Auf einmal tat sich ein Licht hinter ihnen auf und zwei kleine Engel flogen mit einer kleinen Seele zu ihnen. Sie hielten inne, als sie Alma erblickten und waren ganz aufgeregt. "Alma! Wie schön, dich zu sehen!" grüßten sie erfreut und hatten ein strahlendes Lächeln im Gesicht. Auch Alma freute sich sehr, die kleinen Engel zu sehen, welche um sie herum flogen. "Dein Papa sitzt ja neben dir!" bemerkten beide und konnten die Verwandtschaft spüren. Alma nickte, als die kleinen Engeln zu Henrik flogen. Förmlich grüßte er und diese erwiderten die Begrüßung, aber dann zuckte Henrik zusammen, als sie ihn böse anfunkelten. "Geh nie wieder verletzend mit Smeralda um und wehe du sagst Alma noch einmal, dass du nichts mit ihr anfangen kannst!"
Erschrocken weitete Henrik die Augen, nickte und verbeugte sich leicht. "Entschuldigt, ich verspreche, das wird nie wieder vorkommen!" sprach er beschämt und die Engel nickten mit verschränkten Armen. "Wir haben alles mitbekommen!" Alma musste über die Situation schmunzeln und beruhigte die kleinen Engel, indem sie ihnen erklärte, dass alles in Ordnung sei und beruhigt lächelten sie, bevor sie sich liebevoll von Alma verabschiedeten. Sie schaute ihnen hinterher und lächelte. "Mutter hat mir einst erzählt, dass sie gerne mit mir gespielt haben, als ich ein Baby war und sich gerne neben mich gelegt haben, als ich schlief. Das ein oder andere Mal haben sie mich auch getröstet, damit Mama einen Moment Ruhe hatte. Sie haben mich bei meinen ersten Schritten begleitet, meinen ersten Worten zugehört und meiner Mutter bei der Geburt beigestanden. Sie haben auch immer die Akten ausgetragen, was Mutter sehr erleichtert hat. Ich erinnere mich daran, als Kleinkind mit ihnen gespielt zu haben, bevor sie verschwanden. Manchmal haben sie mich besucht, um zu sehen, wie es mir geht. Mutter ist ihnen bis heute unendlich dankbar für ihre Hilfe." Sie dachte mit einen Grinsen an diese Zeit zurück und zu hören, dass Smeralda nicht ganz hilflos war, erleichterte Henrik.
Kurzerhand stand er auf und nahm die Akten in die Hand. "Ich werde die Akten übergeben und ein paar Worte mit dem Tod reden. Das kann einen Moment dauern. Warte bitte hier, ok?" Alma nickte und Henrik klofpte an der großen Tür an, bevor er eintrat und Alma alleine in der Gilde ließ.
Einen kurzen Moment später vernahm Alma die Tür und wusste, dass sie sich nun darum kümmern musste. Wie so oft würden es nur ein paar abgeschlossene Akten sein, die Alma entgegen nehmen müsste. Sie wartete ab, bis die Person zu ihr trat, als sie eine vertraute Stimme vernahm, die nicht sehr erfreut klang.
"Du?! Was machst du in der Gilde?!" rief Fabiola erschrocken und Alma zuckte zusammen. Sie hielt inne und strahlte ein ruhiges Selbstbewusstsein aus. "Guten Tag, Frau Chinchensu. Was möchten Sie?" Mit einem leicht finsteren Ausdruck in den Augen fragte sie ihr Gegenüber und Fabiola beherrschte sich so weit es ging. "Ich würde gerne mit dem Gildenführer sprechen. Es geht darum, dass ich eine Lehre hier beginnen möchte." Über diese Sätze musste Alma innerlich schmunzeln, als sie gelassen, mit gefalteten Händen auf dem Tisch, sagte: "Sie möchten also mit meinem Vater sprechen?"
Der Gesichtsausdruck von Fabiola auf diese Aussage amüsierte Alma. Eigentlich gab sie nicht damit an, die Tochter des Gildenführers zu sein, doch bei Fabiola wusste sie, dass sie damit einen wunden Punkt treffen würde.
Fabiola wollte das nicht wahrhaben und Hass keimte in ihr auf. Zudem realisierte sie erschrocken, dass sie nicht nur irgendein Todeswesen belästigend berührt hatte. Das musste Fabiola erst begreifen, aber die Wut gewann die Oberhand und mit geballten Fäusten sprach sie keifend: "Bilde dir bloß nichts darauf ein, nur weil du das Töchterchen vom Gildenobersten bist!! Ich hätte diesen Platz viel mehr verdient! Immerhin habe ich mich immer bemüht, hoch hinaus zu kommen! Meine Arbeit habe ich immer korrekt ausgeführt, ich habe die Seelengeleiter bei diesem verdammten Kampf unterstützt, um etwas Anerkennung zu bekommen und mir eine Sense besorgt, die eines Gildenmitgliedes würdig ist! Und du kommst einfach an, sagst du bist das Kind von dem und erschaffst dir Vorteile, Ruhm und einen Stand, den du nicht verdient hast!!"
Alma stand auf, verschränkte die Arme und stellte sich vor Fabiola, die die Zähne zusammen biss und wutverzerrt zu Alma sah, welche keine Miene verzog. "Es ist nun einmal so. Damals habe ich mir auch nicht ausgesucht, wer mein Vater ist. Warum sollte ich mir Vorteile erschaffen? Das habe ich nicht nötig. Wenn Sie übrigens denken, dass man so einfach und mit wenigen Anstrengungen in die Gilde kann, dann liegen Sie falsch. Und um ehrlich zu sein, würde keiner wollen, dass die Gilde ein Mitglied beherbergt, dass so hochmütig und hinterlistig ist, wie Sie es sind!" Ohne sich was anmerken zu lassen und Schwäche zu zeigen, sprach Alma diese Worte aus.
Ihr Gegenüber wurde davon nur noch mehr verstimmt. Es gefiel ihr nicht, dass Alma über ihr stand.
"Es ist nicht gerecht, dass jemand wie du alles in den Schoß gelegt bekommt und jemanden wie mir, der alles geopfert hat, selbst hier diese Chance verwehrt bleibt!!" Fabiola war nicht verzweifelt, sie war erzürnt. Halbherzig hörte Alma ihr zu. "Ich war in meinem Leben so kurz davor, Karriere zu machen, bevor mir der Tod dieses genommen hat!" Kalt und mit lauter Stimme erwiderte Alma: "Jeder hat seine Zeit mitbekommen, daran lässt sich nichts ändern!" Sie hatte kein Mitgefühl für Fabiola, die diese Worte nur weiter erzürnte. Kurzerhand griff sie nach ihrer Sense und konnte sich nicht mehr beherrschen.
"Hör auf, mich so niederträchtig anzuschauen, als wärst du was besonderes!!" kreischte sie und schwang die Sense von rechts nach links. Alma wich nach hinten aus und zückte dabei ihre Sense. "Ich würde mir zweimal überlegen, was Sie nun tun wollen!" rief Alma gelassen, doch Fabiola dachte nicht mehr nach, sondern handelte nur noch impulsiv.
Sie rannte mit der Sense auf Alma zu, welche gekonnt nach hinten sprang und den ersten Schlag mit ihrem Sensenstab abwehrte. "Ich war 29, hatte eine Wohnung, einen Freund und einen Beruf, in dem ich Karriere machen wollte. Kurz bevor er befördert wurde, kam mir schon eine Kleinigkeit entgegen, die sich jedoch schnell beseitigen ließ." Fabiola grinste ein wenig und kam langsam auf Alma zu. "Was haben Sie getan?" hinterfragte Alma gestochen scharf und umfasste ihre Sense fester. Fabiola hielt einen Moment inne, bevor sie ihre Hand symbolisch an ihren Bauch hielt. "Ich war schwanger."
Alma realisierte, was Fabiola getan hatte, weitete die Augen und auch sie wurde nun innerlich wütend auf Fabiola, welche die Hand zu einer Faust ballte, als würde sie etwas zerquetschen. "Aber ich habe abgetrieben." In keinem Moment merkte man, dass Fabiola ihre Tat bereute. Alma war erschüttert und dachte an die kleinen Engel. Was Fabiola ihr erzählte traf Alma emotional. Da Alma eine tiefe Bindung zu den kleinen Engel hatte und deren Schicksal kannte, machte es sie traurig, wie auch wütend zugleich, wie gleichgültig Fabiola darüber sprach. "Sie sind so egoistisch und auf ihre eigenen Vorteile bedacht, dass Sie selbst einem anderen Leben dieses entreißen, um an Ihre Ziele zu kommen! Egal was für Umstände herrschen, es gibt immer eine Lösung!" rief sie laut und musste ihre Gefühle kontrollieren.
Alma umfasste ihre Sense härter und Fabiola sah ihr kalt entgegen. "Es war nur ein Zellhaufen und nichts, was man Leben hätte nennen können!" entfuhr es ihr wütend und sie trat zu Alma und ließ dabei mit einer schnellen Geschwindigkeit ihre Sense auf sie niedersausen! Alma wehrte den Schlag ab und traf Fabiolas Sense mit ihrer. Kurzerhand schlug Alma mit ihrer Sense Fabiolas weg und wich zurück. "Es wäre ein Leben geworden, welches Sie genommen haben! Ein Ungeborenes hat ein Recht auf Leben!!" Während sie das sagte, musste Alma an ihre Mutter denken. Smeralda war fast nur alleine gewesen, hatte die Trennung gerade so verkraftet und trotzdem ist sie für Alma dagewesen und hat nie einen Gedanken daran verschwendet, sie nicht zu wollen. Deshalb blickte sie zu ihrer Mutter auf und konnte Fabiola nicht nachvollziehen, die aufgrund ihrer Karriere abgetrieben hatte.
Währenddessen erzürnten Almas Worte Fabiola. "Du hältst dich wohl auch für einen Engel, der genau weiß, was richtig und verboten ist, weshalb er Leute einfach verurteilen darf! Denn es ist alleine meine Entscheidung, denn es ist mein Körper!" Dabei spurtete sie auf Alma los und verpasste ihr einen gezielten Tritt gegen die Hüfte. Daraufhin trat Alma nach hinten und stieß gegen das Geländer. Sie konnte Fabiolas letzten Worte nachvollziehen. "Ich möchte Sie nicht dafür verurteilen, nur kann ich diese Entscheidung nicht verstehen!" erwiderte Alma in einem ruhigeren Tonfall und dachte an die Engel, als sie aus dem Augenwinkel realisierte, dass Fabiola mit ihrer Sense auf sie zuging. Knapp konnte Alma sich mit ihrer Sense verteidigen und beide Sensenblätter schlugen aufeinander. Alma schlug Fabiolas Sense aus und beförderte Fabiola mit einem Tritt nach hinten. Fabiola stürzte auf den Boden, stand schnell wieder auf den Beinen und rannte auf Alma zu. Es war ein reiner Sensenschlagabtausch, in dem Fabiola für einen Moment die Oberhand gewann und sie mit einem gezielten Tritt in der Bauchgegend gegen die große Tür zum Raum des Todes trat. Mit einem lauten Knall krachte sie mit dem Rücken gegen diese und sackte auf dem Boden. Finster musterte Alma Fabiola und riss sich zusammen, bevor sie aufstand und Fabiola mit der Sense näher kam.
Den Knall hatten sowohl der Tod, als auch Henrik vernommen. Der Tod stand auf und legte die knochigen Hände auf den Tisch. "Was ist in der Gilde los?" entfuhr es ihm ruhig, jedoch mit einem etwas unerfreuten Unterton. Henrik zuckte zusammen und lief sofort zur Tür. "Alma!" Er öffnete diese und als er sah, wie Fabiola gerade dabei war, Alma langsam vom obersten Gildenplatz in die Tiefe stürzen zu lassen, griff er automatisch nach seiner Sense. Alma drückte mit ihrem Sensenstab und aller Kraft gegen an, als Fabiola eine Klinge an ihrem Hals spürte und von Alma abließ. Streng und ausdruckslos funkelte Henrik Fabiola an, welche sich starr umdrehte. Henrik ließ seine Sense sinken und Fabiola blickte dem Gildenführer direkt entgegen.
"Warum herrscht in der Gilde so eine Unruhe? Sie wissen, dass Sie gegen eine Regel im Regelbuch verstoßen!" merkte Henrik an und Fabiola fehlten jegliche Worte, bevor sie sich entspannte und Henrik seriös entgegen sah. "Bitte entschuldigen Sie die Unruhen, es gab eine Meinungsverschiedenheit." Ihre Worte bedeuteten Henrik nichts. "Trotzdem gibt es Ihnen nicht die Berechtigung gegeneinander zu kämpfen und gegen die Regeln haben Sie trotzdem verstoßen, was dementsprechend bestraft wird!" Henrik blieb gelassen und kühl bei seiner Aussage. "Was wollten Sie denn in der Gilde?" hackte er weiter nach und Fabiola merkte langsam, dass sie mit ihrer Art nicht weiter kam. Im ersten Moment sagte sie kein Wort, bevor sie ehrlich sagte: "Ich möchte in der Gilde arbeiten."
Ein kleines Lächeln überkam Henrik, da er es von Fabiola sehr amüsant fand, dass sie trotz allem noch ihren Wunsch äußerte, als wäre nichts gewesen. Am liebsten hätte er sie etwas aufs Korn genommen, doch er blieb nach wie vor seriös. "Es tut mir leid, in der Gilde werden keine weiteren Mitglieder benötigt." Er verschränkte die Arme und hob leicht das Kinn an. Diese Körperhaltung missfiel Fabiola, besonders als Henrik sie mit einem kalten überlegenen Blick anschaute. "Vor allem wäre es eine Schande für die Gilde, jemanden wie Sie zu beschäftigen!"
Fabiola war fassungslos, als sie diese strengen Worte hörte und wurde erneut sauer. Plötzlich schaltete sich Alma ein und trat zu ihrem Vater. Sie fasste sich den Mut und sprach aus, was sie Henrik damals nicht gesagt hatte. Alma fasste sich am Arm, senkte erst den Kopf, aber dann sah sie Fabiola entgegen. "Sie hat mich nicht nur angegriffen, sondern auch unsittlich angefasst!"
Verhasst schaute Fabiola zu Alma und biss die Zähne zusammen. Diese Tatsache verstärkte Henriks Hass auf diese Frau nur mehr, aber er strahlte nach wie vor Ruhe aus. "Aufgrund dessen, dass Sie vermehrt gegen die Regel ´Todeswesen dürfen sich nicht, aus welchen Gründen auch immer, gegenseitig verletzen´ verstoßen haben, bin ich dazu aufgefordert, Ihnen Ihre Sense zu entziehen und Sie nur noch Theoretiker-Arbeit verrichten zu lassen." Sofort verstärkte Fabiola den Griff um ihre Sense. Diese Strafe sah sie nicht ein. "Diese Sense ist neu und habe ich mir besorgt, um der Gilde würdig zu sein, das können Sie nicht tun!" Henrik wurde lauter.
"Ich bin dazu berechtigt und es ist meine Aufgabe, dies zu tun! Sie sprechen immer noch mit dem Gildenführer!" Fabiola fühlte sich ungerecht behandelt. "Und Sie glauben ihr einfach? Sie kann genauso gut Lügen erzählen!" Bevor Henrik erwidern konnte, sprach Alma mit ihren Gegenüber. "Denken Sie wirklich, eine gute Sense macht ein gutes Gildenmitglied aus? Bei weitem nicht, dahinter steckt viel mehr. Warum sollte ich lügen? Wir kennen beide die Wahrheit und selbst ohne diese Tatsache würde es Ihre Strafe nicht lindern."
Dieses Argument ließ Fabiola verstummen. "Ich werde Ihnen meine Sense nicht aushändigen!" brüllte sie und wich zurück. Henrik kam näher auf sie zu und wollte danach verlangen, doch Fabiola griff instinktiv mit ihrer Sense an. Schnell reagierte Henrik und schlug den Angriff aus. Alma war nach hinten gewichen. "Warum?! Warum wird mir immer wieder die Chance genommen, etwas zu erreichen?!" Ohne Rücksicht auf Verluste attackierte sie Henrik, indem sie von oben mit ihrer Sense angriff. Geschickt wich Henrik dem aus, indem er mit seiner Sense entgegen schlug. Mit seiner Kraft drückte er entgegen und Fabiola wich nach hinten. "Warum bin ich hier und soll für irgendwelche Sünden Buße tun?! Ich habe in meinem Leben nichts verwerfliches getan und stand vor dem Erfolg. Jemand wie ich hätte den Tod nicht verdient! Das ist nicht gerecht! Einer der nichts hat hätte den Tod mehr verdient gehabt! Warum bin ich nicht in den Himmel gekommen? Für welche Sünden bin ich hier?!" Ihre wutverzerrte Aussagen zeugten von einem schlechten Charakter, der nur auf sich bedacht war und nicht an andere dachte. Jedoch war sie zu stur, um etwas einzusehen und lebte mit der Auffassung, sie wäre im Recht.
Während sie diese Fragen stellte, hatte sie nicht davon abgelassen, Henrik zu attackieren. Alma wollte ihrem Vater helfen, doch er wies mit einer Armbewegung daraufhin, sich nicht einzumischen, denn er wollte nicht, dass ihr etwas zustößt. "Der Tod und Himmelsfürst hatten ihre Gründe, warum ihre Zeit abgelaufen ist." Wie ruhig und gleichgültig Henrik dies sagte, machte Fabiola nur wütender. Er musste bei ihren erneuten Angriff nach hinten weichen und sie verfehlte nur knapp seinen Oberkörper mit der scharfen Klinge. "Ich soll mein Ableben akzeptieren? Einfach so?! Sag mir, ist ein Mensch, der ermordet wird, auch ein gewollter Tod?!"