Die Todeswesen erkannten nun viel mehr, brachten die Verletzten zu den Heilern und Markus ging zu Mias Hülle, zumindest zu dem, was davon überblieb, denn die Hülle hatte sich bereits in Erde, Asche und Staub aufgelöst. Im Gegensatz zu 1409 gab es weniger Verletzte, kaum Tote und keine Seelenverluste. Den Rest wurde den Menschen überlassen, denn ihre Pflicht war erfüllt und so verschwanden sämtliche Wesen von der Unfallstelle. Höchstens ein paar letzte Dämonen erfreuten sich an den negativen Gefühlen der Menschen.
Im Zwischenreich bei den Heilerin saß Cedric geknickt vor dem Krankenzimmer. Sein Bruder wurde gerade operiert und Cedric spürte einen ganz eigenen Schmerz. Mit gesenkten Kopf verschwand er zu Felicia, welche bereits auf ihn wartete und ihm direkt ansah, dass es ihm nicht gut ging. "Ich bin so erleichtert, dass du wieder da bist!" begrüßte sie ihn erfreut und sie fielen sich in die Arme. "Ich bin auch froh, wieder bei dir zu sein." sagte er ruhig, lächelte kurz, aber verlor dieses Lächeln auch schnell wieder. "Was ist passiert?" fragte sie behutsam, setzte sich mit ihm aufs Sofa und sie legte den Arm um ihren Ehemann. "Henrik wurde verwundet."
Daraufhin erzählte er ihr detailliert von den Erinnerungen im Inneren des Teufels und Henriks Verletzung. "Felicia, du weiß, dass ich Henrik gegenüber nie positiv gestimmt war, aber beim Anblick dieser Erinnerungen ist mir einiges bewusst geworden und ich habe das Gefühl, ihn nun besser zu verstehen." Er betrachtete die Thematik aus einem komplett anderen Winkel und verspürte keinen direkten Hass mehr seinem Bruder gegenüber. "Es schmerzt, dass es ihm nicht gut geht, denn obwohl wir zerstritten waren, haben wir trotzdem gefühlt, wenn einer von uns große Schmerzen erlitten hat, denn wenn einem von uns der Schmerz einer Verletzung zu viel wird, dann teilt der jeweils anderes dieses Leid, ohne überhaupt davon zu wissen. So erging es mir vorhin auch, als Henrik verletzt wurde." Felicia verstand ihn sehr gut. "Das Band von Zwillingen lässt sich nicht einfach zerstören." meinte Felicia sanft und Cedric stimmte ihr dabei zu. "Ich möchte nur, dass es ihm gut geht und wir uns aussprechen können."
Zeitnah sprach Cedric auch mit dem Tod und berichtete über die Situation. Der Tod war nicht erfreut darüber, zu hören und fragte Cedric, ob er jemanden kennen würde, der ihn vorerst vertreten könnte. Dabei hoffte er natürlich, dass Henrik schnell genesen würde, war aber auch froh, dass es keine Tragödie wie 1409 wurde. Kurz überlegte Cedric, bevor er den Kopf hob und den Tod entgegen blickte. "Ich werde meinen Bruder vertreten." Der Sensenmann war sehr überrascht über diese Aussage, da er wusste, wie Cedric dazu stand. Auch Cedric war sich dessen bewusst und trotz der Sorge um Henrik, fühlte er sich sicher genug, diese Aufgabe vorerst zu übernehmen. Einige Dinge wusste er noch von früher oder wenn er dies zufällig mitbekam. Das grundlegende würde er hinbekommen und setzte sich am Abend noch direkt auf den obersten Gildenplatz. Die anderen zwei Gildenmitglieder wurden über die Situation berichtet. Von oben musterte Cedric die Gilde und bearbeitete ein paar Akten. Er fühlte sich wirklich nicht wohl bei der Gilde und bewunderte Henrik dafür. Cedric kam vollständig erledigt daheim an, da er seit geraumer Zeit nur auf den Beinen war, den Kampf hinter sich hatte, in der Gilde war und ihm die Sorge um Henrik beschäftigte. Daheim fiel er direkt erschöpft ins Bett und schlief mehrere Stunden durch.
Unterdessen lag Henrik erfolgreich operiert in eines der Krankenbetten. Die Wunde musste heilen und er war kaum bei Bewusstsein, sondern in einer Art Koma. In ihm kamen viele Erinnerungen hoch.
Henrik saß mit Herbert in der Gilde und wollte die Treppen hinunterlaufen, um heim zu gehen. Plötzlich spürte er einen Schmerz in seinem Oberkörper und stürzte die Treppen hinunter. Herbert schaute ihm hinterher und teleportierte sich umgehend zu ihm. "Ist alles in Ordnung?" erkundigte er sich ruhig und Henrik krümmte sich ein wenig vor Schmerz, versuchte sich aber zu beherrschen. "Es geht schon, mein Bruder muss sich verletzt haben. Hoffentlich ist alles in Ordnung.
Ihm kamen vermehrt die Erinnerungen von ihrem Streit hoch und er bereute seine Taten zutiefst.
Ich verstehe Cedric, immerhin hatte ich es nicht anders verdient. Mein Verhalten war absolut unverzeihlich. In der Zeit, wo er im Koma lag, dachte er sehr viel über die Geschehnisse vergangener Tage nach. Wie gern würde ich mich bei dir entschuldigen wollen, du bist nur noch der Einzige, den ich habe. Ich habe weder Familie, noch eine Geliebte oder Freunde. Ohne seinen Zwilling fühlte er sich einsam und das mochte er nicht. Vor allem da sie als Zwillinge etwas Besonderes verband, schmerzte der jahrhundertlange Streit um so mehr. Dieses Gefühl wollte er nicht mehr und hoffte, dass er sich mit Cedric endlich versöhnen kann. Es kam ihn wie eine Ewigkeit vor, indem Henrik bewusstlos im Krankenzimmer lag, aber er spürte, dass jemand bei ihm war und auf ihn einredete. "Bitte komm wieder zu dir! Wir haben schon unsere Eltern verloren, dich möchte ich nicht auch verlieren, das verkrafte ich nicht. Vor allem nicht, wenn wir im Streit auseinander gehen und ich dir vorher nicht einmal sagen konnte, dass es mir leid tut und wir immer Brüder bleiben werden. Wir haben uns damals einfach nicht verstanden. Du hast getrauert, aber auf deine Weise und warst nicht kalt dem Tod unserer Eltern gegenüber. "Ich verzeihe dir."
Klar und deutlich vernahm Henrik diese Worte und wollte ihm darauf antworten. Vorsichtig öffnete er die Augen, biss aber kurz die Zähne zusammen, als er den Schmerz der Wund verspürte, beruhigte sich aber schnell. Leicht lächelte er Cedric an, welcher seine Erleichterung nicht zurückhalten konnte. "Ich bin so froh, dass du aufgewacht bist." entfuhr es ihm und beide lächelten. Ein kurzer Moment der Stille herrschte, bevor Henrik mit gesenkten Blick sagte: "Du musst dich nicht entschuldigen, ich bin derjenige, der dies tun musst. Ich hätte dich damals nicht schlagen dürfen und dich besser verstehen müssen. Gerade in der schwersten Zeit, wo wir zusammenhalten hätten sollen, haben wir uns zerstritten. Ich bin so froh, dass du mir verzeihst." Sein Bruder nickte. "Natürlich, lass uns das von damals begraben." Dieses Gefühl, das beide während des Streits zu schaffen gemacht hatte, verschwand.
"Die letzten drei tage bin ich dich immer besuchen gekommen und habe dich in der Gilde vertreten." berichtete Cedric ausgelassen und Henrik schaute erst ungläubig, als hätte er sich verhört. "Das hast du getan? Danke!" Er war überrascht, als Cedric schmunzelnd meinte: "Den Platz in der Gilde überlasse ich aber nach wie vor dir." Die Zwillinge schmunzelten seit langem wieder zusammen, bevor Dr. Paul Commer auf ihnen zukam und Henrik von seiner Verletzung berichtete.
Aufmerksam hörte er dem Arzt zu und nickte. Paul erwähnte, dass seine Wunde gut verheilt war und er demnächst entlassen werden konnte, er sollte sich aber noch nicht überanstrengen. Nachdem Paul gelassen gegangen war, fiel Henrik etwas ein. "Was ist mit der Hochzeit deines Sohnes? Findet die nach wie vor statt? Das ist doch demnächst!" Sein Bruder schmunzelte und nickte. "Keine Sorge, du musst deshalb nicht auf schnell machen. Ruh dich noch gut aus." Henrik erwiderte jedoch das Gegenteil und war sich sicher, dass er rechtzeitig da sein würde und nichts verschoben werden musste.
Die Hochzeit konnte wie geplant stattfinden und die Familie kam freudig zusammen. Gina und Fritz hatten sich etwas herausgeputzt und die Hochzeit fand vor dem Entenstall statt. Die Gäste waren Niklas, Frank und der Rest der Dronner-Familie war bereits anwesend. Frederic konnte sich kaum bändigen und freute sich sehr für seinen Bruder. Er griff nach Ferdinands Hand und schmiegte sich an ihn. "Vielleicht heiraten wir auch einmal!" schmunzelte Frederic überglücklich und Ferdinand bejahte seine Idee lächelnd. Schließlich öffnete sich ein Flügelportal vor ihnen und elegant trat Henrik mit einem Buch durch dieses. Es war ihm nicht anzumerken, dass er vor kurzem noch im Krankenhaus lag. Er begrüßte alle Beteiligten. "Wir haben uns heute hier gemeinsam versammelt, um diese Seelengeleiter zu vermählen." Er hielt sein buch aufgeschlagen vor sich und hinter ihm tat sich ein Licht auf. Ein Engel trat aus diesem Licht. Henrik fragte beide, ob sie den jeweils anderen heiraten wollen. "Ja, ich will." sagten beide und Felicia rührte dies sehr und sie vergoss kleine Tränen. Sie hatte direkte Erinnerungen an ihre eigene Hochzeit mit Cedric, welcher ihre Tränen wegwischte. Kurz nachdem beide sich das Ja-Wort gegeben hatten, segnete der Engel das frische Ehepaar. Zuletzt wurden nur noch die Formalitäten geklärt. Ginas Nachname, genauso wie der von Gamia, waren daraufhin Geschichte. Von nun an waren sie Gina und Gamia Dronner. Die Hochzeit besiegelte das Ehepaar mit einem langen innigen Kuss. Sie schauten sich mit funkelnden Augen und einem überglücklichen Lächeln an. Der Engel verschwand und Henrik klappte sein Buch zu.
Gamia rannte mit Frederic als erstes zu ihren Eltern und mit Tränen in den Augen umarmten sie sich. "Ich bin so glücklich, dass ihr jetzt wirklich miteinander verheiratet seid!" Auch ihre Eltern waren voller Stolz und küssten sich erneut. Schließlich beglückwünschten sie die Familienmitglieder und Frederic konnte sich mit seinen Gefühlen nicht beherrschen und drückte alle ganz fest. Henrik stand etwas Abseits und wartete, bis alle durch waren, bevor er zu dem Ehepaar ging und seine Glückwünsche aussprach, während er sich dabei verbeugte. Er war ungewöhnlich ruhig, was daran lag, dass er sich noch nicht ganz sicher war, wie er in der Familie agieren sollte. Cedric stellte sich zu ihm, während Henrik eine edle Weinflasche öffnete und seinen Bruder fragte, ob er auch etwas abhaben wollte. Er bejahte und sie stießen zusammen an.
Schließlich kamen Fritz und Frederic auf Henrik zu und sagten persönlich Hallo. Henrik lächelte. "Du bist also unser Onkel?" fragte Frederic und Henrik nickte. "Ich habe immer nur von euch gehört und euch nicht oft gesehen. Wie schön, dass wir uns endlich so unterhalten können." Ein wenig stolz musterte er seine Neffen und bald darauf sprachen auch Gamia und Gina den Gildenführer an. Cedric erhob daraufhin das Wort und erklärte lächelnd: "Ja, das ist Henrik, mein Zwillingsbruder."
Mit unfassbar erleichterten Blick sah Henrik zu Cedric und konnte gar nicht beschreiben, wie froh es ihn stimmte, dass sein Bruder ihn nicht mehr verleugnete.
Die Familie trank zusammen Wein und war in einer erfreuten Stimmung, nach den ganzen Geschehnissen der letzten Wochen. Das Ehepaar verschwand kurz vom Geschehen, um einen Moment für sich zu haben.
Gina und Fritz standen im Terrainzimmer. Dicht schmiegten sie sich aneinander und küssten sich innigst mit Zunge. "Ich bin so stolz, dass du endlich mein Ehemann bist." Überglücklich lagen sie sich in den Armen und verbrachten diese Zweisamkeit noch für einen Moment. "Ich liebe dich, Gina." hauchte Fritz in ihr Ohr und küsste sie, bevor sie wieder zur Familie liefen.
Vor der Familie erhob Cedric noch einmal das Wort. "Wir haben uns ein besonderes Hochzeitsgeschenk für euch überlegt!" fing er lächelnd an und bat das Ehepaar mitzukommen. In der Totenwelt standen das Ehepaar, Felicia und Cedric vor einem Klavier im Nebenzimmer der Wohnung. Sie waren relativ überrascht. Cedric setzte sich an dieses und fing daraufhin an, zu spielen. Das Stück fing dramatisch an, wurde jedoch ruhiger und ein wenig traurig, bevor die Töne Freude verbreiteten, es wieder wie Anfangs begann und zum Ende immer schöner wurde. Gekonnt und flüssig glitten seine Finger über die Tasten und nachdem Stück blickten Gina wie auch Fritz ihn überrascht an, waren aber total gerührt. "Wir haben versucht, etwas zu finden, das eure Beziehung widerspiegelt." erklärte Cedric ein wenig beschämt, als beide sich zutiefst bedankten. "Das ist euch sehr gut gelungen." sagte Gina noch überwältigt und erkannte ihre Beziehung auch sehr gut wieder. Die schwierigen Anfänge und Konflikte, die glücklichen Jahre und das Ende, wie auch der Neuanfang der Beziehung, wie nun die Hochzeit. In ihren Augen funkelten Tränen vor Freude auf und sie umarmte Fritzs Eltern. Dies beschämte Cedric etwas, aber er lächelte dankbar.
Die Hochzeitsfeier neigte sich dem Ende zu und Cedric war mit Felicia und Henrik heimgegangen.
Henrik musterte die Wohnung erfreut und nippte an seinem Weinglas. "Du hast wundervoll gespielt." lobte Felicia mit glänzenden Augen und hielt seine Hand. sie küsste ihn und standen im Klavierzimmer. Mit verliebten Blick schaute er sein Felicia an. "Ich habe dir versprochen, dass ich für dich spielen werde." sagte er ruhig und leise, bevor er sich erneut an das Klavier setzte. Er bat Felicia an, sich auf seinen Schoß zu setzen, dies störte ihm beim spielen nicht. Auch Henrik wurde hellhörig. Er hatte seinem Bruder immer gerne zugehört und empfand es als besonderen Moment. Erneut ließ Cedric seine Finger über das Klavier gleiten, konnte sogar mit einer Hand und geschlossenen Augen spielen. Felicia lehnte den Kopf an seine Schulter und lauschte dem Klavierspiel gebannt. Henrik war ebenfalls sehr berührt davon. "Ich habe dich so lange nicht spielen hören, aber es klingt noch genauso schön wie damals. Du spielst so schön, wie Mutter es einst getan hat." Das Kompliment ehrte Cedric sehr und für einen Moment wirkte er nachdenklich, als Henrik ihre Mutter erwähnte, lächelte dann aber und spielte ein weiters ruhiges Stück.
Akt 3 Seelenkampf Ende