Fritz saß vor seinen Eltern und erzählte ihnen ausführlich von den Geschehnissen in der Gruppe. Bei der Erwähnung, was die Gruppe als nächstes geplant habe, fing Felicia an, gemein zu grinsen. Selten hatte Cedric seine Frau so finster gesehen, dass es schon einem Höllenwesen glich. Er konnte es verstehen, aber ihr Gesichtsausdruck verängstigte ihn auch. "Wir könnten Dr. Commer als Lockvogel benutzen und wenn er tot ist, dann legen wir dem Mörder das Handwerk!" schlug Felicia erfreut vor, bis Cedric ruhig sagte: "Verzeih, meine Felicia. So sehr ich auch weiß, dass du ihn tot sehen willst, wir müssen den Täter aufhalten, ohne weitere Opfer beklagen zu müssen." Über diese Worte war Felicia nicht erfreut und das sah man ihr an. Der Hass breitete sich in ihren Augen aus. "Schade, wäre Fritz nur später beigetreten." zischte sie und stützte den Kopf an ihrem Handballen ab, als sie sich nach vorne lehnte. Ihr Mann strich über ihren Rücken. "Weiß du, Felicia, da kommst du ins Spiel. Von allen kommst du am besten an den Heiler heran. Ich möchte dich bitten, ihn zu beobachten, bis der Täter zuschlägt." bat Cedric und blickte Felicia in die Augen. Sie war sichtlich nicht begeistert über den Plan und biss die Zähne zusammen. "In Ordnung...." gab sie ihr Einverständnis und Cedric nahm sie in den Arm, bevor er sie küsste. "Ich danke dir."
Felicia verschränkte die Arme. "Muss ja." murmelte sie und hatte bereits eine Idee, wie sie einfach zu den Heilern laufen konnte, ohne dass sich jemand fragt, was sie ohne besonderen Grund dort wollte und hoffte, dass ihr Jerome und Jayna wieder über den Weg laufen würden, wie sie auf dem Weg zu den Heilern wären.
Am folgenden Tag erstattete Cedric seinem Bruder in der Gilde Bericht. Stocksteif stand Cedric mit verschränkten Armen vor Henrik und sein Gesicht zeigte keine Emotionen. Besorgt musterte Henrik ihn. "Setz dich doch bitte und trink einen Wein mit mir. Ich mag es nicht, wenn du so streng dastehst." bat er und auf seine Bitte hin setzte Cedric sich und bekam ein Glas. "Aber nur ein bisschen." bat er ruhig und bekam wenige Schlucke eingeschenkt. Beide stießen kurz an, aber Cedrics Körperhaltung verschränkte sich wieder. Cedric berichtete von dem Plan, den er mit seinen Sohn ausgearbeitet hatte und dass dieser bis jetzt gut funktioniert hatte. Henrik hörte ihm zu und nickte nur. "Wir können die Gruppe auch bei einem Treffen auffliegen lassen. Sag Bescheid, wenn du Todeswesen dafür brauchst." schlug Henrik lächelnd vor, als Cedric den Kopf schüttelte. "Nein, danke. Für die Todeswesen und Fritz wäre es zu riskant. Wir möchten sie erstmal beobachten und alles nacheinander erfahren." erklärte Cedric sachlich und sein Bruder konnte das nachvollziehen. Sie wechselten schließlich das Thema.
"Ist Florenz schon erlöst?" fragte Cedric nachdenklich und lockerte seine Haltung. Henrik schüttelte nur mit den Kopf. "Er meinte, wenn er nicht mehr zur Gilde kommt, ist er erlöst. Das genaue Datum der Erlösung erfährt man nicht." antwortete der Gildenführer und fügte hinzu: "Jeremy Soroski lässt sich für die nächste Zeit entschuldigen. Er wird Vater."
Damit hätte Cedric nicht gerechnet, lächelte aber freudig, bis er etwas bemerkte und seinen Bruder darauf ansprach. "Dann wirst du alleine in der Gilde sein."
Henrik wurde sich dessen richtig bewusst und stockte für einen Moment, bis er sich das Problem schön redete und gefasst aufnahm. "Ach, ich werde mit dem Tod reden und Justin wird mir sicherlich helfen. Ich denke, der Tod wird sich auch schon Gedanken gemacht haben." meinte er bedenkenlos und Cedric scherzte: "Vielleicht darfst du dann jemanden anlernen. Ich stelle mich dir so fabelhaft als Mentor vor!" Cedric schmunzelte und Henrik konnte sein Grinsen auch nicht verbergen, auch wenn er es zuerst vorhatte. Nach diesem kleinen Scherz sagte Cedric aber ganz ruhig: "Wenn du Hilfe brauchst, frag mich einfach." Sein Bruder schätzte dieses Angebot. "Danke, aber du bist selber doch sehr mit den Mordfällen beschäftigt." lehnte er schließlich ab, würde im Notfall jedoch darauf zurück greifen.
"In der Gilde gab es schon mal Situationen, in denen es stressig war oder die Totenwelt viel zu tun hatte. Unteranderem in der Zeit, wo die zwei großen Kriege auf der Erde existierten und einer der vier Reiter der Apokalypse und die Höllenwesen über die Welt herrschten. Genauso wie die vielen Pandemien, die ebenfalls von einem Reiter der Apokalypse beherrscht wurden." erwähnte Henrik und die Zwillinge erinnerten sich an diese harten jahrelangen Zeiten, die sie in ihren 280 Jahren schon erlebt hatten. Es gab kaum einen Tod, den sie nicht erlebt haben, wobei Cedric mehr Seelen geleitet hat, als sein Bruder. Sie konnten auch nicht sagen, wie viele Seelen sie schon ins andere Reich geführt hatten und alle Seelengeleiter waren unterschiedlich, genauso die Todesarten. Ob es grausame waren, dumme oder außergewöhnliche. Dabei hatten sie genauso viele Orte und Menschen gesehen. Sofern keiner ihr Leben beendete, würden sie für immer diese Berufung erfüllen.
Die Zwillinge verabschiedeten sich voneinander und Henrik suchte das Gespräch mit dem Tod auf. "Willkommen, Henrik." grüßte Gevatter Tod erfreut und erfuhr von Henriks Angelegenheit. "Ich möchte um Unterstützung in dieser Zeit bitten." Henrik schaute zum Tod, welcher sein Anliegen verstand und zu seinem Gehilfen blickte, welcher nur nickte. "Justin wird dir helfen." Über diese Aussage vom Tod war Henrik sehr erleichtert und dankte ihm, bevor er zur Gilde zurückkehrte.
In der Gilde wartete Jeremy bereits auf Henrik. Es wurden wenige Worte gewechselt und Jeremy trat seinen Dienst an. Er holte sich ein paar Akten, als er die Erste aufschlug, ließ er die Feder jedoch sinken und senkte den Kopf.
Felicia fand am 20.8 die Möglichkeit, Jerome wieder auf den Weg zu den Heilern zu begleiten. Jayna schaute sie von der Seite finster an, allerdings achtete Felicia nicht auf diese Blicke und wenn, würde sie sich daraus nichts machen, denn sie war es von ihren Eltern schon gewohnt. Wie immer wartete Jerome auf seine Tochter, die ihre Therapie-Gespräche bei Ludheim abhalten musste, seitdem Elliot wegen dem Tod seiner Frau Zuhause blieb, um auf die Kinder aufzupassen. Der neue Heiler machte Jayna zu schaffen, denn zu Elliot hatte sie schon eine gewisse Vertrauensbasis gehabt, welche bei Ludheim fehlte. Ludheim war allerdings ein ehrlicher und aufrichtiger Mensch, der eine gewisse Strenge besaß, aber viel Verständnis zeigte. Während Felicia auf die Heiler achtete, verfing sie sich wieder in ein tiefgründiges Gespräch mit Jerome. "In letzter Zeit macht sich Jayna viele Gedanken um den Tod ihrer Mutter, welchen sie immer noch nicht richtig verkraftet hat. Als meine Frau Yui damals starb, blieb Jayna mehrere Wochen daheim und kam kaum aus ihrem Zimmer. Zwei Jahre lang hatte sie mit angesehen, wie sich der Zustand ihrer Mutter verschlechtert hatte und mit dem Tod wurde sie in ein ziemliches Loch geworfen. Sie hat den Tod und Himmel dafür gehasst, dass er ihr ihre Mutter genommen hat, deshalb ist es für sie schwerer, ihm als Gehilfen zu dienen. Jayna mag den Tod nicht." erzählte Jerome mit seinem kalten Hass, an welchen Felicia sich bereits gewöhnt hatte. Als Todesengel hatte Felicia eine andere Einstellung und Empfinden zum Tod. "Viele Menschen mögen den Tod nicht, weil er ihnen das Liebste der Menschen nimmt, dabei erfüllt er nur seine Aufgabe, die Seele vom Körper zu trennen, um sie ins ewige Leben zu führen. Die Menschen klammern sich an dieses vergängliche Leben, obwohl sie nur geliehen sind. Es ist auch die Ungewissheit, die den Menschen zu schaffen macht, weil sie nicht wissen, wann und wie der Tod eintritt. Viele haben Angst, etwas zu verpassen und die Liebsten alleine zu lassen. Ich habe schon viele Menschen erlebt, die wütend waren und dem Himmelsfürst oder den Sensenmann die Schuld gegeben haben, obwohl es einen genauen Grund gibt, warum all dies so geschieht. Für den Menschen ist dieser Grund nicht zu begreifen und nur der Himmelsfürst allein weiß, warum all dies geschieht." erzählte Felicia ruhig und Jerome nickte nur, als er ihren Standpunkt erfuhr. "Der Mensch sucht immer nach Antworten und Gründen. In ihrer Welt brauchen sie jemanden, denen sie die Schuld geben können. Nicht alle sind so, aber viele, denn nicht alle können das Übernatürliche verstehen. Allerdings ist der Tod kein Mörder, er ist der Begleiter der Seelen. Er kann in unterschiedlichen Formen erscheinen, meint es aber nie böse." berichtete Felicia von ihrem Eindruck und ihre Meinung, dass Menschen immer alles wissen wollen, wurde auch von der Vergangenheit mit ihrem Vater geprägt.
Jayna kehrte zu ihrem Vater zurück und sie verabschiedeten sich voneinander. Eine Weile wartete Felicia, fand ihren Vater allerdings nicht vor, bis ihr Ludheim über den Weg lief. Er erkannte Felicia sofort. "Guten Tag, was führt dich her?" fragte er ruhig und Felicia lächelte höflich, bevor sie fragte: "Weiß du, wo Paul ist?" Über diese Frage von Felicia war Ludheim etwas überrascht, denn er wusste von dem miserablen Verhältnis zwischen den Beiden. "Er ist Zuhause." antwortete Ludheim ruhig und Felicia dankte ihm, bevor sie den Heilertrak verließ.
Sie betrat die Wohngegend, die direkt an den Heilertrak anknüpfte, damit die Ärzte in der Nähe waren. Felicia wusste noch genau, wo sich Pauls Wohnung befand und lief die Treppen mit einem verhassten Gesichtsausdruck hoch, als sie schon ein lautes Geräusch vernahm, welches von zwei aufeinander treffenden Sensenklingen kam. Felicia hielt inne und ballte die Hände zu Fäusten. Sie versuchte die Geräusche zu ignorieren und hoffte, dass Paul in diesem Moment schnell getötet wurde, aber die Geräusche verstummten nicht. Felicia nahm ihre Sense zur Hand und seufzte genervt, da sie wohl doch einschreiten musste und rannte die Treppen hinauf.
In der Zeit stand Paul dem Mitglied von Redemptor Noster gegenüber, umfasste seine zierliche, mittelgroße, silberne Sense und schaute zur verhüllten Gestalt. "Ich habe lange nicht mehr gekämpft." musste Paul anmerken und lächelte innerlich, als er zu seinem Gegenüber sah, welches kein Wort von sich gab.
Der Heiler und das Gruppenmitglied gingen erneut aufeinander los, wobei der Angreifer den ersten Schritt wagte und auf Paul losstürmte. In diesem Moment schlug Felicia ihre Sense zwischen den Beiden und zog die Aufmerksamkeit auf sich. Ihr Blick war kalt, genauso wie der ihres Vaters, welcher seine kurze Verwunderung über Felicias eintreffen gut verbergen konnte. Der Angreifer wich zurück und musterte Felicia, dessen Erscheinung ihn nicht erfreute. Allerdings hielt ihn das nicht davon ab, seinen Plan weiter in die Tat umzusetzen.
Mit einem schnellen Sprint trat dieser zu Paul vor, erhob seine Sense und ließ sie auf den Arzt niedersausen, aber der Sensenstab seiner kleinen Sense bewahrte Paul vor größeren Schaden und mit Kraft drückte er das Gruppenmitglied von sich. Das Mitglied wich zurück und Felicia attackierte ihr Gegenüber, um ihn schachmatt setzen zu wollen, damit er dem Henker ausgeliefert werden konnte, welches sich als nicht einfach rausstellte.
Vermehrt trafen die Klingen aufeinander und mit starken Angriffen attackierte Felicia das Gruppenmitglied. Sie konnte ihn an die Wand drücken, doch mit aller Kraft presste er Felicia von sich und warf sie an das andere Ende des Flures. Mit dem Rücken krachte sie gegen die Wand und biss erzürnt die Zähne zusammen, als sie zu Boden rutschte. Der Widersacher kam auf sie zu und umfasste seine Sense, mit welcher er Felicia in einem Schlag den Kopf abschlagen wollte, als Paul sich zu Felicia kniete, sie schützend umfasste und den Angriff mit seiner Sense abwehrte. Felicia war überrascht über die Tat ihres Vaters, aber auch angewidert, als sie seine schützende Hand spürte. Paul musterte den Mann und lächelte gemein, bevor er sagte: "Daher also die Zweitsense, interessant. Sie sind also Mitglied dieser Gruppe, Dr. Ahrend Plutna? Warum?"
Paul fragte nicht in einem verzweifelten Tonfall, sondern interessierte sich sehr für die Beweggründe seines Kollegen, der zusammen zuckte, als Paul seinen Namen erwähnte. Paul hatte ein listiges und freudiges Grinsen auf den Lippen und funkelte Ahrend an, während er weiter schützend Felicia hielt, die es für unnötig empfand, denn sie war noch ansprechbar. Ahrends Griff um die Sense verstärkte sich und er holte zu einem weiteren Schlag aus, doch verfehlte und traf nur die schwarze Wand. Paul stand und Felicia stellte sich neben ihn, bis Paul auf Ahrend zu rannte und den Moment nutzte. Er trat gegen Ahrends Brustkorb und wollte seine Sense wegschlagen, welches ihm nicht gelang.
Felicia setzte den nächsten Schlag und ihre Sense zog knapp an seinem Hals vorbei. Ahrend wich starr zurück, bemerkte die Treppe hinter sich nicht und stürzte diese hinunter. Er kam auf dem Boden auf, lag auf den Rücken und hatte seine Sense im Fall losgelassen. Seine Schmerzen wollte er unterdrücken, aber stöhnte leicht, bis er Felicia und Paul erblickte. Er gab auf, erhob sich und flüchtete. "Das wird ihm wenig bringen, wir kennen seine Identität." meinte Paul kühl und ließ seine Sense verschwinden. Paul blickte zu Felicia, die ihn unerfreut musterte. "Früher bist du noch mit leuchtenden Augen zu mir gerannt und hast mich umarmt. Zieh doch nicht so ein Gesicht." sagte er mit einem leicht gemeinen Unterton. "Ich war sechs." erwiderte Felicia nur emotionslos, ließ ihre Sense verschwinden und beobachtete ihren Vater dabei, wie er zur Tür lief. "Komm doch mit rein." bot er an und öffnete diese. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, folgte Felicia ihrem Vater in die Wohnung, die sie seit über 200 Jahren nicht mehr betreten hatte.