Longnü (chin.: 龍女, vereinfacht 龙女, auch Lóngnǚ, zu Deutsch Drachenmädchen) ist ein Charakter der chinesischen buddhistischen Mythologie.
In Sanskrit heißt sie nāgakanya und in vietnamesisch Long nữ. Longnü ist eine Tochter des Drachenkönigs des Östlichen Meeres, Ao Guang.
Merkmale
Longnü wird meist als bildhübsche Frau dargestellt, die aber ein Drachenartiges Merkmal offenbar, wie ein Kopfgeweih oder ein Drachenkörper der aus ihrem Gewand hervorschaut. Wenig ist über ihre Äußerlichkeiten bekannt, dafür ist bekannt, dass sie ein extrem weise Person war. Bereits mit 8 Jahren hatte sie vollständige Erleuchtung erlangt und war spiritueller als die meisten Priester.
Vorkommen
Longnü lebte im Östlichen Meer. Als sie Schülerin Guanyin wurde, begann sie auch außerhalb des Östlichen Meers viel zu reisen.
Lebensweise
Über die Lebensweise ist nicht viel bekannt, nur das ihre Leibspeise Schwalben waren, wie es typisch für Lóng ist.
Familie
Longnü ist die Tochter des Drachenkönigs des Ostens/Ostmeeres Ao Guang (siehe Azurdrache).
Liu Zihua war der Magistrat von Chengdu (Hauptstadt der Provinz Sichuan) in der Tang-Dynastie (617/18 bis 907) und Longnü heiratete ihn.
Kulturelle Bedeutung
Mythologie
Lotus-Sutra
Im 12. Kapitel der Lotos-Sutra wird Longnü als weise und erleuchtet dargestellt. Sie ist in dieser Geschichte die achtjährige Tochter des Nāga-Königs Sāgara.
Śāriputra, ein Schüler des Buddhas, glaubt nicht, dass eine Frau Buddha werden kann. Longnü bietet dem Schüler eine Perle an, welche ihr Leben repräsentiert und Śāriputra nimmt sie akzeptierend entgegen.
Sofort verwandelt sich Longnü in einen perfekten Bodhisattva und erlangt zeitgleich Erleuchtung. Ein Beweis dafür, dass die Erleuchtung nicht vom Geschlecht abhängig ist.
Nánhǎi Guānyīn Quánzhuàn
Im Roman Nánhǎi Guānyīn Quánzhuàn aus der Ming-Dynastie (1368 - 1644) wird berichtet, wie der dritte Sohn des Drachenkönigs in Form eines Karpfens schwimmen ging, wurde er von einem Fischer gefangen wurde. Im Netz, wie auch an Land konnte sich der Sohn nicht in seine Drachenform zurückverwandeln und saß in der Falle. Sein Tod schien besiegelt. Als die Göttin des Mitgefühls Guanyin (chin.: 觀音, trad.: 观音) davon hörte
entsendete sie Sudhana und gab ihm ihr ganzes Geld, damit er den Sohn freikaufen könnte.
Währenddessen erregte der Karpfen aber leider große Aufmerksamkeit, da er Stunden nach dem er das Wasser verlassen hatte, noch immer lebte. Viele glaubten, dass sie unsterblich würden, wenn sie den offensichtlichen übernatürlichen Fisch essen würden. Rasch begann ein haltloses Überbieten und Sudhana wurde problemlos überboten. Er flehte den Fischhändler um Gnade für den Fisch an. Als das die anderen Bieter hörten, wurden sie sehr wütend unter keinen Umständen wollten sie die Unsterblichkeit verlieren, die sie hier nun zu kaufen glaubten.
Da ließ Guanyin ihre Stimme vernehmen und sagte "Ein Leben sollte demjenigen gehören, der es retten will, nicht dem, der es nehmen will."
Schlagartig verstimmte die Meute der Bieter und sah ihren Fehler ein. Man gab Sudhana den Fisch, welcher diesen ins Meer entließ. So wurde der dritte Drachensohn gerettet.
Zum Dank befahl der Drachenkönig Longnü, die Perle des Lichts zu Guanyin zu bringen. Als sie das Geschenk übergab, beschloss sie, Guanyins Schülerin zu werden, weil die mitfühlende Art der Gottheit ihr imponierte.
Shàncái Lóngnǚ Bǎozhuàn
Als Sudhana eines Tages einen Bergpfad entlang wandert, um seinen Vater zu besuchen, hört er einen Hilfeschrei. Diesem folgend fand er eine Schlange, welche seit 18 Jahren in einer Flasche gefangen war. Er befreite die Schlange, doch diese dankte es ihm, indem sie versuchte Sudhana zu fressen. Sudhana ließ sich aber nicht fressen und rügte das unhöfliche Verhalten der Schlange, die aber behauptet, dass es normal sei, eine gute Tat mit einem Angriff zu vergelten. Da sie zu zweit nicht entscheiden konnten, wer nun recht habe, entschieden sie sich, drei Richter in dem Fall zu befragen.
Zuerst befragten beiden die menschliche Inkarnation des Goldenen Wasserbüffel-Sterns. Dieser erste Richter stimmte der Schlange zu, da er schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hatte. Er war auch nicht freiwillig auf der Erde, doch hatte ihn Bodhisattva Kṣitigarbha aus dem Himmel gestoßen, damit er Menschen erleuchten würde. Sollte ihm das nicht gelingen, sollten ihm die Augen ausfallen. Der Stoß aus dem Himmelreich war aber nicht ohne Folgen gewesen, der Goldene Wasserbüffel-Stern hatte sich beim Aufprall auf den Erdboden allerdings die Schneidezähne ausgeschlagen und die oberflächlichen Menschen wollten ihm so nicht zuhören. So fielen ihm die Augen aus und wurden zu Schlangen, die seitdem immer wieder von Büffeln zertrampelt wurden.
Schlange und Sudhana suchten den zweiten Richter auf, den Tao-Priester Zhuangzi, welcher ebenfalls der Schlange zustimmte. Er erzählte, dass er einst als gute Tat ein Skelett wiederbelebt hatte, welches ihn sofort des Diebstahls bezichtigte. Damit war auch er überzeugt, dass gute Taten nur etwas schlechten bringen sollten.
Schlange und Sudhana suchten ein junges Mädchen auf, sie war der dritte Richter. Das junge Mädchen meinte, dass die Schlange es auch fressen dürfte, wenn sie ihr nur zeigen könnte, wie sie mit ihrem großen Körper überhaupt in die Flasche gepasst habe. Die Schlange von Gier ergriffen kroch ohne zu zögern in die Flasche und blieb daraufhin stecken. Es zeigte sich das, dass junge Mädchen eigentlich die Bodhisattva Avalokiteśvara war. Die Schlange flehte um Gnade, Avalokiteśvara wollte ihr diese aber nur unter der Bedingung gewähren, dass sie religiösen Dienst in der Grotte im Fayu-Tempel leisten müsste.
Die Schlange willigte ein und praktizierten ihren Dienst gewissenhaft. Nach sieben Jahren verlor sie ihr Gift und produzierte eine Perle. Als diese vollendet war, verwandelte sie sich in Longnü und wurde zur Gefährtin der Bodhisattva Avalokiteśvara.
Taxonomische Stellung
Longnü ist als Tochter des Drachenkönigs Ao Guang eine Vertreterin aus der Gruppe der Lóngdrachen, welche alle einen reptiloiden Mischwesen Charakter besitzen und zu den Drachen zählen. Nimmt man dagegen die Ursprünge aus dem indischen Raum, wo sie die Tochter des Nagakönigs Sāgara ist, gehört sie zu den Nagadrachen, aber auch hier ist sie als Drache bestätigt.
Die genaue Stellung von Longnü ist damit nicht gesichert, nur dass sie definitiv zu einer anderen bekannten Drachenart gezählt werden kann.
Nachweise
- Nancy Schuster (1981), Changing the Female Body: Wise Women and the Bodhisattva Career in Some Maharatnakutasutras, Journal of the International Association of Buddhist Studies 4 (1), S. 24–69 https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/jiabs/article/view/8533/2440 Abgerufen am 30.11.2023
- Nations Online: Guan Yin, Guan Yim, Kuan Yim, Kuan Yin https://www.nationsonline.org/oneworld/Chinese_Customs/Guan_Yin.htm Abgerufen am 30.11.2023
- Senchu Murano (1967), An Outline of the Lotus Sūtra, Contemporary Religions in Japan 8/1, 16-84 https://web.archive.org/web/20140826150041/https://nirc.nanzan-u.ac.jp/nfile/3178 Abgerufen am 30.11.2023
- Tsugunari Kubo (2007), The Lotus Sutra. Revised 2nd ed., Numata Center for Buddhist Translation and Research, ISBN 978-1-886439-39-9 https://web.archive.org/web/20150521183528/http://www.bdkamerica.org/digital/dBET_T0262_LotusSutra_2007.pdf Abgerufen am 30.11.2023
- Wilt L. Idema (2008), Personal salvation and filial piety: two precious scroll narratives of Guanyin and her acolytes, University of Hawaii Press, ISBN 9780824832155
- 震澤中東海龍王女掌龍王珠藏。龍嗜燒燕。(梁武)帝以燒燕獻龍女,龍女食之大喜,以大珠三、小珠七、雜珠一石以報帝。
- 柳子華,唐朝為成都令,龍女來與為匹偶。
- 龍女成佛的故事 慈莊法師 (頁面存檔備份,存於網際網路檔案館)http://www.amituofohouse.org/viewthread.php?tid=1292 Abgerufen am 30.11.2023