Viktorius bemühte sich, wie er konnte, um eine Arbeitsstelle im Dorf, doch keiner wollte ihn bei sich einstellen. Sein Auftreten hinterließ ein Eindruck, dass er nicht dazu in der Lage wäre, diesen lange auszuüben. Das bestätigte Viktorius nur mehr darin, dass er wertlos war. Seinen Eltern missfiel dies und konfrontierten ihn täglich damit. Viktorius wünschte sich nur, dass sie verstanden, dass er nicht einfach arbeiten gehen konnte, wie sein Vater es tat. Dementsprechend nahm Klarissa ihn in ihre Obhut. Sie war streng im Umgang mit ihn und nutzte es, nicht selber putzen und kochen zu müssen. Viktorius schlauchte dies und wenn er Zeit für sich hatte schlief er oder verweilte in seinem Zimmer. Trotzdem lernte er viel dabei und nahm wissensreiches für sich mit. Er bekam das ein oder andere Mal sogar Komplimente von seiner Mutter, da er seine Tätigkeiten konzentriert und dementsprechend ordentlich verrichtete. Das freute Viktorius und zeigte, dass er doch zu etwas zu gebrauchen war. Auf Geheiß seiner Eltern sollte er es trotzdem nochmal im Dorf versuchen, doch der Erfolg war eher minder. Seine Eltern fanden sich unerfreut damit ab, dass ihr Sohn vorerst bei ihnen verbleiben würde. In gewisser Weise tat Viktorius die Regelmäßigkeit gut und wenn die Gäste eine Sache bei seinem Gericht lobten, fühlte er sich geehrt und konnte ein wenig aus sich herauskommen. Er redete nicht viel mit den Menschen um sich herum und wusste auch nicht, wie er darauf eingehen sollte, aber wenigstens saß er nicht mehr komplett verstummt da. Allerdings merkte er, dass er nicht wirklich in die feine Gesellschaft hineinpasste.
Viktorius verbrachte die Zeit Zuhause und verweilte noch mit 21 Jahren daheim. Er war zu einem 1,78cm großen jungen Mann herangewachsen mit mittellang, welligen Haar, die er nicht immer pflegte, wie er es tun sollte und seine Mutter ihn dann vereinzelte Kletten rausschneiden musste. Seine grüne Augen wirkten trostlos und er war von dünner Statur, was daran lag, dass er nicht viel aß. Sein Hauttyp war dadurch blasser und Klarissa zog ihn manchmal damit auf, dass er von den Toten auferstanden sei.
Am heutigen Morgen wurde er wach, als er verzweifelte Schreie seiner Mutter hörte, was er für ungewöhnlich empfand. Dies veranlasste ihn, aufzustehen und im Schlafgewand aus dem Zimmer zu gehen. Seine Mutter kam ihn aufgelöst entgegen und sie umfasste seine Schultern. "I-ich muss den Bestatter holen, dein Vater ist tot."
Dieser Satz brannte sich in sein Gedächtnis und während seine Mutter die Treppe hinunterrannte, lief Viktorius langsam zum Schlafgemacht seiner Eltern. Er umfasste den Türrahmen und betrat leise das Schlafzimmer. Seine Augen weiteten sich, als er den leblosen Körper seines Vaters sah, welcher wirkte, als würde er nur schlafen und jeden Moment wieder aufwachen. Regelrecht fasziniert schaute Viktorius sich den Körper an. "Ich wünschte, ich wäre gestorben an Vaters stelle." dachte er nachdenklich und vegetierte vor sich hin. Den kleinen Todesgeist mit der Sense, der im Raum stand und ihn kritisch musterte, konnte er nicht bemerken. Obwohl Viktorius sich immerzu für den Tod interessierte, war dies seine erste Erfahrung mit einem Toten. Die einzigen toten Lebewesen die er gesehen hatte, waren die vielen toten Tiere in den Gassen des Dorfes. Er verließ das Zimmer, den Blick weiterhin auf den Körper seines Vaters gerichtet. Es war surreal, dass Clarence, welcher gestern noch zu Abend gegessen hatte, heute nicht mehr lebte und dass der Tod schneller kommen konnte, als man denkt.
Viktorius hatte nicht mitbekommen, wie viel Zeit vergangen war und als er die Treppe hinunterkam, erblickte er seine Mutter mit dem Bestatter reden. Der Bestatter war ein zierlicher Mann von kleiner Größe und optimistischer Ausstrahlung.
"Er liegt im Schlafgemach, Herr Krachten." erzählte Klarissa mit zitternder Stimme und der Bestatter nickte, bevor er zu seinem Helfer an der Kutsche ging und den Sarg hervorholte. Viktorius stellte sich zu seiner Mutter, die ebenfalls noch in ihrer Schlafkleidung dort stand und nervös an ihrem Kleid herumspielte. Sie war im Gedanken versunken und überlegte, was nun auf sie zukommen würde. Ihr Sohn wusste nicht, was er zu ihr sagen sollte und körperliche Nähe konnte und wollte er ihr nicht geben. Stumm beobachteten sie Herr Krachten bei seiner Arbeit und der Bestatter kam auf Klarissa zu, um mit ihr über das weitere Verfahren zu reden. Sie nickte und Viktorius hörte nur halb zu. Er war in seinen eigenen Gedanken versunken und der Tod seines Vaters hatte etwas in ihn ausgelöst. Er fühlte sich weiter in ein Loch geworfen und fragte sich, warum Gevatter Tod ihn nicht endlich zu sich holte. Auch eine kleine Freude machte sich in ihn breit. Jetzt würde er sich zumindest von seinem Vater keine niederträchtigen Sprüche anhören müssen.
Mutter und Sohn setzten sich am Wohnzimmertisch zusammen und Klarissa berichtete, was nun passieren würde und Viktorius nickte nur ihre gesprochenen Worte ab. Es war still und mit Tränen in den Augen sah Klarissa zu Viktorius. "Du sagst auch nicht viel dazu... Er war dein Vater! Anstatt dass du mir vielleicht ein wenig Hoffnung gibt's! Mir geht es gerade wirklich schlecht und dir ist es wohl, wie alles, egal!" entfuhr es ihr erzürnt und machte ihm Vorwürfe. Er zuckte zusammen und senkte den Kopf. Er fühlte eine gewisse Wut in ihn aufkommen und fühlte sich ungerecht behandelt. "Du hast mich auch nie getröstet..." zischte er mit zusammen gebissenen Zähnen und Klarissa stockte. "Wie bitte?" entgegnete sie und glaubte, nicht richtig zu hören. Viktorius krallte sich an sein Gewand. "Vergleich deinen Schmerz nicht mit meinen, es ist nicht dasselbe! Wie du dich fühlst, fühle ich mich schon mein ganzes Leben lang!" sprach er lauter und neigte den Kopf in ihre Richtung. Zorn keimte in Klarissa auf und sie stand auf, dabei schlug sie beide Handflächen auf den Tisch.
"Ein bisschen mehr Respekt, auch deinem toten Vater gegenüber! Wie kann man so herzlos seiner eigenen Mutter gegenüber sein?! Verschwinde auf dein Zimmer!" befahl sie bistig und als sie näherkam, stand Viktorius zitternd auf. "Wie kann es dir dein Leben lang schlecht ergangen sein? Du hattest doch alles! Du lebst in einem Haus und nicht in den versifften Gassen. An Essen und Trinken hat es auch nie gemangelt, also was willst du noch, um zufrieden zu sein, du verwöhnter junger Mann?! Andere wären froh, wenn sie dein Leben hätten. Sei froh, dass du geboren worden bist, in einem gesunden Körper! Zeig mal ein wenig Dankbarkeit, auch mir gegenüber!" keifte sie weiter und zeigte mit dem Finger auf ihn. Viktorius kamen die Tränen. "Ich habe nie darum gebeten, geboren zu werden. Ich bin nicht gesund, ich bin krank." hauchte er ängstlich und Klarissa rümpfte die Nase.
"Was meinst du? Du siehst doch gesund aus." fragte sie verwundert nach und Viktorius stand am Rahmen des Wohnzimmers zum Übergang des Flures. Mit letzter Kraft entgegnete er: "Nur weil du es nicht sehen kannst, heißt es nicht, dass es nicht da ist!" Er rannte die Treppe hinauf und Klarissa sah ihm wütend hinterher. "Spinner.", fluchte sie über ihn. "Er soll mal aufhören, sich so einen Unsinn einzubilden."
In einem schicken Anzug gekleidet stand Viktorius vor seiner Mutter, die komplett in schwarz gekleidet war. Am heutigen Tage war die Beerdigung seines Vaters und in der Kirche sah Viktorius mehrere ältere Herrschaften, die seinen Vater gekannt hatten. Er mochte die Kirche nicht und empfand die Gesellschaft der Trauergäste als anstrengend. Er wusste, dass es nach dem Kirchenbesuch nicht vorbei war. Klarissa hatte noch zu Speis und Trank daheim geladen, wofür er den Kuchen backen durfte. Die Menschen liefen zu ihm und seiner Mutter, um ihr Beileid auszudrücken. Er hielt sich zurück und hasste es, wenn ihm einer die Hand gab. Sie trugen Clarence zu Grabe und fasziniert beobachtete Viktorius den gesamten Prozess und fragte sich, wie seine Beerdigung irgendwann verlaufen würde. Ein Herr mittleren Alters sorgte sich um das Grab von Clarence. "Ich danke Ihnen, Herr Patersen." flüsterte der Bestatter, als dieser die letzten Feinheiten übernahm.
Die Trauergäste fanden sich bei den von Eden daheim im Esszimmer zusammen. Der Tisch war reichlich gedeckt und Viktorius holte den Kuchen hervor. Seine Mutter verlangte von ihm, diesen anzuschneiden und Viktorius griff mit der linken Hand nach dem Messer. Kurz darauf stieß Klarissa ihn mit dem Ellbogen an. "Du sollst deine rechte Hand benutzen, haben wir dir das nicht als Kind ausführlich beigebracht? Soll ich dir wieder mit dem Stock auf die linke Hand schlagen?" zischte sie leise, damit es keiner mitbekam und Viktorius schnitt den Kuchen mit der rechten Hand in mehrere Stücke. Seine Mutter hielt die Gesellschaft bei Laune und erzählte von sich und ihrem Ehemann. "Ich weiß noch, wie ich Clarence als junges Mädchen vorgestellt wurde. Er war nur zwei Jahre älter wie ich und unsere Eltern waren gute Freunde. Wir wurden miteinander verlobt und heirateten. Neun Monate nach der Hochzeit durften wir unseren Viktorius auf dem Arm halten." Sie seufzte gedankenverloren und Viktorius bekam mit, wie die Herrschaften über Clarence Anekdoten erzählten.
"Er war ein guter Mann." Viktorius hielt sich zurück und ihm war die Situation sehr unangenehm. Er empfand nicht so, wie die Gäste und seine Mutter, aber wusste auch, dass er dies nie mitteilen dürfte. Die Menschen würden ihm nur mit Ignoranz und Unverständnis begegnen.
Der Tod von Clarence lag mehrere Wochen zurück und am heutigen Tag hätte er Geburtstag gehabt. Dies veranlasste seine Witwe dazu, einen edlen Wein aufzubrechen und fragte ihren Sohn, ob sie zusammen anstoßen möchten. Um nicht schlecht dazustehen nickte er und Klarissa füllte sich zwei Gläser ein, eines überreichte sie Viktorius. Zusammen stießen sie an. "Auf deinen Vater!"
Viktorius verzog sein Gesicht nach dem ersten Schluck, während Klarissa nachlegte. "Du weiß nicht, was gut ist." meinte sie und leerte das erste Glas in einem schnellen Zug. Sie schenkte sich nach und Viktorius überraschte ihr Verhalten. In geselliger Runde nippte sie immer nur vornehm an ihrem Wein. Viktorius ließ sein Glas stehen und Klarissa scheute sich nicht davor, sein Glas auch zu leeren. Ihrem Sohn gefiel das nicht, wie schnell sie den Wein verköstigte und dementsprechend war Klarissa schnell angetrunken. Sie stützte ihren Kopf mit ihrem Handballen ab und fing an, vor sich hin zu reden. "Weiß du, Viktor...", murmelte sie und Viktorius zuckte zusammen. Immer wenn seine Mutter betrunken gewesen war nannte sie ihn Viktor. "Ohne deine Eltern würdest du doch nicht klarkommen... Das Haus würde zerfallen, alles wäre voller Müll und Ratten. Und du... du würdest in stinkiger Kleidung in irgendeiner Ecke liegen!" lallte sie und zeigte mit dem Finger auf ihn. Er schluckte und wusste, was auf ihm zukommt. Viel zu oft hatte er dies betrunken hören müssen. "Ich hab dich auch noch nicht einmal wegen deinem Vater weinen sehen. Vermutlich bist du nicht mal traurig deswegen, du kaltherziger Freak." Sie holte mit den Arm aus und warf dabei das leere Glas um. Viktorius stand auf und wollte auf sein Zimmer, um sich dies nicht anhören zu müssen. "Wo gehst du hin?! Du kannst doch deine Mutter nicht alleine lassen! Wie herzlos bist du, Viktor?" Er wollte einfach weg von der Stube und seiner Mutter, die wütend aufstand und nach der Weinflasche griff.
"Dann geh einfach, aber das wirst du noch bereuen!" drohte sie und warf ihm die Flasche hinterher. Viktorius stand auf der Treppe und konnte der Flasche entgehen, die vor der Treppe aufprallte. Er rannte hinauf in sein Zimmer und sperrte sich ein, in der Hoffnung, sie würde nicht vor seiner Tür stehen und diese aufbrechen wollen. Im Bett liegend griff er nach der Klinge und ließ seinen Schmerz an sich aus.
Er verblieb den restlichen Abend oben und kam am nächsten Morgen hinunter. Die Glasscherben der Flasche lagen noch dort und Viktorius räumte diese vorsichtig weg, es war ihm egal, ob er sich verletzte. Mit Wasser und Feudel wischte er den Alkohol weg und er hasste den Geruch von Wein in seiner Nase. Im Wohnzimmer wischte er ebenfalls einmal lang und wisch die Gläser ab. Er nahm sich danach ein Brot und aß zu Morgen, bevor er wieder die Treppe zu seinem Zimmer hinauf lief. Vom Schlafzimmer seiner Mutter hörte er seinen Namen und nervös lief er zu ihr. Im Schlafgewand lag sie halbzugedeckt im Bett. "Hol deiner Mutter bitte mal ein Glas Wasser." bat sie und Viktorius nickte nur, bevor er in die Küche lief. In der Küche füllte er ihr ein Glas auf und musterte dies einige Zeit. "Warum tue ich das überhaupt für sie? Soll sie sich ihr Wasser doch selber holen." murmelte er verhasst und erinnerte sich an all die Schläge seiner Mutter zurück. Dabei blickte er auf seine linke Hand. Es war die erste Erinnerung, die in ihn hochkam, wenn er sich fragte, warum er so behandelt wurde.
"Was ist schlimm daran, seine linke Hand benutzen zu wollen? Wenn etwas Schmutz ist, dann ist es die Gesellschaft." flüsterte er und bewegte seine Finger an der linken Hand, als würde er was greifen wollen. Wie oft hatte er Schmerzen auf dieser verspürt, wenn seine Mutter ihn mit dem Stock schlug, wenn sie sah, wie er mit links schrieb und seinen Stift entrissen, um ihn zu zeigen, dass man mit der reinen rechten Hand schrieb. Vereinzelt sah man immer noch Narben von den Schlägen auf der Haut. Er lief hinauf und stellte das Glas neben ihrem Bett.
"Danke... Machst du heute den Haushalt? Ich schaffe das nicht..." murmelte sie und Viktorius hielt inne. Er biss die Zähne zusammen und ballte die Hand kurz zu einer Faust. "Reiß dich einfach zusammen, dann kannst du schon aufstehen." zischte er und war selber überrascht über sich selbst. Klarissa hatte seine Worte leider klar und deutlich vernommen.
"Wie bitte? Ich habe mich auch immer um dich gekümmert, als du krank warst! Du kannst auch mal was für deine Mutter tun." entgegnete sie und Viktorius verließ den Raum nur mit einem stumpfen: "Gute Besserung."
Viktorius hatte einen guten Tag und obwohl er sauer auf seine Mutter war, schaffte er viel im Haushalt und fühlte sich gut. Es störte ihn nicht, einmal seiner Mutter und ihren zynischen Sprüchen nicht über den Weg zu laufen. Er schaffte es sogar, die Einkäufe zu besorgen und befand sich auf dem Rückweg. Er ging nicht gerne raus. Ständig hatte er das Gefühl, die Menschen schauen ihn komisch an und er war der Meinung, sie über ihn reden zu hören.
"Clarence kann einem Leid tun, so einen Sohn hinterlassen zu haben." hörte er zwei ältere Damen lästern und er verschwand schnell wieder zum Haus zurück. "Ich hasse die Menschen dieses Dorfes." wisperte er und räumte die Einkäufe beiseite. Während er dies tat dachte er, dass es seine Mutter wohl nicht anerkennen würde und fragte sich, wo der Sinn war. Er funktionierte einfach, um möglichst wenig niedergemacht zu werden. Nach getaner Arbeit legte Viktorius sich ins Bett und griff nach einem Buch.
Zwischen seiner Mutter und ihm wurde es ruhiger und Viktorius mochte es, in Ruhe gelassen zu werden. Er befand sich gerade in seinem Zimmer und schrieb kleine Gedanken nieder, die ihn in dem Sinn kamen. Wenn Klarissa nicht anwesend war schrieb er mit seiner linken Hand. Erschrocken ließ er den Stift, einen geschnitzten Ast mit Bleimiene, fallen und nahm in instinktiv in die rechte Hand, als es an der Tür klopfte und seine Mutter hereinkam. "Viktorius?", fragte sie und er nickte. "Du sagtest doch mal, du seist krank. Darum habe ich den Arzt hierher berufen, damit er sich dir einmal anguckt. Vielleicht kommen wir dann man hinter dein komisches Verhalten." erklärte Klarissa und ihr Sohn senkte den Kopf. "Komisch..." dachte er und murmelte: "So meinte ich das nicht." Sie verstand ihn nicht richtig und bat ihm ihr zu folgen. Er machte keine Anstalten, denn es wäre zwecklos gewesen. Klarissa bat den Arzt in Viktorius Zimmer, welches nur mit dem Nötigsten eingerichtet war, einzutreten.
Bei dem Arzt handelte es sich um eine staatliche Gestalt mit Vollbart. "Gestatten, Doktor Ferkus Commer." stellte er sich mit gehobenen Haupt vor und nahm sich einen Stuhl. "Ich werde Ihnen einigen Grundtests unterziehen." Viktorius musterte seine Arzttasche und seinen Körper. Ferkus hatte schwarze, lange Haare, glatt gekämmt und mit einem Zopf zusammen gebunden. Er trug edle Kleidung eines Arztes und Viktorius merkte, dass Ferkus in vielen Dingen überragender war, klüger, talentierter. Dr. Commer stellte ihm verschiedene Fragen.
"Seit wann haben Sie dieses Gefühl, krank zu sein, wie Ihre Mutter andeutete?" Es fiel ihm schwer, darauf zu antworten. "Lange, sehr lange." meinte er dann mit hängendem Kopf. "Und Sie sind nie damit losgegangen?" hakte Ferkus mit hochgezogener Augenbraue nach und sein Patient nickte. "Angst." murmelte Viktorius nur, um einen Grund zu haben. "Letzten Endes ist es Ihre Gesundheit, aber wenn Sie Schmerzen haben gehen Sie so schnell wie möglich los." verwarnte Ferkus direkt und Viktorius hatte das Gefühl, dass Ferkus etwas eindringliches hatte.
"Und wo haben Sie Schmerzen?" erkundigte Ferkus sich und schaute Viktorius an, welcher sich zu erklären versuchte. "Es sind nicht direkt Schmerzen.... Es ist eine Art Kraftlosigkeit, aber nicht immer. Meine Mutter bezeichnet mich als Trauerkloß... Ich habe das Gefühl, es hat was mit meinem Kopf zu tun." Seine Stimme wurde leiser und Ferkus hatte immer noch eine Augenbraue angehoben, während er sich dies notierte und holte dann tief Luft, bevor er ehrlich zu Viktorius sprach.
"Wenn ich ehrlich zu Ihnen sein darf.", sagte Dr. Commer und Viktorius hatte ein flaues Gefühl im Magen. "Sie sind kerngesund. Wenn Sie sagen, Sie sind kraftlos, würde ich Ihnen mehr Schlaf, Essen und Trinken empfehlen. Ihre Mutter erzählte, dass sie nicht viel essen. Was die Sache mit dem Kopf angeht, bedenke ich, dass bei Ihnen eine Erkrankung vorliegt. Selbst wenn, wären Ihre Chancen aussichtslos. Unsere Medizin operiert nicht am Kopf, dies wäre schlicht unmöglich und würde den garantierten Tod bedeuten." erklärte Ferkus ausführlich und Viktorius wusste, dass ihm keiner helfen konnte. "Herr von Eden, Sie haben keine Krankheit. Es ist wahrscheinlich, dass Sie sich dies einbilden. Ich denke eine Nebenwirkung Ihres schlechten Essverhaltens. Wenn es dem Körper gut geht, kann man nicht krank sein." führte der Arzt fort und Viktorius wollte am liebsten widersprechen, dass er viel schlief und er trotzdem das Gefühl hatte, dass da was bei ihm sei und nicht stimmte. "V-vielleicht ist es etwas, was wir noch nicht wissen. Der Pfarrer erzählt immer was von einer Seele! Kann es denn nicht möglich sein, dass eine Seele krank werden kann?" fragte er in seiner Verzweiflung und Ferkus wollte seinen Ohren nicht trauen. Er widerlegte die These von Viktorius. "Nein, es gibt keinen Beweis für eine Seele, das ist etwas von der Kirche erschaffenes. Selbst wenn, wie sollte etwas, was wir nicht sehen und anfassen können, krank, geschweige denn behandelt werden?" Für Viktorius waren diese Worte wie ein Stich, die ihm nur mehr bewiesen, dass er anders, ungewöhnlich war und ihm nicht geholfen werden konnte.
Der Arzt verabschiedete sich und Klarissa fragte: "Und, wie sieht es aus?" Ferkus antwortet ihr das, was er bereits Viktorius gesagt hatte. "Er ist gesund. Achten Sie bitte auf sein Essverhalten." bat er und Klarissa nickte. "Selbstverständlich, ich danke Ihnen." Sie betrat Viktorius Zimmer und stellte sich mit verschränkten Armen vor die Tür.
"Das ist doch schön, dass du nichts hast. Ich werde gleich essen machen und du wirst ordentlich zuschlagen, wie der Doktor es gesagt hat." wies sie streng an und ihr Sohn nickte. Im Gedanken war er nach wie vor beim Gespräch des Doktors. Er konnte nicht glauben, dass dies alles gewesen sein sollte.