Bei den Praktikern traf Felicia auf ihren Mann. Er stand sofort auf, um zu ihr zu gehen und beide lächelten sich verliebt an. Sie hatte ein Grinsen auf dem Gesicht und spielte auf Johannes Worte an. "Ich habe von deiner Wandlung gehört." flüsterte sie und Cedric schaute sie überrascht an. Er wusste nicht, was sie meinte, bis sie Johannes erwähnte und Cedric darauf kam, auf was sie hinauswollte. Cedric nahm sich eine zufällige Akte. "Lass uns bei einem Geleit darüber reden."
Das Ehepaar stand auf einem Gerüstbau. Es dauerte noch einen kleinen Moment, bis die Tragödie geschah. "Ich habe gehört, du hast deine Denkweise verändert, wenn es um Seelengeleiter geht, die keine Tätigkeit verrichten?" erwähnte Felicia und bescheiden nickte Cedric. "Gegen Todeswesen, die schlichtweg stur und faul sind, habe ich weiterhin etwas, aber ich verstehe jetzt, warum Todesgeister dies zusetzt. Ich kann es nun mehr nachvollziehen." erklärte er und Felicia war sichtlich stolz auf diese positive Entwicklung ihres Gattens. Mit ihren Händen umfasste sie sein Gesicht und gab ihm einen Kuss. Daraufhin ging sie zwei Schritte zurück und glitt durch die Absperrung, um rückwärts das Gerüst hinunter zu springen. Ihre Sense hatte sie griffbereit und im Fall setzte sie ihre Sense an den stürzenden Gerüstbauer an. Dieser kam mit dem Kopf auf und war sofort tot. Felicia stand neben seinem Leichnam und Cedric kam neben ihr mit den Beinen am Boden auf. "Jetzt weiß ich, woher unser Sohn das hat." schmunzelte Cedric und beobachtete seine Frau bei ihrem Seelengeleit. Die ersten Kollegen waren schockiert, rannten zum Verstorbenen, kontaktierten den Notarzt und waren schlichtweg fassungslos über diesen Unfall.
Cedric und Felicia verließen still den Ort des Geschehens und überließen die restlichen Vorgehensweisen den Menschen.
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"Diese Fingerfertigkeiten." keuchte Alma, als der richtige Punkt getroffen wurde.
"Ich sagte doch, es wird dir gefallen." erwiderte Frederic genauso von der Euphorie überwältigt. "Die Stelle ist genau richtig, ja." schwärmte Alma weiter und ließ sich ganz darauf ein. "Du musst mich wirklich öfters zu diesen Massagen mitnehmen." sagte sie voller Begeisterung, während sie sich auf der Liege massieren ließ.
Dieses Gefühl und die Entspannung waren überwältigend für die Seelengeleiterin. "Bei deiner Berufung hast du das auch dringend nötig, Liebste. Deine Hände tun mir am meisten leid." meinte Frederic und Alma schmunzelte beschämt. "Ich habe letztens erst wieder mit Feuer in der Schmiede gearbeitet.", erzählte sie dabei. "Zumindest sieht man meinen Händen die Arbeit an." Frederic seufzte. "Darum lässt du sie dir heute auch schön pflegen. Von solchen Händen würde ich mich als Frau nicht fingern lassen." neckte er und frech konterte Alma: "Du Diva. Zumindest gäbe es bei dir noch die Möglichkeit, die Zunge spielen zu lassen." Symbolisch kreiste sie mit ihrer Zunge über die Lippen und ließ die zwei Damen, die die Beiden massierten, die Schamesröte ins Gesicht steigen.
Alma und Frederic ließen sich von oben bis unten verwöhnen. Nackt saßen beide in der Sauna.
"Schade, in solchen Momenten wie der Sauna würde ich gerne das fühlen, was Menschen empfinden. Es ist trotzdem schön, sich nackt zu entfalten." Gemütlich saßen sie dort und empfanden ein wohliges Gefühl dabei. "Ich habe extra kein Make-up aufgetragen, damit es nicht verläuft." erwähnte Frederic und Alma lobte ihn mit einem: "Du bist eine Naturschönheit."
Entspannt saßen sie am Abend auf den Liegen, umhüllt von weichen Bademänteln. Den Tag ließen sie mit einem Wein ausklingen. "Ich sag dir, ich werde mir morgen frei nehmen." schwärmte Alma und Frederic nickte. "Ich mir auch."
Beide ließen die Seele baumeln und stießen mit ihren Weingläsern an. "Lass uns das auf jeden Fall wiederholen. Du weiß ja, bei meiner Berufung brauche ich das." Alma schmunzelte und genoss den Wein. Es war ein erfolgreicher Tag.
Die darauffolgenden Wochen hatte Cedric gelegentlich mit Rebellen zu tun. Diese Vorfälle waren allerdings nicht weiter erwähnenswert. Von Interesse für Cedric war es, als er Celine wieder traf und er sich mit ihr unterhielt. Sie dankte ihm und erzählte, dass sie bei den Heilern in Therapie war und das Gefühl hatte, eine Besserung zu sehen. Darauf war Cedric mehr als stolz und auch seine Frau freute sich darüber, wie er Celine als Seelengeleiterin helfen konnte. Im Totenreich kam ihm Gamia entgegen, die es überraschend eilig hatte und sich nicht lange dadurch ein Gespräch aufhalten ließ.
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Der 27.6.1697. Beim Blick auf die Akte wusste Gamia, was ihr bevorstand. Dessen war sich auch Niklas bewusst, welcher den ganzen Tag bei seinem Vater verbracht hatte. Dabei war es ihm schwer gefallen, nicht auf seine Lebensuhr zu sehen. Nebenbei hatten sie zwei Biere getrunken und sich über alles mögliche unterhalten. Bevorzugt lagen ihre Themen aber auf vergangene Zeiten. "Gut, dass du auf deinen Alten gehört hast. Jetzt sind es schon über zwei Jahrzehnte, die ihr zusammen seid." lachte Frank und auch Niklas schmunzelte beschämt. "Das stimmt." Er dachte an Gamia. Es war schon spät geworden. Frank erhob sich aus seinem Stuhl.
"Na dann, mein Sohn, ich werde mich ins Bett verabschieden." er stellte sein Bier weg und Niklas stand mit ihm auf. "G-gute Nacht, Paps." brachte er hervor und Frank blickte ihn einen Moment an, bevor er seinen Sohn an sich drückte. "Danke dir. du bist der beste Sohn, den man sich wünschen kann." Diese Worte versetzten Niklas einen Stich und er musste seine Tränen unterdrücken. Er war sich sicher, dass sein Vater ahnte, dass sie heute Abend zum letzten Mal gemeinsam Bier getrunken haben.
Niklas erwiderte die Umarmung und wusste nicht, was er sagen sollte. Beide sahen sich an und Frank klopfte auf seine Schulter. "Gute Nacht, mein Sohn."
Frank begab sich in das Schlafzimmer, während Niklas das Küchenlicht ausschaltete und draußen auf der Terrasse wartete. Vor ihm tauchte seine Freundin auf. Sie hatte ihre Sense und die Akte von Frank in der Hand. Ihr blick war kühl. Dieses bevorstehende Seelengeleit ging nicht spurlos an ihr vorbei. "Ich habe noch nie gesehen, wie du eine Seele geleitest." gestand Niklas und Gamia nickte gedankenverloren. "Stimmt." murmelte sie. Sie schwankte zwischen ihrer Berufung als Seelengeleiter, aber auch, dass sie Niklas als Lebensgefährtin beistehen wollte. "Bist du dir sicher, dass du dabei sein möchtest." fragte sie ihn vorsichtshalber nach und er nickte, wenn auch zögerlich.
"In dem Fall..", Beide drehten sich um und bemerkten eine Gestalt in einer Robe. Es war Gina, die mit einer Sense vor ihnen stand. "Wäre es nicht angebrachter, wenn ich die Seele geleite und du deinem Freund beistehst, Gamia?" hakte Gina nach und verstrahlte ihre Autorität. Das Paar sah zu ihr und stumm überreichte Gamia ihrer Mutter die Akte.
In diesem Moment gab sie eine Last ab und konnte sich voll darauf konzentrieren, für ihren Partner da zu sein. Draußen warteten sie die letzten verbliebenen Stunden von Frank ab. Stunden, die ihnen unendlich lang aber doch wieder so kurz vorkamen. Schließlich ließ Gina den Sensenstab einmal auf den Boden aufkommen. Ein Zeichen, dass das Geleit bevorstand. Zu Dritt begaben sie sich in das Haus und das Schlafzimmer. Seelenruhig lag Frank im Bett und lächelte. Sie machten sich unsichtbar für die Menschen und Gina setzte die Sense zum Geleit an seine Brust.
Gamia hielt Niklas Hand, welcher zitternd neben ihr stand und realisieren musste, dass seine letzte verwandte Bezugsperson vor seinen Augen starb. Gleich würde er keinen Vater mehr in dieser Welt haben. Gina fing zu sprechen an. "Frank Lenner, geboren am 14.8.1624." Niklas vernahm jedes ihrer Worte. "Gestorben am 27.6.1697." Sein Herz schlug langsamer. Sie zählte einige seiner Tugenden auf. Sünden hatte er kaum welche begangen. "Ich geleite Sie in den Himmel."
Vor Frank tat sich das Bild seines eigenen Hofes auf. Er bewunderte die Traktoren und blickte zu sich herunter. "Ich bin wieder ein junger Bursche." scherzte er und lachte über sich selber. Plötzlich vernahm er ein weiteres Lachen und drehte sich um. Er sah Eliane und seine Eltern. Bevor sie etwas sagen konnten, hatte er alle schon zu einer Umarmung zu sich gezogen.
Franks Leben auf Erden war erloschen. Gina ließ die Sense sinken und sah zu Niklas, der auf den Boden kniete, weinte und von Gamias Armen umschlungen war. Gamia hatte ebenfalls Tränen in den Augen. Gina kniete sich zu ihnen. "Er ist wohlbehalten im Himmel bei deiner Mutter angekommen." flüsterte sie und brachte Niklas mit diesen Worten nur mehr zum weinen. Gina neigte den Kopf zur Seite. "Als Sensenmann sollte mich dies nicht berühren, aber-" Mit zwei kleinen Tränen in den Augen drückte sie Niklas an sich.
"Wir sind für dich da." hauchte sie und mit ihrer Tochter umarmten sie Niklas. Für Niklas war es eine schmerzvolle Nacht, doch er war froh, dass sein Vater friedlich gestorben ist und durch Ginas Sense geleitet wurde.
Am frühen Morgen kontaktierte Niklas den Notarzt, welcher den Tod feststellte und ließ dann den Bestatter kommen.
Shadia fuhr mit dem Leichenwagen auf die Auffahrt rauf. Neben ihr saß ihr Sohn Musuko in einem Shirt und an seinem linken Oberarm erkannte man das Tattoo eines Krakenmonsters. Als seine Mutter anhielt, zog er sich eine schwarze Fleecejacke ohne Aufdruck an. Seine Mutter hatte ihn dazu verdonnert, seine Gothic-Kleidung nicht anzuziehen, wenn er ihr bei der Arbeit half. Sie fand es geschmackslos, Trauernden als Bestatter mit Oberteilen gegenüber zu treten, welche Totenköpfe zeigten. Niklas und Gamia empfingen die Beiden. Sie holten den Sarg aus dem Auto und es zeigte sich, dass Shadia viel stärker war, als sie aussah. Franks Körper wurde sicher in den Sarg verwahrt und nach dem einladen und sichern im Auto besprach Shadia einige Formalitäten mit Niklas, bevor sie sich verabschiedete und zu Musuko ins Auto stieg. Rückwärts fuhr sie die Auffahrt runter und stoppte für einen Moment, als sie aus dem Auto Gina sah. Sie hielt inne, bevor sie dann entspannt lächelte und weiter fuhr.
"Ich hätte nicht gedacht, dass der Tod in dieser Gestalt auftaucht." schmunzelte sie und Musuko blickte überrascht zu ihr. "Wie meinst du das?" Shadia lächelte weiter und sagte dann: "Wenn man von klein auf an mit dem Tod in Berührung kommt, hast du irgendwann ein Gespür dafür, wenn der Tod persönlich vor dir steht." Musuko bewunderte seine Mutter. "Also waren das eben keine Menschen?" Er war richtig interessiert.
Shadia schmunzelte. "Unser Beifahrer ist es, aber die anderen... nicht ganz." Mit großen Augen sah Musuko sie an. "Hast du spirituelle Kräfte? So wie Frau Kreuzberg?" Über diese Frage lachte Shadia. "Nein. Ich habe einfach ein Gespür für... Todeswesen." Ihr Sohn war begeistert. "Ich habe da mal ein Buch gelesen, Seelengeleiter hieß das. Da ging es auch um den Tod. Was er ist, wie der körperliche Prozess nach dem Tode ist. Auch so Dinge, wie sich Menschen den Sensenmann und Leben nach dem Tod vorstellen. Mir gefällt die Version mit dem Skelett und der Robe am besten. Es gab auch Einblicke über Zeremonien, Bestattungsverfahren. Richtig komplex auf jeden Fall." erklärte er und erinnerte sich an dieses Buch zurück, welches noch in seinem Bücherregal lag.
"Ich finde die Interpretation, dass der Tod ein Fährmann ist, schön." meinte Shadia und Musuko stimmte ihr in diesem Punkt zu. "In dem Buch gab es auch die These, dass es ein Zwischenreich gibt, in dem man eine 2.te Chance bekommt. Dort wurde auch von Todeswesen erzählt, die wie Menschen aussahen. Irgendwie langweilig." fuhr er fort und Shadia nickte. "Das Geheimnis des Lebens erfahren wir alle erst selbst im Tode." Beide fuhren noch ein kleines Stück. "Hilfst du mir noch bis 12, 13 Uhr? Dann kannst du noch an deinen Zeichnungen arbeiten." fragte Shadia und Musuko nickte. Er hatte sich nach der Schule auf seinen Traum konzentriert, Tätowierer zu werden. dafür übte er an seinen Zeichnungen und hatte sich eine kleine Tätowiermaschine gekauft, die er an Puppen ausprobierte. Seine Mutter hatte ihn vorerst verboten, sich selbst zu tätowieren.
Das hatte ihn aber nicht davon aufgehalten, sich einen Totenkopf auf seinen Fuß zu stecken. Seiner Mutter fiel dies nicht auf, da die Stelle gut versteckt war. Aktuell sparte er sich das Geld für ein Seminar zusammen, ebenso für ein Studio. Er wusste, dass es bis dahin noch ein Weg war und seine Mutter ihn finanziell unterstützen würde. Er hatte schon ein paar Praktika bei Tätowierern in der Umgebung gemacht. Das Geld verdiente er durch den Job bei seiner Mutter dazu. Sie hatte ihm eine Ausbildung vorgeschlagen, damit er zumindest eine abgeschlossene Lehre in der Tasche hat, doch Musuko hatte abgelehnt. Er half ihr nebenbei für ein paar Stunden, holte Verstorbene ab oder versorgte diese. "Heather fährt auch gerade zu ihrem langweiligen Bürojob." gab er nebenbei kund. "Wenn es ihr Spaß macht." murmelte Shadia und wusste genau, dass ihr Sohn diese Bürojobs nicht verstehen konnte. "Oh nein, Heather hat sich auf dem Weg zur Arbeit mit einer Passantin angelegt, die ihren Müll achtlos auf den Boden geschmissen hat." seufzte er und las sich den Chat durch. "Müll einfach auf die Straße zu werfen tut man nicht, aber ich hätte Sorge, dass sie mal an die falschen Leute gerät." sagte Shadia mit leicht besorgten Blick und fuhr langsamer, als sie ihr Ziel erreichten und hielt dann an. "Wenn ihr jemand zu nahe kommt, bringe ich ihn unter die Erde.", versicherte Musuko. "Und wenn sie jemand sexuell belästigt schneide ich ihm die mickrigen Eier ab." fügte er klar hinzu und Shadia sah nachdenklich zu ihm. "Ich bin ein wenig empfindlich wenn es um das Thema sexuelle Belästigung und Vergewaltigung geht." gestand sie offen und Musuko entschuldigte sich. "Das wusste ich nicht, sorry." Sanft lächelte Shadia.
"Alles gut, es ist nur, dass meine Tante mir irgendwann beichtete, dass meine leibliche Mutter eine Partygängerin war. Eines abends bekamen Opa und meine Tante einen Anruf und holten sie von einer Parkbank ab. Sie war zerschunden, ihr Haar zerzaust, die Kleidung saß nicht mehr richtig. Nach der Party hatte sie jemand vergewaltigt und das ist der Grund, warum ich heute lebe." Fassungslos blickte Musuko zu seiner Mutter, die immer noch das Lenkrad festhielt, obwohl der Wagen bereits stand. Er ballte die Hände zu Fäusten. "Sowas macht mich wütend und gleichzeitig sprachlos." Aufmunternd lächelte Shadia. "Es ist in Ordnung. Komm, wir haben noch was zu tun." Niklas besprach die weiteren Vorgehensweisen mit Shadia und wurde dabei stetig von Gamia begleitet. Innerlich war Shadia interessiert an den Beiden.