Fēilóng (chin. 飛龍, vereinfacht 飞龙, auch fei-lung, jap. hiryū, kor. 비용, piyong, viet. philong) sind Drachen der chinesischen Mythologie, sie werden als Fliegende Drachen beschrieben.
In manchen Texten wird der Begriff Fēilóng für jeden fliegenden Drachen verwendet und spricht nicht explizit von einer spezifischen Art.
Etymologie
Der Begriff Fēilóng kombiniert fei 飛 oder 飞 zu dt. "fliegen; schweben; flattern" und long 龍 oder 龙 "Drache". Dieses Lehnwort 飛龍 wird als japanisches Hiryū (飛竜), koreanisches Biryong (비룡) und vietnamesisches Philong ausgesprochen.
Erstmals werden die Fēilóng im I Ging, historische Transkription, heute: Yijing (chinesisch 易經 / 易经, Pinyin Yìjīng, W.-G. I-Ching – "Buch der Wandlungen od. Klassiker der Wandlungen"), eine Sammlung von Strichzeichen und zugeordneten Sprüchen; der älteste der klassischen chinesischen Texte; erwähnt. Dort als ein als Symbol für eine erfolgreiche Person, sog. daren 大人 zu Deutsch: "große Person, eine vollendete Person".
Im Han Feizi (chin. 韓非子; zu dt. "Schriften des Meisters Han Fei"; 3. Jahrhundert v. Chr.) werden fliegende Drachen in einer Metapher für politische Macht mit den fliegenden Schlangen (chin. 螣蛇, tengshe) verglichen. Dabei werden hier die Fēilóng als eine allgemeine Bezeichnung für fliegende Drachen genutzt.
Laut den Schriften gehen Drachen auf Wolken, während die Tengshe durch den Nebel fliegen. Doch wenn sich Wolken und Nebel lichten, sind sie nicht anders, als Würmer auf der Erde.
Im Zhuangzi (chinesisch: 莊子, historisch romanisiert Chuang Tzŭ), ein alter chinesischer Text aus der späten Zeit der Streitenden Reiche (476–221 v. Chr.) und wichtiges Werk des Taoismus, wird ein Fēilóng erstmals als Reittier von einem Heiligen genutzt. Mit dieser Symbolik soll die Überlegenheit des Heiligen (Mannes) über die Heilige Natur dargestellt. Ein Motiv, das sich auch in späteren Texten wiederholt.
Das Shuowen Jiezi (chinesisch 說文解字 / 说文解字, Pinyin Shuōwén Jiězì, zu dt. "Erklärung einfacher und Analyse zusammengesetzter Schriftzeichen"), das erste Zeichenlexikon der chinesischen Schrift, aus dem Jahr 121 n. Chr., verwendet Fēilóng, um 龖 (geschrieben mit 2 Drachen 龍) "fliegender Drache; Erscheinung eines fliegenden Drachen" zu definieren.
Die Xijingfu (chin. 西京賦, - "Western Metropolis Rhapsody" von Zhang Heng (78 bis 139 n. Chr.) verwendete Fēilóng als alternativen Namen für den mythischen Vogel namens longque 龍雀, zu dt. "Drachensperling".
Merkmale
Laut dem Bicheng (chin. 筆乘, zu dt. "Mulitplikation der Schreibstifte", sinngemäß das Buch der vielen Stifte) haben Fēilóng den Kopf eines Drachen, den Schwanz eines Phönix und ihr Körper wird von einem bunten Muster geziert. Von den Ursprüngen ihres Namens ist anzunehmen, dass sie zum Ying Long Typus unter den Lóng zählen, also ausgeprägte Flügel besitzen. Als solcher Lóng hat der Fēilóng den Körper eines riesigen Karpfens, mit den Beinen eines Tigers, den Krallen eines Adlers, ein paar Hirschhörnern und Flügeln. Andere Quellen beschreiben den Ying Long und dadurch indirekt den Fēilóng, mit dem Kopf eines Kamels, Ohren einer Kuh, Bauch eines Frosches, Pfoten eines Tigers, lange Schnurrhaare einer Katze, Schuppen eines Karpfens, Augen eines Dämons, langer Hals einer Schlange, den Krallen eines Adlers, Hirschhörnern und Flügeln.
Vorkommen
Fēilóng besiedeln alle Ebenen des chinesischen Himmels, sowohl die physischen, als auch die transzendenten Bereiche.
Lebensweise
Über die Lebensweise dieser Drachen ist wenig bekannt.
Ernährung
Als Lóng ernähren sie sich bevorzugt von Schwalben.
Evolution
Laut dem Kapitel Evolution der Tiere und Pflanzen (chin. 墬形訓) aus dem Huainanzi (chinesisch 淮南子, zu dt. "Meister von Huainan"), ein unter der Leitung von Liu An (劉安; 180–122 v. Chr.), dem Prinzen von Huainan, geschriebenes Werk der chinesischen Philosophie stammt der Fēilóng von einer Kreatur namens Yujia (chin. 羽嘉, zu dt. "Geflügelte Exzellenz") ab. Der Fēilóng ist dabei selbst der Vorfahre des Fenghuang (chinesisch 鳳凰 / 凤凰, Pinyin fènghuáng, W.-G. fêng-huang), ein mythologischer Vogel und ein Glückssymbol in der chinesischen Kultur, das den südlichen Teil des Kaiser-Palastes beschützt. Häufig auch irreführend als "chinesischer Phönix" bezeichnet. Der Fenghuang wiederum ist der Vorfahr des Luan (Simurgh), welcher der Vorfahr aller Vögel ist, was den Fēilóng ebenfalls zum Vorfahren aller Vögel macht.
Kulturelle Bedeutung
Trivia
- Nach dem Fēilóng sind mehrere Gattungen benannt:
- Feilongus (Gattung von Pterosauriern)
- Feilongshania (Gattung von Trilobiten)
- Weiter wird die zum Gleitflugfähige Agamenart der Gemeine Flugdrache (Draco volans) im Chinesischen auch als Fēilóng bezeichnet. Wie auch das Haselhuhn (Tetrastes bonasia, Syn.: Bonasa bonasia).
- Hiryū, der japanische Name des Fēilóngs ist der Name einer Schachfigur im Dai Shogi.
Taxonomische Stellung
Der Fēilóng ist ein Drache, genauer zählt er zu den Lóngdrachen. Innerhalb dieser Gruppe ist er der Gattung Lóng und dort in der Gruppe der Kaiserlóng, aufgrund seiner 5 Zehen, zuzuordnen. Die genaue Stellung innerhalb dieser Gruppe ist dagegen unklar, es ist anzunehmen, dass der Fēilóng eine nähere Verwandtschaft zum Azurdrachen, welcher ebenfalls ein Ying Long ist, besitzt.
Gelegentlich wird der Drache auch mit dem Windgott Feilian, chin. 飛廉, gleichgesetzt.
Aufgrund seiner vogelartigen Züge scheint eine Verwandtschaft zu der japanischen Gattung Ryū möglich, ggf. handelt es sich beim Fēilóng um ein Bindeglied beider Gattungen.
Der ca. 320 n. Chr. lebende Daoist Baopuzi von Ge Hong erwähnt Fēilóng 飛龍 also "fliegender Drache" und verwendet ihn als grafische Variante für den drakonischen Berggeist Feifei 飛飛 zu Deutsch "Fliege, Fliege".
Feifei kommt zusammen mit kui 夔 dt. "einem einbeinigen Dämon" in einer Liste von shanxiao 山魈 "Berggeistern" vor, dort wird das Wesen als drakonisch, bunt in der Farbe und mit roten Hörnern beschrieben. Die Beschreibung schließt damit nicht aus, dass Feifei ein Fēilóng seien könnte, untermauert aber auch nicht wirklich diese Annahme. Da andere Quellen das Feifei, trotz drakonischer Züge, als eher säugetierartig mit Fell beschreiben, ist aber anzunehmen, dass es sich dabei nicht um einen Fēilóng im eigentlichen Sinne handelt.
Nachweise
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