Ein großer Teufel, der Merkmale einer Spinne aufwies vernahm, wie er beschworen wurde und folgte den Beschwörungen. Die Gestalt baute sich mehrere Meter über Rin auf und sie spürte, dass eine große Macht von ihm ausging und erkannte, dass mehrere spinnenähnliche Dämonen sich gleichzeitig von seinen spinnenartigen Fühlern befriedigen ließen. Irgendwie fühlte Rin, dass sie zu ihm musste und der Teufel führte das Ritual fort. "Können wir nichts tun?" flüsterte Gamia ängstlich und Gina schüttelte den Kopf. Das Ritual kam zum Höhepunkt, als Rins Herz mit einem spitzen spinnenartigen Stachel von Mactans durchstochen wurde. Gina wollte ihrer Tochter den Anblick ersparen und wartete einen Moment.
Plötzlich schlug Rin die Augen auf, welche beide hellblau leuchteten, jedoch nur kurz, denn ihre Augen verschwanden und ihr Körper wies daraufhin keine Ähnlichkeiten mehr zu einen Menschen auf, sie besaß eine vollständige Höllenform.
Laut ertönte Adrians düstere Stimme: "Sie hat sich selbst verschlungen und ihre eigene Seele, die letzte Menschlichkeit, die sie besaß, vernichtet!!!"
Die Höllenwesen freuten sich allesamt auf ihre Art und Weise. Mactans beugte sich über Rin und Nebelschwaden verschlangen beide zusammen. "Ich, Mactans, bin dein Gebieter! Du wurdest von einen meiner Dämonen erst sündhaft geschaffen, dafür haben wir sie zerstört. Jetzt bist du ganz mein und unterstehst mir!!" flößte Mactans ihr ein und ein lauter lustvoller Schrei ertönte von Rins klauenartigen Mund. "Ihr habt richtig gehandelt, Gebieter!! Menschen sind uns unterlegen, wir sind die höchstgestellten und mächtigsten Wesen, die existieren!" lechzte sie und Mactans sprach weiter mit ihr. "Der Dämon, hat dich zwar beschworen. aber du bist durch Menschenhand geschaffen worden. Niemals stellen wir uns unter!!" Mactans und Rin vergnügten sich weiter miteinander, bis sie ein wehleidiges Stöhnen vernahmen. "Der Höllenfürst ist mächtig und kann alles erschaffen! Schau, er hat sogar eine Familie kreiert."
Daraufhin linste Rin zu einem Wesen, dass wie drei zusammen gewachsene Menschen aussah, zum Teil von schwarzen und weißen Federn übersät und verkrüppelt zuckenden übrig gebliebenen Flügeln. Man konnte nicht erkennen, wo der Körper anfing oder endete, noch zu welcher Person welches Körperteil gehörte. Eine etwas weibliche Gestalt war eine Seele, die Rin spüren konnte. Eine egoistische, nur auf ihre eigenen Vorteile bedachter Charakter fühlte Rin und spürte einen gefallenen hochmutigen Engel. Die letzte Aura war die eines Halbtodesengel.
Die Familie stöhnte und schrie schmerzlich und Mactans grinste boshaft. "Sie alle spüren sich genau und sind sich dessen bewusst!" Rin lachte verzerrt und finster über diese Familie, bevor sie ihre Aufmerksamkeit weiter Mactans schenkte.
Kurz nach Rins vollendeten Ritual waren Gina und Gamia aus der Hölle entflohen. Norbert hatte ein schlechtes Gefühl und als er die beiden ohne Rin wiederkommen sah, musste er seine Tränen zurückhalten. Gina trat mit gesenkten Kopf zu ihm und berichtete ihn von der Tatsache. "Das Böse hat diesmal leider gewonnen."
Bestürzt und fertig mit den Emotionen trottete Norbert ins Haus, blickte in Rins Zimmer und dachte an alle, was sie bis jetzt zusammen erlebt hatten und da konnte er seine Tränen nicht verbergen. Er wusste, was sie war, aber er hatte seine Tochter komplett an die Hölle verloren.
Sofort umarmte Niklas seine Freundin, als sie zurück war und Gina ausführlich gefragt hatte, wie es ihr ging, da die Erfahrung in der Hölle eine ganz eigene war. Gamia hatte dies allerdings gut weggesteckt und musste sich auch von ihrem Vater anhören, dass sie so etwas Unüberlegtes nie wieder tun soll. Erleichtert drückte er sie fest an sich und Gamia tat es sehr leid. "Tut mir leid, ich habe nicht nachgedacht und nur gehandelt."
Die nächsten Tage waren sehr schwierig für Norbert, besonders als Jakob noch vorbei kam und nach Rin fragte, bis er erschütternd erfuhr, dass sie nicht mehr war und musste sich auch damit abfinden, denn er war in Rin verliebt gewesen.
Norbert sah man seine Trauer richtig an und er war auch nicht mehr motiviert bei den Schafen dabei. Er vermisste Rin wirklich sehr und der Gedanke, dass sie als Dämon in der Hölle weilte, munterte ihn nicht wirklich auf. Schließlich näherte sich das Weihnachtsfest und auch wenn Rin diese Feste nie interessiert hatten, empfand Norbert es doch als ungewohnt, diesmal komplett alleine zu sein.
"Wollen wir Weihnachten zusammen feiern?" fragte Niklas Gamia motiviert, die ihn überrascht ansah. "Wir feiern in der Totenwelt keine Feste und müssen normal unsere Tätigkeit machen." erklärte sie schmunzelnd. "Aber das können wir machen, ich komme, nach dem ich meine Arbeit verrichtet habe, natürlich gerne zu dir." Beide küssten sich und Niklas freute sich. "Deine Eltern dürfen selbstverständlich auch kommen." bot er an, als Gamia etwas einfiel und sie grinsend fragte: "Meine Großeltern möchten dich auch kennenlernen. Dürfen sie auch kommen?" Niklas überlegte und nickte dann. Bevor Gamia zur Totenwelt verschwinden wollte, hielt Niklas sie noch einmal auf. Er beugte sich zu ihr und sagte: "Wir möchten Norbert auch einladen, er ist immerhin alleine und soll Weihnachten nicht so verbringen."
Diese Idee fand Gamia sehr schön. Gamia berichtete ihren Großeltern von der Einladung und sie freuten sich sehr darüber. Daheim erzählte sie ihren Eltern von dem Fest und Gina grinste freudig. "Das erinnert mich an die ganzen Weihnachtsmärkte und den Glühwein! Ich sag doch, du hättest immer mal mitkommen sollen!" schmunzelte Gina und an ihrem Gesichtsausdruck erkannte man, dass sie an die Zeiten vor Fritz dachte.
"Ich habe mich an diesen Tagen so gerne unter die Menschen gemischt und mit ihnen Unfug angestellt. Ich hatte schon einige dumme Ideen, auf die man nicht stolz sein kann, aber es konnte mich keiner zur Rechenschaft ziehen!" Ausgelassen verfiel sie in Gelächter, beruhigte sich aber und legte den Arm um Gamia. "Schließlich bin ich ruhiger geworden, als ich dich erwartet habe." Stolz blitzte in Ginas Augen auf und glücklich linste sie zu Fritz, bis sie ihn auf die Wange küsste.
An Weihnachten kamen nach und nach die Gäste zu Niklas. Jakobs Familie kam morgens kurz zu einem Plausch vorbei, am Nachmittag Gamias Familie. Frederic kam kurz vor seinen Eltern dazu und konnte es wieder einmal nicht lassen, sich ausgelassen vorzustellen und drückte Niklas. Er verabschiedete sich allerdings als Erster, weil er Weihnachten noch mit seinem Freund Ferdinand verbringen wollte. Felicia war die Zweite, die sich Niklas vorstellte, sich verbeugte und ihm die Hand gab. "Gamia hat mir soviel erzählt, auch als ihr noch nicht zusammen wart. Freut mich sehr, dich kennenzulernen." Kurz darauf umarmte sie ihn und Cedric stellte sich Niklas vor. Niklas war etwas nervös vor Cedric, da Cedric unteranderem groß gewachsen und so vornehm aussah. Jedoch nahm Cedric ihn die Nervosität schnell wieder. "Keine Sorge, ich tue dir nichts." schmunzelte Cedric und kichernd trat Gamia zu Niklas. Zusammen unterhielten sich alle, bis es an der Tür klingelte und Frank Norbert lächelnd hineinbat. Norbert war noch ziemlich angeschlagen, aber grüßte alle und lächelte so gut es eben ging. Er nahm ein Bier, das Frank ihn anbot und setzte sich mit ihm zum reden in die Küche. Auch Gamia und Niklas entfernten sich nachher vom Geschehen, dabei bekamen sie kurz Teile des Gespräches zwischen Frank und Norbert mit.
"Egal, was sie gesagt hat oder was sie nun ist, Rin bleibt trotzdem deine Tochter. Das Menschendasein und das blaue Auge hatte sie von dir. Du hast sie großgezogen. Behalte sie so in Erinnerung, nicht als ein böses Wesen der Unterwelt." versuchte Frank seinen Kindheitsfreund aufzumuntern und seufzend nickte Norbert. "Ich kann es immer noch nicht realisieren, auch wenn mir bewusst ist, was sie ist. Sie hat nie den Anschein nach irgendwas gemacht." Geknickt nippte er an seinem Bier. "Es ist wie mit einem Vogel. Man kann ihn einsperren, aber seine Natur ist das Fliegen und wenn dieser eine Chance dazu bekommt, wird er sie ergreifen. Und vielleicht ist es für Rin wirklich besser." Auch wenn es Norbert weh tat, er versuchte dies zu akzeptieren und stimmte Frank zu. Er fing ein bisschen an zu lächeln. "Hauptsache sie ist glücklich."
Norbert versuchte in den nächsten Tagen nach vorne zu schauen und wurde auch eingeladen, dass er an Silvester gerne vorbei kommen durfte. An Silvester herrschte reges Treiben in der Totenwelt und oft mussten mehrere Seelengeleiter an einen Ort gehen, wenn tödliche Unfälle mit mehreren Todesopfern geschahen. Die Theoretiker hatten gut zu tun und liefen oft zu den Praktikern. Seelengeleiter wie Felicia sparten diese Zeit lieber, indem sie direkt selber geleiten gingen.
Auch die Schutzengel hatten viel zu tun und standen unteranderem denen bei, die sich schwer verletzt hatten, aber nicht sterben sollten.
Mit erhöhter Geschwindigkeit fuhr eine sichtlich betrunkene Frau über die Straße, bevor sie von der Fahrbahn abkam und frontal gegen einen Baum knallte. Sie war blutverschmiert und bewusstlos. Zeitgleich erschien ein Schutzengel und zwei kleine Engel. Die kleinen Engel legten ihre Hände sanft auf den Bauch der Frau. "Es wird alles gut, kleine Seele. Jetzt bist du in guten Händen und wir werden dich beschützen." Ein kleines Licht entwich aus dem Körper der Frau und die kleinen Engel verschwanden mit der Seele in den Himmel.
Der weiße Tod streichelte die Seele einer Katze auf den Armen. "Ich bin bei dir und niemand kann dir mehr etwas antun." Damit verschwand der weiße Tod durch ein Licht und kehrte den von Böllern zerfetzten Körper der Katze den Rücken.
Die Katze sprang munter mauzend vom Arm des weißen Sensenmannes und zärtlich streichelte Mutter Natur diese und sprach mit ihr. Sie verstand all ihre Lebewesen und senkte den Kopf. "Warum tun Menschen meinen Geschöpfen immer wieder Leid an? Ich verachte ihr Fest, welches Sie Silvester nennen. Meine Geschöpfe leiden und sie verschmutzen die Natur. Das möchte ich nicht! Die Erde ist ein Geschenk, welches ich Ihnen gegeben habe, warum schlagen sie dies so aus und behandeln den Ort, an dem Sie leben so schäbig?" Für einen Moment sah es aus, als würde Mutter Natur zusammen brechen, fing sich aber schnell und der weiße Tod stellte sich zu ihr. "Die Menschen verschmutzen mit ihren Handlungen nicht nur die Erde."
Der Himmel erstrahlte in vielen bunten Farben und Gamia bewunderte die vielen Lichter. Ihre Eltern waren die Festtage schon gewohnt und ihnen waren die Bräuche durchaus bekannt. In Erinnerungen schwelgend ergriff Gina Fritzs Hand und lehnte sich an ihn. "Das erinnert mich daran, wie ich Silvester bei dir, statt mit irgendwelchen Menschen verbracht habe. Wir waren gerade das erste Jahr zusammen und es war eine schöne Ruhe und Atmosphäre."
Norbert war Franks Einladung gefolgt und saß mit ihm auf einer Bank, die im Garten stand und sah den Treiben der Lichter zu. Nach dem letzten Gespräch wirkte Norbert, als hätte er es langsam verstanden und wie Frank ihn kannte, ließ er sich schwer aus der Bahn werfen. An Silvester war Gamia später dazu gestoßen, ihre Großeltern konnten jedoch gar nicht kommen und ließen Neujahrswünsche ausrichten.
Der Sensenmann lief von seinem Platz zur großen Tür, als die Uhr Mitternacht schlug, zum 1.1. Die Tür wurde geöffnet und der Tod trat in den Raum, wo er Verstorbene empfing. Auf den Boden kniete ein nackter Junge mit langen weißen Haaren. Nur ein Mantel in schwarz lag über ihn und ein Schutzengel, wie auch die kleinen Engel standen an seiner Seite. Aufrichtig verbeugte der Tod sich vor den Engel. "Ich danke euch. Bitte richtet dem Himmelsfürst meinen tiefsten Dank aus."
Die Engel nickten und verabschiedeten sich. Daraufhin blickte der Junge zu dem Tod hinauf. "Ich bin der Tod und von nun an wirst du mein Gehilfe sein. Ich werde dir alles weitere erklären." Damit streckte der Tod dem Jungen die knochige Hand hin, welcher diese ergriff.
Cedric war schwer in der Menschenwelt beschäftigt gewesen und trug nun die vielen Akten zur Gilde, die am heutigen Tag viel mehr Besuch von Seelengeleitern erhielt als sonst.
Gerade als Cedric hineintrat war es eher ruhig und er lief die Treppen hinauf. Am obersten Gildenplatz saß ein großer Mann, der einen schwarz-roten Mantel trug und nippte ausgelassen an seinem Weinglas. "Guten Abend." Er grinste freudig, als Cedric ihn die Akten auf dem Tisch stellte. Cedric wirkte weniger erfreut. Er wollte gerade gehen, als der Mann ihn aufhielt und sein Weinglas hob.
"Frohes Neues! Wollen wir nicht zusammen anstoßen, mein Zwillingsbruder?"
Akt 2 Existenz Ende