Mit der Motivation, sie mit einem Mittagessen zu überraschen, kaufte Viktorius auf dem Markt alles ein, was er dazu brauchte. Der Gedanke, jetzt einen Menschen an seiner Seite zu haben, motivierte ihn und schenkte ihn ein wenig Selbstbewusstsein. Er lief auf dem Markt und kam an dem blonden Bauern vorbei, der wohl ein paar Bier zu viel hatte und schlief. Viktorius nahm seinen Mut zusammen und weckte ihn mit einem Hallo. Normalerweise hätte er nichts getan und sich damit abgefunden, heute keine Kartoffeln zu bekommen. Der Bauer zuckte zusammen und murmelte verkatert: "Nimm..." Er öffnete die Hand, in welcher Viktorius das Geld packte und ging. Mit neuer Kraft begab er sich zum Metzger und wurde wieder komisch angesehen. Der Metzger war nicht gut auf Viktorius zu sprechen.
"Sag mal, bist du eigentlich taub?" wurde er gefragt und Viktorius verstand nicht recht. "Hat man dir nicht gesagt, dich von Tiffany fernzuhalten?" zischte er und Viktorius wich zurück. Es reichte ihm und er wollte nicht, dass sie ihn ständig ermahnten, sich fernzuhalten.
"Tiffany ist...", Er holte tief Luft. "Sie ist meine Freundin!"
Schweigen.
Der Gesichtsausdruck des Metzgers spiegelte erst seine Überraschheit wieder, dann entsetzen und zum Schluss lachte er laut. "Willst du mich verarschen? Als ob sich eine so hübsche Frau mit dir abgeben würde!" Er schlug mit der Handfläche auf dem Tresen und Viktorius wurde innerlich wütend. "S-sonst wäre sie doch nicht so oft bei mir!" entgegnete er und das Lachen des Mannes verstummte. Wut breitete sich in sein Gesicht aus. "Wehe dir, sie fängt an so depressiv und komisch wie du zu werden, dann liegst du in meinem Tresen, das schwöre ich dir, du Widerling!" Ohne etwas zu kaufen verschwand Viktorius wieder aus dem Laden, innerlich noch total aufgelöst. Er hatte das dringende Bedürfnis Tiffany davon zu erzählen.
Da ihm das Fleisch fehlte, dachte er nach, was er stattdessen dazu nehmen konnte und bereitete alles vor, damit das Essen genau dann auf dem Tisch stand, wenn Tiffany kam. Er war ganz aufgeregt, was sie dazu sagen würde, wenn sie den gedeckten Tisch sah und als es an der Tür klopfte, stand er auf und sprintete regelrecht zur Tür. Tiffany lächelte, als ihr die Tür aufgemacht wurde und sie herzlich umarmt wurde. Ein Kuss auf die Stirn folgte, welchen sie erwiderte und er nahm sie an die Hand. "Hast du Hunger? Ich habe für dich gekocht." erzählte er fröhlich und Tiffany war begeistert, als sie den Tisch sah. "D-danke... Das ist wirklich toll." lobte sie und gab ihm einen Wangenkuss, bevor sie sich setzte. Sie genoss jeden Bissen, überlegte aber auch, wie sie es ihm zurück geben konnte. Nach dem Essen erzählte Viktorius von seinen Erlebnis, er wollte davor die Stimmung nicht zerstören.
"Der Metzger hat mir gedroht... Er hat gesagt ich soll mich von dir fernhalten und da habe ich ihm erzählt, dass du meine Freundin bist.... Warum ächten sie uns so sehr dafür?" Er senkte den Kopf und wurde innerlich wütend auf die Menschen. "Sie finden dich für deine Andersartigkeit komisch und wollen nicht, dass du glücklich bist. Dann hätten sie ja keinen mehr, weshalb sie sich besser fühlen könnten." seufzte Tiffany und fand es süß, wie er es ausgedrückt hatte, dass sie seine Freundin sei. "Wann hören sie auf über mich wie ein Monster zu sprechen? Ich bin keins, ich bin auch nur ein Mensch." Er verachtete das Dorf und Tiffany konnte ihn nachempfinden.
"Und du bist mein Freund." fügte Tiffany schüchtern hinzu, was Viktorius ein großes Lächeln auf das Gesicht zauberte. "Danke. Ich danke dir." Er lief zu ihr, um sie zu umarmen. "Von dir fühle ich mich verstanden." hauchte er und strich über ihr Haar. Er war froh darüber jemanden gefunden zu haben und nicht mehr alleine zu sein. Auch wenn er manchmal das Gefühl hatte, dass er sie nicht verdient hatte.
Die Beziehung lebte sich langsam ein. Sie besuchten sich gegenseitig. Bei einem Besuch bei Tiffany lernte Viktorius auch ihre beste Freundin Berta kennen, die sich einen soliden Eindruck von Viktorius machte. Das Paar genoss es, gelegentlich zu meditieren, im Wald zu spazieren, gemeinsam zu kochen, sich auszutauschen und ein bisschen zu kuscheln. Bis jetzt verbrachten sie noch keine Nacht zusammen, sondern verabschiedeten sich zum Abend immer.
Seinen Geburtstag verbrachten sie, wie er es sich wünschte, in Ruhe, aber Tiffany konnte es sich nicht nehmen, einen kleinen Kuchen zu backen. Sie verbrachten auch ihren Geburtstag zu zweit, bis Berta kurz vorbei kam und sich zu ihnen gesellte.
Die Weihnachtszeit rückte näher und Viktorius wurde ruhiger, seine negativen Gedanken wurden stärker und Tiffany merkte es ihm an. "Wollen wir uns für Weihnachten eine Ente besorgen und die Zeit zusammen verbringen?" fragte sie ihn, während sie den Tee trank und ihm gegenüber saß. Er senkte den Kopf. "Nein, ich will Weihnachten überhaupt nicht zelebrieren. Ich hasse dieses Fest." antwortete er monoton. "Warum? A-also meine Weihnachtsfeste waren auch nicht immer die Besten, nach Mutters Erkrankung." gestand sie und sah zu Viktorius, welcher den Kopf an seiner Hand abstützte.
"Weihnachten bedeutet für mich immer, von meiner von Wein besoffenen Mutter niedergemacht zu werden. An keinem anderen Fest trank sie so viel, wie an Weihnachten. Dazu diese nervigen Besuche... Ich hasse es auch, wie alle dann auf Nächstenliebe tun und heucheln. Sonst gehen sich alle an die Kehle und reden übereinander, aber an Weihnachten ist alles so, als sei nie was gewesen. Wie falsch die Menschen doch sind..." Verhasst sprach er über Weihnachten und Tiffany konnte ihn gut nachvollziehen. "Du hast Recht... Lass uns dafür zumindest ein aufrichtiges Weihnachten haben." versuchte sie ihn ein wenig das Schöne an diesem Tag näherzubringen. "Na gut, aber ich möchte den Tag ganz alleine mit dir verbringen, zusammen kochen, keine Geschenke." ließ er sich überreden und Tiffany war mit seinen Einwenden einverstanden.
"Ich glaube auch nicht wirklich daran." gab sie leise zu und ihr Freund entgegnete: "Ich habe noch nie an den Himmelsfürst geglaubt und so wie er handelt hat er kein Recht darauf, sich Fürst zu nennen." Bei seinen negativen Aussagen senkte Tiffany den Kopf. Ihr Glaube war nicht stark, aber sie glaubte an Mutter Natur, genauso wie Berta. "Woran glaubst du denn?" fragte sie ruhig, aber die Antwort ließ sie zusammen zucken.
"Ich glaube an den Tod."
Von ihr kam kein Wort mehr und als Viktorius das merkte, entschuldigte er sich. "V-verzeih, ich wollte dir keine Angst machen." Tiffany lockerte die Situation auf, indem sie vom Thema abwich. "Ich kaufe die Ente, ok?"
Es war nicht das Schönste, aber auch nicht das Schlechteste Weihnachten, das Viktorius erlebte. Seine Laune hielt sich gedämpft, auch wenn es durchaus positive Momente gab. Die Erinnerungen vergangener Tage schwelgten immer etwas mit, darum war er froh, dass Tiffany bei ihm war. Beide schenkten sich nichts, auch wenn Viktorius trotzdem einen Wunsch auf den Herzen hatte.
"W-würdest du vielleicht bei mir übernachten?" Tiffany wusste erst nicht, was sie dazu sagen sollte. Mittlerweile waren sie über vier Monate zusammen und hatten noch nie beim jeweils anderen geschlafen. "J-ja, kann ich..." Antwortete sie leise und Viktorius holte für sein Bett ein weiteres Kissen und eine Decke. Ohne auf den jeweils anderen zu gucken entkleideten sie sich bis zur Unterwäsche. Tiffany verschränkte die Arme, als würde sie was verdecken wollen und wurde erst rot, als sie Viktorius ungewollten Blick sah. Es ging ihm ähnlich wie ihr. Sie kannte seine Narben und sie waren ein Paar, aber es ging nie über kuscheln und küssen hinaus.
"Du bist als Mann ein Versager." dachte er über sich selber und hielt sich für unnormal, dass er trotz Beziehung noch Jungfrau war. "Warum habe ich mit sowas Probleme und andere nicht? Der Metzger hätte sie sofort am selben Abend ge...." Bei der Vorstellung, Tiffany könnte mit einem anderen Mann verkehren, wurde ihm schlecht. "Sie ist meine hübsche Freundin." dachte er und lächelte glücklich in ihre Richtung. Unsicher saß sie auf seinem Bettrand.
"N-nimm dir die Decke. Du kannst schon schlafen." murmelte er und Tiffany deckte sich zu. Er kam auch darauf ins Bett und nahm sich den Mut, zu ihr zu rutschen, um sie in den Arm zu nehmen. "Gute Nacht." flüsterte er und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Kurzerhand drehte Tiffany sich um und umarmte ihn. "Hab dich auch lieb." sagte sie vor ihrem Kuss und beide sahen sich an. Aus einem Kuss wurde ein weiterer und mehrere folgten. Viktorius Lippen fanden seinen Weg ihren Hals runter. Er verspürte ein kribbelndes Gefühl zwischen den Beinen, was er kaum konnte. Lediglich vom aufstehen am Morgen. Die Nervosität versuchten beide zu verstecken, eher erfolglos. Zwar entkleidete Tiffany sich von ihrem Oberteil, versteckte ihre nackte Brust aber hinter ihren verschränkten Armen. "I-ist das vor der Ehe nicht verpönt?" merkte sie an und Viktorius stockte. "E-es würde doch niemand erfahren... Ist doch unsere Sache..." murmelte er, aber es ließ ihn unsicher werden. Tiffany löste ihre verschränkte Haltung und ließ Viktorius ihren Körper erkunden. Unsicher sah sie auch zu seinem Körper und auch wenn es mehr ein gucken und zartes drüber streicheln war, war es für beide schon ein großer Schritt.
Neujahr
Viktorius und Tiffany wurden offener, wenn es darum ging, bei dem jeweils anderen zu übernachten. Sie wollten dies am kommenden Wochenende widerholen. Tiffany war einkaufen und in einem kleinen Tante Emma Laden, wo die Verkäuferin sie aufmerksam musterte und beim kassieren barsch ansprach. "Haben Sie sich schon was für dieses Jahr vorgenommen?" Überrascht schüttelte Tiffany den Kopf. Worauf wollte sie hinaus?
"Dann würde ich mir an Ihrer Stelle vornehmen, sich von diesem Viktorius von Eden fernzuhalten. Wir haben es ihm oft genug gesagt, aber er ist stur. Man muss es Ihnen ja auch mal sagen!" war ihre schnippische Antwort und Tiffany stockte. Jetzt wusste sie, was sich Viktorius immer anhören musste und sie wollte die Verkäuferin gerade bezahlen, als Tiffany das Geld wieder einpackte. "Behalten Sie Ihren Kram." Schnurstracks verschwand sie aus dem Laden und wollte umgehend Viktorius davon erzählen.
Er war gerade dabei, das Wohnzimmer zu putzen, als Tiffany vorbei kam und unterbrach seine Arbeit. Sie erzählte ihm von dem Kundengespräch. "Warum können sie es nicht einfach akzeptieren? Sie urteilen, obwohl sie dich nicht kennen." Da er dies oft erlebte, verstand er ihre Situation. "Ich hätte mich das nicht getraut... mit dem Geld." merkte er an und setzte sich. Er versuchte für Tiffany da zu sein. "Es sind nicht wir, die sich ändern müssen, es ist die Gesellschaft." seufzte Tiffany und beruhigte sich langsam. Sie war sauer gewesen, aber mittlerweile überkam sie eine Traurigkeit. "Manchmal würde ich einfach nur weg von hier gehen. In die nahegelegene Kleinstadt zum Beispiel, aber ich weiß, dass das nicht geht." Ihr Kopf neigte sich nach unten und eine kleine Träne rollte ihr Gesicht runter. "Wann werden sie es endlich akzeptieren?" Der Anblick von Tiffanys traurigen Gesicht gefiel Viktorius nicht. Er kam näher zu ihr. "Ich akzeptiere dich, so wie du mich akzeptierst. Wir brauchen nur uns zwei, wenn kein anderer uns toleriert. Ich würde auch gerne einfach von hier verschwinden."
Auch wenn Tiffany es sich nicht eingestehen wollte, sie wusste, dass Viktorius nicht das verschwinden meinte, wie sie es meinte und entgegnete: "Ich würde dich gerne an meiner Seite behalten wollen." Sanftmütig lächelte sie und Viktorius nahm sie in den Arm. "Trotzdem wünschte ich gerne, wo der Sinn des Lebens ist." hauchte er und beim lösen der Umarmung sahen sie sich entgegen. Bevor Viktorius wieder etwas sagen konnte, vereinigten ihre Lippen sich zu einem Kuss. Ihre Hände verflechteten sich miteinander und beim lösen des Kusses schmeichelte Viktorius ihr.
"Ich hatte noch nie jemanden, der mir zugehört und mich verstanden hat. Du machst dieses grausame Leben ein wenig erträglicher. Ich liebe dich."
Es erwärmte ihr Herz, sie hatte sich immer gewünscht, ihn beizustehen, sein Leben etwas besser zu machen. In ihrem Gefühlsrausch verschlug es beide in sein Schlafzimmer und etwas selbstsicherer gingen sie an die neue, sexuelle Erfahrung ran.
Viktorius wollte Tiffany gar nicht mehr loslassen und die verschiedensten Gedanken kreisten durch seinen Kopf. "Es war zwar nicht perfekt, aber wir haben es getan... Dass mir jemand jemals so nah sein würde... Ohne angeekelt zu sein..." Er war überglücklich und zog Tiffany noch näher an sich, dass sie schmunzelnd sagte: "Du quetscht mich ein." Er ließ sie los und Tiffany schmiegte sich mit dem Kopf an seinen nackten Oberkörper. Sie war glücklich, diese Erfahrung gemacht zu haben und stolz darauf, dass sie sich jemanden öffnen konnte. Sie dachte an Viktorius Worte, dass es ihre Angelegenheit war und er hatte Recht. Ihr Gefühl war ein Gutes und kurz dachte sie an die Verkäuferin. Tiffany würde sich nicht von Viktorius trennen, nur weil jemand anderes es sagte.
Am nächsten Morgen wollte Tiffany sich kaum verabschieden und ergriff lächelnd seine Hände. "Wir sehen uns." sagte sie, bevor sie ihre Lippen miteinander vereinten. Tiffany kehrte zu ihrem Haus zurück und wusch sich. Kaum hatte sie ein anderes Kleid an, klopfte es an ihrer Tür und sie rechnete damit, dass es Berta war. Die Vermutung bestätigte sich und Berta sah an Tiffanys nassen Haaren, dass sie sich gerade frisch gemacht hatte. Beide nahmen sich in den Arm und begaben sich zur Küche.
"Wie geht es dir?" fragte Tiffany beim Tee kochen. "Meine Tochter und mein Sohn sind heute in der nächstgelegenen Stadt unterwegs. Meine Sprösslinge sind schon so groß geworden." seufzte sie und nahm dankend den Tee. "Und du warst bei Viktorius?" Tiffany blieb noch kurz stehen und lächelte.
"Ja, ich habe bei ihn geschlafen und..." Die Schamesröte stieg ihr in das Gesicht und seufzend setzte Berta den Satz fort. "Ihr hattet euer erstes Mal?" Beschämt nickte Tiffany und Berta blieb ruhig. "Das ist völlig normal. Hauptsache ihr seid glücklich." Sie nahm einen schluck von ihrem Tee. Tiffany fand es immer ermutigend, dass Berta vieles mit Gelassenheit nahm und sagte, dass es normal sei. Berta hinterfragte die Menschen in ihrem Verhalten. Das gab Tiffany das Gefühl, dass sie nicht irgendwie komisch war. Beide Frauen tauschten sich aus über dem, was sie erlebt hatten. Dabei erzählte Tiffany auch von der ersten Übernachtung an Weihnachten. "Ist das normal, dass wir erst nach paar Monaten nebeneinander geschlafen haben?" fragte sich Tiffany und Berta nickte. "Jeder braucht seine Zeit für sich und jedes Paar hat sein eigenes Tempo. Einige schlafen überhaupt nicht miteinander, das ist auch okay. Mach dir wegen anderen keinen Druck. Es macht vielleicht den Anschein, als wären sie selbstsicher oder schneller dabei, aber in vielen Beziehungen sieht es so aus, wie in eurer. Außerdem zählt, dass es sich für euch richtig anfühlt und wenn es erst nach mehreren Jahren gewesen wäre." Diese Aussage gab Tiffany neues Selbstbewusstsein und sie dankte Berta für ihre Worte. Berta trank ihren Tee aus und stand dann auf.
"Ich würde wieder Heim kehren, mein Mann ist ein bisschen krank. Ich werde auf dem Weg beim Metzger anhalten und ein Huhn für die Suppe kaufen. Du bist immer willkommen." Sie verabschiedeten sich voneinander und Tiffany fiel ein, dass sie nicht wusste, was sie kochen sollte. Sie hatte in den letzten Wochen mehr bei Viktorius gegessen, als bei sich daheim. Das wurde ihr bei der schimmligen Kartoffel nochmal mehr bewusst.