Der Kopf von Jeff fiel zu Boden und der Henker musterte mit Josef den leblosen Körper, welcher langsam zu Erde, Asche und Staub wurde. Der Henker kehrte ihm den Rücken zu und blickte zur Wand, an der all die Sensen jener Todeswesen hingen, an die der Henker seine Todesstrafe vollstreckt hatte. Jeffs beide Sensen hingen überkreuzt an der Wand. Josef und der Henker blickten sich kühl an und kehrten dem Raum den rücken zu. Ihre Aufgabe war getan und Jeffs Seele vollständig ausgelöscht.
Sie kehrten in den Vorraum zurück und mit verschränkten Armen wartete bereits Henrik auf die Beiden. Kurzerhand zog der Henker seine Kapuze von der Robe aus und mit einem kalten Ausdruck schaute Cedric zu seinem Bruder. Cedric verrichtete seine Arbeit emotionslos und ohne jegliche Reue. Er wusste, warum sein Bruder im Raum stand. Henrik hatte Cedrics schmerzen gespürt.
Mit einem Putzlappen säuberte Cedric die Henkerssense und hängte diese wieder an die Wand. Stumm beobachtete Henrik ihn dabei, welcher ebenfalls kaum Emotionen zeigte. Cedric zog sich um und als er aus der Umkleide kam, sagte er ruhig zu seinem Bruder: "Wir müssen etwas Wichtiges besprechen."
Der Gildenführer, Cedric und Josef kehrten zur Gilde zurück und standen beim obersten Gildenplatz, bis Josef an der Tür zu Gevatter Tod klopfte und alle drei hineintraten. Josef ging ihnen voraus und sagte dem Tod, dass sich etwas bei der Hinrichtung ereignet hatte. Justin und Gina horchten auf. Der Sensenmann nickte und bat die Zwillinge zu sprechen. Ruhig erhob Cedric das Wort. "Bei der Hinrichtung erzählte Jeff Basner uns, dass er nur für den Mord an Yannis Krempenlauer verantwortlich war. Zudem gestand er, dass es eine ganze Gruppe gibt, die es sich zum Ziel gemacht hat, die Opfer von Suicide Hangman zu erlösen. Sie nennen sich selber Redemptor Noster."
Gevatter Tod war nicht erfreut, als er davon erfuhr. "Anscheinend hat Jeff nur gestanden, für beide Morde verantwortlich gewesen zu sein, um diese Gruppe zu decken." Leicht senkte Cedric den Kopf und verschränkte die Arme. Alle Beteiligten waren fassungslos und ein wenig Wut mischte sich darunter. Der Tod erhob das Wort. "Das heißt, die Morde werden weiter gehen." sagte er und die Zwillinge nickten. "Keine Sorge, ich werde mich um diese Angelegenheit kümmern." versicherte Cedric fest entschlossen und der Tod dankte ihm sehr. Daraufhin wandte er sich an Henrik. "Ich muss mit dir etwas Wichtiges besprechen." fing er an und Henrik horchte auf. Er lockerte seine Haltung und richtete seinen Blick auf Gevatter Tod. Aufmerksam hörte er ihm zu.
"Ich möchte, dass du in der Totenwelt verkündest, dass es eine neue Regel gibt. Durch diese Mordfälle habe ich mich dazu entschlossen, dass ab sofort jedes Todeswesen, welches seine Erstsense noch besitzt, obwohl bereits eine zweite Sense existiert, die Erste bei den Sensenschmieden abgeben musst! Wer gegen diese verstößt, dem werden beide Sensen entzogen und darf für unbestimmte Zeit nur Theoretiker-Arbeit verrichten!" Die klaren strengen Worte des Todes erreichten Henrik, welcher sich verbeugte und nickte. "Ich habe die Regel den Büchern bereits hinzugefügt." erwähnte der Sensenmann und nahm seine Feder zur Hand. "Ich werde dies der Totenwelt übermitteln." Der Tod dankte den Zwillingen und musterte sie stolz, als sich beide verabschiedeten und ein letztes Mal verbeugten, bevor sie den Raum des Todes verließen.
Eher nachdenklich sahen sich die Zwillinge an. "Ich werde erstmal zurückkehren, Henrik." sagte Cedric und sein Bruder nickte. "Ich werde hier meinen dienst fortführen. Sei vorsichtig." bat Henrik besorgt und sie verabschiedeten sich. Die Gilde öffnete sich wieder für alle.
Cedric kehrte mit einer launischen Miene heim, welche seine Frau ihm direkt anmerkte. Ruhig näherte sie sich ihm und fragte dann: "Verlief die Hinrichtung nicht wie geplant?"
Für einen Moment schaute sich das Ehepaar einfach nur in die Augen, ohne ein Wort zu sagen. Cedric nickte und setzte sich mit Felicias aus Sofa. Er nahm ihre Hand und senkte den Blick. Es war eine Mischung aus Besorgnis und Wut. Seine Frau gab ihn allerdings ein angenehmes Gefühl und er wusste, dass er mit ihr über alles vertraulich reden konnte. Eigentlich kennt nur die Gilde und der Tod die Identität des Henkers, doch Cedric konnte es Felicia nicht verschweigen. Darum wusste sie von seiner Berufung. Er hatte ihr alles mit seiner Vergangenheit und dem Henkersdasein gebeichtet, als sie mit Fritz schwanger war. Zu dieser Zeit hatte Cedric den Tod auch um eine Auszeit gebeten, damit er bei seiner Familie sein konnte. Damals wurde Cedric von seinem Lehrmeister vertreten, welcher ihm die Henkersberufung nähergebracht hatte, nämlich Herbert groß.
In Ruhe hörte Felicia ihrem Mann zu. "Jeff war nicht der einzige Täter. Es gibt eine ganze Gruppe." erzählte er kühl und Felicia zuckte zusammen, als ihr Mann die genauen Details erklärte. "Sei vorsichtig." flehte sie und kuschelte sich an ihn. Behutsam legte er den Arm um sie. "Ich möchte nicht, dass dir noch mehr passiert! Das letzte Mal war schon schlimm!" Sie krallte sich an sein Hemd und Cedric strich über ihren Arm. "Ich verstehe dich und finde deine Fürsorge sehr süß. Ich werde mein Bestes tun, dir keine Sorgen zu bereiten, versprochen." Sanft blickte er sie an und leicht lächelte sie, bevor sie sich näher kamen und sich einen Kuss gaben. Trotzdem sah Cedric Felicia an, dass sie Angst hatte und ihm war bewusst, dass er eine gefährliche Aufgabe verrichtete. Früher wäre es ihm egal gewesen, aber seit er Felicia kennt, weiß er, dass er nicht egal ist und sich andere Sorgen machen. Damals war er alleine, mit Henrik zerstritten, aber mittlerweile hatte er eine Familie, für die er kämpft und sein Leben geben würde.
Henrik war in der Gilde und musterte die neue Regel in dem Regelbuch der Totenwelt. Die kleinen Sensenmanngeister verbreiteten währenddessen die Nachricht, dass am morgigen Tage eine Konferenz stattfinden wird. Seine Tochter riss ihn schließlich aus den Gedanken. Sie hatte drei Sensen zum segnen dabei und arbeitete seit geraumer Zeit wieder bei den Scythe Makern. Sibylle war aktuell über ihre Leistung zufrieden. Henrik grüßte Alma seufzend und sie erkannte, dass ihn eine Sache beschäftigte, bevor sie schließlich auch von dem Vorfall erfuhr und geschockt war. Jedoch wollte Henrik sie damit nicht aufhalten und lenkte vom Thema ab. "Eine schöne rote Lackierung ist das bei der einen Sense." merkte er an und Alma grinste dankend. "Die habe ich lackiert." erklärte sie und Henrik war stolz auf ihr Talent, bis sie zum Tod lief und die Sensen segnen ließ. Henrik nippte an seinem Wein und wartete den Dienstschluss ab. Er linste zu einer schwarzen Uhr und fragte sich, wo seine Ablösung blieb.
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Jeremy eilte hinein. Jeremy teleportierte sich zu Henrik und verbeugte sich vor dem Gildenführer. "Bitte verzeihen Sie die Verspätung, Herr Dronner." entschuldigte Jeremy sich aufrichtig. Henrik blieb gelassen. "Alles gut, ich war ja hier. Dürfte ich bitte trotzdem den Grund erfahren?" bat Henrik ruhig und Jeremy blickte auf. Er wirkte, als würde er etwas verheimlichen und es herrschte Stille, bevor Jeremy seufzte, die Arme hinter den Rücken verschränkte und mit gefassten Blick zu Henrik sah. Etwas nachdenkliches funkelte in seinen Augen auf. "Meine Partnerin ist hochschwanger und ich wollte sie nicht alleine lassen. Ich hätte Ihnen schon früher davon erzählen sollen, entschuldigen Sie." Er senkte den Blick.
Henrik hingegen freute sich für seinen Kollegen. "Meine Glückwünsche! Wie erfreulich, damit hätte ich nicht gerechnet. Wann soll es denn soweit sein?" Er klatschte die Hände zusammen und grinste. Sein Kollege lächelte matt. "Ende August, wenn alles gut läuft." antwortete Jeremy gefasst und Henrik schlug sofort seine Hilfe vor. "Sagen Sie Bescheid, wenn sie freigestellt werden möchten, um Ihrer Frau beizustehen. Wir haben dafür Verständnis und werden Sie selbstverständlich vertreten." Für diese Hilfe dankte Jeremy dem Gildenführer, welcher bescheiden abwinkte. "Was wird es denn?" hakte Henrik weiter nach und über diesen Enthusiasmus lächelte Jeremy. "Ein Junge, wir möchten ihn Johannes nennen." erzählte Jeremy ruhig, wollte Henrik allerdings nicht mehr sagen. Kurzerhand entschuldigte Henrik sich für seine Fragerei, als Jeremy nach der Hinrichtung fragte. Die Stimmung trübte sich und Jeremy erfuhr von dem Vorfall. Er nickte einfach nur und setzte sich dann an die Arbeit, während Henrik heimkehrte.
Smeralda zuckte zusammen und weitete die Augen, als Henrik ihr erzählte, dass die Morde nicht aufhören werden, bevor sie die Gruppe nicht gefasst hätten. Sie brach fast in Panik aus und Henrik musste sie in den Arm nehmen, damit sie ruhiger wurde. Er drückte sie ganz fest an sich und spendete ihr Trost. Ängstlich und zitternd lag sie in seinen Armen. "Ich möchte nicht von dieser komischen Sekte, Gruppe oder so ermordet werden! Bitte haltet sie auf!" flehte sie und Henrik fühlte mit ihr mit. "Es wird nichts passieren, solange keiner deine Vergangenheit kennt. Du darfst natürlich hier bleiben und ich bringe dir die Akten, das ist alles kein Problem." schlug er behutsam vor, um ihr die Angst zu nehmen. Dankbar nahm Smeralda dieses Angebot an und umarmte Henrik. "Ich möchte euch nicht auf diese Weise verlassen." hauchte sie und aufmunternd lächelte er seine Partnerin an. "Wirst du nicht, versprochen." Fürsorglich nahm er ihre Hände und gab ihr einen Wangenkuss.
Am nächsten Tag liefen vermehrt die Todeswesen in die Gilde und versammelten sich. Nicht alle Todeswesen konnten erscheinen, aber der große Raum war trotzdem gut befüllt. Henrik erhob sich von seinem Gildenplatz und warf einen Blick über die Todeswesen, bevor er mit erhobenen Hauptes zu sprechen begann. "Willkommen in der Gilde. Ich bin Henrik Dronner, der Gildenführer." Er verbeugte sich vornehm und dachte daran, dass Mitglieder dieser Gruppe unter den Todeswesen saßen. "Ich möchte Ihnen eine neue Regel bekannt machen!", fing er laut zu reden an und war begeistert dabei, vor all den Leuten zu reden. Cedric hätte es gehasst und nur im Notfall vor dieser gro0en Gruppe gesprochen. "Ab sofort müssen alle Erstsensen, die sich noch im Besitz der Todeswesen befinden, welche bereits eine Zweitsense besitzen, bei den Sensenschmieden abgegeben werden! Wer gegen diese Regel verstößt, dem wird die Zweitsense ebenso entzogen und es darf nur noch Theoretiker-Arbeit verrichtet werden!" Seine Anordnung war streng und ordentlich formuliert. "Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!" verabschiedete Henrik sich höflich, setzte sich wieder und langsam verschwanden die Todeswesen aus der Gilde. die neue Regelung wurde in der Totenwelt bekannt, damit alle Todeswesen davon erfuhren.
Die Sensenschmieden wurden vermehrt von den Todeswesen aufgesucht, welche ihre Erstsense abgeben wollten. "Mit dieser Sense habe ich meine Prüfung absolviert. Da hängen Erinnerungen dran." seufzte eine Frau in Gedanken schwelgend, als ihr die Sense entrissen wurde! "Es ist nur eine Waffe, um die Arbeit korrekt auszuführen, nichts mit emotionalem Wert! Wenn Sie Ihnen so viel bedeutet, warum haben sie sich dann eine zweite Sense machen lassen?" rief Sibylle emphatielos und ihr Gegenüber war sprachlos. "Name?!" hakte Sibylle verlangend nach, nahm die besagte Akte zur Hand und notierte diese als abgegeben, bevor sie das Formular in einem neuen Aktenschrank verwahrte. Alma unterstützte ihre Lehrmeisterin eifrig, als ein Herr zu ihr kam und ihr die Sense grob in die Hand drückte. "Hallo, wie ist ihr Name?" fragte Alma höflich nach und rief nach dem Mann, als dieser sich genervt umdrehte. "Borkes, haben Sie jetzt genug?!" brüllte er schon fast und Alma erinnerte sich vage an ihn zurück, als sie realisierte, dass er sie schonmal dumm angemacht hatte! "Diese scheiss Totenwelt mit ihren bescheuerten Regeln! Der Gildenführer sagt was, worauf er gerade Lust hat und alle gehorchen! Er ist wie ein Diktator und ihr alle merkt es nur nicht!!" Dominant baute er sich auf und Alma sah ihn nur monoton an. Ernst nehmen konnte sie ihn nicht und wenn sie daran dachte, wie Henrik sich darüber amüsieren würde, musste sie sich selber das Lachen verkneifen. Schließlich packte Sibylle seine Schulter und zerrte ihn raus. "Jemanden wie sie kann ich hier nicht gebrauchen! Sie halten den verkehr auf!!" zischte sie und verwies ihn der Abteilung, bevor sie zurückkehrte. Nicht alle konnten ihre Sense abgeben, deshalb rechneten die Scythe Maker in den nächsten Tagen mit weiteren Abgaben. Sibylle war ein wenig gereizt, aber beruhigte sich, als der Stress weniger wurde. "Endlich gibt es eine Regel dafür! Das wurde auch mal Zeit." sagte sie mit verschränkten Armen und harten Tonfall, als Alma auf sie zukam. "Frau Corenzola, dann wissen Sie ja, was Sie in den nächsten Tagen tun müssen! Und jetzt machen Sie endlich Feierabend!" Alma nickte bei diesen direkten Worten einfach nur und zog sich um. Gerade als sie durch die Tür gehen wollte, bemerkte sie ihren Onkel und lief zu Cedric rüber. "Hallo, Cedric." grüßte sie und sah, dass er sich mit Sibylle unterhielt. "Guten Tag, Alma." erwiderte Cedric schnell, ohne großartig zu ihr zu sehen. Seine Haltung war verschlossen und mit ernsteren Blicken redete er mit der Schmiedemeisterin. "Bitte bewahren Sie die Formulare gut auf. Ich würde Sie auch darum bitten, mir jederzeit Zugang zu diesen zu gewähren." Er verbeugte sich leicht und Sibylle funkelte ihn kühl an. "Wegen diesem Mordfall? Tun Sie, was Sie für wichtig halten! Unsere Papiere werden immer aufbewahrt!" sagte Sibylle neutral und zuckte mit den Schultern. Cedric bedankte sich und verbeugte sich erneut, bevor er sich verabschiedete. "Wohl vom alten Schlag." merkte sie gerissen an und Cedric hielt perplex inne, als er sich umdrehte und ruhig lächelte. "Ja, meine Eltern haben mich so erzogen." erklärte er und Sibylle rümpfte die Nase. "Hat man bei mir auch versucht, aber mir war das egal, was die Gesellschaft verlangte. Ein auf braves, adrettes Mädchen in Kleider, dass den Mann ihrer Träume heiratet und Kinder gebärt, zu machen, war noch nie mein Geschmack. Weiß der Geier, wie oft ich deshalb übers Knie gelegt wurde." Kurz grinste sie gehässig, als Cedric nur nickte und mit Alma durch die Tür ging. Alma blieben Sibylles worte im Kopf hängen und sie hatte das Gefühl, zum ersten Mal etwas Persönliches über Sibylle erfahren zu haben.
Cedric und Alma redeten über die Bitte, die Cedric geäußert hatte. "Falls mehrere Mitglieder der Gruppe, mit ihrer Erstsense angreifen, werden wir so sehr schnell mögliche Täter ausfindig machen können." erklärte Cedric gelassen und begleitete Alma auf den Heimweg zu ihrem Vater. Henrik freute sich über den Besuch seines Bruders und bot ihn ein Wein an. Dankend nahm Cedric an und wünschte Smeralda einen schönen Tag, welche dabei war, ihre Akten zu bearbeiten.
Alma berichtete von dem Mann Herr Borkes und wie erwartet brach Henrik in schallendes Gelächter aus und warf fast sein Weinglas um. Er beruhigte sich langsam und meinte bescheiden: "So mächtig bin ich nicht. Ich gebe nur die Worte von Gevatter Tod weiter."