Tiffany suchte Berta und wurde dabei von ihrer Familie begleitet. "Tiffy, Schatz, warte bitte." bat ihre Mutter. Tiffany war mehrere Meter vorausgelaufen. "Verzeiht. Ich möchte sie nur unbedingt wiedersehen! Damals dachte ich, nachdem ich mich für den Himmel entschied, nie wieder Kontakt zu ihr haben zu können!" Sie drehte sich um und lief weiter, hielt aber kurz darauf an. "Berta." hauchte sie und lächelte. Berta stand mit ihrer Familie zusammen. Ein Moment, den Tiffany nicht stören wollte. Berta hatte die Dronner-Familie bereits gesehen und bat mit einer Handbewegung, näher zu kommen. "Tiffany!", grüßte Berta und beide Damen fielen sich in die Arme. "Ich bin so erfreut über deine Anwesenheit." Bertas Gatte und Tiffanys Vater sahen sich an. "Thompson ein großer Mann!" sprach er, was Thompson bescheiden ablehnte. "Zu Lebzeiten vielleicht, aber hier bin ich eine Seele wie jeder andere." Berta musterte Tiffanys Familie. "Deine Schwester Veronica, sehr erfreuend! Ich bin eine gute Freundin der Familie." Beide gaben sich die Hand. "Und Delia, es macht mich froh, dich so zu sehen." Delia lächelte nervös und senkte den Kopf. "Ich wollte mich bei dir nochmal bedanken, dass du mir zu Lebzeiten zu helfen versucht hast, auch wenn ich vieles für Unfug hielt." Berta umfasste Delias Hände. "Das ist schon Ewigkeiten her, denk nicht mehr darüber nach." Delia nickte und ließ Bertas Hände los. Tiffany wandte sich an Berta.
"Hast du Richard gesehen?" erkundigte sie sich und kaum hatte sie das ausgesprochen, ertönte schon eine laute Stimme. "Mutter!" Wild wedelte Richard mit den Händen und Flavia neben ihm seufzte mit einem schmunzeln im Gesicht. Richard rannte auf Tiffany zu und sie hatte schon Sorge, umgerannt zu werden. Er umarmte sie und hob sie ein Stück hoch, bevor er sie runterließ. Thompson beobachtete Richard genau und Tiffany sah die inspizierenden Blicke. "Du bist also mein Enkelsohn." Richard sah zu Thompson. "J-ja. Ich bin Richard." Er reichte ihm die Hand und höflich schüttelte Thompson diese. "Du bist genauso staatlich, wie mir immer berichtet wurde. Ich bin stolz darauf einen Enkelsohn wie dich zu haben. Zu Lebtagen habe ich schon immer gesagt, dass der Name Richard für Stärke steht." Richard beschämte dies und Delia bremste ihren Mann aus.
"Thompson, ist in Ordnung." Sie und Tiffany wussten, dass Thompson seinen Enkel unter Beschlag nehmen und ihn ausfragen würde.
"Ihr seid euch nie im Himmel begegnet?" hakte Berta irritiert nach und Tiffany nickte. "Ich habe mich nie getraut, sie aneinander vorzustellen. Ich hatte nämlich immer das Gefühl, der Himmelsfürst hasst es, wie ich umhergewandelt bin. Vermutlich hat er mich auch viel mit Viktorius in Verbindung gebracht. Apropos Viktorius! Ich kann ihn endlich wieder treffen!" In ihrem Gesicht spiegelte sich für einen Moment der Ausdruck einer Frischverliebten wieder.
"Den möchte ich auch kennenlernen!" warf Thompson dazwischen und Delia seufzte. Fast unbemerkt trat Flavia zum Vorschein. "Ich bin übrigens Flavia Dronner, geborene Cezener, die Gemahlin von Richard." Sie reichte Thompson und Veronica die Hand. Zum Schluss folgte Delia.
"Cezener! Die Musikanten-Familie! Ich sah einige Auftritte bevor ich Thompson kennenlernte." Flavia wurde rot im Gesicht. "Das glaube ich gerne, aber da war ich noch nicht geboren. Ich und Richard sind nämlich ungefähr im selben Alter. Meine Familie hat einen weitreichenden Stammbaum, der zurück führt bis zum ersten Handwerker, der ein Musikinstrument entwarf." Sichtlich stolz erzählte sie von ihrer Familie. "Ich hätte gerne weitere Auftritte gegeben, aber Vater vergaß immer mehr, wie man spielt und dann kamen die Hexenverfolgungen. Ich war schon dankbar, dass es mir im Totenreich und Himmel gegönnt war, Klavier spielen zu dürfen. Es macht mich auch glücklich, dass der Garten Eden wie der Himmel ist, nur voller Natur." erwähnte Flavia und faltete die Hände vor dem Körper zusammen. Nickend sah Berta zu Flavia. "Die Venefica leben bevorzugt in der Natur. Es stimmt, Mutter Natur hat einen tollen Kompromiss gefunden, dass die Seelen vom Himmel auch in ihren eigenen Ort verweilen können. Ich werde Tiffany sicher einmal in ihren Haus besuchen kommen." schmunzelte Berta und Tiffany nickte zustimmend.
"Ob unsere Söhne uns bald wieder besuchen kommen?" fragte sich Flavia und lehnte sich an Richard. Fragend sah Thompson das Ehepaar an. "Ich habe Urenkel?!" Seine Tochter versuchte ihn zu beruhigen. "Genau genommen bist du sogar Urururopa." beichtete sie und Thompson ließ den Mund offen stehen. "Wie ist das möglich?" verlangte er zu wissen und Richard erzählte ihm vom Totenreich.
"Und darum konnten wir Eltern im Totenreich werden. Ich weiß, es ist ein bisschen komplex. Wir waren auch überrascht, als Flavia mit den Zwillingen schwanger wurde."
"Zwillinge?" entfuhr es Thompson freudig und überrascht zugleich. "Zu meiner Zeit waren Zwillinge selten und was besonderes! Wie entzückend, Zwillinge in der Familie zu haben! Ich muss sie alle kennenlernen und mir ein Bild von ihnen machen!" Delia ergriff die Hand ihres Gattens. "Ist gut, Thompson, krieg dich wieder ein. Wir werden all unseren Nachfahren sicher noch zur Genüge begegnen." mahnte sie und Thompson verstummte. Seine Töchter schmunzelten über seine Euphorie.
Jeder kehrt zurück in seinen für sich eigenen Himmel im Totenreich. Tiffany kam als Letzte Heim. Sie hatte mit Berta gesprochen und Mutter Natur um einen Gefallen gebeten, welchen sie nachkommen würde. Tiffany hatte ihr gedankt und ihre Gedanken ausgesprochen, dass sie die jetzige Konstellation der guten Seelen als schön empfand. Bescheiden hatte Mutter Natur das Kompliment angenommen.
Mutter Natur ließ den Tag ausklingen und dachte an ihren heutigen Erfolg. Sie streifte sich ihr Kleid ab und ließ es auf dem Rasen liegen. Vor ihr erstreckte sich ein See, in welchen sie mit ihrer nackten Haut eintauchte. Die Tiere der See streiften ihren Körper und Mutter Natur strich über ihre Schuppen. Sie vernahm Füße hinter ihr auf dem Gras. "Weißer Tod, leg dich zu mir ins Wasser." bat sie verträumt, aber der weiße Tod zierte sich davor, seine Robe niederzulassen.
"Im Garten Eden wird niemand für sein Aussehen verurteilt." Langsam band der weiße Tod das Seil locker und ließ die Robe fallen. Zum Vorschein kam ein Körper ohne spezifische Geschlechtsmerkmale. Der weiße Tod ließ erst die Füße ins Wasser, bevor er mit dem restlichen Körper hineinglitt. Mutter Natur zog ihren Gehilfen zu sich heran und dieser spürte ihre zaghaften Brüste am Oberarm. Mutter Natur lächelte und der weiße Tod tat es ihr gleich. "Ich bin glücklich, dass es dir besser geht. Ich habe es mir immer für dich gewünscht, dass du wieder zu Kräften kommst." Mutter Natur schmeichelten diese Worte. "Etwas, was mir ohne meinen treuen Gehilfen nicht möglich gewesen wäre." Beide tauchten bis zu den Schultern im See ein und der weiße Tod musterte die Fische, die umherschwangen. Sie stiegen aus dem See und Mutter Natur legte sich mit dem Rücken auf das Gras. Ihr Gehilfe setzte sich neben sie und sah zur Hülle ihrer Erschafferin. Dabei bemerkte sie kleinere Falten oder feine Dehnungsstreifen an ihrer linken Körperhälfte.
"Mir sind diese Merkmale nie aufgefallen." merkte der weiße Tod an und Mutter Natur sagte: "Weil diese Merkmale natürlich sind. Keine Hülle ist perfekt. Auch nicht meine." "Aber ihr seid allmächtig."
Mutter Natur lächelte. "Ich habe die Menschen nach meinem Ebenbild geschaffen. Die Menschen sind nicht perfekt, warum sollte ich es sein?"
Der weiße Tod lehnte sich zurecht. "Entschuldige, du hast Recht." Mit der Hand strich Mutter Natur über das weiße Haar. "Weiß du, ich wollte den Menschen immer nahe sein. Ich habe sie zwar erschaffen, aber warum sollte ich mich höher stellen? Ein gewisser Respekt sollte vorhanden sein, aber sie sollten sich nicht vor mir fürchten. Darum habe ich immer zu meinen Venefica gesprochen, als es mir noch möglich war oder mich hier zu ihnen gesellt. Der Himmelsfürst hat dies nicht verstanden. Er hat sich unnahbar gemacht und wollte Anerkennung." Während sie erzählte blickte sie in den glasklaren Himmel hinauf. Sie dachte an den Himmelsfürst und verschränkte den Blick.
"Ist etwas?" fragte ihr Gehilfe. "Nein, ich habe nur nachgedacht." Sie faltete die Hände zusammen und legte diese auf Oberkörper. Ihre Lider schlossen sich und sie gab sich der Aura der Natur hin.
Auf der Erde blieb die Auslöschung des Himmels unbemerkt. Ausnahme bildeten vereinzelte Pastoren, die spürten, dass etwas nicht stimmte. Unruhig wälzte sich Justina im Bett umher und drehte sich nach rechts und links.
"Justina.", Ihre Mutter stand vor ihr. "Ich lebe jetzt im Garten Eden, bei Mutter Natur. Es gibt keinen Himmel und keine Engel mehr." Mit einen spitzen Schrei wachte Justina aus. Sie riss die Lider auf, schlug die Hände auf dem Kopf und atmete laut ein und aus. "Nein, wie kann das sein?" Ihr lautes atmen durch den Mund verschluckten ihre Worte regelrecht. "Woran habe ich geglaubt? Woran soll ich glauben?" Ihre Existenz stellte sie in Frage. Sie hatte für diesen Glauben gelebt. "Was soll ich mit meinem Leben tun? Ich kann nicht weiterpredigen. Ich käme mir vor wie eine Lügnerin." Mit verschränkten Armen stand Viktorius an der Wand.
"Du findest deinen Lebenssinn schon wieder." hauchte er und verschwand.
Justina faltete die Hände zum Gebet und fühlte sich wie eine Verräterin, als sie den Namen von Mutter Natur in den Mund nahm.
"Geehrte Mutter Natur, bitte... Was ist mit dem Himmel geschehen?" Mutter Natur hörte Justinas Worte und erschien in der Form einer Stimme in Justinas Kopf. "Ich dachte ihr wärt wie eine Schwester für den Himmelsfürst." hauchte Justina und Mutter Natur erzählte ihr, was die anderen Menschen erfuhren.
"Himmel und Hölle haben Frieden geschlossen. Der Garten Eden ist fortan der Himmel." Justina fiel es schwer, ihren Frieden damit zu finden. "Ich habe jahrelang an den Himmel geglaubt. Soll all dies umsonst gewesen sein?" Tränen rollten ihre Wange herab.
"Ihre Mutter stellte eine ähnliche Frage." "Mutter..." hauchte Justina und vergoss weitere Tränen. "Glauben bedeutet, dass man sich etwas nicht sicher sein kann, aber es dennoch tut. Menschen wissen nicht, ob es wirklich eine höhere Macht gibt, trotzdem glauben sie daran. Ihnen ist es nun möglich, ein Stück weit mehr zu wissen. Sie müssen nicht an mich glauben. Glauben sie weiterhin an den Himmelsfürst, wenn sie dies möchten und es ihnen Sicherheit gibt." erklärte Mutter Natur förmlich und Justina wurden diese Worte zu viel.
"Ich danke... Ich brauche Zeit für mich." Sie beendete das Gebet und lag vegetierend im Bett. Justina dachte immer zu an ihre Mutter, der es ähnlich ergehen musste. Sie war sich unsicher, ob sie ihre Berufung fortführen sollte, wenn sie nicht mehr hinter dieser stand.