Fritz musste mit seiner Arbeit schauen, wie er im Totenreich seine Aufgabe verrichten konnte und es war das erste Mal, nach langer Zeit, dass er regulär Seelen geleitete. Er hasste die Totenwelt immer noch zutiefst und wirkte deshalb finster und kalt für andere, da sich der Hass in seinem Gesicht abzeichnete. Allerdings empfand Fritz dies als vorteilhaft, denn eventuell wurden die Gruppenmitglieder so schneller auf ihn aufmerksam. "Es ist irgendwie ungewohnt, dich in der Totenwelt arbeiten zu sehen!" schmunzelte Gamia und überreichte ihrem Vater eine Akte. "Danke dir." sagte er und seufzte leicht. "Muss ja. Ich helfe Vater gerne." Er verabschiedete sich von seiner Tochter und lief durch das Flügelportal, bevor er sich in der Menschenwelt wiederfand.
Im Altersheim musterte er die ältere Dame, die ihr Leben lang blind gewesen ist und setzte seine große schwarze Sense an ihrem Körper an und sprach ihren Namen aus. Die Frau hatte in ihrem Leben kaum Sünden begangen und war gläubisch gewesen. Der Todesengel vernahm die Stimme der Dame. "Ist meine Zeit gekommen, in welcher mich der Himmelsfürst zu sich holt? Ist das der Tod? Ich bin bereit dafür und habe keine Angst. Auch Sie verrichten nur Ihre Aufgabe, Gevatter Tod." Bei dem Klang ihrer sanften Stimme und der Gelassenheit, die diese Frau ausstrahlte, wurde Fritz selber ganz ruhig und fuhr mit dem Seelengeleit fort. "Ich stelle den Himmelsfürst nicht in Frage, warum ich blind geboren wurde. Es war meine Prüfung und ich hatte ein schönes Leben, welches ich durch meine Ohren, Hände und meiner Seele gesehen habe." Ein helles Licht tat sich auf und ihre Seele lief zu dem hellen Licht, an welchem ein Ehepaar mit zwei weiteren Kindern und mehreren Tieren stand. Mit leichten Schritten lief die Dame, welche nun die Erscheinung ihres 30-jährigen Ichs hatte, zu ihrer Familie, als sie stockte. sie weitete die Augen und als ihre Mutter ihre Tochter an sich drückte, strich diese über die Wange ihrer Mutter. "Du bist genauso hübsch, wie ich mich dir vorgestellt habe." schniefte sie und konnte ihre Familie endlich sehen und in die Augen schauen. Der Todesengel kehrte mit der Akte zurück, gab diese Gamia, die auf dem Weg zur Gilde war und nahm sich eine weitere mit. Diesmal musterte er die Seele eines Unfallopfers geleiten. Seine Beifahrerin überlebte den Unfall, trug aber schwere Verletzungen davon. Sie realisierte den Tod ihres Freundes und weinte bitterlich. Zum schreien reichte ihre Kraft nicht mehr aus. "Warum? Warum ich? Soll der Tod mich doch auch zu sich holen, dann können wir zusammen sein!" klagte sie innerlich zerrissen und griff mit der Hand nach der toten Hand ihres Freundes. "Ich will sterben, bitte. Warum?!" weinte sie und wegen ihrer Verzweiflung spürte sie nicht den Schutzengel, der über sie wachte und beruhigend sagte: "Deine Zeit ist noch nicht gekommen, der Himmelsfürst hat noch etwas mit dir vor."
Mit kühler Miene kehrte Fritz zurück und wirkte kurzzeitig, als sei er jemand anders, als eine Frauenstimme ihn aus dem Gedanken riss. "Entschuldigen Sie, mein Herr. Ist mit Ihnen alles in Ordnung? Sie sehen so besorgt aus." meinte diese und Fritz blickte zur braunhaarigen Frau. Er wusste nicht, ob sie Teil der Gruppe war oder einfach nur nett sein wollte, trotzdem blieb er bei seinem Plan. "Eher weniger, darüber möchte ich aber nicht reden, ist was familiäres." erklärte Fritz und die Damie nickte. "Ich verstehe Sie, auch mich plagt ein Laster, aber wenn sie sich davon lösen möchten, gebe ich Ihnen einen Tipp, der mir auch gegeben wurde." Ihre Stimme wurde leise und Fritz hellhöriger. Die Frau schob einen Zettel in die Akte und überreichte diese Fritz, bevor sie verschwand. Sofort öffnete er die Akte und als er den Zettel las, grinste er gerissen.
Währenddessen war Cedric bei den Sensenschmieden und redete mit seiner Nichte. "Ich brauche alle Akten von Heilern, die ihre Erstsense abgegeben haben." bat Cedric und Alma öffnete die Schublade. "Sollten nicht viele sein, aber da musst du dich etwas durchsuchen." erzählte sie und ihr Onkel dankte. Während er sich schon einmal den ersten Stapel wegnahm, fragte er Alma: "Wie läuft es bei dir so auf der Arbeit?" Ein Seufzer entfuhr Alma. "Ich baue nur noch Sensen auseinander. Ich komme zur Arbeit und mache bis zum Feierabend nur das! Meine Lehrmeisterin habe ich auch lange nicht mehr gesprochen." antwortete sie und Cedric nickte verständlich. "Es wird aber schon weniger. die Sensen waren schon mehr und werden direkt weiter verwertet." Sie verschränkte die Arme, bevor sie den Nebenraum verließ und die Tür öffnete. Ihr Cousin Fritz betrat die Abteilung und lief hastig zu seinem Vater, welcher hochschaute. Fritz legte den Zettel auf den Tisch und Cedric musterte diesen, als sich seine Augen weiteten. Entzücken spiegelte sich in seinem Gesicht wieder und Fritz grinste seinen Vater an. "Ich sagte doch, ich finde einen Weg." schmunzelte er und beide lasen sich den Zettel durch, auf welchem stand:
Treffen 18.8 23 Uhr Alte Bahnhofshallen
Der Ort stand ebenfalls dort und die Infos erfreuten beide gleichermaßen. Vater und Sohn durchsuchten gemeinsam die Formulare, bevor sie zu ihren Familien heimkehrten und Bericht erstatteten.
Am 18.8 kamen Fritzs Eltern, er und Gina zusammen. Sie standen in der Wohnung seiner Eltern und Cedric strich über Fritzs Schulter. "Wir haben alles besprochen. Sei vorsichtig und berichte ausführlich." bat Cedric und sein Sohn nickte. Felicia umarmte ihren Sohn innigst und die sorge stand ihr ins Gesicht geschrieben. "Ich habe Angst, dass dir was zustößt.", sagte sie unruhig und blickte zu Gina, die beide Hände an ihre Hüfte stemmte. "Hast du keine Bedenken, dass ihm was passieren könnte, Gina?" fragte sie Fritzs Frau und konnte ihre Gelassenheit nicht verstehen. Wie gewohnt grinste Gina und legte den Arm um Fritz. "Wer den Sensenmann an seiner Seite hat, braucht sich vor dem Tod nicht zu fürchten."
In der Menschenwelt war die Sonne bereits untergegangen und Fritz stand in seinem Mantel vor den besagten Hallen, die schon länger nicht mehr benutzt worden sind und baufällig waren. Er bemerkte die Dame, die ihn den Zettel gab und spürte mehrere Auren von Todeswesen. Er war ein wenig angespannt, aber schloss dann kurz die Augen, hielt inne und setzte sein kaltes Pokerface auf. Von außen vernahm er eine männliche barsche Stimme. "Am heutigen Tage erwarten wir Neuzugang. Tretet ein!" bat diese laut und anscheinend waren Fritz und die Frau die einzigen Neuen. Gesittet trat Fritz nach der Frau ins Gebäude und erblickte eine kleine Gruppe von todeswesen. Vier komplett verhüllte Gestalten standen in einem Kreis. Sie trugen schwarze Mäntel und tiefhängende Kapuzen, die ihre Gesichter verdeckten. Jeder einzelne von ihnen hatte seine Sense in der Hand und Fritz fragte sich, ob dies alle Mitglieder seien. Der Mann, der nach ihnen gerufen hatte, schien eine große Macht zu haben und der Anführer zu sein. Er musterte die Frau still und bat dann: "Erzähl uns deine Geschichte! Warum möchtest du dich uns anschließen?"
Die Frau senkte den Kopf und blickte traurig zum dreckigen Betonboden, bevor sie erzählte. "Mein Name ist Frau Klitzo und ich hatte eine Tochter, die mir jedoch sehr früh genommen wurde. Ich war alleine, als mich mein Partner in der Trauer sitzen ließ und begann Selbstmord." Sie kämpfte mit den Tränen. "Dieser Moment, als ich mich in diesem schwarzen Raum vor dem Tod persönlich wiederfand, werde ich nie vergessen. Es hat sich alles so bedrückend und unbeschreiblich leer angefühlt. Ich wollte weg von dort und habe nicht verstanden, warum ich dort bin. Alles was ich wollte, war doch nur mein Kind wieder zusehen!" Fr. Klitzlo konnte ihre Tränen nicht länger verbergen und in der Halle war nur ihr schluchzen zu hören, bevor sie sich die Tränen an ihrem Ärmel abwischte. "Deshalb bin ich hier! Ich möchte Erlösung finden!" schluchzte sie und der Mann trat einen Schritt vor und umfasste seine Sense noch fester. "Erlösung wirst du finden, das verspreche ich dir." sagte er ruhig und Hoffnung funkelte in ihr Gesicht auf. "Wirklich?" fragte sie ungläubig, als der Anführer ihren Hals packte.
Ihre Augen weiteten sich und Fritz konnte seinen Blick nicht von dem folgenden Szenario abwenden. Erschrocken und panisch sah Fr. Klitzo zum Anführer. "Was... tun Sie?" keuchte sie, als eines der Mitglieder von hinten auf sie zulief und ihr mit der Sense in den Kopf stach. In ihrem Ausdruck war die pure Verwunderung zu sehen. Sie wusste nicht, wie ihr geschah und Fritz musste sich bemühen, nicht zu erschrocken auszusehen. Der Anführer ließ den Körper fallen, welcher zu Erde, Asche und Staub zerfiel, nachdem ein Engel erschien und die Seele der Frau in den Himmel führte.
"Wir dulden keine Opfer von Suicide Hangman. Wir werden jeden einzelnen von ihnen erlösen." sagte er laut und dankte seinem Gehilfen. Kurzerhand sah er zu Fritz. Mit dem Finger zeigte er auf den Todesengel. "Was ist deine Geschichte?" befahl er zu wissen und Fritz brauchte einen kurzen Moment, bevor er antworten konnte, setzte dann seinen kühlen Blick auf und trat hervor.
"Mein Name ist Jered Stein und ich bin hier, weil ich dieser Gruppe beitreten möchte. Ich nehme an, wir alle haben einen Schicksalsschlag erlitten, der begründet, warum wir hier sind, oder?" redete Fritz einfach drauf los und von allen folgte ein stummes Nicken. Fritz lächelte nur, bevor er seufzte und den Kopf hängen ließ. "Bei mir ist es nicht anders. Ich wurde schwer vom Schicksal gezeichnet. Mit 23 wurde ich drogenabhängig, doch ich habe diese Sucht erfolgreich bekämpft und fand die Liebe meines Lebens. Leider gönnte mir das Schicksal dieses nicht. Im 4. Monat erlitt sie eine Fehlgeburt und zu diesem Zeitpunkt stand ich kurz davor, wieder anzufangen, da uns dieser Tod in ein dunkles Loch gestürzt hatte, doch ich kämpfte dagegen an, wollte nicht aufgeben und schlug meiner Frau vor, es in ein paar Jahren erneut zu probieren, doch das Leben unter ihrem Herzen zu verlieren, hatte ihres verstummen lassen und sie begann Suizid. Mein Leben war ein Scherbenhaufen, aber ich wollte den Freitod nicht als Option wählen und wartete, bis mein Herz von alleine aufgab. Ich möchte meine Frau nur erlösen, damit sie bei unserem Mädchen sein kann. Was mit mir geschieht, ist mir gleich, solange sie glücklich sind. Ich denke, ihr habt die gleiche Auffassung, dass es egal ist, dass die Seele ausgelöscht wird?" Er sah in die Runde und innerlich grinste er darüber. Fritz verstand, dass man alles für seine Geliebten geben würde, doch würde er nie seine Seele dafür opfern, immerhin möchte er sich und seine Liebsten vereinen. Wenn die Geliebten davon erfahren würden, wären sie weniger erfreut darüber. Auf einer Seite konnte er die Gruppe verstehen, jedoch fand er sie auch egoistisch.
Sie agieren strikt nach dem Motto, alle Opfer von Suicide Hangman zu ´erlösen´, da sie schwere Schicksalsschläge erlitten hatten, in denen Angehörige sich selber töteten. Sie gingen davon aus, dass diese Personen ihr Leben verachteten, obwohl einige glücklich waren. Sie bringen sie aus reiner Überzeugung um.
Der Anführer musterte Fritz eine Weile und überreichte ihm dann die Kleidung, die alle anderen Mitglieder auch trugen. "Zieh diese an und hör zu. Solltest du je eines dieser hier ausgesprochenen Worte und getätigten Taten hinaus tragen, werden wir dich umbringen!" ermahnte der Anführer furchteinflößend und Fritz nickte lächelnd, bevor er sich die Kapuze überzog. "Wir heißen dich in unserer Gruppe Redemptor Noster willkommen."
Dass die Aufnahme so leicht sein würde, hätte Fritz nicht erwartet.
Er stellte sich zur Gruppe und hörte dem Anführer aufmerksam zu. "Heute verkünden wir die Erlösung von Dr. Ellie Fléros und Fr. Klitzo. Habt ihr jemanden gefunden, der ein Opfer von Suicide Hangman ist? Jered, wie ist es bei deiner Frau?" erzählte dieser und sah zu Fritz, der den Kopf senkte. "I-ich kann es ihr jetzt nicht antun. Ich möchte noch Zeit mit ihr verbringen." entschuldigte er sich und der Anführer wirkte unerfreut. Fritz sah zu seiner großen Gestalt. "Du musst sie irgendwann von ihrem Leid befreien. Ahrend wird sich auch bald von seiner Ehefrau verabschieden müssen." ermahnte der Mann und Fritz sah, wie ein anderes Gruppenmitglied nickte, wovon er ausging, dass dies Ahrend sei. Dieser war es auch, der kurz darauf antwortete: "Ich fand vor kurzem einen Zeitungsbericht über meinen Kollegen, in welchem stand, dass er nach einer Straftat Selbstmord begann. Er ist schon sehr lange in dieser Welt und sollte endlich die Möglichkeit bekommen, Frieden zu schließen." erzählte er förmlich und Fritz konzentrierte sich auf den Mann. "Ich nehme an, du wirst ihn erlösen? Du hast direkten Kontakt zu ihm. Um wem handelt es sich denn?" hakte der Anführer nach und bekam eine sofortige klare Antwort. "Ja, ich werde eine Erlösung vollstrecken. Ich spreche von meinem Kollegen Dr. Paul Commer."