Gemeinsam geleiteten Cedric und Felicia am nächsten Tag einige Seelen, darunter auch ein paar ungewöhnliche Todesfälle. Das erinnerte sie an ihre Kennlernzeit, in welcher sie zusammen Seelen plötzlicher Mordopfer geleitet hatten, wodurch sie sich näher gekommen sind. Cedric teleportierte sich unter Wasser und die äußeren Umstände hatten keinen Einfluss auf den Todesengel. Er konnte sich leicht bewegen und glitt zu einem um ihr Leben kämpfendes Mädchen, welches am ertrinken war. Während sie versuchte, nach oben zu schwimmen, führte Cedric die Sense zu ihrem Körper. Die Kleidung zog sich mit Wasser voll und wurde dadurch schwerer.
Dem Mädchen ging der Sauerstoff aus und ihre Lungen füllten sich mit Wasser. Sie verlor das Bewusstsein und Cedric nannte ihre Todesdaten, bevor er eine Brücke zum Himmel errichtete. Die Seele ging durch das helle Licht, während der tote Körper auf dem Grund des Sees sank.
Felicia stand im Krankenzimmer eines Mannes mittleren Alters, welcher sich eine Beinverletzung zugezogen hatte, über welche sein Haustier, lieb gemeint, geleckt hatte, wodurch sich die Wunde, durch die Bakterien, nun stark entzündet hatte und er an den Folgen verstarb. Mit der Sense versuchte sie die Seele zu geleiten, doch obwohl diese in den Himmel zurück kehren sollte, stellte sich die Seele quer und attackierte Felicia in einem überraschenden Moment. Sie bekam einen Schlag ins Gesicht ab und wich nach hinten. Dabei senkte sie die Sense und unterbrach das Geleit. "Es ist doch so dumm, durch sowas zu sterben..." klagte der Mann und Felicia sprach mit lauter Stimme: "Ihre Zeit ist gekommen, um die Hülle auf Erden zurückzulassen und Ihren Weg in die andere Welt anzutreten. Sie wären am heutigen Tage, zur jetzigen Zeit, egal durch was, gestorben." Die Seele hörte Felicias Worten zu und beruhigte sich schnell. "Wir alle sterben irgendwann." Felicia nickte und baute die Brücke wieder auf. Die Seele ergriff die Sensenklinge und lief durch das Himmelstor. "Passen Sie bitte gut auf meinen Hund auf." bat der Mann flüsternd und lächelnd gab Felicia ihm ein Gefühl, dass er weiterhin an der Seite seines Hundes sein konnte.
Ein Schrei riss Felicia aus den Gedanken und sie rannte auf die Flure und erblickte Jerome, der verbissen und angestrengt gegen einen bösen Geist kämpfte. "Tötet de Arzt!! Er hat mein Leben auf den Gewissen!! Warum musst er nicht sterben?!" brüllte dieser und im ersten Moment erinnerte Felicia dies an ihre eigene Vergangenheit. Felicia hasste ebenfalls einen Arzt, ihren Vater, gegenüber den sie einen großen Hass und Wut verspürte.
Sofort kam sie Jerome zur Hilfe und schlug einen weiteren Frontalangriff aus. Jerome und Felicia standen dem bösen Geist gegenüber. "Er wird weitere Menschen töten!!" schrie der Geist weiter und Felicia ließ langsam ihre Sense sinken. "Was hat er Ihnen angetan?" versuchte Felicia zu erfragen und der Geist brüllte: "Mich umgebracht!!" Der böse Geist war von Schwärze umgeben und anscheinend schon länger in dem Krankenhaus. Der Geist verschwand durch eine Tür und die Todeswesen folgten ihm. Im Operationssaal verwies der Geist auf einen Arzt. "Ich will, dass er bis an sein Lebensende leidet und qualvoll stirbt! Ich hatte nichts im Leben und es sollte endlich besser werden, doch dann hat der Arzt mich bei der OP getötet!!" kreischte der böse Geist und verteilte eine angespannte Aura. Jerome wollte dem Geist näher kommen und ihn austreiben, doch Felicia stockte und hielt Jerome mit ihrer Sense zurück. "Lass, diese Seele ließ sich einst schon nicht geleiten und es wird diesmal auch nicht funktionieren. Glauben Sie mir, ich habe es selbst vor ein paar Jahren mit meiner Enkelin versucht, als diese Frau starb. Ihre Negativität ist zu stark." erklärte Felicia ruhig, mit einer ernsten Miene und Jerome ließ von dem Geist ab. Mit kühler Miene kehrten er und Felicia in die Krankenhausflure zurück. "Ich verstehe die Wut über den Tod." sagte Jerome kalt und Felicia hörte ihm interessiert zu. "Ich weiß nicht, wie es ist, als Mensch zu sterben, doch ich kann die Emotionen über den Tod oder den Hass mancher nachvollziehen, auch wenn der Tod nicht böse ist und nur seine Berufung erfüllt." Leicht senkte sie den Kopf und versuchte aufmunternd zu lächeln, doch Jerome war dem Tod sehr kalt gegenüber eingestellt. "Der Tod ist ungerecht und ihm ist alles egal. Ich verachte es, ihm dienen zu müssen und ein Todesgeist zu sein. Auch ich habe mich einst dagegen gewehrt, als ich gestorben bin. Wissen Sie, wie niederschmetternd es ist, zu sterben und auf einer Weise froh zu sein, endlich bei seiner Familie sein zu können und dann kommt man wegen einigen Sünden ins Zwischenreich. Ich möchte nur erlöst werden, genauso wie meine Tochter." erzählte Jerome kühl, als er Felicia gefühlslos mit leichtem Zorn entgegen blickte. Felicia versuchte ihn zu verstehen. "Einige Geschehnisse wirken sicherlich unerklärlich und ungerecht, doch der Himmelsfürst hat seine Gründe und weiß warum. Auch der Tod ist nicht ungerecht. Es stimmt, dass ihm alles egal ist, das Alter, die Herkunft, dein Schicksal, Leben, Erfolge, Sünden, Geld... Wenn ein Mensch sterben soll, wird dies geschehen. Selbst wenn diese Person die Welt verändert, wird diese nicht vom Schicksal und Tod verschont bleiben." Ihre Meinungen waren zwar verschieden, doch gingen sie respektvoll miteinander um und besonders Felicia versuchte auch Jerome zu verstehen.
"Wenigstens habe ich meine Tochter bei mir, auch wenn es schmerzt, dass meine Frau oben alleine im Himmel auf uns wartet, während wir noch jahrzehntelang Seelen geleiten müssen. Wissen Sie, mir würde es nichts ausmachen, von diesem umhergehenden Mörder ermordet zu werden, um endlich erlöst zu werden." Beim letzten Satz zuckte Felicia zusammen und merkte förmlich den Groll von Jerome gegenüber seinem Todesgeist-Dasein. "Meine Tochter empfindet ebenso und für sie ist das Leben hier eine Qual. Besonders, als sie noch alleine im Totenreich verharren musste. Ihr tut das Dasein nicht gut, wissen Sie? Meine Tochter ist psychisch krank und jeden Tag die Todesdaten anderer Menschen zu lesen, setzt ihr sehr zu, doch ihr blieb keine andere Wahl, besonders wenn sie erlöst werden möchte." erzählte Jerome mit gesenkten Kopf, verhassten Blick und geballten Fäusten weiter. Felicia zeigte Mitgefühl und ihr war bekannt, dass Todesgeister diese Last oft nicht verarbeiten konnten und sich mit der eigenen Sense erstachen, doch wo sie Jeromes Worte hörte, wurde ihr dies als Todesengel noch einmal richtig bewusst, dass es sich bei den Todesgeistern auch nur um Menschen handelte. Zugleich erinnerte es sie auch an ihren Sohn Fritz, welcher sich zuvor auch dagegen gesträubt hatte, seine Lehre zu machen, bevor Frederic ihn überzeugen konnte, obwohl Fritz im Totenreich geboren wurde und als Todesengel eine besondere Einstellung zum Tod hatte. Traurig senkte Felicia den Kopf. "Zumindest sind meine Tochter und ich in diesem Reich miteinander und nicht voneinander getrennt." Von Felicia kam einfach nur ein Nicken, als Cedric zu Felicia kam und Jerome grüßte, der sich schleunigst verabschiedete und durch ein Todesportal ging. Cedric fragte, was gewesen sei und Felicia erzählte ihm von dem Gespräch. Gemeinsam traten sie durch ein Flügelportal zum nächsten Todesort.
Es war Abends und ein Zirkus stand auf dem Gelände. Der Zirkus war mehr eine Art Freak Show und das Ehepaar musterten die verschiedenen Attraktionen, mit denen beworben wurde. Unteranderem einem Mann mit doppelten Händen, aber auch zwei Brüdern, genauer gesagt siamesischen Zwillingen, welche zwar zwei Oberkörper besaßen, sich aber einen Unterkörper teilten. Der rechte Zwilling wurde wie ein Mysterium verdeckt, mit dem werbenden Titel: Die Kreatur, die an meinem Körper hängt.
Dieser Satz stieß besonders Cedric mies auf, immerhin waren sie immer noch Zwillinge und vor allem Menschen. Allerdings erschrak er auch etwas, als er die Todesdaten las und bemerkte, dass der linke Zwillinge zuerst versterben sollte und der verbliebende Bruder wenige Tage später. Die Vorstellung, dass er in dieser Zeit einfach nur noch liegend neben seinem toten, langsam verwesenden Bruder sein konnte, stimmt Cedric ein wenig nachdenklich und er fragte sich, warum beide nicht gleichzeitig sterben konnten, ohne dass der Überlebende solch eine Qual erleben musste. Auch wenn sie sich anders nicht getrennt hatten, empfand Cedric den Tod der Zwillingsmädchen einst als ästhetisch. Sie waren zusammen auf dieser Welt geboren worden und starben auch zusammen. Cedric dachte an seinen Zwillingsbruder und konnte sich nicht vorstellen, ohne ihn zu leben. Auch wenn sie zwei Jahrhunderte zerstritten waren, hat es beide sehr mitgenommen und selbst Cedric hat innerlich gelitten, genauso wie Henrik. Immerhin teilten sie sich ihren körperlichen Schmerz.
Seine Frau riss Cedric aus den Gedanken und er begleitete sie in einen der Wohnwagen, welches anscheinend von einer Familie bewohnt wurde. Beim vorbeigehen musterte er ein Bild von einem schmierigen Mann, der laut der Kleidung anscheinend der Zirkusdirektor war, wie er listig grinsend den Arm um eine etwas kräftigere Frau in weißen Kleid legte, dessen Gesicht von einem Tuch verdeckt wurde. Das Bild machte ganz den Anschein, als täte der Mann es aus Krampf, um jemanden was zu beweisen und an der Körperhaltung erkannte Cedric, dass die Frau sich unterdrückt und ängstlich fühlte. Er hatte gute Menschenkenntnisse.
Genau die Seele dieser Frau war es auch, die geleitet werden sollte und an ihrem Einzelbett sahen beide Todesengel auch schon, warum ihr Gesicht auf dem Foto verdeckt war. Ihr Gesicht war deformiert, doch trotz dessen strahlte diese Frau eine sympathische, liebliche Art aus und Cedric bemerkte, dass er sie auch als werbende Attraktion auf eines der Banner gesehen hatte. Abgesehen von ihrer Aura spürte das Ehepaar noch drei weitere, doch diese ließen sie außen vor.
Felicia fing mit dem Seelengeleit an und sprach ihren Namen und alle Todesdaten aus. Es fiel auf, dass diese Frau kaum Sünden begangen hatte und darum tat sich ein helles Licht vor der Seele auf, doch sie stockte. Die Brücke blieb bestehen, doch ihre Seele trat nicht zum Himmel über. "Ich möchte nicht, dass meine jüngste Tochter unter ihrem Vater leiden musst. Sie hat dasselbe Makel wie ich." wisperte die blondhaarige Frau und strich mit den Fingern über ihre Wange, als sie realisierte, dass ihr Gesicht nicht mehr deformiert war. "Ihre große Schwester möge sie bitte weiterhin beschützen und ich werde auch immer auf sie aufpassen." Die Seele glitt nun über die Brücke in den Himmel und das Herz der Frau hörte auf zu schlagen.
Das Ehepaar kehrte zur Totenwelt zurück und Cedric nahm die Akten an sich. "Ich gehe kurz zur Gilde. Bis gleich." verabschiedete er sich und küsste Felicia auf die Lippen. In der Gilde traf er auf seinen Zwillingsbruder und fragte nach Almas Zustand. "Sie ist auf dem Weg der Besserung und ist schon etwas munterer.", berichtete Henrik gelassen und bearbeitete ein paar Akten. "Meine Smeralda ist bei ihr. Alma ist ein starker Todesengel und wird mit der Trauer lernen umzugehen." erklärte er weiter und fragte direkt nach Neuigkeiten. Cedric erwähnte nur den Vorfall mit dem Klopfen an der Tür. Henrik legte nachdenklich einen Finger ans Kinn. "Pass gut auf dich auf." bat Henrik und Cedric nickte, bevor er die Gilde verließ.
Cedric lief an den Sensenschmieden vorbei und bekam plötzlich das Gefühl, jemand sei direkt hinter ihm. Bekanntlich täuschte ihm sein Gefühl nicht, er zückte seine Sense, drehte sich um und konnte einen Sensenabgriff abwehren. Der Angreifer sprang zurück und war komplett in schwarz gehüllt. Beide standen sich gegenüber und hielten ihre Sensen fest in der Hand. Cedric funkelte seinen Angreifer selbstbewusst an und war zum kämpfen bereit. Er musterte sein Gegenüber, als sein Blick auf die Sense fiel. "Diese schwarze schmale Sense..." murmelte er und schien sich zu erinnern, als er stockte. "Unfassbar, dass Sie tatsächlich noch Ihre erste Sense verwenden, obwohl Sie bereits seit fast zwei Jahren eine Neue haben." merkte Cedric gestochen scharf an und anscheinend kannte er seinen Angreifer genau. Dieser merkte, dass er von Cedric entlarvt wurde, was ihm missfiel und darum ein ungeheures Tempo vorlegte, zu Cedric sprintete und die Sense seitlich in Cedrics Hals schlagen wollte, doch dieser wich zur Seite aus, wehrte das Sensenblatt mit seinem Sensenstab ab und trat dem verhüllten Todeswesen mit einem kräftigen Tritt in die Hüfte. Der Angreifer fiel zur Seite, konnte sich aber noch halten, als schon der nächste Tritt in den Rücken folgte und das Todeswesen auf dem Bauch fiel und dabei die Sense losließ. Cedric musterte ihn. "Warum haben Sie die zwei Todesgeister umgebracht?" hakte Cedric gestochen scharf nach und blickte streng zum auf dem Fliesenboden liegenden Täter, welcher kein Wort sagte. Der Täter griff schnell nach seiner Sense und drehte sich um, um mit der Sense Cedrics Körper zu treffen, doch Cedric wich zurück und wehrte mit der Klinge ab. Sein Gegenüber saß zur Hälfte noch auf dem Boden, doch sprang auf und schellte zu Cedric vor, um ihn in ein frontales Sensenduell zu verwickeln. Es war ein reiner Sensenschlagabtausch und geschickt wehrten sie die Angriffe des jeweils anderen ab. Cedric wurde beinahe geköpft, wäre er nicht rechtzeitig in Deckung gegangen. Geduckt trat Cedric seitlich gegen des Kniegelenk des Todeswesens und stieß ihn mit dem Sensenstab gegen die Hüfte. Für einen Moment ließ der Täter seine Sense sinken und Cedric kam aus der Hocke, als er direkt schon einen weiteren Angriff abwehren musste und stark gegen drücken musste, bevor beide Todeswesen zurücksprangen, als sich die Sensenklingen schnitten.
Der Täter ließ Cedric keine Pause und schwang die Sense von rechts nach links, doch Cedric wich hinten aus und sprang in die Höhe hinter dem Täter, um ihn die Sense vor dem Hals zu halten, als Cedric die Augen weitete vor Schock und Blut spuckte.
Der Täter war schneller gewesen, hatte sich geschwind umgedreht und die Sense hatte sich mitten von links durch den Magen geschnitten, unter den Rippen bis knapp zur Wirbelsäule. Die Sense des Täters wurde aus Cedrics Körper entzogen. Cedric ließ seine Sense fallen, welche auf den Boden klirrte und sackte zusammen. Er brüllte vor Schmerz und hielt sich mit beiden Händen die betroffene blutende Stelle und biss die Zähne zusammen, als er erneut Blut erbrechen musste.
Das Blut durchtränkte bereits Cedrics Kleidung und den Fußboden. Der Täter war mit Cedric noch nicht fertig und stellte sich vor ihm, beide Beine um Cedrics Bauch gestellt und mit beiden Händen erhob der Täter seine Sense, mit dem Vorhaben, frontal in Cedrics Kopf zu stechen, um ihn zu töten!
Mit letzter Kraft hob Cedric sein rechtes Bein, winkelte es zu sich an und trat kräftig zwischen den Beinen seines Angreifers, welcher schmerzverzerrt zurück lief und dann auf dem Boden fiel, mit angewinkelten Beinen. Cedric blickte nach links und verlor langsam das Bewusstsein. Die Kraft verließ ihn und sein Blick wurde schummrig. Der Täter stand unter Schmerzen auf und nahm seine Sense zur Hand, um einen erneuten angriff zu wagen, doch hielt inne, als er ein helles gleißendes Licht erblickte und die Auren zweier Engel spürte. Kurzerhand beschloss er, durch ein Flügelportal zu flüchten.