Die Phaya Nāga ist eine Art der Gattung Nāga und wird auch als Phaya Phaya Nak, Burmesische Nāga, Thailändische Nāga, Laotische Nāga (Laotisch: ພະຍານາກ), Mekong-Nāga oder Nakkharat (Thai: นาคราช; wörtlich "König der Nāga") bezeichnet.
Etymologie
Die Übersetzung "Herr der Nāga" für Phaya Nāga ist von phaya, aus der Sprache der Mon, abgeleitet, was "Hoher Adel" bedeutet.
Merkmale
Diese Nāga sind deutlich mehr mit dem Wasser verbunden und tragen ein goldenes Horn auf der Stirn, welches sich häufig in mehrere kleinere, goldene Hörner verästelt. Wie auch die Indische Nāga besitzen sie eine Kobrahaube. Das Kinn setzt sich verlängernd ab und bildet ein Kinnhorn aus. Das Maul ist gezähnt und trägt Reißzähne, sowie mehrere Stoßzähne. Die Zunge ist nicht gespalten - was für Schlangenwesen untypisch ist. Die Zähne erscheinen meist weiß, können aber auch rötlich gefärbt sein. Der gesamte Schlangenkörper ist geschuppt und kann variable Färbungen aufweisen. So existieren vorrangig grüne, goldene, blauviolette (welche mehrheitlich als regenbogenfarben beschrieben werden) und schwarze Phaya Nāga. Diese Schuppenfärbungen können matteinfarbig, metallisch glänzend oder mit einem Pfauenaugenmuster auftreten.
Steht man der Phaya Nāga gegenüber, erscheint die Nase dreieckig, vergleichbar mit der Unterseite eines Bügeleisens - entsprechend platt ist die Nasenspitze, welche zwei Nasenlöcher entblößt. Die Nasenspitze kann rüsselartigen Charakter ausbilden, wie bei einem Tapir und im extrem auch der eines Elefanten. Der Rücken trägt einen glatten Schuppenkappen, welcher bei allen Phaya Nāga golden ist.
Häufig erscheinen sie in der beschriebenen Gestalt einer Nāgaschlange, können aber auch als Nāgahüften oder Nāgamenschen erscheinen - hier fehlt aber mehrheitlich das charakteristische Horn, sodass nicht zwingend gesagt werden kann, ob es sich bei diesen Darstellungen um Phaya Nāga oder andere Nāga handelt. Phaya Nāga erscheinen vornehmlich fünfköpfig.
Phaya Nāga sind ungemein mächtig, selbst für Nāga-Verhältnisse und erscheinenen stets göttlich oder gottähnlich. Sie treten für gewöhnlich als Vermittler zwischen der geistigen Welt und der materiellen Welt auf.
Weiter ist die Phaya Nāga in der Lage rote Feuerbälle, welche wie Irrlichter über das Wasser langsam Richtung Himmel fliegen, auszusenden. Diese Feuerbälle haben keinen Geruch, brennen geräuschlos ohne Rauch oder Ruß und entsenden keine Wärme, wie es für Feuer typisch wäre.
Neben Feuerkugel können sie aber auch Regen erzeugen.
Verbreitung
Wie der Name Mekong-Nāga vermuten lässt, findet sich diese Art vorranig im Einzugsgebiet des Mekongs, also in den Ländern Burma, Thailand und Laos. Ebenfalls gibt es Darstellungen dieses Nāga-Typs in Malaysia, welches nicht am Mekong liegt, hierbei könnte es sich um eingewanderte Individuen handeln. Weiter sollen Mekong-Nāga auch im chinesischen Er Hai-See (chinesisch 洱海, Ěr Hǎi) leben.
In Thailand sollen sie u.a. im Kamchanod-Wald (Thai: ป่าคำชะโนด), welcher einen Zugang zur Geisterwelt darstellt.
Die Art bevorzugt aquatische Lebensräume und ist überwiegend in Flüssen, Seen und in Höhlen zu finden.
Lebensweise
Verhalten
Phaya Nāga besitzen einen ausgeprägten Beschützerinstinkt und bewachen daher meist Tempel und anderer Stätten. Sie erscheinen dabei territorial.
In Thailand existieren vier Nāga-Clans: der Virupaksa-Clan (goldene Phaya Nāga), dem Erapatha-Clan (grüne Phaya Nāga), dem Chappayaputta-Clan (Regenbogen Phaya Nāga) und dem Kanhakottama-Clan (schwarze Phaya Nāga).
Fortpflanzung
Phaya Nāga sind eierlegend.
Kulturelle Bedeutung
Bekannte Phaya Nāga
Der größte Phaya Nāga ist Nagavasukri, der mit dem Buddhismus und dem König in Verbindung steht und als deren Beschützer und Reichtumsbringer auftritt.
Mythologie
Einer populären Legende zufolge wurde der Mekong im Nordosten Thailands und Laos von zwei Nāga-Königen geschaffen, welche durch das Gebiet glitten und so den Mekong und den nahe gelegenen Fluss Nan erschufen.
Phayanak-Festival
Am 15. Tag des 11. Mondmonats, einem Vollmond, der normalerweise im Oktober stattfindet, wird das Phayanak-Festival abgehalten. Sein Zentrum ist die thailändische Provinz Nong Khai, im Bezirk Phon Phisai, einem kleinen Dorf am Ufer des Mekong. In diesem Zeitraum soll sich eine Phaya Nāga durch das Gewässer schlängeln und Irrlichter in den Himmel entsenden, welche die Wiederkehr des Buddhas, nach seiner Fastenzeit, begrüßen sollen. Während in der Moderne diese Lichter selten natürlichen Ursprungs sind (Feuerwerk als lokale Attraktion, Leuchtkugel-Munition von Soldaten aus Laos, welche auf der anderen Seite des Flusses stationiert sind), gibt es viele Aussagen, welche nahelegen das diese Lichter auch schon vor vielen Jahren aufgetreten sind - nicht nur im Oktober, aber immer mal wieder. Belege für die Lichter gibt es jedoch erst seit dem 20. Jahrhundert.
Regenbringer
Aufgrund der starken Verbindung zu allem, was mit Wasser zu tun hat, spielen die Nāga im thailändischen Glauben auch eine Rolle bei der Regenkontrolle. Das Konzept des Nak hai nam (Thai: นาคให้น้ำ; wörtlich: Nāga gewährt Wasser) wird zur jährlichen Niederschlagsvorhersage verwendet. Es wird auch heute noch praktiziert, vor allem während der königlichen Pflugzeremonie (in alter königlicher Ritus, der in vielen asiatischen Ländern abgehalten wird, um den traditionellen Beginn der Reisanbausaison zu markieren). Das Orakel reicht von 1 nak hai nam (1 Nāga gewährt Wasser), was bedeutet, dass in dem Jahr reichlich Niederschlag zu erwarten ist, bis maximal 7 nak hai nam (7 Nagas gewährt Wasser), was bedeutet, dass es in dem Jahr möglicherweise nicht ausreichend Niederschlag gibt.
Trivia
- Im November 2022 erklärte die thailändische Regierung die Nāga zum Nationalsymbol Thailands, mit dem Ziel, die thailändische Kultur und Traditionen zu fördern und das kulturelle Kapital des Landes zu mehren, um die Kreativwirtschaft voranzutreiben.
- Im Norden Thailands hatte das Singhanavati-Königreich eine starke Verbindung zu den Phaya Nāga. Man glaubte, das Königreich sei mithilfe der Nāga erbaut worden, und daher wurden die Nāga von der königlichen Familie hochverehrt. Das Königreich wurde für eine gewisse Zeit in Yonok Nāga Rāj (wörtlich: Yonok der Nagaraja (Yonok ist die Hauptstadt des Reichs)) umbenannt.
- Der Begriff Nāga kommt auch in verschiedenen Begriffen der thailändischen Architektur vor, darunter Nak Sadung (นาคสะดุ้ง, das äußere Dachende mit Nāga-ähnlicher Struktur) und Nak Than (นาคทันต์, der Kragstein bzw. Konsole in Nāga-Form).
- Das ehemalige Siegel der medizinischen Fakultät der Srinakharinwirot-Universität und das Siegel der Gesellschaft thailändischer Medizinstudenten sind einige bemerkenswerte Beispiele, bei denen der Stab des Äskulap oder Caduceus (Stab mit zwei Flügeln, der von zwei Schlangen miteinander zugewendeten Köpfen umschlungen wird.) mit Phaya Nāga anstelle von Schlangen verwendet wird.
- In Laos werden Nāga-Motive in unterschiedlichste Stoffe eingewebt. Durch das Einwebensollen zum Beispiel Ehen gesegnet, Neugeborene beschützt und der eigene Eintritt in den Himmel garantiert werden. 2023 wurde dieses "traditionelle Handwerk der Nāga-Motivweberei in laotischen Gemeinden" in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.
Wissenschaftliche Erklärungsversuche
Sichtungen von Phaya Nāga werden mehrheitlich als ungewöhnliche Wellenbewegungen des Mekongs interpretiert, welche sich mit dem bereits von südasiatischen Nāgaglauben vermischt hat.
Ein angebliches Foto von amerikanischen Soldaten, welche einen Riemenfisch halten, welcher am Mekong an Touristen verkauft worden seien soll, wurde in Wirklichkeit in den USA geschossen. Die Riemenfisch-These scheint unwahrscheinlich, für die Phaya Nāga könnte wohl aber einen ihrer nächsten Verwandten erklären.
Taxonomische Stellung
Die Phaya Nāga stellt Art der Gattung Nāga dar und ordnet sich deshalb den Nāgaschlangen zu, welche den Schlangendrachen angehören. Ihr nächsten Verwandten dürften die Malaiische Nāga und Khmernāga sein.
Nachweise
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