Amelia war daheim angekommen und zog ihre Schuhe aus. Sie lief in die Stube und ihr Vater fragte sofort: "Hallo, Ami, wie war dein erster Tag bei den Sensenschmieden?" Elliot lächelte ruhig und blickte zu ihr. "Gut." meinte Amelia ruhig und ging nicht weiter darauf ein. Das fand Elliot komisch und er hakte spezifisch nach, was sie gemacht hat. "Mir wurde alles gezeigt und ich soll erst einmal lernen, wo alles ist." antwortete sie dann still und Elliot nickte. Er glaubte nicht, dass Amelia ihm mehr erzählen würde und ließ es. Zwar fand er es schade, aber ändern konnte er daran nichts. "Ich durfte heute wieder eine Wunde zusammen nähen." ertönte eine jungenhafte Stimme und Amelia sah zu einem Jungen, 20 Jahre alt, welcher welliges kurzes Haar hatte, dass so hellblond war, dass es schon fast weiß wirkte. Er hatte ein Buch in der Hand, es war das Buch über die Medizin im Totenreich. "Schön für dich, Jackson!" murmelte Amelia leicht unerfreut, aber ihr kleiner Bruder rückte seine silberne Brille zurecht, blätterte um und zeigte dann die aufgeschlagene Seite. "Wurde dieser Todesengel lebendig aufgeschnitten?" fragte er seinen Vater und Elliot nickte. "Davon muss du ausgehen. Ein toter Körper wäre relativ schnell zu Erde, Asche und Staub zerfallen." erklärte Elliot Jackson, welcher in seine Fußstapfen getreten war und eine Heiler Lehre machte. Amelia ließ beide alleine und verschwand in ihr Zimmer.
Heather und Damian waren mittlerweile daheim in einem kleinen Haus angekommen. Sie zogen sich ihre Schuhe und Jacken aus. Vom Flur aus kam man am Badezimmer vorbei und gelangte dann ins Wohnzimmer, welches nahe an der Küche anknüpfte. Durch das Wohnzimmer ging Heather durch einen weiteren kleinen Flur und öffnete ihre Zimmertür. Ihr Bruder wärmte in der Zeit eine Suppe vom Vortag in der Küche auf und seufzte genervt. Zwischendurch holte er die Post rein und legte die vielen Briefe in sein Privatraum. Heather kam aus ihrem Zimmer und sah, dass ihr Bruder bereits Suppe aufgefüllt hatte. Sie setzte sich schonmal ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher an, während Damian sich schnell umzog und dann zu ihr gesellte. Man sah ihm an, dass es ihn sehr erleichterte, endlich in Ruhe sitzen zu können. "Wie war es auf der Arbeit?" fragte Heather und Damian entgegnete nur: "Bitte, ich möchte fünf Minuten nicht daran erinnert werden, entschuldige." Seine Schwester entschuldigte sich leise und sie saßen still weiter, bis Damian aufstand, den Teller wegbrachte und in sein Heimbüro verschwand. Heather folgte ihm kurz darauf und sagte ruhig: "Ich mache noch Hausaufgaben." Allerdings drehte ihr Bruder sich zu ihr um und entgegnete: "Mach dir nicht die Mühe, ich werde sofort deinen Schulwechsel beantragen." Heather blickte auf und setzte sich neben ihn. Er saß am PC und füllte gerade den Antrag aus. "Und meine Freunde?" fragte Heather leise und sah ihn betrüb an. Damian zeigte kein Mitgefühl und war mit seiner Meinung ehrlich bei seiner Schwester. "Der Kontakt wird sich sowieso verlaufen, wie das immer so ist. Sobald sie wissen, dass du nur noch auf eine gewöhnliche Schule gehst, werden sie auf dich herabsehen und wollen nichts mehr mit dir zu tun haben." meinte er kaltherzig und Heather stützte ihren Kopf ab, während sie mit den Augen rollte. "Kann sein, muss aber nicht und sei doch nicht immer so negativ. Das tut deinem Herzen nicht gut." meinte sie seufzend, bevor sie leicht lächelte. "Mir und meinem Herzen geht es gut. Außerdem hast du das heute schonmal gesagt." entgegnete er und Heather lachte. "Ich weiß." Sie pikste ihn gegen die Wange und sah ihm beim arbeiten zu. "Du wirst noch wie unser Vater."
Das hätte Heather nicht sagen dürfen, denn abrupt schaute Damian sie erzürnt an und wurde lauter. "Erwähne nicht unseren Erzeuger! Ich bin überhaupt nicht wie er! Das Einzige, was ich von ihm habe, ist diese beschissene Abrissfirma!" Er schaute sie wütend an und Heather winkelte die Knie auf dem Stuhl an, legte die arme um die Beine und vergrub ihr Gesicht. "Entschuldige, ich will doch auch nicht, dass du wie er wirst. Ich mache mir nur Sorgen." murmelte sie und Damian entschuldigte sich sofort bei Heather. "Ich wollte dir gegenüber nicht laut werden, aber du weiß, dass unser Erzeuger ein.... unangenehmes Thema ist." Er schaute zu ihr und pikste sie solange an, bis sie schmunzelte. "Schon okay, meine Worte waren unbedacht." merkte sie an und fügte hinzu: "Er ist aber auch schon vier Jahre tot."
"Hoffentlich schmorrt er in der Hölle." zischte Damian und wandte sich wieder dem PC zu. "Übrigens habe ich heute einen neuen Auftrag reinbekommen. Die Stadtkirche soll abgerissen werden." erwähnte er beiläufig und Heather stockte. "Wie bitte?" entfuhr es ihr erschrocken. "Das kannst du nicht machen. Bruder! Es ist ein Haus des Himmelsfürst und kann man nicht einfach abreißen! Warum?" fragte sie entrüstet und Damian schilderte ihr die Situation. "Die Kirche wird wenig besucht und soll Platz schaffen für ein neues Gebäude." Über dieses Vorhaben war Heather entrüstet. "Das ist doch egal! Wo sollen die Gläubigen dann beten?" Für ihren Auffuhr zeigte Damian wenig Verständnis. "Ein paar Kilometer entfernt ist eine Dorfkirche, dort können sie alternativ hin." meinte er und tippte nebenbei weiter. "Das sind hauptsächlich Ältere, die kein Auto haben! Das wird sich nicht so umsetzen lassen." argumentierte sie gegen, aber Damian war anderer Meinung. "Eine Kirche ist auch nur ein Gebäude, an denen Gläubige zusammen beten, für etwas, das nicht existiert. Genau genommen ist es Unfug, dass man Kirchen für einen Aberglauben erbauen lässt, wenn andere Gebäude viel wichtiger sind." Damian besaß keinen Glauben und empfand es als Unsinn.
"Für diese Menschen existiert der Himmelsfürst, lass ihnen ihren freien Glauben. Es gibt doch genug andere Gebäude, die man abreißen kann. Leerstehende Häuser zum Beispiel." meinte sie etwas vor sich hin murmelnd, als Damian die Diskussion beendete, indem er sagte: "Es reicht, ich möchte nicht weiter darüber reden! Es ist so, wie es ist! Wolltest du nicht noch Hausaufgaben machen?"
Wortlos stand Heather auf und schloss die Tür hinter sich. Mit ihren Hausaufgaben setzte sie sich vor dem Fernseher, aber gab sich nicht wirklich Mühe dabei. Sie achtete nicht wirklich auf das Fernsehprogramm und hatte immer noch das Gespräch mit Damian im Kopf. Sie faltete die Hände zusammen und schloss die Augen. "Bitte, lieber Himmelsfürst, lass nicht zu, dass die Kirche abgerissen wird..." betete sie und öffnete dann die Augen. Sie spürte den Engel neben sich nicht, welcher das Gebet gehört hatte und an dem Himmelsfürst übergab.
Eine Pastorin mit zwei geflochtenen Zöpfen, das Haar verlor mittlerweile seinen braunen Glanz, saß in der Kirche und betete, als ein jüngeres Mädchen mit braunen Haar, welches zu einem Zopf geflochten war, sich zu der Pastorin setzte. Die junge Dame trug ein weißes Kleid und hatte dasselbe Muttermal unter dem Kinn, wie die Pastorin. "Was ist los, Mutter?" fragte sie besorgt und ihre Mutter seufzte traurig. "Die Kirche soll abgerissen werden. Ich soll sie entweihen, wenn es soweit ist, aber ich kann das nicht tun! Es ist ein heiliger Ort!" Das Vorhaben ging der Pastorin nahe und ihre Tochter konnte das gut nachempfinden. Auch ihr lag die Kirche am Herzen und sie verfolgte den Traum, ebenfalls Pastorin, wie ihre Mutter, zu werden. "Liegt es daran, dass immer weniger Menschen zum Fürstendienst kommen?" hinterfragte sie und die Pastorin nickte. "Du hast selbst gesehen, wie viele letztens da waren, Juliette. Und wenn ein Unternehmen sagt, es kann den Platz für ein Gebäude gebrauchen... Vermutlich würde es auch nicht helfen, wenn die Besucher mehr werden. Wir können die Menschen auch nicht zum Glauben zwingen." In ihren blauen Augen funkelte der Wunsch auf, dass all dies verhindert werden würde und zusammen beteten sie für das Bestehen der Kirche. Der Prophetenengel an der Seite der Pastorin vermittelte das Gebet an den Himmelsfürst.
Schließlich verließen beide die Kirche und kamen an dem nahegelegenen Bestattungsinstitut vorbei. "Frau Fukkatsu ist auch immer mit viel Herzblut bei ihrer Arbeit dabei." merkte sie an und sah zum kleinen Haus neben dem Institut, wo noch Licht brannte.
Die Tür zu einem kleinen Zimmer wurde geöffnet und eine Frau mittleren Alters betrat dieses, Sie trug schwarzes Haar mit rötlichen Spitzen, besaß blaue Augen und hatte eine stille Erscheinung. Um ihren Hals trug sie eine goldene, schlichte Kette. Anscheinend war ihre Arbeit getan, denn ihre Hemdärmel waren grob hochgekrempelt. "Was möchtest du essen? Wir haben keine Pizza mehr." fragte sie einen Jungen, der auf dem Bett saß und genauso mittellanges schwarzes Haar wie sie hatte. Er sah ihr sehr ähnlich und besaß ebenfalls blaue Augen. Auf seinem weiten T-Shirt stand in kratziger Schrift: ´the death is the better life´. An seiner schwarzen Jogginghose waren Nieten befestigt. "Wir können doch bestellen." meinte er gelassen, aber seine Mutter schüttelte den Kopf. "Erbsensuppe." meinte er dann schulterzuckend und sah zum Fernseher. "Okay." Seine Mutter guckte ebenfalls zum Fernseher. "Was schaust du dort?" hakte sie nach und ihr Sohn antwortete wortkarg: "Bekiffte Engel."
Schmunzelnd schaute sie kurz zu, als sie dann sagte: "Ich hol dich dann, Musuko!" Damit verschwand sie aus seinem Zimmer.
Die Todeswesen verrichteten ihre Arbeit in der Nacht und ein Seelengeleiter im schwarzen Gewand verschwand in ein Haus, die Sense griffbereit. Gina musterte das Geschehen des streitenden Ehepaares und anscheinend wurde die Ehefrau beim fremdgehen erwischt. Sie stritten sich laut und schließlich griff der Mann nach der Schreibtischlampe und schlug diesen gegen die Schläfe der Frau. Seine Wut war groß und er schlug immer wieder auf den Schädel seiner Frau ein, bis dieser zerberste. Blut floss und Ginna hatte bereits angefangen, die Seele zu geleiten. Die Seele war sauer. "Warum tut der Tod oder Himmelsfürst nichts dagegen?!" Gina blieb der Seele gefasst gegenüber und erhielt die Brücke aufrecht. Sie listete die Sünden und Tugenden der Dame auf und wie sich rausstellte, war sie keine gute Person gewesen. Gina sprach das letzte Wort aus und geleitete die Seele in die Hölle. Die Akte galt als abgeschlossen und Gina verschwand zurück zu Gevatter Tod, gab diese ab und verabschiedete sich. Sie kehrte zurück zum Hof und zu ihrer Familie. Sie lebten immer noch auf dem Hof und ihre Tochter war Niklas eine helfende Hand. Gamia beherrschte durch die Erfahrung viel mehr und war selbstständiger geworden. Unteranderem konnte sie viel besser mit dem Trecker und Auto umgehen. Niklas übernahm mittlerweile viel mehr auf dem Hof, da sein Vater bereits 70 war und sich zurück hielt. Gamia und Niklas waren seit über 20 Jahren zusammen. Das Einzige, was Frank schade fand, war die Tatsache, dass beide sich nie das Ja-Wort gegeben haben, obwohl er sich dies sehr für beide wünschen würde.
Fritz war noch wach und im Terrainzimmer, während Gamia bei Niklas in ihren eigenen kleinem Haus verbrachten, dass sie sich in den Jahren schön renoviert hatten. Es war auch nicht weit entfernt, sondern direkt neben Franks Haus. In den Jahren waren mehrere Tiere verstorben, was Fritz sehr zugesetzt hatte. Würdevoll hatte er alle toten Tiere begraben.
Aktuell hatte er weniger Vogelspinnen und Enten, aber er liebte alle Tiere und pflegte sie mit seinem ganzen Herzblut. Als Gina den Raum betrat, sie hatte ihren Mantel und Schuhe ausgezogen, setzte sie sich auf dem Boden und eine Vogelspinne krabbelte zu ihr. Liebevoll nahm Gina sie auf dem Arm, streckte diesen aus und ließ die Spinne frei darauf rumkrabbeln, bis zu ihrer Schulter. Fritz freute sich immer, wenn er seine Frau mit den Spinnen zusammen sah und gab ihr einen Kuss auf die Lippen. Er fragte sie, wie es im Totenreich war und Gina meinte nur: "Wie immer. Hab die Seele einer ermordeten Frau geleitet." Gina stand weiterhin im Dienste von Gevatter Tod und vollrichtete dort ihre Arbeit, wenn sie im Totenreich war. Mittlerweile störte sie sich gar nicht mehr daran, schließlich konnte sie weiterhin ihre Familie sehen und sie nahm ihre Aufgabe viel ernster, als zu dem Zeitpunkt, wo sie sich vor ihrer Pflicht als Sensenmann gedrückt hatte.
"Mein Bruder war heute noch da." erzählte Fritz und Gina fragte grinsend nach: "Hat er wieder seinen schwarzen Lidschatten und Eyeliner getragen?" Bestätigend nickte Fritz. "Diesmal hat er sogar schwarzen Lippenstift aufgetragen." Gina schmunzelte freudig. "Ich finde das cool, dass sich dein Bruder so entfaltet." lobte sie und zustimmend nickte Fritz. "Ihm gefällt die Menschenwelt genauso gut wie mir. Er liebt die Musik hier, erinnere dich an die Konzerte, auf die er mit Ferdinand schon war." erwähnte er und Gina lachte. "Ja, mit ihm kann man super feiern!" Freudig erinnerte sie sich an all die Erlebnisse zurück und fand es immer wieder lustig, mit Frederic unterwegs zu gehen. Fritz hielt sich da lieber etwas zurück, hatte aber keine Probleme damit, wenn Gina etwas mit Frederic unternahm.