass ich helfen konnte!" Ähnlich wie bei seinem Vater, beschämte ihn dieses Lob ein wenig, aber er nahm es dankbar an. "Dir danke ich auch, Frederic." Cedric strich während dieser Worte über die Schultern seiner Söhne, bevor Frederic seinen Vater grinsend zu sich zog, einen Wangenkuss gab und mit einer lockeren Einstellung meinte: "Das ist doch selbstverständlich, Paps." Die Drei umarmten sich auf Frederics Geheiß und mit einem stolzen Grinsen drückte Cedric beide an sich. Früher hätte er sich niemals eine Familie vorstellen können, da er keine persönlichen Beziehungen führen wollte, der ewige Einzelgänger und es ihm durch seine Berufung zu gefährlich war. Dies änderte sich, als er Felicia kennenlernte, die hinter seine Fassade blickte. Cedric betrat nach der Verabschiedung den Raum des Todes. Der Sensenmann und Gina hatten ihn bereits erwartet und strahlten eine ernste Aura aus. Die zwei Gruppenmitglieder standen besorgt vor dem Sitzplatz von Gevatter Tod. Josef stand kerzengerade mit Armen hinter den Rücken verschränkt, an der Wand hinter dem Tod, welcher seine knochigen Finger verschränkt hatte. Die große Tür verschloss sich und Cedric blickte dem Tod entgegen.
Cedric erzählte dem Tod von dem Geschehnis. "Diese zwei Todeswesen sind Gruppenmitglieder von Redemptor Noster." Seine Stimme war klar und der Tod nickte Cedric zu, bevor er sich an die Mitglieder wandte, die ihre Köpfe gesenkt hatten. "Was hat Sie dazu verleitet, der Gruppe beizutreten?"
Als der Tod wusste dieser, dass beide Leben auf dem Gewissen hatten, immerhin war ihm bekannt, wie viele Todeswesen existierten und wenn eines dieser verstarb, erfuhr er davon. Dolly Dolin trat geknickt einen Schritt hervor und stellte sich vor, bevor sie ihre Beweggründe mitteilte.
"In der Gruppe waren Todeswesen, die eine geliebte Person durch Suizid verloren haben. Anfangs wollten wir uns gegenseitig unterstützen, bis wir uns dazu entschlossen, sie zu erlösen und jedes andere Opfer von Suicide Hangman genauso. Ich habe meinen Sohn auf den Gewissen. Er war Trans und wollte eine Frau sein. Psychische Erkrankungen plagten ihn und er nahm sich das Leben." Dollys Augen funkelten traurig, aber sie spiegelten auch Angst wieder, vor dem, was kommen würde. Ihr Respekt gegenüber dem Tod war sehr groß.
Mikael trat hervor und lächelte traurig. Genauso wie Dolly stellte er sich vor und erzählte seine Geschichte. "Meine Mutter hat sich alleine um mich gekümmert, als ich geistig behindert zur Welt kam. Sie hat stets für mich gesorgt, bis sie sie tot in der Küche fand. Ich verstand nicht, was ihre blutigen Arme zu bedeuten hatten. Danach benutzten mich irgendwelche Leute für Diebstähle, was ich damals ebenfalls nicht verstand. Deshalb bin ich hier, weil der Himmel mir eine zweite Chance geben wollte, weil ich durch meine Behinderung zu Lebzeiten nicht wusste, was ich tat...", In seiner Stimme lag Trauer, da seine Mutter ihn immer viel bedeutet hat. "Abgesehen von meiner Mutter habe ich zwei weitere Todeswesen ermordet." beichtete er voller Reue und auch ihm wurde bewusst, was er getan hatte.
Der Sensenmann hatte kein Verständnis für ihre Taten und strahlte eine beunruhigende Aura aus. "Wer ist euer Anführer?" verlangte er zu wissen und beide verspürten einen finsteren Blick. Allerdings sagten beide kein Wort und verwahrten die Identität ihres Anführers. Auch auf Josefs laute Nachfrage folgte keine Antwort und der Tod fällte sein Urteil. "Sie beide haben gegen die Regel Todeswesen dürfen sich nicht, aus welchem Grund auch immer, gegenseitig töten, verstoßen und werden dementsprechend mit der Todesstrafe bestraft werden!" sprach er laut, streng und mit einem kalten Unterton, der beide Gruppenmitglieder zusammen zucken ließ. Mit gesenkten Kopf und geweiteten Augen realisierten sie das Urteil und ihnen wurde zu spät bewusst, was für Folgen ihre Taten haben. "Dann sehe ich meine Mutter im Himmel nicht wieder." wisperte Mikael und war den Tränen nahe. Josef und Cedric brachten beide emphatielos in den Henkersraum und ketteten sie getrennt voneinander an die Wand. Zurück beim Tod wurde Cedric direkt das Datum der Hinrichtung gegeben. Mit Händen hinter dem Rücken nickte er und sagte, er würde gerne noch eine Kleinigkeit nachsehen gehen, bevor sie sich voneinander verabschiedeten. In der Gilde traf er auf Justin und begrüßte den Gehilfen des Todes. Cedrics Weg führte ihn zu dem Scythe Makern, wo seine Nichte ihn nett begrüßte und zu den Akten der Sensen begleitete. Er fand Mikaels Sensenaufträge und hatte bereits damit gerechnet. Seine Theorie stimmte. Alle Mitglieder behielten beide Sensen. "Dürfte ich die Akten derer mitnehmen, die noch nicht abgegeben haben, um sie mir daheim anzusehen oder braucht ihr diese, um es den Todeswesen mitzuteilen? Nicht abgegebene Sensen werden immerhin bestraft." hinterfragte Cedric vorsichtig und konnte verstehen, wenn es untersagt wurde. Alma überlegte. "Ja, aber bring sie bitte Schnells möglichst wieder." bat sie eindringlich und Cedric gab ihr sein Wort. "Wie ergeht es denn deinen Eltern?" erkundigte er sich ruhig bei seiner Nichte, die zur Seite blickte und murrte. "Hmmm... Vater ist genervt oder eher gestresst. Gestern kam er nach 12 Stunden wieder und ist sofort ins Bett gegangen. Ich merke auch, dass Mutter sich Sorgen macht und traurig ist. Auch ich habe lange nicht mehr mit ihm ausführlich geredet, aber stressige Tage gibt es immer mal. Das wird wieder." antwortete Alma ruhig und sah dem Ganzen optimistisch entgegen. Nachdenklich senkte Cedric den Kopf und gab ihr dann einen guten Rat. "Sei vorsichtig, wenn du ihn ansprichst. Er meint es nicht böse, aber wenn Henrik nicht gut drauf ist, dann sagt er Dinge, die er eigentlich nicht so meint. Nimm ihm das nicht übel, das ist leider eine Schwäche von ihm." bat er besorgt und strich über Almas Haare. Sie nickte. "Ich weiß, Mutter erzählte, dass sie sich deshalb getrennt haben, als er schlecht gelaunt war und sie verließ." murmelte sie und stemmte die Hände an die Hüfte. Cedric trug die wenigen Akten mit heim und setzte sich an seinen Schreibtisch. Felicia kam zu ihm und erfuhr sofort alle Einzelheiten, woraufhin sie den Kopf senkte. Schon oft hatte sie dies mitgemacht, daran gewöhnen würde sie sich allerdings nie. Während Cedric die Akten durch sah, wurde er bei einer stutzig und musterte diese sorgfältig. Er notierte sich die Namen und würde Alma die Akten am nächsten Tag wiedergeben.
Am Folgetag brachte Cedric die Akten zurück, wofür Alma ihm sehr dankbar war, da die Gilde diese benötigte, um die Strafen für nicht abgegebene Sensen zu verhängen. Währenddessen warteten Dolly und Mikael auf ihre Strafe. Sie wussten nicht, wann sie hingerichtet werden würden, was ihnen zu schaffen machte. In Dollys Gesicht zeichneten sich getrocknete Tränen ab und sie schaute starr zum dunklen Boden. Ihre Hände waren angekettet und es war nicht angenehm. Wenn sie sich bewusst machte, dass hier bereits viele Todeswesen hingerichtet worden sind und auch sie bald dazu gehören würde. Die Vorstellung, dass dann alles dunkel war und ihre Seele nicht mehr existierte, war für sie unvorstellbar. Das Nichts ist nicht vorstellbar.
Sie bereuten ihre Taten zutiefst, aber daran ändern konnte sie nichts mehr. Es war zu spät. "Wenigstens ist mein Sohn im Himmel." redete sie sich ein, als sie die Zähne zusammen biss und verzweifelt schrie: "Was rede ich mir ein?! Ich will bei ihm sein! Ich will nicht ausgelöscht werden!" Sie schluchzte und zog die Aufmerksamkeit von Mikael auf sich, dem die Atmosphäre des Raumes ebenso zu schaffen machte. "Ich werde meine Mutter nie wieder sehen... Es wird sie verletzen, dass ich nicht bei ihr sein kann und ihr Herz zerreißen... Mutter..." Mikael fühlte sich gebrochen und alleine. Er und seine Mutter standen sich immer sehr nahe.
Die Verurteilten klagten und waren verzweifelt, allerdings würde dies ihre Taten nie gut machen können. Der Raum der Vollstreckung hatte schon oft die Klageschreie, den Zorn und den Tod der Verurteilten gesehen.