Berta und Tiffany saßen wieder zusammen in ihrem Raum, dabei erzählte Tiffany ihr die Neuigkeiten. "Ich habe ihn die Haare geschnitten und er wirkte dabei so verändert. Ich glaube es geht ihm langsam etwas besser. Er kann sich mit jemanden unterhalten und wird nicht gemieden, das bedeutet ihm sicher viel." Beim zuhören nickte Berta. "Das ist schön, aber denk auch an deine Bedürfnisse. Nimm dir die Zeit für dich, wenn du sie brauchst." wies sie Tiffany eindringlich daraufhin und Tiffany verstand Bertas Sorge. Beide beendeten das Gespräch wieder mit einer Meditation.
Nach Tiffanys Besuch klopfte es erneut an Bertas Tür und sie öffnete diese. Es war nicht nur Tiffany die vorbei kam, um sich einen gesundheitlichen Rat abzuholen. Mit schmerzverzehrten Blick sah ihr Frau Reiler entgegen, mit ihrem Mann, der Berta ernsten Blickes ansah und seine Frau stützte. "Wir brauchen Hilfe, bitte. Meiner Frau geht es immer schlechter." Berta musterte beide und bat sie hinein. Sie setzten sich in die Küche, Berta ihnen gegenüber. "Welche Schmerzen plagen Sie?" Der Mann übernahm das Reden für seine Frau, die vor Schmerz kaum einen Ton hervorbrachte. "Sie hat seit Jahren Rückenschmerzen. Nach der Geburt unserer Kinder wurde es zur Normalität, dass sie da Schmerzen hat, aber mittlerweile kann sie kaum mehr laufen. Sie kommt nicht mehr dazu, sich um den Haushalt zu kümmern. Unser Haushalt sieht scheußlich aus. Es ist schon ein Wunder wenn ich heimkomme und Essen steht auf dem Tisch." Musternd hob Berta eine Augenbraue. "Lassen Sie uns bitte kurz alleine. Ich möchte mir Ihren Rücken in Ruhe angucken." Ihre Stimme war direkt und Herr Reiler ging aus der Küche. Frau Reiler wurde gebeten, ihr Kleid obenrum auszuziehen und es beschämte sie. Berta sah das Problem direkt, als der entblößte Rücken vor ihr war und fuhr mit den Finger über die schiefe Wirbelsäule. "Und?" fragte Frau Reiler regelrecht flehend und Berta gab ihr eine ehrliche Antwort. "Ich kann Ihnen Tee und eine Salbe zur Linderung geben, damit die Schmerzen erträglicher werden, aber gegen die Ursache kann ich nichts machen. Ihre Wirbelsäule ist etwas schief, daher kommen Ihre Schmerzen." Diese Antwort war nicht das, was Frau Reiler gerne gehört hätte, aber ihr blieb nichts übrig, als sich an das zu klammern, was ihr angeboten wurde. "Ich nehme es, was Sie mir angeboten haben." seufzte sie erschöpft und Berta holte ihr eine Kleinigkeit. Das Kleid zog sie sich wieder an und Herr Reiler kam in die Küche. Berta berichtete ihm von dem, was sie bereits Frau Reiler gesagt hatte und er nickte. Er wollte ihr Geld geben, doch Berta lehnte ab. Sie war strikt dagegen. Sie vertrat die Auffassung, dass Mutter Natur nicht wollen würde, dass sie mit ihren geschenkten Gaben Profit macht. Berta wollte nur den Menschen helfen.
Die Treffen zwischen Tiffany und Viktorius wurden regelmäßiger. Meistens aßen sie zusammen und redeten über das, was ihnen privat passiert war oder unterhielten sich über das Dorf und die Gesellschaft. Oft erwähnte Viktorius dabei, wie verachtend sie ihn ansahen beim einkaufen. Beide trafen sich auch nur bei Viktorius, doch dies sollte sich am heutigen Tage ändern. Sie hatten vereinbart, dass sie sich bei Tiffany treffen wollten und Viktorius begab sich auf dem Weg zu ihr. Innerlich wusste er, dass die Leute ihn sahen und ihn darauf ansprechen würden. Tiffany hatte das Haus noch ein wenig geputzt, bevor Viktorius vor ihrer Tür stand und sie ihm freudig öffnete. Sie führte ihn erst ein wenig herum, obwohl die meisten Zimmer leer waren. "Es ist auch zu groß für mich, aber von meinem Vater. Ich kann es mir nicht leisten, umzuziehen."
Viktorius musterte sie. "Hat dein Vater dir auch sein Vermögen geerbt?" fragte sie neugierig und Tiffany nickte. "Ich kann noch davon leben, aber ich hoffe, dass ich vielleicht nebenbei putzen gehen kann." antwortete sie und Viktorius erinnerte sich an seinen Nebenjob bei Frau Reiler. Er nickte und erzählte ihr von seiner Erfahrung. "Ich war mal putzen, aber die Familie hat mich entlassen, weil sie mir Anschuldigungen an den Kopf warfen, die nicht stimmten. Ich wurde hinterrücks reingelegt, was mich nicht wundert. Viele in diesem Dorf tun das." Tiffany führte ihn zum Tisch in der Küche und goss beiden einem Tee auf. Tiffany verspürte eine Nervosität und auch Viktorius war sich unsicher. Lange war er nirgends woanders mehr zu Besuch gewesen und in einer anderen Umgebung fühlte er sich immer etwas unsicher. "Du hast doch nächsten Monat Geburtstag, Viktorius." merkte Tiffany an und es überraschte ihn, dass sie sich das gemerkt hatte, aber es freute ihn auch. "Ja, aber ich mache an dem tag nichts, so wie die Jahre zuvor schon nicht. Dieser Tag ist für mich bedeutungslos. Ich möchte auch keine Geschenke." gestand er und hatte einen negativen Blickwinkel auf seinen Geburtstag. Tiffany tat dies leid, aber sie konnte ihn nachvollziehen. Ihre letzten Geburtstage hatte sie auch nur mit ihrem Vater verbracht, weil es ihm wichtig war. Sie dachte noch nicht daran, wie sie dieses Jahr ihren Ehrentag verbringen wollte. "Lass uns doch zusammen einen Kuchen backen." schlug sie vor und Viktorius dachte über die Idee nach.
"Okay, aber mehr möchte ich nicht machen." bat er und Tiffany verstand und akzeptierte seine Bitte.
Am Ende des Tages verabschiedeten sie sich von Viktorius und dankte ihm, dass sie sich bei ihr treffen konnten, wo er anfangs gegen gewesen war. "Ja, es war nett. Kann man wieder machen." gab er nervös zu und beide standen vor ihrer Tür. Das war Tiffany wichtig und unsicher erzählte sie: "Früher konnte ich keine Mitschüler einladen, wegen meiner kranken Mutter. Es war mir unangenehm und ich wollte nicht, dass sie sie sahen oder über mich redeten." Sie senkte den Kopf und Viktorius konnte sich dies gut vorstellen.
"Ich hatte keine Freunde zum einladen." gestand er und beide schmunzelten leicht. "Aber bei dir bin ich gerne." gab Viktorius zu und Tiffany zuckte zusammen. In letzter Zeit war sie zunehmend nervöser in Viktorius Gegenwart geworden und ihm erging es ähnlich.
"Ich... fühle mich auch ganz wohl bei dir." gestand sie. Die Anspannung in beiden wuchs und unsicher kam Tiffany zu einer Umarmung näher. Es überraschte Viktorius. Er war eine herzliche Umarmung seit Jahren nicht mehr gewohnt und auch, dass man ihn ohne Scheu nahe kam, bedeutete ihn viel. Die Umarmung fühlte sich gut an und er schloss seine Arme um Tiffany und schloss die Augen. Beide nahmen den Geruch des jeweils anderen wahr und sie wussten nicht, wie lange sie in dieser Position verblieben. Irgendwann lösten sie sich leicht voneinander, sahen sich aber immer noch an und aus einem Impuls heraus legte Tiffany ihre Lippen auf seine.
Viktorius war darauf gar nicht vorbereitet und konnte nicht richtig reagieren, weshalb der erste Kuss ungeschickt endete. Beide schmunzelten darüber und Viktorius realisierte dies erst nach und nach. Unsicherheit aber auch Euphorie breitete sich in ihn aus. Tiffany war komplett rot und über sich selber überrascht, bevor Viktorius stammelte: "Wir können es... ja nochmal versuchen." Seine Stimme wurde leiser und ihre Lippen legten sich erneut aufeinander. Es war nicht der beste Kuss, aber für die Beiden komplett ausreichend. Sie waren glücklich darüber. Über Viktorius Gesicht breitete sich ein Lächeln aus und er hatte das Gefühl, wieder das Glück durch seinen Körper fließen zu spüren. Beide umarmten sich noch einmal und sahen sich in die Augen. "B-bis morgen oder so." verabschiedete Viktorius sich und lief wie beflügelt Heim. Er konnte sein Glück kaum fassen.
Tiffany musste ihre Freude irgendwem mitteilen und sie lief kurz nach Viktorius Verabschiedung zu Berta rüber, die schon spürte, dass etwas gewesen sein musste. Es war ihr unangenehm, davon zu erzählen. "Viktorius und ich haben uns geküsst." Berta blieb ganz ruhig dabei und wartete kurz, bevor sie etwas dazu sagte. "Das freut mich für dich. Wenn du glücklich dabei warst und es sich richtig angefühlt hat. Hör auf dein Gefühl." riet Berta in einem ruhigen Tonfall und nickend nahm Tiffany diesen an. "Es war schön... Ich war total nervös..." berichtete sie und Berta lächelte lieblich.
"Das war ich bei meinem Gatten damals auch. Die erste Beziehung ist immer etwas aufregendes und besonderes." erzählte Berta ruhig und sah zu Tiffany. "Ich wünsche mir nur das Beste für dich und wenn du magst, kannst du ihn auch mitnehmen. Dann lerne ich ihn persönlich kennen und nicht nur vom hören." bot Berta und Tiffany scherzte: "Aber Vater hat dir vor seinem Tod nicht noch aufgetragen, ihn in seinem Namen zu begutachten?" Berta zuckte mit den Schultern.
"Wer weiß." Beide lachten darüber.
Am Folgetag besuchte Tiffany Viktorius daheim und er realisierte immer mehr, dass er sich dies gestern nicht eingebildet hatte. Beide umarmten sich und Viktorius ermutigte sich zu einem schnellen Stirnkuss, worauf er stolz war. Sie hatten beide keine Erfahrung im Thema Liebe und Beziehung, darum herrschte eine Unsicherheit. Während Tiffany sich setzte blieb Viktorius stehen. "Wollen wir zusammen kochen?" fragte er fröhlich und versuchte die Ruhe zu bewahren. Lächelnd nickte Tiffany und sie machten sich an das werk. Viktorius setzte sich zum Kartoffeln schneiden hin und Tiffany umarmte ihn von hinten, dabei fuhr sie durch seine Haare. "Wollen wir deine Haare nachher ein bisschen kürzen?" fragte sie leise und Viktorius nickte bei diesem Vorschlag.
Zum Haare schneiden setzte sich Viktorius wieder auf den Stuhl und Tiffany setzte die Schere an. "Ich bin glücklich, dass du da bist." sagte er lächelnd und Tiffany freute sich über das Kompliment. Sie hatte etwas erreicht, was sie sich vorgenommen hatte, auch wenn sie wusste, dass sie noch lange nicht am Ziel angelangt war. "Berta, meine gute Freundin, hat mir angeboten, dass wir sie mal zusammen besuchen gehen können, wenn du magst." erwähnte Tiffany nebenbei und Viktorius nickte, wobei Tiffany sich fast verschnitt. Beide lachten.
Viktorius war froh, jemanden gefunden zu haben, der ihn akzeptierte, liebte, ihn verstand und mit der er auf gleicher Wellenlänge sein konnte. Es war für ihn zu schön, um wahr zu sein.
Abends kehrte Tiffany wieder zu ihrem Haus zurück. Sie konnte sich schwer von ihm lösen, aber sie fühlte sich nicht bereit dazu, über Nacht bei ihm zu bleiben. Sie wollte nichts überstürzen, denn sie wusste, dass er und sie viel Zeit brauchen würden.
Das Paar klärte einen Tag vorher ab, ob sie sich am nächsten Tag sehen würden. Von Zeit zu Zeit brauchten sie die Zeit für sich. Bei Viktorius sorgte die Zeit alleine dazu, dass er zu viel nachdachte und die neue Beziehung kritisch hinterfragte.
"Was ist, wenn sie mich verarscht und nicht wiederkommt? Sie mich in Wirklichkeit nicht liebt, was ich verstehen könnte. Ich bin nicht liebenswert... Vielleicht macht sie sich genauso über mich lustig, wie die Dorfbewohner." Die Gedanken kreisten in seinem Kopf und er fühlte weniger Freude bei den Dingen, die er tat, wenn Tiffany nicht dabei war. Er wartete regelrecht auf sie, dass sie wiederkommen würde. Währenddessen sorgte Tiffany sich um den Haushalt und erholte sich bei einer Meditation. Dabei schweiften ihre Gedanken oft zu Viktorius rüber und sie lächelte. Dabei fragte sie sich auch, ob ihr Vater ihn akzeptiert hätte, obwohl sie wusste, dass es nur zählte, dass beide glücklich waren.
Das Dorf beobachtete und wusste, dass beide sich immer noch trafen und waren angewidert davon. Sie redeten viel über die Beiden und streuten verschiedene Gerüchte. Die Verachtung erfuhr am meisten Viktorius, denn er war schon vorher verhasst. Bei Tiffany wagten sie es noch nicht, sie war schließlich Thompsons Tochter und sie schätzten ihn.