Felicia konnte nichts sehen, aber sie konnte hören. Sie vernahm eine männliche Stimme. Eine, die sie nur zu gut kannte und gehofft hatte, diese nie wieder zu vernehmen.
"Das Herz unterscheidet Todesengeln von Todesgeistern. Ob es nur ein rein physischer Unterschied ist oder dieses Organ eine wichtige Funktion hat kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.", Es war Pauls Stimme. "Ich habe Kontakt zu einem Todesengel, doch es widerstrebt mir, ihr Herz zu verletzen. Das Risiko, dass dieses Herz eine Schwachstelle, eine tödliche Schwachstelle, darstellt, ist mir zu hoch. Ich möchte sie weder töten, noch dafür gerichtet werden. Trotzdem stellt sich mir die Frage, ob eine Verletzung des Herzens tödlich verlaufen kann."
Innerlich ballte Felicia die Hände krampfhaft zusammen.
"Anscheinend bekommst du Bastard jetzt deine Antwort darauf."
Die Heiler setzten alles daran, ihr Leben zu erhalten. Cedric war der Erste, der die Heilerabteilung betrat, als er von dem Angriff auf seine Frau hörte. Er war besorgt und wütend zugleich. Wütend auf den Angreifer, besorgt um seine Frau. Jayna war es, die ihn in Empfang nahm und zu Felicias Krankenbett brachte. Regungslos und ohne Bewusstsein lag sie im Bett. Ihre Arme lagen über der Decke neben ihrem Oberkörper und an diesen erkannte Cedric das Krankenkleid. Obwohl sie sich kannten wahrte Jayna das Sie in dem Gespräch.
"Ihrer Frau wurde das Herz durchbohrt. Eine solche Verletzung gab es bei einem Todesengel noch nicht.", erzählte Jayna und sah dabei auf ihr Klemmbrett. "Die Operation war erfolgreich. Ihr Herz regeneriert sich, allerdings kann ich Ihnen nicht sagen, wie lange dies dauern wird. Bis dahin liegt sie im Koma." Jayna blickte zu Cedric auf, welcher erleichtert schien. "Hauptsache ist, sie lebt und wird wieder gesund. Bis dahin werde ich warten." Er lief auf Felicias Krankenbett zu und strich über ihren Arm. "Ich finde diesen Typen, der dafür verantwortlich ist." flüsterte er und neigte sich runter, um ihr einen seichten Kuss neben die Lippen zu geben.
Nach seinem Besuch eilte er zur Gilde. Energisch eilte er in den Raum und suchte eine Audienz beim Sensenmann auf. In erster Linie wollte er mit Justin sprechen. Justin hatte gemerkt, dass eine Seele nicht geleitet wurde und war zum Ort des Geschehens geeilt. Dort fand er Felicias verwundeten Körper vor und brachte diesen zu den Heilern. Daraufhin gab er Cedric Bescheid.
Im Raum des Sensenmannes versuchte er Ruhe zu bewahren und Justin ahnte schon, dass Cedric ihn sprechen wollte. Cedric verneigte sich kurz und ging dann zu Justin, welcher bereits wartete. "Wie geht es ihr?" war Justins erste Frage und Cedric nickte. "Sie wird wieder." Justin freute sich für Cedric, als Cedric schon seinen Verdacht äußerte.
"Meine Frau war mit einem Herr Lovic unterwegs. Er wurde letztens erst wegen Verweigerung des Seelengeleits verurteilt. Ich denke er hat seine Chance genutzt und Felicia beim Geleit angegriffen." In Cedrics Gesicht regte sich kaum was. Justin nickte immer wieder und fasste sich überlegend ans Kinn. "Klingt plausibel. bringen sie ihn zur Anhörung gerne zur Gilde." Cedric verneigte sich leicht und nickte. Er verabschiedete sich und hatte sein nächstes Ziel vor Augen: Phil Lovic.
Energisch klopfte er an dessen Tür und wutentbrannt wurde ihm diese geöffnet. "Verpissen sie sich!!" brüllte Phil, doch Cedric ließ sich nicht einschüchtern. "Sie haben mit Felicia Dronner zusammen gearbeitet. Jetzt liegt sie im Krankentrakt. Wie erklären sie mir das?" Er verschränkte seinen Blick und sah Phil finster an.
"Was weiß ich. Sie drehen nur so ab, weil es ihre Fotze ist." entgegnete Phil und Cedric ließ die Beleidigung über sich ergehen. Deswegen wollte er nicht leichtsinnig werden. "Und jetzt verpiss dich endlich!" befahl Phil und wollte die Tür zuschlagen, doch Cedric war noch nicht fertig mit dem Gespräch. "Entweder Sie kommen mit zur Gilde und stellen sich oder spätestens wenn meine Frau wieder bei Bewusstsein ist werden Sie mit Konsequenzen rechnen müssen." Phil hob kurz die Augenbrauen. "Bist dir ja ziemlich sicher, mutig." Dann senkte er den Blick und lächelte. "Dann muss ich eben dafür sorgen, dass ihre Frau gar nicht mehr zu Bewusstsein kommt." Dabei nahm er seine Sense in die Hand.
"Dafür würde der Henker Sie richten." Als Cedric ihm diese Konsequenzen mitteilte zuckte Phil nur mit den Schultern. "Der kann mir sowieso nichts!" meinte er selbstbewusst und ließ sich nicht einschüchtern. "Also! Haust du jetzt endlich mal ab oder muss ich erst dafür sorgen?" Phil besaß keinen Funken Respekt vor Cedric.
Cedrics Gesichtsausdruck wurde kalt und seine Sense erschien an seiner Hand. "Dafür musst du dann wohl sorgen."
Im Treppenhaus hallte es und wurde laut durch die Sensen, die aufeinander schlugen. "Lass mich endlich in Ruhe! Ich habe dein Weibsstück nicht verletzt!" schrie Phil und hatte beide Hände um den Sensenstab gefasst, um Cedrics frontalen Angriff zu kontern. "Ha! Du kannst mich nicht töten, sonst würde dich der Henker ebenfalls richten!" rief Phil, während er dem Druck standhielt. Er weitete die Augen, als Cedric nur darüber lächelte.
"Wer sagt, dass ich dich töten will?" Phil rutschte nach hinten, als sich Cedric als der Stärkere erwies und fiel gegen die Wand. Cedrics Sense zog knapp an ihn vorüber. Phil stand auf und rannte auf Cedric zu. Im Lauf hob er den Arm mit der Sense. "Ich werde dir genauso ins Herz stechen!" brüllte er dabei, die Zähne biss er fest zusammen. Cedric wich dem Angriff aus und packte Phils Handgelenk. Phil verharrte in dieser Stellung. Gestochen scharf sah Cedric ihn an.
"Ich habe nie erwähnt, wo ihre Verletzung ist." Unbewusst hatte Phil sich selbst verraten und ballte die andere Hand zur Faust. "Sie kommen mit zur Gilde." wiederholte Cedric sich, bis Phil mit der Faust ausholte und Cedrics Magengrube zu treffen versuchte. Allerdings war Cedrics Reaktion schneller und er drehte Phils rechten Arm auf den Rücken. Phils Sense fiel auf dem Boden. Den rechten Arm umschloss er mit einer Kette, bevor er nach dem Linken griff und beide Arme hinter dem Rücken miteinander fixierte. Cedric ließ seine Sense verschwinden und nahm Phils in die Hand. "Wir werden nun zur Gilde gehen!"
In der Gilde verhängte Jeremy das Urteil. Phil Lovic wurde die Sense weggenommen. Ihm wurde der komplette Zugang zur Erde verwehrt. Er durfte nur noch die Arbeit eines Theoretikers nachgehen und dies erfolgte unter Josef Aufsicht. In kürzester Zeit hatte Herr Lovic gegen mehrere Regeln des Totenreiches verstoßen. Jeremy dankte Cedric für seinen Einsatz.
Alleine lief Cedric heim. Niemand wartete auf ihn und er konnte auf niemanden warten. Er nahm sich vor, seinen Söhnen morgen davon zu berichten. Jetzt musste er diesen Tag erstmal für sich selbst verarbeiten. Er setzte sich in das Klavierzimmer und versuchte seine Emotionen in einem Stück auszudrücken. Mit den Gedanken schweifte er immer wieder ab und dachte an Felicia. Er verspielte sich und ließ die Finger vom Klavier. Im Bad zog er sich ein weißes Nachthemd an, welches er lange nicht mehr getragen hat. Er erinnerte sich, wie Felicia dieses Kleidungsstück gerne in ihrer Schwangerschaft getragen hat. Es war ein altes Kleidungsstück. Mit diesem legte er sich ins Ehebett und machte es sich auf ihrer Seite des Bettes gemütlich. Dabei bemerkte er ein langes schwarzes Haar von ihr, welches er gedankenverloren ansah, bevor er es auf den Boden fallen ließ und einschlief.
Am nächsten Tag suchte er beide seine Söhne auf und teilte ihnen mit, dass ihre Mutter im Krankentrakt lag. Zuerst hatte er dies Frederic erzählt. Gemeinsam waren sie zu Fritz gegangen, um es ihm zu sagen. Cedric berichtete auch, dass derjenige, der dafür verantwortlich ist, seine Strafe bekommen hat. "Wenigstens etwas." murmelte Frederic mit verschränkten Armen.
Die Drei beschlossen ihre Mutter gemeinsam im Heilertrakt besuchen zu gehen. Dr. Bromerus empfing die Drei und brachte sie zu Felicia. "Ihr Zustand ist unverändert." teilte Elliot mit und Cedric sah, genauso wie ein Tag zuvor, eine bewusstlose Felicia im Krankenbett vor sich liegen. Er ging zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. "Ich habe unsere Söhne mitgebracht." wisperte er und Frederic war der Nächste, der seiner Mutter einen Wangenkuss gab. Fritz strich über Felicias Haar und sagte ihr, dass er sich wünscht, dass sie bald wieder auf den Beinen ist.
Nach einer kurzen Zeit verabschiedeten sich alle drei und liefen aus dem Heilertrakt. "Wenn du nicht alleine sein möchtest, komm vorbei. Ich habe noch ein Zimmer frei." bot Frederic an und Cedric war seinem Sohn für das Angebot dankbar. Seine Söhne begaben sich zurück auf die Erde, während Cedric alleine im Totenreich verblieb. Er überlegte, zu seinem Bruder zu gehen, stellte allerdings fest, dass dieser im Himmelsreich mit Alma war und Smeralda besuchten. Stumpf nahm er sich einige Akten, die er still in seinem Büro bearbeitete.
Er verlor sich etwas in dieser Arbeit. Der Gedanke alleine Zuhause zu sein widerstrebte ihn. Ein Klopfen an der Tür lenkte ihn ab. "Cedric? Ich bin es, Henrik!" vernahm er kurz darauf eine Stimme. "Komm rein!" rief Cedric und legte die Feder zur Seite. Henrik betrat das Büro und sah mitfühlend zu seinem Bruder. "Ich habe das mit Felicia gehört." erwähnte er und Cedric nickte. "Sie wird wieder, liegt aber aktuell im Koma und niemand weiß, wann ihr Herz sich vollständig geheilt haben wird. Es kann Tage oder Monate dauern.", Er seufzte und senkte den Kopf.
"Diese verdammte Ungewissheit."
Sein Bruder lehnte sich an Cedrics Schreibtisch. "Man hat mir auch erzählt, wer der Verantwortliche war und dass du ihn zur Rechenschaft gezogen hast." erwähnte Henrik und Cedric nickte daraufhin. "Er hat noch gemeint, der Henker könne ihm nichts." Cedric schmunzelte und überschlug ein Bein über das Andere. "Halte mich auf dem Laufenden. Wenn du Ablenkung bei einen guten Wein brauchst, weiß du, wo du mich findest." bot Henrik an und es machte Cedric innerlich glücklich, dass er eine Familie hatte, die hinter ihm stand und bei Sorgen für ihn da war. Henrik wusste, wie wichtig Felicia für Cedric war. Sie waren bereits über 100 Jahre verheiratet, hatten zwei Söhne und kannten jedes noch so kleinste Detail ihres Gegenübers. Genauso wie bei seinem Zwillingsbruder könnte Cedric nicht ohne Felicia leben. Er würde genau die kalte Mauer um sich wieder aufbauen, wie er es, bevor er Felicia kennenlernte, getan hat.
Henrik lenkte seinen Bruder mit einer Frage ab. "Dein Sohn Fritz wurde in seiner Lehre doch massiv niedergemacht. Wie hieß der Typ nochmal, der dafür verantwortlich war?" hakte Henrik nach und Cedric antwortete: "Alexander Malu."
Henrik lächelte erfreut. "Wusste ich es doch! Der wurde letztens zum Sensenmann gebeten und wird demnächst erlöst! Mir wurde nichts direktes mitgeteilt aber der Sensenmann wirkte, als würde Herr Malu in die Hölle kommen. Ich dachte das könnte für Fritz interessant sein." erzählte Henrik und Cedric dankte für die Infos. "Ich werde ihm die Info seines Onkels ausrichten." Beide lachten und Henrik fügte nur hinzu: "Es hat schon seine Vorteile, wenn der Zwilling der Gildenführer ist." Dabei legte er den Arm um Cedric und beide genossen diesen positiven Moment gemeinsam als Brüder.