Zennyo Ryūō (jap. 善如龍王 oder 善女龍王, auch 善達, Zentatsu) ist ein Drachenkönig der japanisch-buddhistischen Mythologie. Er zählt zu den Regengöttern und wurde im Jahr 824 vom Priester Kūkai bei einem Regenmacher-Wettbewerb beschworen.
Etymologie
Der Drachenname Zennyo Ryūō wird mit japanischen zen 善 "gut, Güte; tugendhaft" und nyo 女 "Frau; weiblich" oder nyo 如 "wie; als ob; sein wie; so" geschrieben (differenziert durch das "Mundradikal" 口) und ryūō 龍王oder 竜王 "Drachenkönig".
Einige Legenden geben den Namen Zennyo als Zentatsu 善達 "Gütedurchdringung" an, mit tatsu 達 "durchdringen; ankommen; erreichen; verwirklichen" anstelle von nyo.
Merkmale
Über die Gestalt von Zennyo Ryūō gibt es nur wenig verlässliche Angaben.
Er besitzt eine oder mehr Klauen (in Zeichnungen immer drei pro Fuß), die mehr als 10 shaku lang sind, was einer Länge von mehr als 303 Zentimetern entspricht. Diese Klauen sind in der Lage, ein fünffarbiges Licht auszustrahlen. Der Körper des Drachen ist mit 2,7 Metern verhältnismäßig klein und damit die Klaue größer als der Drache.
Allerdings stammen die Angaben zur Körperlänge aus dem Jahr 824, während Angaben zur Klaue aus dem Jahr 1322 stammte. Es ist daher möglich, dass der Drache in der vergangenen Zeit von fast 500 Jahren beträchtlich gewachsen ist, oder aber er hat wirklich eine Klaue, die länger ist, als sein gesamter Körper. Allerdings gilt Zennyo Ryūō als kleiner Drache, es kann sein, dass die "Klaue", welche aus der Quelle von 1322 erwähnt wird, nicht eine wirkliche Klaue darstellt, sondern den gesamten, schlangenartigen Körper des Drachens. Was wiederum bedeuten würde, dass Zennyo Ryūō ein Schuppenkleid tragen müsse, das fünffarbiges Licht abgibt.
Auf seinem Haupt trägt Zennyo Ryūō einen 24 Zentimeter langen, goldenen Drachen. Erscheint er in Drachenköniggestalt, ist also gekleidet in Robe, trägt er eine Krone, es ist möglich, dass die Krone, der Gestalt gewandelte, kleine Kopfdrache ist. Generell ist Zennyo Ryūō in der Lage, die Gestalt zu wandeln, dabei kann er sich sowohl in männliche, als auch weibliche Gestalt verwandeln, behält aber in der Regel dabei seinen Drachenschwanz.
Vermutlich ist er auch wie andere Ryū in der Lage sich unsichtbar zu machen.
Vorkommen
Zennyo Ryūō besiedelt heute die Drachenhöhle (jap. 龍穴, Ryūketsu) auf dem Berg Murōyama (jap. 室生山) in der Präfektur Nara. Durch das Kojidan (古事談, Reflexionen über antike Angelegenheiten; 1212 -1215), einer japanischen Sammlung buddhistischer Setsuwa (volkstümliche Gattung der japanischen Erzählliteratur meist mit buddhistischem Fokus), ist bekannt, dass Zennyo Ryūō einst im Sarusawa-Teich (jap. 猿沢), ebenfalls in Nara, gelebt hatte. Diesen Unterschlupf gab der Drache auf, als ein Edelmann in seinem Teich starb und ließ sich temporär am Mt. Kasuga (jap. 高山) nieder. Da dort in seinen Teich eine Leiche geworfen wurde, verließ der Drache auch dieses Gewässer und erreicht sein heutiges Domiziel am Berg Murōyama.
Innerhalb der Höhle liegt ein Palast verborgen, der von einem blauen Himmel überspannt ist. Dieser soll 3 oder 4 chō im dunklen Bereich der Höhle liegen, was den Palast etwa 500 Meter innerhalb der Höhle verortet.
Lebensweise
Über die Lebensweise ist nicht viel bekannt.
Kulturelle Bedeutung
Mythologie
Priester Nittai & der Drachenkönig
Jahre nachdem Zennyo Ryūō seinen ursprünglichen See verlassen hatte und er in die Höhle des Berges Murōyama gezogen war, suchte die Höhle einer Priesters namens Nittai (jap. 日對) auf. Nach einer langen Wanderschaft von 3 oder 4 chō im Dunkeln erreichte er einen Palast unter blauem Himmel. In dem Palast fand er eine Ausgabe des Lotos Sutra. Als er die heilige Schrift erblickte, erklang eine Stimme, die den Priester fragte, wer er sei und warum er gekommen war.
Der Priester antwortete ehrlich, dass er gerne den Drachenkönig sehen würde. Darauf offenbarte die Stimme Nittai, dass er, wo er war, den Drachenkönig nicht sehen könnte und er sich an einen Ort 3 chō vom Eingang der Höhle entfernt begeben sollte. Nittai folgte der Anweisung und tatsächlich erspähte er den Drachenkönig, gekleidet in Robe und Krone, der aus dem Boden aufstieg und dann verschwand.
Geprägt von diesem Erlebnis baute Nittai dort einen Schrein, an dem eine Regenwolke erscheint, wenn Gebete oder Sutras dort gesprochen werden.
Die Frau mit dem verborgenen Gesicht
Im Genkō Shakusho (jap. 元亨釈書), dem ersten japanischen buddhistischen Geschichtstext von 1322, wird eine Geschichte beschrieben, bei der ein Priester eine schöne Frau mit verborgenem Gesicht traf (die also verschleiert war). Diese Frau fragte den Priester, ob er ihr den mudrā beibringen könne, einen Zauber, der einen sofort zum Buddha werden lässt. Der Priester wollte wissen, wem er solch einen mächtigen Zauber lehren sollte und die Frau gab sich als Zennyo zu erkennen. Daraufhin lehrte der Priester ihr den Zauber. Im Gegenzug wollte der Priester das Gesicht der Frau sehen. Sie entgegnete ihm, dass ihr Aussehen so schrecklich sei, dass kein Mensch sie ansehen könnte. Jedoch war sie aufgrund des Zaubers, der ihr beigebracht wurde, nicht in der Lage dem Priester seinen Wunsch zu verwehren. Sie stieg in die Luft auf und unter ihrer Kleidung offenbarte sich eine Klaue, mehr als 10 shaku lang, die fünffarbiges Licht ausstrahlte. Dann verschwand sie.
Regenmacherwettbewerb im Shinsen'en
Die bekannteste Legende um Zennyo handelt von seinem Erscheinen bei einem Regenmacher-Wettkampf im Shinsen'en (jap. 神泉苑), einem heiligen Garten in Kyoto, in dem der shintoistische Ryūō-sha-Schrein (jap. 善女竜王社) steht, der Zennyo geweiht ist. Es begab sich zu einer Zeit als eine dreimonatige Dürre das Land plagte, die rivalisierenden Priester Kūkai und Shubin rezitierten Regen-Sutras, um für neuen Regen zu beten. Je nach Quelle kam Zennyo vom Murōyama oder vom Anavatapta-See, dem buddhistischen Zentrum der Welt - letzterer beherbergt einen Nāga-König, welcher ebenfalls zu den Drachenkönigen gezählt wird, sodass anzunehmen ist, dass jene Überlieferungen die geografische Heimat Zennyos vertauscht haben.
Einigkeit herrscht darüber, dass es Kūkai war, der den Drachen beschwören und Japan mit Regen versorgen konnte, nachdem es Shubin nur gelungen war, die Region um Kyoto mit Regen zu versorgen. Der erschiene Drachen war 2,7 Meter lang und trug einen 24 Zentimeter langen goldenen Drachen auf dem Kopf. Beide tauchten in den Teich am Tempel und die Dürre war zu Ende.
Nach manchen Quellen soll Shubin selbst die Dürre ausgelöst haben, indem der alle Drachen Japans einsperrte. Zennyo wurde aus Indien beschworen, da er als einziger nicht von Shubin gefangen worden war, was wiederum in die Nagakönig-Thematik miteinfließt.
Damit der beschworene Drache im Palastteich blieb, um für Regen zu sorgen, ließ Kūkai ein Abbild eines Strohdrachens errichten und erklärte, er werde es in einen Drachenkönig verwandeln, der zum Anavatapta-See zurückkehren würde, wodurch der ursprüngliche Regendrache im Park bleiben würde - da seine Heimat blockiert sein würde. Kūkai wies seine Shingon-Priester an, zu Zennyo zu beten, wenn Japan unter Dürre litt.
Von dieser Bseschwörrung leitet sich vermutlich Herbstfest am Ryūketsu-Schrein ab, bei dem abstrakte Drachen aus Strohschnüren und Ahornblättern gefertigt werden, aber nicht mehr mit Regengebeten an Zennyo in Verbindung gebracht werden.
Taxonomische Stellung
Zennyo Ryūō ist sehr wahrscheinlich der Gattung der Ryū angehörig, die klar als reptiloide Mischwesen zu erkennen sind. Seine Stellung innerhalb der Gattung ist nicht abschließend geklärt. Das Merkmal eines Kopfdrachens erscheint aber sehr speziell, weshalb Zennyo Ryūō ggf. eine eigene Gattung darstellen könnte, die ein Schwestertaxon der Ryū darstellt.
Nachweise
- Fowler, Sherry. 1997. "In Search of the Dragon: Mt. Murō's Sacred Topography," Japanese Journal of Religious Studies 1–2:145–161. https://www.nanzan-u.ac.jp/SHUBUNKEN/publications/jjrs/pdf/489.pdf ABgerufen am 6.02.2024
- Visser, Marinus Willern de. 1913. The Dragon in China and Japan. J. Müller. https://web.archive.org/web/20081026155019/http://fax.libs.uga.edu/GR830xD7xV8/# Abgerufen am 6.02.2024