Jeff blickte kurz zu den Notrufwählenden Passanten, als er die Auren der Zwei spürte und sich gelassen umdrehte. Ohne eine Miene zu verziehen, sah er zu Cedric, welcher ebenfalls die Ruhe weg hatte, aber monoton zu seinem Gegenüber blickte. "Guten Tag, Cedric. Ist das deine Nichte? Du hattest keine Tochter, wenn ich mich richtig erinnere." grüßte er lächelnd und Cedric antwortete nur mit einem leichten Nicken. "Ihr seht aus, als würdet ihr etwas von mir wollen, kann das sein?" hinterfragte Jeff und stemmte eine Hand an die Hüfte. Cedric ergriff das Wort. "Jeff, was sagen dir die Namen Markus Wilson und Yannis Krempenlauer?" hakte er kühl nach und Jeff überlegte. "Der Name Markus sagt mir war. Wir haben manchmal geredet, als seine Frau im Kampf gegen den Teufel starb. Er erzählte mir, wie glücklich sie gewesen waren, als ihre Tochter zur Welt kam, weil sie zu Lebzeiten nie Kinder gehabt hatten. Immerhin war ihr Laden pleite gegangen und sie nahmen sich daraufhin das Leben. Der Name Yannis sagt mir hingegen gar nichts." antwortete Jeff ehrlich und Alma erkannte, dass er ins Muster passte. Jeff wusste, dass Markus im Leben Suizid begangen hatte. Die Fragen von Cedric wurden diskreter. "Wo warst du, als beide Beteiligten tot aufgefunden worden sind?" Seine Stimme wurde lauter und Jeff überlegte. "Vermutlich geschlafen oder Seelen geleitet. Warum fragst du? Geht es um die Morde?" Weiterhin blieb Jeff, so gut es ging, ruhig. Er umfasste allerdings seine Sense etwas fester. Schließlich wurde Cedric genauer. "Du warst es, der mich angegriffen hat, weil ich dir im Weg stand, richtig? Ich bin mir sicher, dass wir bei dir daheim deine erste Sense finden werden." rief Cedric gerissen und Jeffs Gesicht verzog sich leicht. "Gut, ich gestehe ein, dass ich für die Morde verantwortlich bin. Sowohl wie für den an Markus, als auch an diesen kleinen Sensenschmied." Vor Wut weiteten sich Almas Augen und sie biss die Zähne zusammen. Beide Hände waren zu Fäusten geballt. Cedric streckte den Arm aus, um sie zurück zuhalten. "Bleib ruhig." zischte er und Almas Blick wurde lockerer. Weiterhin sah Cedric zu Jeff. "Hört mich an, warum, denn dann werdet ihr es verstehen." bat er aufrichtig und Cedric gewährte ihm, zu sprechen.
"Es fing alles an, als ich 14 war und meine Mutter tot auffand. Sie hatte sich erhängt und wie sich später rausstellte, hatte sie Schulden und wollte sich so aus dieser Misere retten. Dieser Tag veränderte mich komplett und ich fing an, mich mit dem Tod intensiv auseinander zu setzen. Ich arbeitete in der Thanatologie und wie der Zufall es wollte, traf ich auf viele Menschen, welche später Selbstmord begingen. Für viele hatte ich Verständnis, unteranderem bei denen, die nichts mehr hatten, durch eine Krankheit oder Verlust gezeichnet waren und man sich fragte, warum der Tod sie nicht endlich erlöst." Jeff seufzte und senkte den Blick. "Eine Frau bedeutete mir besonders viel und nach ihrem schweren Schicksalsschlag, versuchte auch sie sich umzubringen. Ich hielt sie davon ab und verstand immer mehr, wie kaputt irgendjemand sein musst, dass er nur noch den Tod als Ausweg sieht, weil ihm das Leben nichts mehr bietet. Was in diesen Menschen vorgeht, ist für viele unverständlich und der Mensch tut, was er oft tut, wenn er Dinge nicht wahrhaben möchte: er verleugnet diese, spielt sie hinunter und hält sich fern davon, grenzt diese Personen vielleicht noch aus. Dabei brauchen sie Hilfe, jemanden an ihrer Seite, um zurück ins Leben zu kehren. Ich stand ihr bei und auch wenn sie diese Narben für immer begleiten werden und sie ihre nachdenklichen Momente hat, stand sie doch stärker im Leben, als zuvor." Cedric und Alma hörten Jeff bei seiner Erzählung genau zu. Dieser lockerte seine Haltung und erinnerte sich an sein früheres Leben. Für die Todesengel klang es sehr danach, als sei Jeff ein sehr netter Mensch gewesen. Warum war er also im Zwischenreich und ein Sünder?
"Ich liebte diese Frau und sie schenkte mir sogar einen Sohn. Sie war unfassbar glücklich, als sie ihn auf dem Arm hielt, das werde ich nie vergessen." Ein kleines stolzes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, bevor er sich traurig an früher erinnerte. "Durch einen dummen Zufall erfuhr ihr damaliger Ex-Mann, ein Schläger, von ihrem jetzigen Leben und lauerte ihr auf. Natürlich wollte ich sie beschützen, doch die Situation ist etwas ausgeartet und bei einer dummen Handbewegung stürzte dieser nach hinten und stieß sich so sehr den Kopf, dass er daraufhin starb. Es war ein Unfall, doch ich fragte mich, ob es Schicksal oder ich ein Mörder war. Ich hätte niemals beabsichtigt, ihn zu töten. Ist es Mord, wenn jemand bei einen Konflikt durch einen Unfall stirbt oder war seine Zeit einfach gekommen? Besonders als ich ihr geschocktes Gesicht sah, überkam mich das schlechte Gewissen. Sie konnte all dies nicht ertragen, rief die Polizei, nahm unseren Sohn und verließ mich. Ich nehme es ihr nicht übel. Daraufhin lebte ich alleine und vernachlässigte mich in der ersten Zeit, gab mich den Dämonen wie dem Alkohol hin, doch ich wollte wieder Fuß fassen und es hinter mir lassen. Wie es dann aber so ist, hat das Schicksal manchmal eben andere Pläne und ich starb kurz darauf bei einem Unfall, indem ein LKW-Fahrer mich übersehen hatte. Ich kam hierher und war fasziniert vom Leben nach dem Tod, worüber ich mir jahrelang Gedanken gemacht hatte."
Gedankenverloren seufzte Jeff. "Allerdings erkannte ich sehr schnell viele der Menschen wieder, die einst Selbstmord begangen haben und lernte in der Lehre über diesen Suicide Hangman. Ich wurde ein wenig unverständlich und fand es nicht gerecht. Menschen, die im Leben vielleicht nichts getan haben und nur vom Schicksal bestraft werden, sollen für ihren Selbstmord hier ihre Strafe absetzen? Ich fand es grausam, immerhin litten sie darunter und wollten auch nur Erlösung. Es gibt viele, die zu kämpfen versucht haben, aber immer eines reingewürgt bekommen haben. Irgendwann haben sie aufgegeben. Ist es dann nicht eher die Schuld vom Himmelsfürst, dass sie sich das angetan haben, wenn er ihnen nur Schlimmes widerfahren lässt? Und dann lässt er sie auch noch weiterleiden, gibt ihnen eine Strafe für etwas, was sie laut ihm verbrochen haben, obwohl er selber Schuld daran ist!" Graue Wolken zogen auf und ein Donnergrollen ertönte, als Jeff diese Worte tätigte. Es wirkte, als hätte Jeff damit gerade den Zorn des Himmelsfürst auf sich gezogen. Jeff schien dies egal zu sein und er umfasste seine Sense wieder fester. "Ihr wollt mich jetzt sicher festnehmen, richtig?" fragte Jeff und machte sich kampfbereit. Cedric merkte, dass Jeff sich nicht ohne weiteres ergeben wollte.
Auch die Todesengel machten sich kampfbereit und schließlich tätigte Jeff den ersten Angriff und sprintete auf Cedric zu, die Sense gerade zu auf Cedric gehalten! Mit einem direkten starken Schlag wehrte Cedric die Sense von der Seite ab und Alma stieß von rechts mit dem Fuß gegen Jeffs Hüfte. Er stürzte auf die Straße, stand schnell wieder auf und sprang in die Luft, um Cedric von oben mit der Sense durch den Körper zu stoßen, doch Cedric wich zur Seite und Jeffs Sense erwischte nur den Asphalt. Ein wenig erzürnt blickte Jeff zu Cedric und schwang seine Sense in Cedrics Richtung, als dieser näher trat, doch Cedric wich schnell zurück und wich dem Angriff aus. In der Zwischenzeit, wo Jeff durch Cedric abgelenkt war, kam Alma und trat kräftig gegen seine Taille. Ein schneller weiterer Tritt folgte gegen den Rücken, doch Jeff konnte sich halten und fiel nicht zu Boden. Er drehte sich um und ging mit der Sense auf Alma los, welche seine Angriffe geschickt abwehrte. Sie duellierten sich in diesen reinen Sensenschlagabtausch, bis Jeff die Oberhand hatte und Alma mit der Sense runter drückte. Sie biss die Zähne zusammen, um dagegen anzukommen, als ein helles Licht erschien und die kleinen Engel kurzerhand ihren Sensenstab umfassten und gegen an drückten.
Die kleinen Engel waren sehr stark und Jeff kam dagegen nicht an. Er wich zurück. Alma grinste die Engel an. "Danke euch!" sagte sie, beide nickten und verschwanden wieder. Jeff schaute weiterhin zu Alma, als er Cedrics Sensenklinge an seinem Hals spürte, vorsichtig nach hinten sah und kurzerhand auch Almas Klinge verspürte. Er merkte, dass er da nicht rauskam und ließ die Sense fallen. Cedric hatte seine Hände aneinander, während Alma ihre Stellung behielt. Mit einem kühlen Ausdruck nahm Cedric die Sense von Jeff zur Hand und öffnete mit der eigenen ein Flügelportal. Sie kehrten zur Gilde zurück.
Mit verschränkten Armen hatte der Gildenführer sie bereits erwartet und Henrik war erfreut, als er rausfand, dass sie erfolgreich waren. Bei Alma lächelte er stolz und ließ sie in den Raum des Todes eintreten. Der Tod war ernst bei ihrer Erscheinung, war innerlich allerdings sehr stolz auf beide. Cedric übernahm das Wort und berichtete von allem. Aufmerksam hörte der Sensenmann zu und bat seinen Gehilfen Josef mit eiserner Stimme: "Bring Herr Jeff Basner bitte in den Henkersraum!"
Ohne Widerworte tat Josef, wie ihm befohlen wurde und wehrte sich kaum. Cedric hatte ebenfalls eine Bitte an den Tod und fragte ihn, ob er einen Schlüssel für Jeffs Wohnung haben dürfte, um nach einem letzten Beweismaterial zu schauen. Der Tod genehmigte ihn dies und der kleine Sensenmanngeist folgte Cedric und Alma zur Wohnung und schloss die Tür auf. Cedric bedankte sich bei dem Gehilfen und sah sich in der Wohnung um, als sie im Wohnzimmer auch schnell fündig wurden. An der Wand hing die schmale Sense, mit welcher Cedric angegriffen wurde. Er nahm diese mit und kehrte gemeinsam mit Alma zum Tod zurück, um sofort Bericht zu erstatten. Henrik erfuhr in der Zwischenzeit von allen Details und dachte darüber nach. Beide kehrten zurück und Josef nahm das Beweisstück entgegen. Der Sensenmann wandte sich an das Duo. "Ich danke euch sehr für die Aufklärung dieser Morde. Besonders dir, Alma. Ich bin sehr stolz auf euch. Ihr dürft nun gehen, der Rest wird der Henker erledigen. Herr Basner hat vor Josef seine Taten noch einmal gestanden." Cedric und Alma verbeugten sich vornehm und fühlten sich von dem Lob geehrt, aber auch ein wenig beschämt. Besonders Cedric sah es als seine Aufgabe an, für Ordnung zu sorgen. Er bedankte sich lobend bei Alma, welche stolz grinste und sich darüber freute, dass sie helfen konnte.
In der Gilde kam Henrik auf beide zu und drückte beide vor Erleichterung an sich. Auch er sprach sein Lob aus und merkte seiner Tochter an, dass sie eine Last weniger hatte, weil sie wusste, dass der Mörder von Yannis gefasst und seine gerechte Strafe bekommen würde. Alle drei tranken zur Beruhigung ein Glas Wein, bevor Cedric zu Felicia heimkehrte.
Erleichtert und unter Tränen fiel sie ihrem Mann in die Arme und küsste ihn innigst. "Ich bin so froh, dass euch nichts passiert ist!" rief sie und lächelte unter Tränen. Cedric rührte diese Zuneigung und er umarmte Felicia, hob sie auf die Arme und stupste ihre Nase mit seiner. "Ich liebe dich." hauchte er, küsste sie und setzte sie aufs Sofa ab, wo er ihr ausführlich von dem Gespräch und dem Kampf erzählte. "Und nun?" fragte Felicia, obwohl sie die Antwort bereits kannte. Cedric antwortete ihr ruhig: "Der Henker wird ihn richten."
Es war der 7.8 und der Tag von Jeffs Hinrichtung. Mit einem eiskalten Blick betrat der Henker die Gilde, welche sich daraufhin verschloss. Henrik war als Gildenführer dort und verbeugte sich zur Begrüßung nur. Der Henker redete kein Wort und seine Augen spiegelten keine Gefühle wieder. Er betrat die Tür zum Henkersraum und verhüllte seine Gestalt. Die schwarzen Handschuhe umfassten den Sensenstab der Henkerssense und der Henker wartete vor der Holztür. Josefs laute Stimme verteilte das Urteil. "Herr Jeff Basner, für den zweifachen Verstoß gegen die Regel Todeswesen dürfen sich, aus welchen Gründen auch immer, gegenseitig nicht töten, werden Sie zur Todesstrafe verurteilt und vom Henker hingerichtet!" Daraufhin öffnete der Henker die Holztür und blickte zum auf dem Boden sitzenden Jeff, welcher wutverzerrt war, aber auch leicht grinste. "Ich werde dafür hingerichtet, dass ich andere von ihrem Leid erlöse... Das ist wirklich ungerecht..." Jeff seufzte, bevor er schmunzeln musste und der Henker innehielt. Der Verurteilte grinste, sprang auf und trat mit voller Wucht gegen den Brustkorb des Henkers!
Sofort war Josef zur stelle und apckte Jeffs rechtes Bein, zog daran und Jeff stürzte zu Boden. Der Henker wich zurück und hielt sich mit der linken Hand den Brustkorb.
In der Gilde verspürte Henrik einen leichten Schmerz in der Brustgegend, weitete die Augen und spurtete sofort los in den Henkersraum. Der Henker umfasste die Sense fester und wollte Jeff richten, als dieser mit einem fiesen Lächeln sagte: "Richtet mich nur hin, aber die Morde werden dadurch nicht aufhören!" Sofort wurden Josef und der Henker hellhörig! "Ihr richtet mich zurecht wegen Mordes, jedoch nicht wegen dem Mord an zwei Todeswesen. Ich habe Markus nicht getötet." Jeff hielt inne, als Josef barsch befahl: "Sprich weiter!!"
"Wir sind eine Gruppe, die es sich zum Ziel gemacht hat, die Opfer von Suicide Hangman zu erlösen!" sagte Jeff mit einem siegreichen Lächeln und die Beteiligten waren nicht erfreut, dies zu erfahren. "Rede weiter!!" rief Josef befehlshaberisch, doch Jeff sagte selbst nach einigen Minuten gar nichts. "Richte ihn!" befahl Josef schließlich. Immerhin war Jeff immer noch ein Mörder. Der Henker hob die Sense an und Jeff blickte auf. Seine Augen funkelten vor Wut, aber auch vor einem erfolgreichen Sieg. Ohne Emotionen war der Henker bereit, die Todesstrafe zu vollstrecken und kurz bevor er Jeff den Kopf abschlug, sagte dieser: "Wir sind Redemptor Noster!"
Akt 6 Redemptor Noster I Ende