! Triggerwarnung !
In diesem Kapitel wird das Thema körperliche Übergriffigkeit/sexualisierte Gewalt angesprochen. Diese Inhalte könnten belastend oder retraumatisierend sein. Bitte achte auf deine emotionale Gesundheit und sei vorsichtig, wenn du weiterlesen möchtest!
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------
»Dorzar!«, hauchte ich, unfähig, mich gegen den Dämon zu wehren, der mich fest an seine Seite presste und mit sich schleifte. Sein Griff war so fest, dass er fast schmerzte. Wo kam er her? Was machte er hier? Hatte er sich eingeschlichen? Oder war auch er ein Gast?
»Lass mich los!«, flehte ich, während ich verzweifelt nach Jason oder jemand anderem Ausschau hielt. Doch weder der Brasilianer noch sonst wer schien meine Notlage zu bemerken.
Moment, halt, die - die Kameras! Sie - jemand musste das doch sehen! Irgendwer musste erkennen, was hier passierte! Warum also kam keiner?!
»Ich will nur nett plaudern, also mach keine Szene! Wenn du schreist, breche ich dir alle Knochen!«, raunte Dorzar mir von hinten drohend ins Ohr.
Mein Verstand arbeitete nur träge, doch die Todesangst, die mich befiel, war klar und überwältigend. Angstschweiß brach mir aus. Niemand war hier, um mir zu helfen. Ich war dem Dämon vollkommen ausgeliefert.
So blieb mir nichts anderes übrig, als mich von Selenes Diener die mit dunkelblauem Samt überzogene Treppe hinaufschieben zu lassen. Auch in der Galerie des Obergeschosses lag blauer Teppich auf dem Boden und neben jeder Tür stand ein Tischchen mit Schnittblumen. Am Ende des Gangs entdeckte ich zwei grüne Ledersessel, die ziemlich einladend wirkten. Das Deckenlicht zweier kleiner Kronleuchter ging durch einen Bewegungssensor an.
Ich weiß gar nicht, warum ich mich so auf die Details der Galerie fokussierte. Vielleicht, um irgendwie mit der Situation klarzukommen.
Ich versuchte noch, mich am Treppenpfosten festzuhalten, doch meine Finger rutschten an dem glatt polierten Holz ab. Dorzar führte mich bis zur ersten Tür, und ich wagte meinen ersten und letzten Fluchtversuch. Doch der Dämon hatte meine Absicht längst erkannt und schlang mir blitzschnell einen Arm um die Taille.
Die pure Panik ließ mich seine Warnung von eben völlig ignorieren. Ich schrie auf, doch kaum eine Sekunde später presste Dorzar mir fluchend seine Hand auf den Mund und dämpfte meinen Schrei zu einem dumpfen Wimmern. Mit einem Ruck stieß er die Tür auf und schob mich in das Zimmer hinein. Ich hörte ihn leise knurren, bevor das Deckenlicht anging.
Der Raum war komfortabel eingerichtet, mit einem eleganten Bett, zwei Nachttischchen und einem Wandschrank, dessen Tür halb geöffnet war.
Flach durch die Nase atmend stand ich da, während Dorzar mich nach wie vor an sich drückte und sich kurz umsah. Erst dann schaute er auf mich hinab und drohte leise: »Letzte Warnung, Jenny. Kein weiterer Laut von dir, sonst gebe ich dir gleich einen richtigen Grund zum Schreien. Nicke, wenn du das verstanden hast.«
In panischer Hast nickte ich. Mein Herz schlug in einem wilden Stakkato. Was hatte er nur vor?
Langsam nahm Dorzar seine Hand von meinem Mund. Ohne Vorwarnung versetzte er mir im nächsten Moment einen Stoß, der mich auf das Bett katapultierte. Ich fiel auf der anderen Seite des Bettes zu Boden. So schnell ich konnte, rappelte ich mich auf, doch das Zimmer drehte sich durch den Alkohol vor meinen Augen. Dorzar schob eine Hand in die Tasche seiner schwarzen Anzughose und schloss mit einer fast beiläufig erscheinenden Art und Weise ab. Das metallische Klicken bewegte mich dazu, mich an die Wand in meinem Rücken zu pressen. Oh Gott, was sollte ich nur tun?
Er wandte mir den glimmenden Blick seines übrig gebliebenen Auges zu und musterte mich von Kopf bis Fuß.
»Da verbringe ich die letzte Woche damit, herauszufinden, wie und wo ich dem Erzengel in Erdgeschoss unter uns auflauern kann, um mich für sein Eingreifen letztens zu rächen - und wer läuft mir stattdessen in die Fänge? Das Subjekt der Begierde meiner Herrin. Was ein Zufall, nicht wahr? Was machst du hier ganz allein, ohne deinen eifrigen Beschützer?«, raunte der Dämon.
Die Panik in mir vervielfachte sich.
»Was hast du mit mir vor? Warum sind wir hier?«, fragte ich mit zitternder Stimme, ohne auf seine eigenen Fragen einzugehen. Dorzar lockerte seine schwarze Krawatte und kam mit einem bedrohlichen Grinsen um das Bett herum auf mich zu. Sein Auge glühte im Halbdunkel rötlich, und die Knochenstruktur seines Kiefers blitzte durch.
»So viele Fragen! Warum setzt du dich nicht erst einmal?«
Er packte meinen Arm, zog mich von der Wand weg und drückte mich auf das Bett. Atemlos rutschte ich auf der Matratze nach hinten, in Richtung des Kopfteils. Dabei verlor ich meine Schuhe.
Dorzar stützte sich mit seinen Knöcheln auf dem Bett ab und folgte mir langsam, als würde er eine Beute jagen. Die Freude, die ihm das Ganze zu bereiten schien, war unverkennbar. Er drängte mich immer weiter nach hinten, bis ich schließlich gegen das Kopfteil stieß und mich mit nach hinten überstrecktem Kopf dagegenpresste. Mein Atem ging stoßweise und ich hoffte inständig, dass irgendjemand die Tür öffnen würde.
Der Dämon kam mir näher, sein Gesicht verriet, dass er genau wusste, welche Angst er in mir auslöste. Leise auflachend legte er eine Hand auf mein rechtes Knie. Sofort zog ich es weg.
»Es ist schon lustig, oder?« Seine Stimme war ein gefährliches Flüstern. Als ich nicht antwortete, schoss seine Hand vor, packte meinen Kiefer und bog ihn mit einem animalischen Zischen zur Seite. Vor Angst kniff ich die Augen zusammen. Dorzar knurrte in mein Ohr: »Willst du mich denn gar nicht fragen, was so lustig ist?«
Meine Unterlippe bebte, als ich stammelte: »Was... was ist lustig?«
Der Dämon legte den Kopf schief, und sein verbliebenes Auge funkelte hönisch, während er mir eine Träne von der Wange wischte.
»Dass ich jetzt mit dir machen kann, was ich will, und du wirst mir gehorchen, weil du keine andere Wahl hast.«
Seine Hand wanderte zu meiner Kehle, und im nächsten Augenblick drückte er langsam zu. Die Luft wurde mir abgeschnürt, und ich konnte kaum noch sprechen. Ich krallte meine Hände in seinen Arm.
»Wieso sollte ich das tun? Nighton wird dich töten!«, röchelte ich und versuchte verzweifelt, nach Dorzar zu treten. Doch er lachte nur, ein bedrohliches, tiefes Lachen, das meine Angst nur noch schürte.
»Er wird nichts davon erfahren-«, raunte er mit lauter werdender Stimme, wobei sich sein Mund zu einem Grinsen verzog, »-weil du ihm nichts sagen wirst!« Seine Augen glühten vor Wahnsinn, und ich konnte den irren Blick in seinem Auge nur schwer ertragen. Trotzdem kämpfte ich weiter gegen seinen Griff an. Mein Blick flackerte zur Decke, während ich um Atem rang.
»Doch, ich werde es ihm sagen!«, brachte ich unter Aufbietung meiner letzten Kraft heraus.
»Nein, das wirst du nicht.« Er grollte wütend. »Denn wenn du es tust, werde ich Klein-Anna töten... deinen langweiligen Bruder... und deinen alten Vater. Es würde mich oder meine Schwester kein Fingerzucken kosten, sie alle von einer Meute gieriger Bestien zerfleischen zu lassen. Willst du das? Schau mich an!«
Er ließ abrupt meinen Hals los und packte stattdessen meinen Kopf, seine Finger schmerzhaft in meine Schläfen grabend. Ich wehrte mich heftig, doch es war zwecklos. Dorzar schüttelte mich einmal und zischte heiser: »Ich sagte, schau mich an!« Er bebte am ganzen Körper vor unterdrückter Raserei. Mit zitternden Armen stützte ich mich auf dem Bett ab und hob meinen Blick, um ihm direkt ins Auge zu sehen.
»Glaubst du, dass du hier die Kontrolle hast? Ich könnte deine ganze Familie auslöschen, ohne mit der Wimper zu zucken. Willst du das wirklich riskieren? Oder denkst du etwa, ich scherze?!«
Ich schluchzte auf. »Nein!«
Dorzar verringerte den Druck seiner Hände ein wenig und sein Lächeln wurde sanft, fast kälter. Die starke Anspannung, die ihn eben noch im Griff gehabt hatte, verschwand.
»Gut. Bevor ich dir mehr von dem Plan der Herrin erzähle, lass mich dir noch einen weiteren Grund geben, warum es besser wäre, den Mund zu halten.«
Schnell sprang Dorzar auf, ging ans Fußende des Bettes und packte meine Fußgelenke. Mit einem Ruck zog er mich vom Kopfteil weg, sodass ich flach auf dem Rücken landete. Ein erschrecktes Keuchen entfuhr mir.
»Du hattest schon immer etwas an dir, das mich fasziniert hat, Jenny. Schon als du noch ein Yindarin warst, habe ich von solchen Momenten geträumt. Nur war es bisher unmöglich, an dich heran zu kommen«, raunte er mit einem diabolischen Grinsen. »Manche Träume erfüllt man sich eben gerne.«
Er setzte sich auf meine Mitte. Das Gewicht seines Körpers machte es mir schwer, mich zu bewegen. Sein Lächeln wurde noch grausamer, als er sich über mich beugte, meine Handgelenke packte und sie kraftvoll in die Laken drückte. Mein Herz raste und ich fühlte mich kraftlos, als ob die Welt sich unaufhörlich um mich drehte.
Ich wollte schreien, wollte Dorzar treten, mich befreien, doch die Verzweiflung und die Angst lähmten mich. Der Dämon senkte seinen Kopf und biss mich brutal ins Schlüsselbein. Schmerz durchzog meinen Körper und eine Welle des Ekels brach in mir aus. Ich strampelte mit den Beinen, versuchte, ihn von mir herunterzustoßen, doch seine Griff war unnachgiebig.
Ein panisches Aufheulen entfuhr mir, als ich mich mühselig aufzubäumen versuchte.
»Hör auf! BITTE!«
Dorzar legte mit einem sanft gehauchten »Scht« seine Hand auf meinen Mund und erstickte jeden Laut, den ich von mir geben wollte. Tränen der Hilflosigkeit sammelten sich in meinen Augenwinkeln und liefen an meinen Schläfen hinab.
Was hatte er vor? Wollte ich das überhaupt herausfinden?
Plötzlich hörte ich ein reißendes Geräusch, gefolgt von einem scharfen Ruck, der durch meinen Oberkörper ging und mich kurzzeitig erstarren ließ. Ein Luftzug strich über meinen Bauch, und im nächsten Moment spürte ich Dorzars Mund dort. Er begann, zärtlich an der empfindlichen Haut meines Oberbauchs zu beißen – nicht fest, aber unangenehm genug, um mir einen dumpfen Schrei zu entlocken. Instinktiv biss ich ihm in die Hand, die er fluchend zurückzog.
Das war meine Chance. Warnung hin oder her.
»JASON, OWEN, IRGENDW...« Mein Schrei wurde abrupt unterbrochen. Dorzars wütendes Gesicht beugte sich über mich. Ich wimmerte in seine Hand, die wieder fest meinen Mund bedeckte. Sein Blick wanderte zur Seite, als würde er lauschen. Ich betete indes inständig, dass Jasons scharfes Gehör mich vernommen hatte.
Erst nach ein paar Sekunden blickte Dorzar mich wieder an. Verachtung, Ärger und eine grausame Vorfreude spiegelten sich in seinen Augen, während er leise knurrte: »Was an 'Ich breche dir alle Knochen, wenn du schreist' war nicht zu verstehen?«
Mit einer schnellen Bewegung packte er mein Handgelenk, richtete sich über mir kniend auf und zog es grob in die Höhe. Ein stechender Schmerz durchzuckte meinen Arm, als er mein Handgelenk in eine unerträgliche Position verdrehte. Ich versuchte verzweifelt, mich zu winden und mich von seinem Griff zu befreien, doch Dorzar ließ sich nicht beirren. Seine Finger umschlossen mein Handgelenk wie eine eiserne Zange, und mit einem brutal entschlossenen Ruck hörte ich das schreckliche Knacken von Knochen, das durch den Raum hallte.
Der Schmerz war überwältigend. Ein zerrender, alles durchdringender Schmerz, der mich fast das Bewusstsein verlieren ließ. Ich schrie in Dorzars andere Hand hinein, die immer noch meinen Mund verschloss. Der schaute zufrieden auf die nun verzerrte und unnatürlich gebogene Form meines Handgelenks, mit dem er einige Male hin und her wackelte, als wäre es aus Gummi.
Ein richtig glückliches Lächeln machte sich auf seinen Zügen breit.
»Also das hat mir jetzt gutgetan. Wie gut, dass ich in der Heilung bewandert bin, so können wir das immer und immer wieder machen. Vielleicht hilft dir das ja, mir besser zuzuhören«, sagte er und ließ meinen Arm los. Die Schmerzen schossen weiter durch meine Hand und mein Unterarm, während ich ihn an mich zu pressen versuchte.
Warum half mir niemand?
Wo waren alle?
War ich ganz allein?
Dorzar stand auf und schleuderte mich in einer ruckartigen Bewegung vom Rücken auf den Bauch. Ich wusste gar nicht mehr, wie mir geschah und versuchte einfach weiter, mich unter seinem unerbittlichen Griff zu befreien, aber es war vergeblich. Meine Kraft konnte nicht gegen seine überwältigende Stärke ankommen.
Ich war eben nur ein Mensch.
Mit einem festen Griff packte Dorzar in mein Haar und zog meinen Kopf nach hinten. Mein Nacken war in einer schmerzhaften Position, und ich spürte, wie er sich über mich beugte. Sein heißer Atem strich über mein Ohr, während seine Stimme in einem bedrohlichen Flüstern zu mir drang: »Hör mir jetzt gut zu. Nächste Woche Donnerstag auf Freitag ist Neumond. Der ist nötig für dein Ritual. Um Mitternacht erwarten wir dich allein in Harenstone. Und damit du auch niemandem eine Silbe davon erzählst, schließlich willst du doch nicht, dass deiner Familie etwas zustößt...«
Er zog den gerissenen Saum meines Kleides nach oben, bis er weit über mein Hinterteil gezogen war. Der kalte Luftzug und der schockierende Akt brachten ein verängstigtes Heulen über meine Lippen.
»Du weißt, ich bluffe nicht«, murmelte Dorzar, während er mein Gesicht ins Kissen drückte. Der Schmerz und die Demütigung überwältigten mich.
Und wer weiß, was dann passiert wäre. Doch das musste ich nicht herausfinden.
Die Tür krachte auf.