Vor ihrem inneren Auge sah sie ihr früheres Leben, die Guten wie auch die Schlechten Momente. Der Engel stand vor Sibylle und nahm sie mit auf ihrer letzten Reise.
Sibylles Erlösung fiel auf, als sie nicht zur Arbeit erschien. Einige gaben es nicht zu, waren darüber aber erfreut, während Alma an all das übermittelte Wissen dachte und sich nun langsam bewusst wurde, dass sie die ab sofortige Abteilungsleiterin der Scythe Maker ist. Dies brachte neue Verantwortung mit sich und Alma hoffte, dieser Anforderung gerecht zu werden.
Am ersten Tag wurde Alma viel von ihren Kollegen angesprochen, dass sie nun die Abteilung leitet und einige scherzten: "Zum Glück endlich mal eine bessere Abteilungsleiterin." Auf diese Scherze ging Alma nicht ein, sie empfand dies nicht so. In dem Trubel versuchte Alma sich um Amelia zu kümmern. Beide sagten sich Guten Morgen, wobei Amelia ganz leise klang. Alma hatte ebenfalls das Gefühl, dass es eine komische Aura zwischen beiden sei, aber machte professionell als Ausbilderin weiter.
"Glückwunsch, Abteilungsleiterin." unterbrach sie ein Kollege, welchen Alma nur mit einem schnellen Danke abwimmelte. Amelia begutachtete das Szenario und verschränkte ihren Blick missgültig, bevor sie Almas Erklärungen wieder kaltherzig zuhörte. Bis auf Almas Anweisungen redeten beide nicht miteinander und es stimmte Alma unglücklich, dass es mit ihrem Lehrling nicht gut lief. Sie war sich bewusst, dass die zwischenmenschliche Beziehung ebenfalls wichtig war in einer Lehre.
Während sich Alma ihrer Arbeit zuwandte und Amelia sich ihrer, klopfte es an der großen Tür, welche kurz darauf geöffnet wurde. Neugierig blickte Alma zu dieser und erkannte ihren Vater mit edlen, großen Schritten zu ihr laufen. Daraufhin unterbrach sie ihre Arbeit.
Henrik hatte ein Lächeln auf dem Gesicht, die Arme verschränkte er leicht, bis er Alma gegenüberstand. Andere Sensenschmieder begutachteten den Gildenführer.
"Jetzt bist du offiziell Leiterin der Schmiedeabteilung. Herzlichen Glückwunsch." Er zog sie zu einer Umarmung zu sich und Alma sah ihn dankbar, aber auch fragend an. "Woher weiß du scho-", Henrik unterbrach sie mit einem Lächeln. "Ich bin doch in der Gilde, da erfährt man sowas schnell." schmunzelte er und Alma fragte sich, warum sie das noch gefragt hatte. Mit kritischem Blick musterte Amelia das Vater Tochter Gespann und biss die Zähne zusammen. In ihr keimte ein unwohles Gefühl auf, welches sich noch in ihr hegte, als Henrik wieder gegangen war.
Stumm verabschiedete sich Amelia nach Feierabend und lief zu den Heilern, um nach ihrem Vater und Bruder zu sehen. Ihr Bruder war öfters mit ihrem Vater bei den Heilern, da dieser dort seine Ausbildung machte. Sie fand beide nicht und beschloss dann einfach Heim zu gehen. Sie wusste, dass beide dann wohl zu beschäftigt waren und machte sich keine weiteren Gedanken. Elliot war mit seinem Sohn im Heilertrak bei einer Patientin, die beim Seelengeleit verletzt wurde. Jackson war nach seiner Lehre sofort zu den Heilern, da er den Traum verfolgte, ebenfalls Heiler zu werden. Er war aufmerksam dabei.
Beide waren fertig mit der Behandlung der Patientin und zeitgleich klopfte es an der Tür. Eine Frau mit schwarzem Haar betrat den Raum. "Guten Tag, Dr. Makricia." grüßte Elliot und blickte lächelnd zu Jayna. Sie erwiderte die Begrüßung und teilte sofort ihre Bitte mit. "Wir brauchen Sie dringend im OP. Ein Geleiter wurde stark von einem Dämonen verletzt!"
Beide reagierten sofort und eilten hinter Jayna her.
Die verletzte Seelengeleiter war übel zugerichtet und hatte tiefe Einschnitte im Brustkorbbereich. Sie war kaum mehr bei Bewusstsein und Jackson durfte lediglich ein wenig assistieren. Es war nicht seine erste OP, welche er mit ansah, aber es war die Erste, wo der Patient nicht gerettet werden konnte. Jayna und Elliot hatten ihr bestes gegeben, aber die Verletzungen waren zu stark gewesen. Ein Engel erschien und nahm die Seele an sich, während die Heiler wenige Minuten später mit ansahen, wie der Körper sich in seine drei Bestandteile auflöste. Es war still und Jayna holte ihre Akte hervor. Sie notierte den Tod auf der Akte. "Ich werde eine der Akten nachher beim Sensenmann abgeben." erwähnte sie und ihr Kollege war damit einverstanden. Ein Dokument der Patienten verblieben bei den Heilern, die Andere ging zum Tod. Im Falle eines Todesfall gab es die Heilerakte doppelt.
Jayna duschte sich das Blut ab, zog sich um, nahm die Akte an sich und verabschiedete sich in den Feierabend. Sie begab sich zur Gilde, klopfte und öffnete die große Tür. Jayna teleportierte sich nach oben zur Gilde und blickte Alma entgegen. Alm stockte, als sie Jaynas Erscheinung sah und erinnerte sich vage an eine frühere Begegnung, nur war ihre Erscheinung damals nicht wie heute. Vor Alma stand eine junge, lächelnde Frau, die zwar ihre Narben trug, aber gefestigter im Totenleben stand.
"Dr. Makricia. Ich möchte nur eine Akte einer verstorbenen Patientin abgeben." Dabei überreichte sie die Akte und Alma kamen bei dem Namen sofort die Erinnerungen an früher hoch. Trotzdem sprach sie Jayna nicht darauf an. "Sie sind die Gildenführerin?" fragte Jayna nach, doch Alma schüttelte den Kopf und beneinte die Frage. "Mein Vater ist der Gildenführer. Ich bin nur gerade zu Besuch und er bei Gevatter Tod. Er sollte auch gleich wiederkommen." Alma legte die Akte auf dem Tisch und blickte Jayna lächelnd an. "Und Sie sind Heilerin?" erwähnte Alma und Jayna nickte. "Ich hätte selber nie damit gerechnet. Ich wurde damals nach einigen Umständen von einem Heiler aufgenommen und als es mir besser ging, habe ich mich zu dieser Berufung entschlossen und ich wurde angelernt. Er wurde vor einiger Zeit nach meiner Lehre erlöst, was mich damals traurig stimmte, da ich ihm viel zu verdanken habe, aber ich führe sein Werk weiter." Während ihrer Erzählung dachte Jayna an Ludheim und lächelte dabei. Dass es Jayna besser ging stimmte auch Alma glücklich und auf ihre Lippen legte sich ebenfalls ein Lächeln.
Henrik kam von Gevatter Tod wieder und begrüßte Jayna. Seine Tochter erzählte sofort von der abgegebenen Akte und verabschiedete sich daraufhin auch von Henrik. Gemeinsam lief sie mit Jayna die Gildentreppen hinunter. "In welcher Abteilung sind Sie zuständig?" fragte Jayna nach und bescheiden gab Alma zu: "Ich bin seit kurzem die Abteilungsleiterin der Scythe Maker." Daraufhin wurde sie von Jayna beglückwünscht und aufrichtig dankte Alma, welche von Jayna noch ein kleines Stück begleitet wurde. Sie verabschiedeten sich und jeder lief zu ihrer Wohnung. Alma zu ihrer und Jayna zur Wohnung, die einst Ludheim gehörte und in welcher sie nach seiner Erlösung verblieben war.
In der Heilerabteilung hatten Fila und Paul Dienst. Paul saß an einem Schreibtisch und ging die Krankenakten durch, bis Fila den Raum betrat, er sich zu ihr umdrehte und sah, dass ihr etwas auf der Seele lag. Sie kam näher auf ihn zu und stellte sich neben ihn.
Charmant lächelte er sie an und brachte Fila damit zum schmunzeln, welches sie zu verstecken versuchte. "Was kann ich für dich tun?" fragte er sie ruhig und Fila verschränkte die Arme hinter ihrem Rücken und neigte leicht den Kopf nach unten. "Ich werde demnächst erlöst."
Paul ließ diesen Satz einen Moment auf sich wirken, bevor er seine Worte zusammen suchte. "Ich danke dir, dass du dich mir anvertraut hast. Ich werde niemanden davon berichten." antwortete er behutsam und gab Fila damit ein Gefühl der Geborgenheit. Er vermutete aber auch, worauf sie hinauswollte. Er wusste, dass sie damit seine Aufmerksamkeit wünschte und wenn er dabei seine eigenen Bedürfnisse befriedigen konnte, würde er dies tun. "Keine Sorge, ich werde in deiner Nähe sein." Diesen Satz zu hören erfüllte Fila mit einem berauschendem Gefühl und sie dankte Paul. "Das ist doch das mindeste, was ich für die Mutter meines Kindes tun kann."
Nach Feierabend standen Fila und Paul außerhalb des Heilertrak. "Ich muss nur noch schnell wohin, aber danach komme ich zu dir." versprach Paul ruhig und Fila nickte. "Bis später." lächelte sie und ging zu ihrer Wohnung. Paul hingegen suchte gezielt die Wohnung von Felicia und Cedric auf. Er klopfte an ihrer Wohnung und Felicia sah nach, wer dort stand. Als sie ihrem Vater erblickte sammelte sich die Wut in ihrem Inneren, trotzdem öffnete sie ihm die Tür. "Was möchtest du hier?" hakte sie gereizt nach und Cedric stellte sich hinter seine Frau, um bei ihr zu sein. "Ich wollte dir nur mitteilen, dass deine Mutter bald erlöst wird, falls du sie noch einmal sehen möchtest."
"Nein, möchte ich nicht und sie ist auch nicht meine Mutter!" erwiderte Felicia sofort harsch und Paul lächelte nur überlegen. "Ich werde für sie in der nächsten Zeit da sein." meinte er vorbildlich, als Felicia nur erwiderte: "Dir geht es nur darum, sie ein letztes Mal zu ficken!" Paul zuckte mit einer Augenbraue, aber bewahrte sein vornehmes Auftreten. "Solltest du dich doch noch dazu entscheiden, dich von deiner Mutter zu verabschieden, darfst du gerne vorbei kommen, aber dann solltest du dich beeilen." Bei dieser Aussage umfasste Felicia den Türrahmen.
"Kein Bedarf." zischte sie und schloss die Tür. Es verging eine kurze Zeit, in welcher Cedric seine Frau von hinten umfasste. "Das einzig Positive ist die Mittelung gewesen, dass diese Frau erlöst wird und dann endlich weg ist." meinte Felicia kaltherzig und Cedric verstand ihre Emotionen.
Der Heiler Elliot klopfte am Morgen an Amelias Zimmertür, die immer abgeschlossen war, wenn sie daheim war. "Guten Morgen Amy... Ich weiß nicht, aber du musst du heute nicht früh raus?" rief er vor ihrer Tür, vernahm ihre Stimme nicht und verabschiedete sich. "Also ich geh zu den Heilern, bis spä-" In diesem Moment riss seine Tochter grummelig die Tür auf.
"Ja, muss ich und nenn mich nicht Amy." erwiderte sie garstig. Elliot war sprachlos, bevor er seine Tochter musterte. "Rede nicht in diesem Tonfall mit mir.", bat er. "Ich habe dir schon oft gesagt, dass du deine Launen nicht an uns rauslassen sollst." ermahnte Elliot, aber Amelia hörte nur mit einem halben Ohr zu. "Bist du meine Abteilungsleiterin? Lass mich einfach in Ruhe!" keifte sie und verschwand in das Badezimmer, um sich für die Arbeit fertig zu machen. "Darüber unterhalten wir uns heute Abend nochmal!" rief Elliot, bevor er schließlich zur Arbeit verschwand. Amelia wusste, dass sie spät dran war, eilte aber nicht und verließ die Wohnung, als sie fertig angezogen war.
Amelia öffnete die große Tür, die zu den Schmiedern führte und schaute, ob jemand guckte, bevor sie heimlich zur Umkleide lief, um sich dort ihre Schürze anzuziehen, doch als sie gerade dabei war, vernahm sie eine Stimme von hinten. "Frau Fleros, die Schürze dürfen Sie direkt wieder ablegen. Sie sind, trotz Verwarnung, erneut zu spät gekommen." ertönte Almas scharf gestochene Stimme, die mit verschränkten Armen hinter Amelia stand. "Sie wollen diese Ausbildung auch nicht, kann das sein?" hinterfragte Alma direkt, bekam darauf aber keine Antwort mehr. Amelia ballte die Hände zu Fäusten, drehte sich zu Alma um und wurde aufmüpfig.
"Sie halten sich auch für was besseres, nur weil ihr Vater in der Gilde ist und sie die Abteilungsleiterin sind. Sie tun, als wären Sie perfekt und fehlerfrei!" Alma hörte Amelias wütenden Sätzen zu und dass sie die Tochter vom Gildenführer sei, hörte sie nicht zum ersten Mal, dass sie darauf reduziert wurde. "Passen Sie auf Ihre Wortwahl und Ihren Tonfall auf!" appellierte Alma, als Amelia näher auf sie zukam. "Sie sind ja so vorbildlich!" keifte Amelia weiter, bis Alma Amelia anblickte und auf die Tür verwies.
"Sie sind hiermit entlassen und ich bitte Sie zu gehen!" befahl Alma streng und mit lauten Schritten begab sich Amelia zur Tür, die sie hinter sich laut ins Schloss fallen ließ. Andere Seelengeleiter schüttelten den Kopf, nachdem Amelia den Raum verlassen hatte und Alma brauchte kurz Zeit für sich, um sich von diesem Gespräch zu beruhigen.