Die Bāshé (chinesisch: 巴蛇; Pinyin: bā-shé; Wade-Giles: pa-she) ist eine pythonartige, chinesische, mythologische Riesenschlange, die in der Lage ist, ganze Elefanten zu verschlingen. Alternative Namen sind: Azurschlange, Blaue Schlange, Cyonoeides, Pa-Schlange, Pashe.
Die erste Erwähnung der Bāshé erfolgte im 2. Jahrhundert n. Chr., in einer Sammlung von Gedichten aus der Zeit der Streitenden Reiche (475 - 221 v. Chr.).
Merkmale
Bāshé sind gigantische Schlangen mit einer Länge von wenigen Metern bis maximal 270 Metern. Bāshé sind variabel gefärbt und können in den Farben grün, rot, gelb, schwarz, oder blau erscheinen. Die Vielfalt der Farben scheint geografisch zu sein und könnte auf Unterarten hindeuten. Entlang des Ganges in Indien sind gesichtete Bāshé blau; während die grünen Bāshé im Umland des Berg Tai (chinesisch: 泰山; Pinyin: Tài Shān), in der chinesischen Provinz Shandong, gesichtet wurden. In den chinesischen Gebieten südlich des Xiang Jiang (湘江) (oder Xiang-Fluss, auch Xiang Shui (湘水) genannt), der größte Fluss in der chinesischen Provinz Hunan, finden sich nahezu alle Färbungen, was wiederum gegen die Unterarten-These sprechen könnte.
Einige Exemplare sollen größtenteils schwarz mit einem grünen Kopf sein.
Cyonoeides
Cyonoeides wird von Plinus als azurblaues Wurm- oder Schlangenartiges Wesen beschrieben, welches auf jeder Seite zwei Flossen trägt und damit dem anatomischen Grundbauplan einer Schlange widerspricht.
Allerdings fällt auf, dass in Plinius ausführlichem Bericht eine Gruppe von Tieren des Ganges fehlt: Gaviale. Diese besitzen ab dem zwanzigsten Lebensjahr eine dunkle Färbung und wie alle Krokodilartigen vier Extremitäten und sind auch geschuppt wie andere Reptilien. Dies würde auch erklären, warum es keinen indischen Namen, gar eine indische Erwähnung für das Wesen gibt, aber eine Bezeichnung ortsfremder Reisender, welche nur dort mit Gavialen in Berührung kommen konnten. Und gerade diese Krokodile zeichnen sich durch extrem dünne Schnauzen aus und erscheinen meist langgezogener und graziler, schlangenartiger, als andere Krokodile vergleichbarer Größe. Weiter könnte hier auch eine Vermischung aus Ganges-Gavial (Gavialis gangeticus) und dem ebenfalls in Indien vorkommenden Netzpython (Malayopython reticulatus) und/oder Bāshé-Legenden vorliegen.
Xiu Schlange
Die Xiu Schlange ähnelt der Bāshé sehr und wird nur namentlich unterschieden, sie weist dieselben Charakteristika auf und besiedelt ebenfalls die Ufer des Dongting-Sees. Es handelt sich aber vermutlich nicht um ein Synonym der Bāshé, sondern ihren nächsten nahezu identischen Verwandten.
Vorkommen
Geht man davon aus, das Cyonoeides nicht zu den Bāshé gehört, findet sich Bāshé vor allem in den chinesischen Provinzen Hunan, Shandong und Shanxi, sowie Vietnam. Cyonoeides besiedelt den Ganges in Indien.
Die Bāshé besiedelt vor allem Bergregionen mit Flüssen oder Sumpfgebieten mit tropischem oder subtropischem, feuchtwarmen Klima.
Lebensweise
Ernährung
Die Bāshé ernährt sich von allen Tieren, die sie überwältigen kann, was bei ihrer Größe auch ein Indischer Elefant (Elephas maximus) seien kann. Verschlingt die Schlange eine solche Beute, verdaut sie drei Jahre, ehe sie die Knochen wieder ausspeit.
Kulturelle Bedeutung
Mythologie
Eine Bāshé erbrach die Knochen eines Elefanten in einem Teich, der Berg, an dem sie dies tat, heißt heute noch Elephant-Bones Mountain.
Da die Bāshé auch Menschen angriff, schickte der Gelbe Kaiser einen Bogenschützen (Houyi, der Held, der neun Sonnen abgeschossen hat)
los, um diese zu töten. Dieser schoss zuerst mit einem Pfeil auf die Bāshé und jagte sie dann den ganzen Weg in den äußersten Westen des Kaiserreichs, um sie in zwei Teile zu zerhacken. Der Körper von Bāshé verwandelte sich in einen Hügel, auf dem die Stadt Yueyang, in der Provinz Hunan im Süden der Volksrepublik China, am Ufer des Dongting-See errichtet wurde.
Medizin
In der Volksmedizin kann jeder Teil der Bāshé auf der Haut getragen werden, um Lungen- und Herzbeschwerden vorzubeugen. Teilweise sollen auch die ausgespienen Elefantenknochen und nicht die Bāshé die Heilkräfte besitzen.
Taxonomische Stellung
Bāshé stellt im weitesten Sinne eine übergroße Pythonschlange dar und zeigt keine Anzeichen eines reptiloiden Mischwesens, weshalb sie zu den mythologschen Schlangen, außerhalb des Drachentaxons verortet wird. Gelegentlich wird sie mit der borstentragenden Chángshé synomisiert, sollten beide Arten ein und dieselbe sein, würde die Bāshé doch zu den Drachen gehören. Es ist aber wahrscheinlicher das die Bāshé der nächste nicht Drachenverwandte der Chángshé ist.
Nachweise
- Birrell, Anne (2000). The Classic of Mountains and Seas. Penguin, S. 40, 136
- Carr, Michael (1990). "Chinese Dragon Names". Linguistics of the Tibeto-Burman Area. 13 (2): 87–189.
- Eberhard, Wolfram (1968). The Local Cultures of South and East China. E.J. Brill, S. 84
- Gould, Charles: Dragons, Unicorns, and Sea Serpents: A Classic Study of the Evidence for their Existence Mineola, NY, USA: Dover Publicatiosn, Inc. 2002, S. 241
- Minford, John and Joseph S. M. Lau: Classical Chinese Literature: From antiquity to the Tang Dynasty New York, NY, USA: Columbia University Press 2002, S. 38, 43
- Naturalis Historia Primary Text (Latin): http://penelope.uchicago.edu/Thayer/L/Roman/Texts/Pliny_the_Elder/9*.html Abgerufen am 30.07.2022
- Plinius der Ältere, Trans. by Philemon Holland: The Historie of the World or Naturall Historie 1601 http://penelope.uchicago.edu/holland/pliny9.html Abgerufen am 30.07.2022
- Qu Yuan; Hawkes, David (1985). The Songs of the South: An Anthology of Ancient Chinese Poems by Qu Yuan and Other Poets. Translated by Hawkes, David. Penguin, S. 126 - 128.
- Read, Bernard E. (1934). "Chinese Materia Medica VII; Dragons and Snakes". Peking Natural History Bulletin. 8 (4): 279–362.
- Schiffeler, John W. (1978). The Legendary Creatures of the Shan hai ching. Hwa Kang, S. 97, 109.
- Strassberg, Richard E.: A Chinese Bestiary: Strange Creatures from the Guideways through Mountains and Seas Berkeley, CA, USA: University of California Press 2002, S. 69, 190
- 藝文類聚 (Yiwen Leiju) Volume 96: Snakes https://ctext.org/text.pl?node=551442&if=gb Abgerufen am 30.07.2022
- 楚辭 (Chuci) Primary Chinese Text https://ctext.org/chu-ci/zh Abgerufen am 30.07.2022
- https://keatschinese.com/china-culture-resources/%E2%85%A2chinese-peoples-love-for-the-12-animals/ Abgerufen am 30.07.2022